TE OGH 1979/1/24 10Os201/78

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Veröffentlicht am 24.01.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. April 1978, GZ. 22 Vr 3443/77-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Koziel und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert A wegen mehrerer Vergehen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, jedoch von der Anklage, er habe am 10. Oktober 1977 in Innsbruck Erna A durch die Äußerung, sie umzubringen, (zu ergänzen: wenn sie nicht sofort die Tür öffne,) er habe zu diesem Zweck ein Messer bei sich, (zu ergänzen: sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, nämlich zum Öffnen der Wohnungstür, zu nötigen versucht und er habe hiedurch das Verbrechen - unrichtig: Vergehen - der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs. 1, 106

Abs. 1 Z 1 StGB begangen,) freigesprochen.

Nach den für den Freispruch wesentlichen Urteilsfeststellungen versuchte am 10. Oktober 1977 der Angeklagte, der nach wiederholten Streitereien und Tätlichkeiten von seiner Gattin getrennt lebte, deren Wohnungstür einzuschlagen; dabei schrie er sinngemäß, er werde seine Gattin umbringen, wenn er sie erwische, er habe zu diesem Zweck immer ein Messer im Sack. Das Erstgericht nahm an, daß der Angeklagte diese Drohung ernst meinte, damit aber - dem bezüglichen Anklagevorwurf zuwider - seine Gattin nicht zum Öffnen der Tür nötigen wollte; demgemäß beurteilte es die Tat - von der Anklage wegen Verbrechens (unrichtig: Vergehens) der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB abweichend - als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, doch gelangte es gemäß § 259 Z 1 StPO zum Freispruch, weil es annahm, daß zufolge der Zeugnisentschlagung der Erna A in der Hauptverhandlung, nachdem sie sich beim Untersuchungsrichter die Zurückziehung ihrer bei der Polizei erteilten und unter einem wiederholten Ermächtigung zur Strafverfolgung ihres Gatten wegen gefährlicher Drohung vorbehalten hatte, eine derartige Ermächtigung (§ 107 Abs. 4 StGB) nicht mehr vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die auf Z 9 lit. c - richtig: Z 9 lit. b; vgl. § 2 Abs. 3 StPO i.d.F. des StPAnpG - des § 281 Abs. 1 StPO gestützt wird, kommt Berechtigung zu.

Die Ermächtigung zur Strafverfolgung (§ 2 Abs. 5 StPO) ist in Ansehung jener Delikte, bei denen sie vom Gesetz dazu verlangt wird, eine prozessuale Voraussetzung zur Durchführung des Strafverfahrens. Die Ablegung einer Zeugenaussage dagegen bedeutet eine Mitwirkung in diesem Verfahren an der Sachverhaltsermittlung; die bloße Ablehnung einer solchen Mitwirkung im Verfahren kommt wesensmäßig keineswegs schon einer Verweigerung der Zustimmung zur (weiteren) Strafverfolgung überhaupt gleich. Die Ausnützung des Entschlagungsrechts nach § 152 Abs. 1 Z 1 StPO allein enthält folglich - ohne eine darauf abzielende unmißverständliche Prozeßerklärung, die sich Erna A im vorliegenden Verfahren zwar vorbehielt, aber tatsächlich nicht abgab - nicht auch eine Zurücknahme der Ermächtigung zur Strafverfolgung (vgl. ÖJZ-LSK 1976/133).

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war das Urteil daher in dem auf der rechtsirrigen Annahme des Gegenteils beruhenden und sohin mit der geltendgemachten Nichtigkeit behafteten Freispruch sowie im Strafausspruch aufzuheben.

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst konnte jedoch noch nicht ergehen, weil die Urteilsfeststellungen sowohl zum objektiven Tatbestand (im Zusammenhang mit der Frage nach der Eignung der Drohung, begründete Besorgnisse einzuflößen - § 107 Abs. 1, 74 Z 5

StGB, insbesondere in bezug auf die angedrohte Todesfolge - § 107 Abs. 2 StGB), als auch in Ansehung der subjektiven Tatseite des als erwiesen angenommenen Delikts (auf der neben der Ernstlichkeit der gefährlichen Drohung deren Vorsätzlichkeit - § 5 Abs. 1-3 StGB - auch in bezug auf die angedrohte Todesfolge sowie die Absicht - § 5 Abs. 2 StGB - erforderlich ist, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen) keine zur rechtlichen Beurteilung ausreichenden Feststellungen enthält.

Gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 (a.E.) StPO war daher die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Anmerkung

E01864

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00201.78.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19790124_OGH0002_0100OS00201_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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