TE OGH 1979/1/11 13Os174/78

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Veröffentlicht am 11.01.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Jänner 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 13. September 1978, GZ 8 d Vr 2583/78-21, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwaltes Dr. Egger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen. Seiner Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wird. Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der (derzeitige) Chauffeur Johann A des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 8. Februar 1974 bis 11. März 1976

in Wien in seiner Eigenschaft als scheckberechtigter Schadensreferent der C-AG die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, nämlich die Berechtigung, bei der C-AG angefallene Schadensfälle bis zu einem Höchstbetrag von jeweils 30.000 S eigenberechtigt und ohne Kontrolle zu liquidieren, dadurch wissentlich mißbrauchte und der C-AG einen Vermögensnachteil in der Höhe von insgesamt 546.911,-- S zufügte, daß er in 49 Angriffen fingierte Schadensabrechnungen vornahm und sich Inhaberschecks, gezogen auf das Konto der C-AG bei der E in Höhe des jeweils vorgetäuschten Entschädigungsbetrages ausstellte, die er sodann durch gutgläubige dritte Personen für sich einlösen ließ.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund führt die Beschwerde aus, die Urteilsbegründung sei unvollständig, weil das Schöffengericht bloß feststelle, der Angeklagte habe sich zur Schadensrückzahlung in Monatsraten zu 5.000 S verpflichtet, dabei aber unberücksichtigt lasse, daß nach der Vereinbarung über die Schadensgutmachung ein bestimmter Zeitpunkt, nämlich der 30. Juni 1984, vereinbart worden sei, bis zu welchem der gesamte Schaden (in Raten zu monatlich je 5.000 S) zurückgezahlt werden sollte.

Damit ist der Beschwerdeführer zwar an sich im Recht, denn das Schöffengericht hat in seinen Feststellungen nur die Verpflichtung des Angeklagten erwähnt, den Schaden in monatlichen Raten zu je 5.000 S gutzumachen (S 172), dabei aber den für die volle Schadensgutmachung gleichfalls vereinbarten Endtermin (30. Juni 1984) unerwähnt gelassen;

dies vermag jedoch deshalb keinen entscheidungswesentlichen Begründungsmangel zu verwirklichen, weil nach den von der Beschwerde mit Stillschweigen übergangenen weiteren Urteilsannahmen die Einhaltung der bedungenen Raten das Vertragsessentiale war, es der geschädigten Firma also darauf ankam, daß der Angeklagte mit seinen Ratenzahlungen nicht in Verzug gerate (S 175 dA).

Da der Angeklagte auch nach seinem eigenen Vorbringen nach anfänglich vereinbarungsgemäßen Zahlungen dieser Verpflichtung nur unregelmäßig nachkam, nur Teile der vereinbarten Raten zahlte und schließlich seine Zahlungen überhaupt einstellte, war es nicht von relevanter Bedeutung, daß der Vergleich über die Schadensgutmachung (zusätzlich) die Bestimmung eines Endtermines enthielt, bis zu dem bei pünktlicher Einhaltung der Ratenfälligkeiten und allenfalls deren Erhöhung, falls sich die bei Vereinbarungsabschluß bekannte Schadenssumme erhöhen sollte, jedenfalls der gesamte Schaden gutgemacht sein sollte.

Rechtliche Beurteilung

Aus denselben Erwägungen liegt auch der durch dieses Vorbringen gleichzeitig behauptete Feststellungsmangel nicht vor; denn das Erstgericht ist von der zutreffenden Rechtsansicht ausgegangen, daß strafaufhebende tätige Reue auf Seiten des Beschwerdeführers schon deshalb nicht vorliegt, weil er die zugesagten Raten, auf deren Einhaltung die geschädigte Versicherung ausdrücklich Wert gelegt habe, nicht eingehalten hat, weshalb es dem für die volle Schadensgutmachung zusätzlich vereinbarten Endtermin - auf den sich der Angeklagte im erstinstanzlichen Verfahren als für den Strafaufhebungsgrund nach dem § 167 Abs 2 Z 2 StGB bedeutsamen Umstand übrigens selbst gar nicht berufen hat - ersichtlich eine rechtserhebliche Bedeutung nicht zuerkannte und den es daher bei seinen Konstatierungen überging.

Der Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO liegt sohin nicht vor.

Unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO bringt die Beschwerde vor, für einen strafaufhebenden Vergleich über die Schadensgutmachung nach dem § 167 Abs 2 Z 2 StGB komme es nur darauf an, daß ein bestimmter Endzahlungstermin vereinbart werde. Die Bestimmung von Ratenfälligkeiten für einen solchen Vergleich sei nicht erforderlich, sondern stelle lediglich eine Zusatzvereinbarung dar, die für die Bedeutung des Vergleiches als Strafaufhebungsgrund ohne Belang sei. Da dieser zwischen dem Beschwerdeführer und der von ihm geschädigten Firma vereinbarte Endzeitpunkt (30. Juni 1984) noch nicht eingetreten sei, könne von einer Nichterfüllung des Vertrages durch den Beschwerdeführer (noch) nicht gesprochen werden, sodaß alle Voraussetzungen tätiger Reue gegeben seien.

Diesem im Falle einer in diesem Sinne zwischen Schädiger und Geschädigten getroffenen Vereinbarung an sich richtigem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß bei der verfahrensgegenständlichen Vereinbarung die Einhaltung der bedungenen Raten und nicht etwa bloß die Einhaltung des Endzeitpunktes Voraussetzung des Absehens von der Strafanzeige und damit ein Vertragsessentiale war. Die strafaufhebende Wirkung eines Vergleiches geht aber grundsätzlich auch dann verloren, wenn bei einem Ratenvergleich auch nur eine einzige Rate nicht eingehalten wird, ohne daß hiedurch eine Gefährdung des Endtermines eintreten müßte (Mayerhofer-Rieder, Nr 47 zu § 167 StGB).

Das Erstgericht hat somit auf Grund seiner Feststellung über den Parteienwillen bei Abschluß der an sich bei Erfüllung strafaufhebende Wirkung herbeiführenden Vereinbarung dahin, daß der Einhaltung der bedungenen Raten für die Wirksamkeit des an sich rechtzeitig geschlossenen und daher strafaufhebenden Vergleiches über die Schadensgutmachung materiellrechtlich entscheidende Bedeutung zukomme und daß der Beschwerdeführer die Raten nicht eingehalten hat, zutreffend das Vorliegen des Strafausschließungsgrundes der tätigen Reue verneint (10 Os 144/74 - ÖJZ-LSK 1975/7).

Dem Urteil haftet daher auch keine Nichtigkeit nach der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO an.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem Strafsatz des § 153 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung erachtete es als erschwerend den überaus hohen Schaden sowie dessen Zufügung in 49 Angriffen, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis, den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und die mit 113.500 S erfolgte (teilweise) Schadensgutmachung.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Herabsetzung des Strafausmaßes, in erster Linie aber die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nach dem § 43 StGB anstrebt.

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Der Angeklagte hat sein strafbares Verhalten durch längere Zeit - nämlich in 49, sich über mehr als zwei Jahre erstreckenden Angriffen

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fortgesetzt und dadurch einen beträchtlichen Schaden zugefügt, weshalb das Erstgericht zutreffend die beiden obgenannten Erschwerungsgründe nebeneinander herangezogen hat (§ 33 Z 1 StGB; ÖJZ-LSK 1975/84). Wenn auch die Milderungsgründe schon ihrer Qualität nach ganz besonders ins Gewicht fallen, sich der Angeklagte

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wie er im Gerichtstag unter Vorlage von Zahlungsbelegen über 20.000 S dargetan hat -

auch weiterhin um die Gutmachung des Schadens tätig bemüht und, obwohl die strafbaren Handlungen schon vor längerer Zeit begangen wurden, seither wohlverhalten hat (§ 34 Z 18 StGB), kann doch das Gewicht des in den Erschwerungsumständen zum Ausdruck kommenden Tatunrechtes und des auf dieses bezogenen Verschuldens des Angeklagten nicht zu gering bewertet werden, weshalb das eher im unteren Bereich des anzuwendenden, von einem bis zu 10 Jahren reichenden Strafsatzes des § 153 Abs 2 StGB liegende Strafmaß des Erstgerichtes durchaus angemessen ist. Der Berufung gegen die Strafhöhe war daher kein Erfolg beschieden. In dem Zusammentreffen der sehr bedeutenden Milderungsumstände liegt aber der Grund für eine so weit positive Bewertung der Täterpersönlichkeit, daß eine Anwendung des § 43 Abs 2 StGB, allerdings in Verbindung mit einer dem Angeklagten vom Erstgericht zu erteilenden Weisung zur weiteren Schadensgutmachung nach Kräften (§ 51 Abs 2, letzter Satz, StGB), vertretbar erscheint, weil nach den Umständen des Falles, nämlich aus den in den gewichtigen Strafmilderungsumständen und der weiteren Schadensgutmachung zum Ausdruck kommenden besonderen Gründen, Gewähr dafür geboten ist, daß vorliegend die mit einer Weisung zu weiterer Schadensgutmachung verbundene Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe doch noch genügen werde, um den nunmehr bald 40- jährigen Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten und es unter diesen Umständen auch nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01688

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00174.78.0111.000

Dokumentnummer

JJT_19790111_OGH0002_0130OS00174_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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