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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von nach dem Sicherheitspolizeigesetz erlassener Verbotsbereichszonen; keine aktuelle Betroffenheit der Antragsteller nach Außerkrafttreten der bekämpften VerordnungenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit auf Art139 B-VG gestütztem Antrag begehrt der einschreitende Verein die Aufhebung von zwei - im wesentlichen gleichlautenden - Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn einerseits sowie der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach andererseits, mit denen jeweils gemäß §36 Abs1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) das Betreten eines näher bezeichneten Gefahrenbereichs sowie der Aufenthalt in diesem verboten wurde. Die Verordnungen traten am 9. September 2000 um 00:00 Uhr in Kraft.
2. Zur Antragslegitimation bringt der einschreitende Verein vor, daß er auf den vom Platzverbot betroffenen Grundstücken - dabei handelt es sich um Grundstücke eines Schweinemastbetriebes sowie die an diesen angrenzenden Grundstücke - eine Kundgebung gegen die Mißstände der industriellen Massentierhaltung abhalten wollte. Durch die angefochtene Verordnung sei somit in die Versammlungsfreiheit des Vereins eingegriffen worden. Für den Fall des Zuwiderhandelns hätten die Vorstandsmitglieder mit der Verhängung von Verwaltungsstrafen rechnen müssen, was ihnen nicht zumutbar sei. Ein anderer Weg stehe nicht zur Verfügung, um die Platzverbote zu bekämpfen.
3. Gemäß §36 Abs1 SPG hat die Sicherheitsbehörde das Betreten eines Gefahrenbereichs sowie den Aufenthalt in diesem mit Verordnung zu verbieten sowie die Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung zu erklären, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, es werde an einem bestimmten Ort eine allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen oder für Eigentum oder Umwelt in großem Ausmaß entstehen. Solche Verordnungen haben gemäß §36 Abs3 SPG den Tag und die Uhrzeit ihres Inkrafttretens zu bestimmen. Sie sind aufzuheben, sobald eine Gefährdung nicht mehr zu befürchten ist, und treten jedenfalls drei Monate nach ihrem Wirksamwerden außer Kraft.
Die vom einschreitenden Verein bekämpften Verordnungen sind aufgrund der Anordnung des §36 Abs3 SPG am 9. Dezember 2000 außer Kraft getreten.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darlegt (vgl. VfSlg. 9868/1983, 11.365/1987, 12.182/1989, 12.413/1990, 12.999/1992, 14.033/1995, 15.116/1998, V8/00 ua. vom 15. März 2001), entfaltet eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtshofs bereits außer Kraft getretene Norm für die Rechtssphäre des Antragstellers regelmäßig nicht mehr die eine Antragstellung rechtfertigende unmittelbare Wirkung. Das Ziel eines Verfahrens nach dem letzten Satz der ersten Absätze in Art139 und 140 B-VG, die rechtswidrige Norm ohne Verzug mit genereller Wirkung aus dem Rechtsbestand zu entfernen, ist mit ihrem Außerkrafttreten fortgefallen. In Betracht kämen nur bereits verwirklichte Sachverhalte, die aber mangels "Anlaßfallwirkung" eines solchen Verfahrens von der Entscheidung nicht betroffen würden. Ein besonderer Grund, der eine aktuelle Betroffenheit im vorliegenden Fall ausnahmsweise doch annehmen ließe, ist nicht ersichtlich, zumal bereits die hinsichtlich eines früheren Zeitpunkts behauptete Betroffenheit insoweit nicht hinreichend dargelegt wurde, als der Wunsch nach Betreten des durch die Verordnung erfaßten Verbotsbereiches im Antrag behauptet, aber durch keinen Hinweis auf einen konkreten Sachverhalt substantiiert wird.
Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Polizei, Sicherheitspolizei, VfGH / Individualantrag, VfGH / PrüfungsgegenstandEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:V103.2000Dokumentnummer
JFT_09989378_00V00103_00