TE OGH 1978/12/19 11Os181/78

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Veröffentlicht am 19.12.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Dezember 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Liebetreu als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129

Z 1 StGB über die vom Angeklagten Gerhard A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. September 1978, GZ. 1 e Vr 10.439/77-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Krepp, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melznizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe den ihm zur Last fallenden Diebstahl eines Gewehres (samt Hülle) durch Einsteigen (§ 129 Z 1 StGB) begangen, ferner in der rechtlichen Beurteilung der Tat als das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

'Gerhard A hat durch die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallende Tat das Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 16. September 1977, GZ 7 U 1453/76-31 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat und zwanzig Tagen als Zusatzstrafe verurteilt.' Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15. Februar 1954 geborene keiner Beschäftigung nachgehende Gerhard A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu 8 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, weil er Anfang August 1977 in Wien ein Gewehr ('Fl', Modell 29, Long Riffle, Cal. 22) samt Gewehrhülle im Werte von (insgesamt) mindestens 500 S - nach dem Urteilssatz durch Einsteigen in eine Schrebergartenhütte - zum Nachteil eines Unbekannten gestohlen hat. Den Urteilsfeststellungen zufolge überstieg der Angeklagte bei der Tatbegehung in Diebstahlsabsicht den ca. 2 m hohen Zaun des (Schreber-)Gartengrundstückes in Wien 19., Ecke Grinzinger Straße/Muthgasse, welcher Schrebergarten zu dieser Zeit wegen Straßenbauarbeiten bereits aufgelassen worden war; die (Vor-)Besitzerin Maria B ist in der Folge (am 28. November 1977) gestorben. Auf diesem Grundstück befand sich ein (schon geräumtes, jedoch versperrtes) Schrebergartenhaus mit angrenzendem, unversperrtem Geräteschuppen. Diesen durchsuchte der Angeklagte nach für ihn brauchbaren Gegenständen, bemerkte hiebei ein oben auf einem Regal bei alten Flaschen und Bildern verstecktes Gewehr (samt Hülle), das er an sich nahm und später um 500 S verkaufte. Für den Eigentümer des Gewehres hielt der Angeklagte eine alte Frau (offenbar Maria B), die er in dem Schrebergarten schon öfter gesehen hatte, oder einen Unbekannten, von dem das Gewehr im Schuppen versteckt worden war. Nach Ansicht des Schöffengerichtes konnte zur Tatzeit an dem Gewehr aber allenfalls auch bereits die Republik Österreich (Straßenverwaltung) den Gewahrsam erlangt haben. Eine erfolgte Derelinquierung des Gewehres schloß das Gericht hingegen aus.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 9

lit. a, 9 lit. c und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Mit dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund bekämpft der Beschwerdeführer primär die Urteilsfeststellung, bei dem gegenständlichen Gewehr habe es sich um keine derelinquierte Sache gehandelt, als offenbar unzureichend begründet, weiters die Urteilskonstatierung, der Schrebergarten sei im August 1977 'aufgelassen' worden, als undeutlich; tatsächlich habe nicht erwiesen werden können, daß es sich bei dem in Rede stehenden Gewehr um eine fremde Sache handelte, worunter eine im Eigentum eines anderen befindliche Sache zu verstehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Die äußere Tathandlung eines Diebstahls im Sinne des § 127 Abs. 1 StGB besteht darin, daß der Täter einem anderen eine fremde bewegliche Sache wegnimmt. Wesentlich ist daher die Beseitigung eines (noch aufrechten) Gewahrsams (d.i. die tatsächliche und unmittelbare Herrschaft einer Person über eine Sache) durch den Dieb, und zwar gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers. Die (zivilrechtlichen) Eigentumsverhältnisse an der Sache sind hingegen beim Diebstahl nur insofern von Bedeutung, als die entzogene Sache nicht im (Allein-)Eigentum des Täters stehen darf (vgl. EvBl. 1977/234 u.a.).

Allerdings scheiden als Diebstahlsobjekt alle Sachen aus, die in niemandes Eigentum oder Besitz stehen, so etwa derelinquierte oder herrenlose Sachen (vgl. dazu EvBl. 1971/13 u.a.).

Daß aber das den Gegenstand der Aneignung durch den Angeklagten bildende Gewehr ersichtlich nicht vom Sachberechtigten jedermanns Zugriff preisgegeben (derelinquiert) worden ist, wurde vom Erstgericht durch den Hinweis auf die Verwahrung der Schußwaffe in einem Geräteschuppen, der sich auf einem eingezäunten Gartengrundstück befand, die Art der Verwahrung (: versteckt) und auch mit dem Hinweis auf den (vom Angeklagten sogar mit 800 bis 1.000 S eingeschätzten /vgl. S. 66 d. A/) Wert des Gewehres (von mindestens 500 S) schlüssig und damit zureichend begründet. Die vom Schöffengericht getroffene und vom Beschwerdeführer ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bekämpfte Urteilsfeststellung hinwiederum, daß das Gewehr 'versteckt' war, findet in der - dem Gericht als Urteilsgrundlage dienenden (S. 101 d. A) - Verantwortung des Angeklagten, wonach das Gewehr 'so auf einem Regal oben gelegen ist, daß man es nicht sieht' (S. 94 d. A) und seiner Bezeichnung dieser Verwahrung als 'versteckt' (S. 95 d. A) ihre zureichende Deckung, so daß insoweit ein Begründungsmangel gleichfalls nicht vorliegt.

Dies gilt aber auch für die vom Beschwerdeführer als undeutlich gerügte Urteilsannahme über die im August 1977 erfolgte 'Auflassung' des Schrebergartens, weil die dabei offen gebliebene - in der Mängelrüge jedoch relevierte -

Frage, ob es hiezu etwa auf Grund eines Enteignungsverfahrens kam, nach dem Gesagten keine entscheidende Tatsache betrifft. Keiner der behaupteten Begründungsmängel liegt daher vor. Aber auch die auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gestützte Rechtsrüge, mit der der Beschwerdeführer, ausgehend von seiner - schon bei der Erledigung der Mängelrüge behandelten - unrichtigen Rechtsauffassung, daß es auf die konkreten tatzeitlichen Eigentumsverhältnisse an dem von ihm (jedenfalls unter Gewahrsamsbruch) an sich genommenen (nicht herrenlosen) Gewehr ankomme, nachzuweisen versucht, daß es am Tatbestandselement 'fremde bewegliche Sache' mangle, ist nicht geeignet, in Ansehung des Grunddeliktes nach dem § 127 Abs. 1 StGB eine Fehlerhaftigkeit des ergangenen Schuldspruchs aufzuzeigen.

Insoweit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mithin als unbegründet.

Berechtigung kommt hingegen der aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Rechtsrüge zu, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung seiner Tat als Einbruchsdiebstahl im Sinne des § 129 Z 1 StGB wendet:

Wie bereits eingangs bei Wiedergabe der Urteilsfeststellungen angeführt wurde, war der Geräteschuppen, aus dem der Angeklagte das Gewehr weggenommen hat, unversperrt;

in das versperrte Schrebergartenhaus ist er nicht eingedrungen und er hat dies nach der Aktenlage auch nicht versucht (S. 93/95 d. A). 'Eingestiegen' (vgl. Leukauf/Steininger, 659; Foregger/Serini2, 241;

LSK 1977/41) ist aber der Angeklagte, nämlich über den ca. zwei Meter hohen Zaun, nur in das Gartengrundstück, nicht jedoch in den (unversperrten) Geräteschuppen. Die auf den Angeklagten (auch) angewendete Bestimmung des § 129 Z 1 StGB erfaßt lediglich das Einsteigen in ein Gebäude, in ein Transportmittel, in eine Wohnstätte oder sonst in einen abgeschlossenen Raum innerhalb eines Gebäudes oder Transportmittels, oder in einen Lagerplatz, nicht jedoch auch das Einsteigen in einen Garten als qualifizierende Begehungsweisen eines Diebstahls.

Da vorliegend zudem auch nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Geräteschuppen etwa in die (vom Angeklagten überkletterte) Umzäunung integriert war - wie dies unter Umständen bei einem ummauerten Gebäudekomplex vorstellbar wäre - erfolgte die Beurteilung der Diebstahlstat nach dem § 129 Z 1 StGB rechtsirrig, sodaß das Urteil insoweit an einer Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO leidet.

Die vom Angeklagten zusätzlich, mit Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. c (richtig: Z 9 lit. b /vgl. LSK 1976/134; 11 Os 50/78 = EvBl. 1978/174 u.a./) des § 281 Abs. 1 StPO, angestrebte Beurteilung der Tat als - mangels Vorliegens einer Verfolgungsermächtigung des Verletzten straflose - Entwendung im Sinne des § 141 StGB kommt hingegen nicht in Betracht. Abgesehen davon, daß angesichts des festgestellten Wertes des Gewehres kaum von einer 'Sache geringen Wertes' gesprochen werden kann, scheiden 'Not' oder 'Befriedigung eines Gelüstes' nach Lage des Falles sowie bei der Art des entzogenen Gegenstandes und seiner Verwertung durch den Angeklagten von vornherein als möglicher privilegierender Beweggrund der Tat im Sinne des § 141 StGB aus. Aber auch das privilegierende Tatmotiv der 'Unbesonnenheit' liegt angesichts der durch das überklettern der relativ hohen Gartenumzäunung gezeigten Planmäßigkeit des Vorgehens und der darin zum Ausdruck kommenden Intensität des Tätervorsatzes sowie der durch einschlägige Vorstrafen bereits eindeutig negativ geprägten Täterpersönlichkeit des Angeklagten nicht vor (vgl. EvBl. 1978/33 u.a.).

Infolge Aufhebung des Urteiles in einem Teil des Schuldspruches und im Strafausspruch war die Strafe neu zu bemessen. Dabei waren als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen das Geständnis des Angeklagten zu werten. Gemäß den § 31, 40 StGB war auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 16. September 1977, GZ 7 U 1453/76-31, Bedacht zu nehmen. Ausgehend von einer dem Unrechtsgehalt der zu berücksichtigenden Taten und der Schwere der Schuld des Täters angemessenen Gesamtstrafdauer von zwei Monaten war somit hier eine Zusatzfreiheitsstrafe von einem Monat und zwanzig Tagen zu verhängen. Die Voraussetzungen für eine Strafumwandlung nach dem § 37 StGB lagen mit Rücksicht auf die Rückfälligkeit des Angeklagten schon in spezialpräventiver Hinsicht nicht vor.

Mit seiner durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01675

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00181.78.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19781219_OGH0002_0110OS00181_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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