Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich A wegen des Vergehens der Geschenkannahme in Amtssachen nach dem § 304 Abs. 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Dezember 1978, GZ. 1 c Vr 2767/77-44, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird in einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8.11.1940 geborene Werkmeister Erich A des Vergehens der Geschenkannahme in Amtssachen nach dem § 304 Abs. 2
StGB schuldig erkannt, weil er am 5.5.1976 in Wien als Werkmeister der MA 30 der Gemeinde Wien dadurch, daß er sich von Ing. Willibald B für die Ausstellung eines positiven Kanalbefunds hinsichtlich eines Zubaues auf der Liegenschaft Wien 23., Zetschegasse 13, einen Geldbetrag von etwa 2.000 S übergeben ließ, für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäfts von einem anderen einen Vermögensvorteil forderte und annahm.
Nach den wesentlichen erstgerichtlichen Feststellungen beanstandete der Angeklagte im Rahmen einer Ende April oder Anfang Mai 1976 vorgenommenen Kommissionierung die Undichtheit der Muffenverbindung der Eternitrohre im Bereich des Aufstandsbogens des im Spruch genannten Kanals.
Er deutete die Möglichkeit an, daß dieser Mangel durch Ausschmieren mit Beton beseitigt werden könnte und erklärte sich schließlich bereit, diese Arbeit zu veranlassen, wofür an ihn ein Betrag von 2.500 S zu bezahlen sei. Sowohl dem Angeklagten als auch dem als Vertreter des Auftraggebers einschreitenden Zeugen Ing. B war es klar, daß es sich bei diesem Betrag um Schmiergeld handelte, dessen Höhe zur aufzuwendenden Arbeit in keinem entsprechenden Verhältnis stand. Einige Tage später übergab Ing. B dem Angeklagten den vereinbarten Betrag, nachdem ihm dieser erklärt hatte, daß die Arbeit vorgenommen worden und die Angelegenheit nunmehr in Ordnung sei. Der Befund weist das Datum vom 7.5.1976 auf. Das Erstgericht nahm an, daß der Aufwand für die vorgenommene Dichtungsarbeit 500 S jedenfalls nicht überstiegen habe.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9
lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Unter Berufung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer, daß er sich vor dem Untersuchungsrichter und vor dem Kontrollamt dahingehend verantwortet habe, daß er mehrere - und nicht wie das Erstgericht annahm - nur eine Muffenverbindung beanstandet habe, und das Erstgericht insbesonders auch ungewürdigt lasse, daß sich die Tatsache der Undichtheit mehrerer Muffenverbindungen auch aus einer Reihe von anderen Beweismitteln ergebe.
Diesem Vorwurf ist entgegenzuhalten, daß sich das Erstgericht mit der Frage, ob es sich um die Undichtheit einer einzigen oder aber mehrerer Muffenverbindungen gehandelt hat, durch den Hinweis auf die - im Gegensatz zu sonstigen Aussagen - sehr dezidierte Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 24.8.1978, welche er in dem dem Urteil zugrunde liegenden Hauptverhandlungen ausdrücklich aufrecht erhalten hat, und den Umstand, daß andere Personen die undichte Stelle nicht sahen und Muffenverbindungen, die nicht im unmittelbaren Bereich der Putzlöcher liegen, händisch nicht ausgeschmiert werden können (S. 222, 223 d. A), in ausreichendem Maße auseinandergesetzt und seine vom Beschwerdeführer in Frage gestellte Feststellung in denkgesetzmäßiger Weise begründet hat. In der Folge behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe Widersprüche im Beweisverfahren nicht berücksichtigt. So bestünde ein Widerspruch zwischen den Aussagen des Zeugen Ing. C einerseits und des Zeugen Ing. B andererseits über die Frage, ob C anläßlich der Befundaufnahme durch den Angeklagten anwesend gewesen und auch darüber, ob der Geldbetrag im Büro des Arch. D oder an Ort und Stelle (Kanal) übergeben worden sei. Auch diese Einwendungen sind nicht zielführend.
Richtig ist zwar, daß der Zeuge C behauptete, er sei bei der ersten Kommission anwesend gewesen (S. 141, 142; 208 d. A), während der Zeuge B in seinen ursprünglichen Angaben dies in Abrede stellte (S. 92, 185 d. A).
In der letzten Aussage ließ B diese Frage jedoch offen, denn er behauptete lediglich, daß C bei der von ihm, dem Zeugen, einerseits, und dem Angeklagten andererseits getroffenen Geldvereinbarung nicht zugegen gewesen sei. Insoweit deckt sich aber seine Aussage auch mit der des Zeugen C, der stets erklärt hatte, er habe sich nach der Beanstandung des Kanals durch den Angeklagten mit der zu Ing. B gemachten Bemerkung, das ginge ihn nichts an, das sei B Sache, entfernt (S. 141, 142 d. A) bzw. er sei etwas früher weggegangen (S. 208
d. A). Jedenfalls ergibt sich aus den diesbezüglich widerspruchsfreien Aussagen, daß der Zeuge C im Zeitpunkt einer weiteren Absprache des Zeugen Ing. B mit dem Angeklagten nicht mehr dabei war, sodaß er über die hier interessierende Frage des Inhalts dieser Absprache nichts aussagen konnte. So gesehen war das Erstgericht nicht verhalten, sich in seiner Begründung mit der hier aufgeworfenen Frage auseinanderzusetzen.
Zu der Frage des Orts der Geldübergabe hat das Erstgericht durch den Hinweis, die ursprünglichen Angaben des Ing. C, wonach A zu Dipl.Ing. D gekommen sei, habe dieser ausdrücklich als Schlußfolgerung bezeichnet, jedenfalls leide seine Glaubwürdigkeit nicht unter den ihm unterlaufenen Irrtum, Stellung genommen (S. 224 d. A). Im übrigen brauchte es schon deshalb nicht näher darauf einzugehen, weil der Zeuge Ing. C hinsichtlich des Orts der Geldübergabe keine eigenen Wahrnehmungen machte, sondern von der Sache nur vom Hörensagen weiß (siehe insbesondere S. 146 d. A). Das Erstgericht konnte auch - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - die Frage unerörtert lassen, ob der Geldbetrag Zug um Zug gegen übergabe des positiven Kanalbefunds ausgefolgt wurde. Denn die Behauptung des Beschwerdeführers, der Zeuge Ing. B habe ausgesagt, daß gleichzeitig Zug um Zug gegen übergabe des Geldbetrags ein positiver Kanalbefund ausgefolgt worden sei, steht mit der Aussage dieses Zeugen im Widerspruch, wonach er nicht mehr wisse, ob er den Befund gleich bekommen oder sich ihn erst später geholt habe (S. 186 d. A) und ist somit aktenwidrig. Darüber hinaus kann auch keine Rede davon sein, daß Ing. D in der Hauptverhandlung vom 24.8.1978 eindeutig die Zug-um-Zug-Version B bestätigt habe (siehe S. 147 ff d. A).
Weshalb das Erstgericht trotz des im Akt erliegenden Rückscheins (S. 171 verso) als erwiesen annahm, daß der Befund an dem dem 7.5.1976 folgenden Tagen dem Architektenbüro Dipl.Ing. D zuging (S. 220 d. A), hat es in einer den Denkgesetzen nicht widersprechenden Weise erklärt (S. 223/224 d. A). Im übrigen hat es die zur Klärung des für die Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltes nicht wesentliche Frage, auf welche Weise der Befund dem Dipl.
Ing. D zugekommen ist, offen gelassen (S. 223 d. A). Unrichtig ist die Behauptung des Beschwerdeführers, das Erstgericht habe nicht gesagt, welche Mängel behoben worden seien. Denn den erstgerichtlichen Feststellungen ist zu entnehmen, daß der vom Angeklagten beanstandete Mangel, nämlich ein Spalt im Bereich einer Muffenverbindung, behoben wurde (S. 218 bis 221 d. A). Ob aber die Behebung dieses Mangels durch den Angeklagten selbst oder über seine Veranlassung durch einen Dritten vorgenommen wurde, ist rechtlich ohne Bedeutung.
Kein Widerspruch liegt auch zwischen den Angaben des Ing. B und denen des Ing. D darüber, wer von ihnen die Aktennotiz vom 17.5.1976 ausgestellt hat, denn diese ist von beiden unterzeichnet (S. 73 d. A).
Der Vorwurf des Beschwerdeführers, das Erstgericht habe sich unzureichend mit der Tatsache auseinandergesetzt, daß er ja niemals einen Befund selbst ausgestellt, sondern nur einen Bericht verfaßt habe, ist ebenfalls nicht zielführend, denn das Erstgericht geht ja gar nicht davon aus, daß der Angeklagte selbst den Befund ausgestellt habe, sondern vielmehr davon, daß dieser auf Grund eines gleichlautenden Berichts des Werkmeisters erstellt worden sei (S. 220 d. A).
Wenn der Beschwerdeführer ferner unter Hinweis auf eine offenbar unzureichende Begründung vorbringt, die Feststellung, der verlangte Betrag sei Schmiergeld gewesen, sei nicht ausreichend begründet worden und der Aussage des Zeugen Ing. B lasse sich derartiges nicht entnehmen, ist ihm entgegenzuhalten, daß das Erstgericht die bemängelte Feststellung durch den Hinweis auf die Aussage des genannten Zeugen (siehe insbesonders S. 92 und 203 ff d. A) sowie die Unverhältnismäßigkeit des verlangten und auch geleisteten Betrags mit der zur Behebung des Mangels aufzuwendenden Arbeit (S. 219 d. A) mängelfrei begründete.
Auf die vom Beschwerdeführer aufgeworfene und seiner Ansicht nach unzureichend begründete Frage, 'ob' die Geldübergabe am 5.5.1976 oder 7.5.1976 erfolgte, brauchte das Erstgericht als rechtlich irrelevant nicht näher einzugehen. Inwiefern aber die Begründung des von ihm angenommenen und auch eingehend erörterten Vermögensvorteils von 2.000 S nicht ausreichend sein soll, wird vom Beschwerdeführer nicht ausgeführt, weshalb auf diesen Einwand nicht näher einzugehen war.
Das Urteil ist daher insgesamt mit keinem Begründungsmangel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behaftet.
Unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO rügt der Beschwerdeführer das Fehlen von Feststellungen darüber, ob Arbeiten überhaupt durchgeführt wurden bzw. in welchem Umfang und durch wen Mängelbehebungen erfolgt sind. Stehe aber nicht fest, ob überhaupt Behebungen vorgenommen worden seien und in welchem Umfang dies geschehen sei, könne nicht von einem Vermögensvorteil gesprochen werden, weil danach die Entscheidungsgrundlagen für die Klärung der Frage fehlten, welche Gegenleistung allenfalls angemessen gewesen sei.
Dieses Vorbringen ist, insoweit damit überhaupt ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund geltend gemacht werden soll, nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Geltendmachung eines solchen Nichtigkeitsgrundes voraussetzt, daß der Beschwerdeführer vom festgestellten Sachverhalt ausgeht und diesen mit dem darauf vom Gericht angewendeten Strafgesetz vergleicht, eine Forderung, die vom Beschwerdeführer unbeachtet bleibt. Das Erstgericht hat nämlich festgestellt, daß die Arbeit an der undichten Muffenverbindung (Ausschmieren mit Beton) durchgeführt wurde, hiefür nur ein geringer Arbeitsaufwand erforderlich war, weil die Verwendung von etwas Beton in einer Mauerkelle genügte (S. 221 d. A), anderes Werkzeug nicht nötig war und das Ausschmieren einer Fuge lediglich einen Zeitaufwand von wenigen Minuten erforderte. Hiefür sei ein Maximalbetrag von ca. 500 S anzunehmen, woraus folge, daß der Angeklagte zumindest einen Betrag von 2.000 S zu Unrecht verlangt und auch erhalten habe (S. 222 d. A). Mit seinen weiteren Ausführungen - nämlich der Frage nach dem Subjekt der Mängelbehebung - macht er aber keinen Feststellungs-, sondern einen, wie bereits oben ausgeführt, nicht erheblichen Begründungsmangel geltend. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO, teils als offenbar unbegründet nach dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen. über die Berufung des Angeklagten wird in einem Gerichtstag entschieden werden.
Anmerkung
E01794European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00021.79.0227.000Dokumentnummer
JJT_19790227_OGH0002_0110OS00021_7900000_000