Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Liebetreu als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit c des BG vom 31. März 1950, BGBl Nr 97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Beschwerde des Gerhard A, der Firma Hermann B, des C und der F gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 8. Juni 1978, GZ 1 b Vr 1824/77-22 a, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil vom 8. Mai 1978 sprach der Jugendgerichtshof Wien als Schöffengericht Gerhard A von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Wien in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Druckwerke verbreitet und hiedurch das Vergehen nach dem § 1 Abs 1 lit c des Bundesgesetzes vom 31. März 1950, BGBl Nr 97, begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO frei. Zugleich erkannte das Gericht gemäß dem § 1 Abs 3 PornoG in Verbindung mit § 41 PresseG auf Verfall der inkriminierten Druckwerke.
Gegen den Ausspruch über den Verfall meldete der Angeklagte am 10. Mai 1978 (ON 20) das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde an, welches er am 24. Mai 1978
(ON 21) ausführte.
Das Erstgericht wies die Nichtigkeitsbeschwerde, die es im übrigen auch als von der Firma Hermann B eingebracht ansah, mit der Begründung zurück, daß weder dem freigesprochenen Angeklagten noch auch der Firma B die Stellung eines Verfallsbeteiligten im Sinne der § 40, 41 Abs 3 und 42 Abs 2 PresseG zukäme und diese somit auch nicht zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert seien. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß richtet sich die vorliegende gemeinsam ausgeführte Beschwerde des Angeklagten A, der Firma Hermann B, des C und der F. Die Beschwerdeführer behaupten im wesentlichen, daß die Herausgeber der Zeitschriften zur Hauptverhandlung zu laden gewesen wären und sie infolge der Unterlassung der Ladungen an der Wahrnehmung ihrer Interessen behindert gewesen seien.
Hinsichtlich der Beschwerdelegitimation des Angeklagten und der Firma Hermann B wurde folgendes erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Als Verfallsbeteiligter ist derjenige anzusehen, der ein Recht auf die vom Verfall bedrohten Sachen hat oder ein solches Recht geltend macht (§ 444 StPO).
Im selbständigen Verfallsverfahren nach dem Pressegesetz sind gemäß den § 42 Abs 2 und 41 Abs 3 die Bestimmungen des § 40 PresseG bei periodischen Druckschriften auf den Herausgeber anzuwenden. Diesem kommen somit die Rechte eines Verfallsbeteiligten zu. Als 'Herausgeber' ist derjenige anzusehen, der die Richtung der periodischen Druckschrift bestimmt (Swoboda-Hertmann S 18). Vorliegend importierte die Firma B die gegenständlichen Druckschriften zum Vertrieb in Österreich.
Sie ist daher als inländischer Auslieferer, nicht aber als Herausgeber im oben ausgeführten Sinn anzusehen, weshalb sie auch nicht die Eigenschaft eines Verfallsbeteiligten aufweist und demnach zur Erhebung der Beschwerde nicht legitimiert erscheint. Im übrigen ist der Firma B allein schon deswegen keine Beschwerdelegitimation zuzuerkennen, da diese auf der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde lediglich im Kopf des Schriftsatzes als Verfallsbeteiligter angeführt ist, der Schriftsatz selbst jedoch nur vom Angeklagten Gerhard A eingebracht und unterfertigt wurde. Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ist ebenfalls nur durch den Angeklagten erfolgt.
Dem freigesprochenen Angeklagten aber mangelt es an der Beschwerdelegitimation, weil ihm keine Rechte an den für verfallen erklärten Gegenständen zustehen und er auch keine solchen geltend gemacht hat. Von einem Angeklagten, der nicht Betroffener ist, kann ein selbständiges Verfallserkenntnis nicht angefochten werden (10 Os 6/78).
Hinsichtlich der Beschwerdeführer C und F war die Beschwerde zurückzuweisen, weil ein Rechtsmittel gegen das Verfallserkenntnis von diesen gar nicht erst erhoben wurde, sie somit auch nicht durch den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichts, das sie zu Recht auch nicht erwähnt hat, beschwert sind. Aber auch wenn ihrer Beschwerde formelle Berechtigung zukäme, wäre sie nicht zielführend. Richtig ist zwar, daß im gegenständlichen Verfahren nach der im selbständigen Verfallsverfahren gemäß dem § 42 Abs 2 PresseG anzuwendenden Bestimmung des § 41 Abs 3, welcher auf § 40 verweist, die Ladung des Herausgebers der inkriminierten periodischen Druckschrift durchzuführen gewesen wäre, 'sofern dies ausführbar ist'. Die Bestimmung des § 40 PresseG ist jedoch allgemein gehalten und nimmt nicht darauf Rücksicht, ob die Ladung des Herausgebers trotz Ausführbarkeit unterblieben ist (SSt 18/47). Aus der Formulierung des Gesetzgebers 'sofern dies ausführbar ist', ergibt sich vielmehr, daß dem Verfallsbeteiligten ein unbedingter Anspruch auf Ladung zur Hauptverhandlung nicht zusteht. Die Beurteilung der Ausführbarkeit der Ladung steht im Ermessen des Gerichts. Eine Ermessensentscheidung kann jedoch niemals Nichtigkeit begründen. Die nicht erfolgte Ladung der Verfallsbeteiligten legitimierte diese daher keinesfalls zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde (SSt 41/61).
Das Unterbleiben einer Ladung des Herausgebers zur Hauptverhandlung hinderte daher auch nicht das Eintreten der im § 40 PresseG normierten Folgen, insbesonders den Beginn des Fristenlaufs zur Anmeldung von Rechtsmitteln.
Auch wenn die Ladung zur Hauptverhandlung trotz Ausführbarkeit unterblieb, beginnt die Rechtsmittelfrist für den Verfallsbeteiligten bereits mit der Urteilsverkündung zu laufen (SSt 18/47, SSt 32/66). Dabei ist es irrelevant, zu welchem Zeitpunkt der Herausgeber einer Zeitung von dem Verfallsausspruch Kenntnis erlangte (SSt 15/83). Den Beschwerdeführern C und F wäre das Recht zur Beschwerdeführung daher nur innerhalb der von der Urteilsverkündung an zu berechnenden Frist zugestanden, von der sie jedoch keinen Gebrauch machten.
Aus allen diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß auf die übrigen in der Beschwerde angeführten Behauptungen näher einzugehen gewesen wäre.
Anmerkung
E01746European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00134.7800002.0109.000Dokumentnummer
JJT_19790109_OGH0002_0110OS00134_7800002_000