Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Jänner 1979
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Liebetreu als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 183 StG und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 3. Juni 1977, GZ. 23 Vr 1513/72-44, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:
Spruch
Durch die Anordnung im Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 3.6.1977, GZ 23 Vr 1513/72-44, daß die Probezeit zu dem mit dem Urteil dieses Gerichtes vom 6.12.1974, GZ 23 Vr 1513/72-36, gewährten bedingten Strafnachlaß auf insgesamt fünf Jahre verlängert werde, wurde das Gesetz in der Bestimmung des § 55 Abs. 3 StGB verletzt.
Der bezeichnete Beschluß, der im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch der Probezeitverlängerung aufgehoben und es wird gemäß dem § 292 StPO in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:
Die dem Johann A mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6.12.1974, GZ 23 Vr 1513/72-36, bestimmte Probezeit endet mit Ablauf des 26.1.1979.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6.12.1974, GZ 23 Vr 1513/72-36, das drei Tage später in Rechtskraft erwuchs, wurde (neben einem anderen Angeklagten) der am 13.12.1946 geborene Johann A von einem Schöffensenat des Verbrechens nach dem § 183 StG und der Vergehen nach den § 486 Z 1 und 2 und 486 a (486 c Abs. 1) StG schuldig erkannt und hiefür zu einer schweren, verschärften Kerkerstrafe in der Dauer von 8 Monaten - deren Vollziehung das erkennende Gericht gemäß den § 1 und 2 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit vorläufig aufschob - verurteilt.
Am 23.1.1976 wurde der genannte Johann A (jun.) mit dem (gleichfalls drei Tage später in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Kreisgerichtes Steyr, GZ 7 Vr 286/
72-69, (neben anderen Angeklagten) des in der Zeit vom Februar 1971 bis 10.5.1972 begangenen Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen und deshalb über ihn (gemäß den § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das oben bezeichnete Urteil des Landesgerichtes Linz) eine - mit dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehene - (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Monaten vehängt (ON 41 in 23 Vr 1513/72 des Landesgerichtes Linz). Nachdem hierauf die Staatsanwaltschaft Linz im ersterwähnten Verfahren den Antrag 'auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht gemäß § 55 Abs. 1 StGB' gestellt hatte (S 437), faßte das Landesgericht Linz in der dem § 13 Abs. 3 StPO entsprechenden Zusammensetzung nach Anhörung des Verurteilten am 3.6.1977, GZ 23 Vr 1513/72-44, den Beschluß, die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil vom 6.12.1974 über Johann A verhängten (achtmonatigen) Freiheitsstrafe zwar nicht zu widerrufen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (S 441). Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen (S 441).
Rechtliche Beurteilung
Dieser letzterwähnte Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Der § 55 Abs. 3 StGB ordnet nämlich für den (hier gegebenen) Fall des Nichtwiderrufs einer bedingten Strafnachsicht wegen einer nachträglich - gemäß dem § 31
StGB - erfolgten Verurteilung an, daß jede der zusammentreffenden Probezeiten (ex lege) bis zum Ablauf jener Probezeit dauert, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre. In der Begründung des Beschlusses vom 3.6.1977 wird dies auch richtig erkannt (vgl. S 443), im Spruch aber dennoch eine - konstitutive - Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre verfügt, obwohl eine solche nicht im § 55 Abs. 3 StGB, sondern nur (fakultativ) im § 53 Abs. 2 StGB, und zwar für den (hier nicht aktuellen) Fall des Absehens vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung, vorgesehen ist. Richtig wäre es gewesen, anstatt der verfehlten Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre - die sich zum Nachteil des Verurteilten auswirkt - im Zusammenhang mit dem Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht festzustellen, daß die dem Johann A mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6.12.1974, GZ 23 Vr 1513/72-36, bestimmte Probezeit infolge seiner am 23.1.1976 gemäß dem § 31 StGB erfolgten nachträglichen Verurteilung bis zum Ablauf der ihm mit dem zuletzt erwähnten Urteil bestimmten Probezeit dauern werde (vgl. 10 Os 117-119/78).
Insoweit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes als berechtigt.
Dagegen kann der Generalprokuratur in der Auffassung nicht gefolgt werden, der hier in Rede stehende Beschluß verstoße auch deshalb gegen das Gesetz (§ 13 Abs. 3 StPO), weil die Entscheidung vom Vorsitzenden (des Schöffengerichtes) allein getroffen worden sei. Nach der - vom Obersten Gerichtshof eingeholten - Stellungnahme des Landesgerichtes Linz wurde nämlich der bezügliche Beschluß - dem Gesetze gemäß - durch einen Senat von drei Richtern gefaßt, worauf (ungeachtet des fehlenden Abstimmungsvermerkes) auch die mehreren Handzeichen auf der Urschrift der Entscheidung (S 443 d. A) hindeuten.
Mithin war wie im Spruche zu erkennen.
Anmerkung
E01692European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00173.78.0109.000Dokumentnummer
JJT_19790109_OGH0002_0110OS00173_7800000_000