TE OGH 1979/2/26 9Os193/78

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Veröffentlicht am 26.02.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Februar 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schmelcher als Schriftführer in der Strafsache gegen Matthias A und andere wegen Vergehens des versuchten schweren Betrugs nach § 12, 2. Fall, 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten Dieter B gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 17. August 1978, GZ. 18 Vr 1326/78-8, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Pullmann und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten Dieter B sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Matthias A im Ausspruch über die Unterstellung der den genannten Angeklagten nach den aufrecht bleibenden Schuldsprüchen zu Punkt 1.) und 2.) des Urteilssatzes zur Last fallenden Betrugstat auch unter die Bestimmung des § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB, demgemäß ferner in den die beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und im Umfange dieser Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten Dieter B und Matthias A werden für das ihnen nach den aufrecht bleibenden Schuldsprüchen weiterhin zur Last fallende Vergehen des versuchten schweren Betrugs nach § 15, 146, 147 Abs. 2 StGB, Matthias A als Beteiligter nach § 12, 2. Anwendungsfall, StGB, nach § 147 Abs. 1 StGB verurteilt wie folgt:

Dieter B zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 (sechs) Monaten;

Matthias A unter Anwendung des § 37 StGB und unter Ausschaltung des § 43 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 150 (einhundertfünfzig) Tagessätzen, wobei der Tagessatz mit 50 (fünfzig) Schilling bestimmt und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 75 (fünfundsiebzig) Tagen festgesetzt wird.

Die Aussprüche gemäß § 366 Abs. 2 StPO und gemäß § 389 Abs. 1 StPO werden aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Dieter B auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dieter B verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Dieter B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 9.Februar 1940 geborene kaufmännische Angestellte Dieter B und der am 19.Jänner 1922 geborene Kaufmann Matthias A des Vergehens des versuchten schweren Betrugs nach § 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB - und zwar Dieter B als unmittelbarer Täter, Matthias A als Bestimmungstäter im Sinne des zweiten Anwendungsfalls des § 12 StGB - schuldig erkannt. Der Schuldspruch in Ansehung des Dieter B (Punkt 1.) des Urteilssatzes) erfolgte deshalb, weil der Genannte dadurch, daß er am 10.Jänner 1978 in Salzburg mit dem Vorsatz, durch das Verhalten getäuschter Angestellter des E-Versicherungsgesellschaft den Mitangeklagten Matthias A unrechtmäßig zu bereichern, vor dem Sachbearbeiter der bezeichneten Versicherungsgesellschaft, Dieter C, eine (von seiner Ehefrau) unvollständig ausgefüllte, an diese Versicherungsgesellschaft gerichtete Schadensmeldung über einen Verkehrsunfall (mit Sach- und Personenschaden), der sich am 14. September 1977 in Salzburg ereignet hatte und an welchem der PKW. des Matthias A sowie der PKW. der Martha D beteiligt waren, unterfertigte und darin (tatsachenwidrig) anführte, daß er (und nicht Matthias A) im Unfallszeitpunkt den bei der E-Versicherungsgesellschaft haftpflichtversicherten PKW. des Matthias A gelenkt habe, versuchte, die in Rede stehende Versicherungsgesellschaft durch Täuschung über die Tatsache, daß Matthias A, der im Unfallszeitpunkt über keinen gültigen Führerschein (mehr) verfügte, den PKW.

gelenkt hatte, zur zumindest teilweisen (regreßlosen) Bezahlung des beim Unfall verursachten Schadens (der Martha D) bzw. zur Führung eines Schadenersatzprozesses darüber zu verleiten, wodurch die Versicherungsgesellschaft an ihrem Vermögen einen 5.000 S übersteigenden Schaden erleiden sollte.

Dem Schuldspruch gegen Matthias A (Punkt 2.) des Urteilssatzes) liegt hingegen zugrunde, daß A den Dieter B zur Begehung der eben geschilderten - beim Versuch gebliebenen - Betrugstat bestimmte. Dieter B bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. a und 10 (sachlich z.T. auch Z. 9 lit. b) StPO stützt, und der nur teilweise Berechtigung zukommt.

Zu Unrecht erblickt der Beschwerdeführer bei Ausführung seiner Mängelrüge zunächst einen (rechtlichen) inneren Widerspruch des Urteils darin, daß er des versuchten schweren Betrugs 'als Täter' und der Angeklagte Matthias A 'lediglich als Beteiligter' schuldig erkannt, ihm aber andererseits bei der Strafbemessung als mildernd die Bestimmung zur Tat durch Matthias A zugute gehalten worden sei. Diese Beurteilung entspricht nämlich durchaus der Regelung der § 12 (zweiter Anwendungsfall) und 34 Z. 4 StGB: fungierte doch der Angeklagte A als sogenannter 'Bestimmungstäter' im Sinne der erstbezeichneten Gesetzesstelle, dessen Einwirkung bestimmend für die versuchte Tatausführung durch den Angeklagten B war, was für diesen einen - vom Erstgericht zutreffend angenommenen - Milderungsumstand begründete.

Soweit der Beschwerdeführer aber in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß einleitend im Urteil (S. 71 d.A.) der Angeklagte A (wie der Beschwerdeführer meint, 'folgerichtig') als Täter und er nur als Beteiligter nach § 12 StGB bezeichnet werde, so liegt dieser - lediglich im Kopf des Urteils (§ 270 Abs. 2 Z. 1 und 3 StPO) aufscheinenden - Formulierung ersichtlich bloß eine versehentliche Vertauschung der Benennung jener strafbaren Handlung zugrunde, die den beiden Angeklagten von der Staatsanwaltschaft mit der - diese Verwechslung übrigens nicht aufweisenden - Anklage (ON. 3) zum Vorwurf gemacht und über die vom Erstgericht am 17.August 1978 verhandelt worden ist.

Einen Ausspruch über entscheidende Tatsachen (§ 270 Abs. 2 Z. 4 und 5 StPO), der allein einer wirksamen Anfechtung aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO zugänglich wäre, enthält diese Angabe hingegen nicht.

Die vom Beschwerdeführer in weiterer Ausführung seiner Mängelrüge als 'aktenwidrig' bekämpfte Urteilsannahme, der Angeklagte A habe noch am Unfallsort gegenüber der Unfallsgegnerin Martha D sein Verschulden an der erfolgten Fahrzeugkollision zugegeben (S. 75 d. A.), ist - was der Beschwerdeführer übersieht - durch den Inhalt der Strafanzeige (S. 3 und 5 d.A.) und die Zeugenaussage der Martha D in der Hauptverhandlung (s. S. 66 d.A.) aktenmäßig gedeckt; insoweit der Beschwerdeführer aber mit seinen bezüglichen Ausführungen den angeblich mangelnden Beweiswert der Aussage der genannten Zeugin aufzeigen und seiner - vom Erstgericht indes für unglaubwürdig erachteten - leugnenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, bekämpft er bloß nach Art einer im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden vor dem Obersten Gerichtshof unzulässigen und daher unbeachtlichen Schuldberufung die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Eben dies gilt auch für den in der Mängelrüge erhobenen weiteren Beschwerdevorwurf, es seien die Urteilsfeststellungen, wonach Dieter B die Schadensmeldung, in welcher er sich - fälschlich - als Lenker des PKW. des Matthias A im Unfallszeitpunkt deklarierte, im Bewußtsein dessen unterfertigte, daß der tatsächliche Fahrzeuglenker (A) nicht im Besitze eines gültigen Führerscheines war, und daß A den Unfall zumindest mitverschuldet hatte, vom Erstgericht aktenwidrig und unvollständig begründet worden. Zur Widerlegung dieses Vorbringens genügt es, auf die eingehenden Urteilsausführungen S. 78 ff. d.A. zu verweisen, in welchen das Erstgericht in Würdigung aller wesentlichen Verfahrensergebnissen schlüssig und in übereinstimmung mit der Aktenlage darlegt, aus welchen Erwägungen es unbeschadet gelegentlicher Widersprüche in der Verantwortung des Mitangeklagten A zu den vom Beschwerdeführer bemängelten Konstatierungen gelangt ist und dessen leugnender Verantwortung den Glauben versagt hat.

Rechtliche Beurteilung

Formale Mängel im Sinne des geltend gemachten prozessualen Nichtigkeitsgrundes haften diesen Ausführungen nicht an. Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behauptet der Angeklagte B zunächst die absolute Erfolgsuntauglichkeit der ihm angelasteten Täuschungshandlungen; dem zuständigen Sachbearbeiter der E-Versicherung, Dieter C, sei nämlich auf Grund der Angaben der Unfallsgegnerin (Martha D) und der Ehegattin des Beschwerdeführers von vornherein klar gewesen, daß Matthias A seinen PKW. im Unfallszeitpunkt selbst gelenkt habe. Wegen der dem Urteil in dieser Beziehung anhaftenden Feststellungsmängel sei es im Sinne des bezogenen Anfechtungsgrundes nichtig.

Auch dieser Einwand versagt:

Den Urteilsfeststellungen zufolge hat sich der Angeklagte B gegenüber Dieter C - bewußt wahrheitswidrig - als Lenker des Unfallsfahrzeuges deklariert und anschließend auch die Schadensmeldung unterfertigt, wobei er C, der ihn zuvor auf die Folgen unrichtiger Erklärungen ausdrücklich hingewiesen hatte, seinen Führerschein vorlegte. Schon vorher hatte der Angeklagte A, nachdem Martha D gegen ihn und die E-Versicherung bereits die Klage eingebracht hatte, dem Dieter C den Angeklagten B als den Lenker seines (A) PKW. im Unfallszeitpunkt genannt. All dies veranlaßte Dieter C (s. S. 61 d.A.), es 'eher für wahrscheinlich' zu halten, daß B (im Unfallszeitpunkt) mit dem Auto des A gefahren ist. Der Zivilprozeß wurde daher nicht etwa durch ein (Teil-)Anerkenntnis der E-Versicherung vorzeitig beendet, sondern erst nachdem Matthias A seine Zahlungsverpflichtung aus Anlaß des Unfallsgeschehens voll anerkannte, aus ökonomischen Gründen nicht mehr fortgesetzt. Angesichts dieses vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhaltes bestand auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Einzelheiten aus den Verfahrensergebnissen - entgegen der von ihm vertretenen Ansicht - schon deshalb keinerlei Grund für die (rechtliche) Annahme, die Vollendung der Tat sei im Sinne des § 15 Abs. 3 StGB nach der Art der Tathandlungen unter keinen Umständen möglich gewesen, weil den beiden Angeklagten ja nach dem Gesagten die (beabsichtigte) Täuschung des zuständigen Sachbearbeiters Dieter C tatsächlich gelungen war. Es bedurfte daher auch keiner näheren Feststellungen zur Frage der Erfolgstauglichkeit der deliktischen Handlungsweise des Beschwerdeführers.

Bei dem in der Beschwerde erwähnten Detail aus der Aussage des Zeugen C, B hätte 'unter Umständen' wirklich annehmen können, daß er im Unfallszeitpunkt mit dem Fahrzeug gefahren sei, handelte es sich zudem um keine besonders erörterungsbedürftige Tatsachenbekundung, sondern um eine subjektive Vermutung des Zeugen im Hinblick auf die behaupteten wiederholten Fahrten des Beschwerdeführers mit dem PKW. des Matthias A, die das Erstgericht jedoch, bezogen auf das immerhin mit Sachund Personsschaden verbundene Unfallsereignis, nicht als zutreffend angesehen hat; im übrigen hat sich Dieter B ja gar nicht damit verantwortet, der Meinung gewesen zu sein, den PKW. A auch im Unfallszeitpunkt gelenkt zu haben (S. 49 d.A.).

Das Unterbleiben einer Erörterung der Aussage des Zeugen C in allen Einzelheiten oder der in der Nichtigkeitsbeschwerde hervorgehobenen Bekundung der Zeugin D, wonach ihr C den Angeklagten B nicht als den Fahrzeuglenker bezeichnet habe, begründet, da diese Aussagethemen keine nach Lage des Falles ausschlaggebenden Umstände betrafen und das Gericht die Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen hatte (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO), daher auch keine Unvollständigkeit des Urteils im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO Soweit der Beschwerdeführer aber in weiterer Ausführung seiner auf die Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge erneut weitwendige Erörterungen über die behauptete Glaubwürdigkeit seiner - angeblich 'geradlinigen' - Verantwortung und hinsichtlich der seiner Ansicht nach mangelnden Beweiskraft des vom Mitangeklagten A schließlich in der Hauptverhandlung (s. S. 48 d.A.) abgelegten Geständnisses im Sinne der Anklage anstellt, handelt es sich bei diesem Vorbringen lediglich um einen neuerlichen Versuch, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes in unzulässiger Weise zu bekämpfen; dieses Vorbringen kann daher gleichfalls keine Beachtung finden.

Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10

des § 281 Abs. 1 StPO macht der Beschwerdeführer zunächst einen Subsumtionsirrtum des Erstgerichtes deshalb geltend, weil 'die vorliegenden Täuschungsmerkmale bestenfalls eine Täuschung nach § 108 StGB verwirklichen'; es fehle nämlich an dem für die Annahme des Tatbildes des Betruges nach dem § 146 StGB erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Täuschungshandlungen, dem Irrtum des Getäuschten, dessen Verhalten und dem dadurch ausgelösten Schaden;

außerdem habe es dem Referenten der Versicherung (Dieter C) bewußt sein müssen, daß nicht der Beschwerdeführer, sondern Matthias A der Lenker des PKW. im Unfallszeitpunkt war. Zum übrigen lasse das Ergebnis des Beweisverfahrens die Bejahung eines Bereicherungsvorsatzes des Beschwerdeführers nicht zu. Auch mit diesen Einwänden ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Er übersieht, daß der Schuldspruch (beider Angeklagter) nur wegen versuchten (schweren) Betruges erfolgte und es zu einer effektiven Vermögensschädigung der E-Versicherung nicht gekommen ist. Eine solche konnte - und sollte - aber nach den Vorstellungen der beiden bewußt zusammenwirkenden (S. 82 d.A.) Angeklagten aus der (auf Grund ihrer tauglichen Irreführungshandlungen gelungenen) Täuschung des zuständigen Sachbearbeiters dieser Versicherung darüber resultieren, daß am 14.September 1977 nicht der damals zur Lenkung seines PKW. nicht mehr berechtigte Matthias A, sondern der im Besitz eines (Dieter C vorgewiesenen) Führerscheins befindliche Angeklagte Dieter B den PKW.

des Matthias A gelenkt hat und hiebei an einem Unfall mit Sach- und Personenschaden beteiligt war, der die E-Versicherung als Haftpflichtversicherer des PKW. des Angeklagten A unter Zugrundelegung des tatsachenwidrig deklarierten Sachverhaltes zur Erbringung von Geldleistungen an den Unfallsgegner, und zwar ohne Regreßmöglichkeit gegenüber Matthias A, verpflichtet hätte. Der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und (möglichem) Schadenseintritt war mithin nach den Urteilsfeststellungen gegeben, wobei dem Beschwerdeführer zudem inhaltlich seiner eigenen Verantwortung (s. S. 52 d.A.) bekannt war, daß sich die Versicherung die erbrachten Leistungen im Regreßweg von einem Versicherungsnehmer zurückholt, der im Zeitpunkt des von ihm verschuldeten Unfalls keinen Führerschein besaß (s. S. 80 unten d. A.).

Darin aber, daß sich die E-Versicherung bei Gelingen des beabsichtigten Betrugs infolge ihrer durch Täuschung seitens der Angeklagten bewirkten Unkenntnis des wahren Sachverhaltes und ihrer Leistungsfreiheit gegenüber Matthias A (wegen dessen fehlender Lenkerberechtigung) bei diesem nicht regressiert hätte, ist auch die (von beiden Angeklagten) beabsichtigte (jedoch dann nicht eingetretene) unrechtmäßige Bereicherung des Matthias A zu erblicken, wie dies das Erstgericht zutreffend angenommen hat (s. S. 83 d.A.).

Ohne Rechtsirrtum beurteilte daher das Schöffengericht das festgestellte Tatverhalten des Beschwerdeführers als versuchten Betrug nach § 15, 146 f. StGB und nicht als das (Ermächtigungs-)Delikt der Täuschung nach § 108 Abs. 1

StGB, hinsichtlich dessen - worauf der Beschwerdeführer an sich zutreffend verweist - ein Schuldspruch wegen der mangelnden Verfolgungsermächtigung des Verletzten nicht ergehen hätte können. Im übrigen erfordert, der Meinung des Beschwerdeführers zuwider, weder die im § 108 StGB noch auch die im § 146 StGB pönalisierte Täuschung, mit der der Täter beim Getäuschten einen Irrtum hervorruft oder einen schon vorhandenen Irrtum ausnützt, zusätzlich - für die Annahme der Rechtswidrigkeit - einen Verstoß des Täuschenden gegen eine gesetzliche Verpflichtung (zur Angabe der Wahrheit), etwa - wie der Beschwerdeführer meint - unter Verletzung einer den Täter treffenden besonderen Treuepflicht. Dieses für unechte Unterlassungsdelikte allenfalls bedeutsame Erfordernis im Sinne des § 2 StGB kommt für die vorliegend in Rede stehenden aktiven Täuschungshandlungen nicht in Betracht.

In weiterer Ausführung der auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rüge wendet sich der Angeklagte B ferner gegen die (tatsächliche und rechtliche) Annahme des im § 147 Abs. 2 StGB bezeichneten qualifizierenden Umstandes, daß der (versuchte) Betrug vorliegend mit einem 5.000 S übersteigenden Schaden verbunden sein sollte.

Zur Widerlegung dieses Beschwerdeeinwandes genügt es, auf die einschlägigen Urteilsausführungen (S. 78 und 82 d.A.) zu verweisen, wonach allein am PKW. der Martha D (bei der vom Angeklagten A durch überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und durch Nichteinhalten der äußersten rechten Fahrbahn zumindest erheblich mitverschuldeten Fahrzeugkollision vom 14.September 1977) ein Sachschaden in Höhe von 12.000 S entstanden ist, wonach weiters von Martha D 15.000 S (für Sach- und Personenschäden, ohne Anwaltskosten) eingeklagt wurden und Matthias A bisher bereits ca. 23.000 S (inklusive Kosten) bezahlt hat. Hievon ausgehend, konnte das Erstgericht selbst unter Berücksichtigung eines allfälligen Mitverschuldens der Martha D - schlüssig - zur Annahme einer (wie ausdrücklich im Urteil festgestellt wurde) vom bedingten Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) der beiden Angeklagten umfaßten Vermögensschädigung der E-Versicherung von jedenfalls mehr als 5.000 S gelangen. Auch der erfolgten Unterstellung der Tat unter die Bestimmung des § 147 Abs. 2

StGB haftet mithin kein Rechtsirrtum an.

Im bisher behandelten Umfang war daher die unbegründete

Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Berechtigung kommt der Beschwerde allerdings insofern zu, als sich der Beschwerdeführer aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO (auch) gegen die zusätzliche Tatbeurteilung nach § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB wendet:

Das vom Erstgericht als erwiesen angenommene Tatgeschehen läßt nämlich die für eine solche Tatbeurteilung erforderliche (rechtliche) Annahme, daß die Angeklagten den Betrug auch durch Benützung verfälschter (d. s. nachträglich veränderte) oder falscher (d. s. nicht von der Person des aufscheinenden Ausstellers ausgestellte) Urkunden begangen haben oder begehen wollten, nicht zu. Bei der vom Beschwerdeführer unterfertigten, noch unvollständigen Schadensmeldung, die als Täuschungsmittel verwendet wurde, handelte es sich vielmehr lediglich um eine inhaltlich unrichtige (Absichts-)Urkunde, nicht aber um eine falsche oder verfälschte Urkunde, wie sie § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB voraussetzt (ÖJZ-LSK. 1978/347). Ihre Verwendung zu Betrugszwecken stellt mithin lediglich eine nicht besonders qualifizierte (schlichte) Täuschungshandlung gemäß § 146 StGB dar und läßt - beide Angeklagten - insoweit nur nach dieser Gesetzesstelle (und wegen der Schadenshöhe auch noch nach § 147 Abs. 2 StGB) haften.

Demgemäß beruht (die vom Erstgericht nicht näher begründete und von der Anklagebehörde nicht begehrte) Annahme der Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB auf einem die beiden Angeklagten benachteiligenden Rechtsirrtum, der in der im Spruch ersichtlichen Form - hinsichtlich des Angeklagten Dieter B in (teilweiser) Stattgebung seiner Nichtigkeitsbeschwerde, in Ansehung des Angeklagten Matthias A hingegen aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem zweiten Anwendungsfall des § 290 Abs. 1 StPO amtswegig - aufzugreifen und zu beheben war. Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung, die hinsichtlich beider Angeklagter nach § 147 Abs. 1 StGB zu erfolgen hatte, konnte der Oberste Gerichtshof in Ansehung beider Angeklagter von den vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen, wobei lediglich die zweifache Qualifikation des Betrugs als erschwerender Umstand zu entfallen hatte.

Unter Berücksichtigung der solcherart berichtigten Strafzumessungsgründe sowie der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof beim Angeklagten B, der bereits wiederholt in einschlägiger Weise straffällig geworden ist, eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten für tatschuldangemessen und tätergerecht. Vor allem im Hinblick auf die Vorstrafenbelastung dieses Angeklagten kommt bei ihm dem Wegfall der Qualifikation des § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB bei der Strafzumessung kein besonderes Gewicht zu.

Hinsichtlich des Angeklagten A liegen indessen alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 37 StGB vor. A ist bisher in einschlägiger Weise noch nicht in Erscheinung getreten; es bedarf bei ihm weder aus spezialnoch aus generalpräventiven Gründen der Verhängung einer (kurzfristigen) Freiheitsstrafe. Daher war - entsprechend der zwingenden Vorschrift des § 37 StGB - an Stelle der Freiheitsstrafe auf eine Geldstrafe zu erkennen, wobei 150 Tagessätze der Schuld dieses Täters entsprechen. Ausgehend von den aktenkundigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dieses Angeklagten und seiner finanziellen Leistungsfähigkeit war die Höhe des Tagessatzes mit 50 S zu bestimmen, während die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 19 Abs. 3 StGB mit 75 Tagen festzusetzen war. Die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Geldstrafe gebietet vorliegend deren unbedingte Verhängung, weil der Strafzweck nur durch die Bezahlung der Geldstrafe erzielt werden kann (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/22). Dem steht § 290 Abs. 2 StPO nicht entgegen. Zwar hat das Erstgericht die über A verhängte Freiheitsstrafe (im Ausmaß von 3 Monaten) bedingt nachgesehen. Der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht hat jedoch - wie der Oberste Gerichtshof wiederholt erkannt hat (vgl. SSt. 43/58, 46/73) - zufolge der wesensmäßigen Verschiedenheit der Strafarten Freiheitsstrafe und Geldstrafe nur für jene Strafart, der er zugeordnet ist, nicht jedoch losgelöst von dieser Geltung und Bestand. Tritt mithin an die Stelle der Freiheitsstrafe eine Geldstrafe, ändert sich somit die Strafart, dann fällt folglich auch der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht als Annex der Freiheitsstrafe weg.

Demzufolge durfte die im Zuge der Strafneubemessung als geboten angesehene Geldstrafe - ohne gegen § 290 Abs. 2

StPO zu verstoßen - unbedingt verhängt werden (ÖJZ-LSK. 1975/146), zumal eine unbedingte Geldstrafe jedenfalls milder ist als eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe (SSt. 46/82). Der Angeklagte B war mit seiner Berufung auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich dieses Angeklagten beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01808

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00193.78.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19790226_OGH0002_0090OS00193_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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