TE OGH 1979/3/1 13Os18/79

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Veröffentlicht am 01.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.März 1979 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführers in der Strafsache gegen Alois A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 2, 129

Z. 1 und § 15 StGB. sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengerichtes vom 6.Dezember 1978, GZ. 7 b Vr 527/78-26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwaltes Dr. Srb, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten wird dahingehend Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 9 (neun) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß § 390 a StPO. hat der Angeklagte auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Hilfsarbeiter Alois A des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 2, 129 Z. 1 sowie auch 15 StGB. und des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB. schuldig erkannt. Nach dem Schuldspruch hatte er am 21.August 1978 in Unterwald (OÖ.) teils durch Einbruch in ein Rohbauhaus dem Johann B eine elektrische Handlampe mit einem 10 Meter langen Gummikabel samt Stecker, einen Hammer, einen Meißel, ein Glas mit Russenkraut und einen halben Liter Himbeersaft im Gesamtwert von ca. 1.000 S gestohlen (Punkt I./1./ des Urteilssatzes), sich sodann mit Diebstahlsvorsatz in die Pfarrkirche Kleinraming (OÖ.) einschließen lassen (Punkt II./ 1./ des Urteilssatzes), hatte hierauf am 22.August 1978 in Behamberg (NÖ.) durch Einbruch in das Wochenendhaus des Alois C diesem Genußmittel, eine Wolldecke, ein Leintuch und einen Radioapparat im Wert von insgesamt ca. 530 S gestohlen (Punkt I./2./ des Urteilssatzes), war durch Abreißen des Vorhangschlosses mit Diebstahlsvorsatz in die Bauhütte des Hubert D eingedrungen (Punkt II./2./ des Urteilsatzes) und hatte schließlich das Vorhangschloß eines Heustadels des Franz E durch Aufbrechen beschädigt (Punkt III./ des Urteilssatzes).

Seine gegen diesen Schuldspruch erhobene Nichtigkeitsbeschwerde stützt der Angeklagte ziffernmäßig lediglich auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO.

Die Mängelrüge, die dem Ersturteil eine unvollständige, offenbar unzureichende, widersprüchliche und aktenwidrige Urteilsbegründung zum Vorwurf macht, erweist sich als nicht berechtigt. Der Schöffensenat konnte nämlich seine überzeugung, daß der Angeklagte entgegen seiner Verantwortung 'vom 20. bis 22.August 1978 im Raume Behamberg-Kleinraming' war, auf die Aussagen des Zeugen Hermann F und (vor allem) der Zeugen Franz und Rosa E gründen, welch' letztere im Angeklagten denjenigen, den sie am 22.August 1978 um 5 Uhr früh in einem Heustadel angetroffen und mit dem sie sich durch einen längeren Zeitraum unterhalten hatten, an seinem Aussehen, seinem (tiroler) Dialekt und seiner Stimme eindeutig und zweifelsfrei sicher wiedererkannten (S. 100 bis 103, 112, 114). Diesen Zeugen war auch aufgefallen, daß er damals einen Hammer, einen Meißel, ein kleines schwarz-rotes Radiogerät, eine Wolldecke und ein Leintuch bei sich hatte, sodaß der Schluß des Erstgerichtes, daß der Angeklagte auch zu den kurz zuvor verübten Einbruchsdiebstählen zum Nachteil des Johann B und des Alois C, bei welchen solche Sachen gestohlen worden waren, als Täter anzusehen sei, logisch einwandfrei gezogen wurde. Gleiches gilt von der Urteilsannahme, daß es der Angeklagte war, der sich in die Pfarrkirche Kleinraming mit Diebstahlsvorsatz einschließen ließ, welche das Erstgericht daraus ableitete, daß in der Kirche Zigarettenrauch zurückgeblieben war und daß der von Zeugen beobachtete Mann - wie auch der Angeklagte, der Raucher ist - ein dunkler Typ mittleren Alters war, wozu noch kommt, daß der Angeklagte, wie sich dies aus den Vorstrafakten ergibt, in den zurückliegenden Jahren wiederholt als Opferstockdieb tätig war (S. 107, 109, 113, 114). Wenn der Schöffensenat ferner die Täterschaft des Angeklagten auch hinsichtlich des Einbruches in die Bauhütte des Hubert D mit der übereinstimmung des Tatzeitraumes im Falle des Einbruchsdiebstahls zum Nachteil des Alois C - die Tatorte sind nur etwa 30 m voneinander entfernt (S. 115) - und der Unwahrscheinlichkeit zweier zur selben Zeit am selben Ort von einander unabhängig operierender Einbrecher, von welchen der eine sich nur auf Einbrüche in Bauhütten beschränkte (S. 115, 116), begründet, so ist auch das ein zulässiger Akt freier Beweiswürdigung.

Mit dem Hinweis, die vom Erstgericht auf die Täterschaft des Angeklagten gezogenen Schlüsse seien in allen diesen Fällen nicht zwingend, es hätte vielmehr beim geringsten Zweifel ein für den Angeklagten günstigerer Sachverhalt angenommen und der Angeklagte im Zweifel freigesprochen werden müssen, verkennt der Beschwerdeführer das Wesen des angerufenen Nichtigkeitsgrundes ebenso wie das des Grundsatzes, daß im Zweifel zugunsten des Angeklagten entschieden werden müsse. Nach diesem Grundsatz ist zwar eine Verurteilung ausgeschlossen, wenn das Gericht nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, es wird aber nichts darüber gesagt, wie das Gericht sich seine überzeugung von der Schuld des Angeklagten zu verschaffen habe und unter welchen Voraussetzungen ein für die Schuldfrage entscheidender Umstand als erwiesen anzusehen sei. Dem Gericht ist es nämlich nicht verwehrt, auf Grund denkrichtiger Schlußfolgerungen aus erwiesenen Tatsachen zur überzeugung von der Richtigkeit weiterer Tatsachen zu kommen und diese somit gleichfalls als erwiesen anzusehen, wobei es sich auch für eine dem Angeklagten ungünstigere Schlußfolgerung entscheiden kann, obwohl aus den betreffenden Vordersätzen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären. Es ist dies nur ein an sich zulässiger Akt freier Beweiswürdigung, der, sofern die zur Wahl zwischen den möglichen Schlußfolgerungen führende überzeugung des Gerichtes einleuchtend und logisch begründet ist, einer Anfechtung durch eine Mängelrüge im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. entzogen ist (13 Os 172/73, 13 Os 124/74, EvBl. 1967/48). Vorliegend hat das Erstgericht in Begründung des angefochtenen Schuldspruches die Verfahrensergebnisse in der ihm aufgetragenen gedrängten Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) aktengetreu wiedergegeben und dabei auch die Beobachtungsmängel der Zeugen und die Unsicherheiten und Widersprüche in ihren Angaben keineswegs mit Stillschweigen übergangen, sich vielmehr mit diesen Umständen, insbesondere auch mit den Zeitangaben des Zeugen Hermann F, eingehend auseinandergesetzt und auch einleuchtend begründet, wie es über diese den Urteilsannahmen über die Täterschaft des Angeklagten an sich entgegenstehenden Ungereimtheiten in den Ergebnissen des Beweisverfahrens hinweggekommen ist (S. 108, 112 bis 115). Zusammenfassend hat es damit in schlüssiger Weise dargetan, daß die von ihm als erwiesen angenommene Täterschaft des Angeklagten in allen Fällen eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und demgegenüber alle anderen Möglichkeiten, insbesondere das Auftreten eines anderen Diebes, speziell eines Opferstockdiebes, zur selben Tatzeit am selben Tatort zumindest derart unwahrscheinlich sind, daß sie vom Gericht als rein abstrakte Kombinationen, welchen jede objektive Grundlage abgeht, füglich vernachlässigt oder abgelehnt werden konnten.

Der Hinweis der Beschwerde auf das Erfordernis einer eindeutigen Beweislage stellt sich in Wahrheit als Angriff auf die freie Beweiswürdigung des Schöffensenates dar, die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht zielführend sein kann. Es liegt daher weder eine unvollständige, noch eine offenbar unzureichende, aber auch keine aktenwidrige Urteilsbegründung vor, weil es mangels Kenntnis der genauen Tatzeiten als irrelevant auf sich beruhen kann, ob das Wochenendhaus des Alois C bzw. die davon ca. 30 m ferne Bauhütte des Hubert D vom Heustadel des Franz E etwa 500 m (S. 111) oder einen Kilometer (S. 100) weit entfernt liegt.

Ihren Einwand, das Einsperrenlassen (in einer Kirche) stelle nur eine straflose Vorbereitungshandlung dar, verknüpft die Beschwerde mit der Negierung des festgestellten (ausführungsnah betätigten) Diebstahlsvorsatzes, sodaß dieses Vorbringen als (der Sache nach) prozeßordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrüge nicht aufgefaßt werden kann.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zur Gänze zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Bei der Strafbemessung erachtete es als erschwerend die zahlreichen gleichartigen Vorstrafen, die sogar die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllen, den sehr raschen Rückfall, die Wiederholung der Diebstähle, die Begehung strafbarer Handlungen verschiedener Art, wobei diesem Erschwerungsgrund allerdings kein besonderes Gewicht zukomme, weil die Sachbeschädigung geringfügig sei, und die verschiedenen Qualifikationen der Taten zum Diebstahl; als mildernd hingegen wertete es, daß es teilweise nur beim Versuch geblieben ist, die geringe Schadenshöhe und den Umstand, daß der Angeklagte beim geringsten Faktum, nämlich bei der Sachbeschädigung, noch vor Anzeigeerstattung eine Schadensgutmachung angeboten hat. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine seinem geringen Verschulden entsprechende Herabsetzung des Strafausmaßes an. Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Zunächst ist davon auszugehen, daß § 39 StGB. keine Deliktsqualifikation statuiert, sondern nur eine fakultative allgemeine Strafausdehnungsnorm darstellt (ÖJZ-LSK. 1975/166), die vorliegend gar nicht zur Anwendung gelangte. Die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art ist ferner als ein einziger Erschwerungsgrund (§ 33 Z. 1 StGB.) aufzufassen und im gegebenen Fall bloß die eine Qualifikation nach dem § 128 Abs. 1 Z. 2 StGB., die vorliegend nicht den anzuwendenden Strafsatz bestimmt, als erschwerend zu werten, wozu noch kommt, daß der Unrechtsgehalt der Taten eher hinter dem Durchschnitt zurückbleibt. Diese Umstände rechtfertigen eine Herabsetzung des Strafmaßes, wobei allerdings nicht zu übersehen ist, daß der Angeklagte bisher zehn, davon neun einschlägige Vorstrafen erlitten hat und erst am 26.Juli 1978 nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten aus seiner letzten Strafhaft entlassen worden war. Auch hat er sich durch seine leugnende Verantwortung selbst um den gewichtigen Milderungsgrund des § 34 Z. 17 StGB. gebracht hat, weil er weder ein reumütiges Geständnis abgelegt noch durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Dennoch erscheint im Hinblick auf die mindergewichtigen Erschwerungsumstände und den nicht allzu gravierenden Tatunwert eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf das zu wirksamen Resozialisierungsmaßnahmen noch ausreichende Ausmaß von neun Monaten vertretbar.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01807

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00018.79.0301.000

Dokumentnummer

JJT_19790301_OGH0002_0130OS00018_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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