Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 1979
unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A und andere wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB über die von den Angeklagten Peter A und Christoph B gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Jugendschöffengerichtes vom 28. April 1978, GZ. 3 Vr 1452/77-13, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen der Verteidiger der Angeklagten, Dr. Bernhauser und Dr. Datzig und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Peter A und Christoph B wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den diese beiden Angeklagten zu Punkt II/1.) und Punkt II/4.) des Urteilssatzes betreffenden Schuldsprüchen wegen Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB und aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO auch in den die Mitangeklagten Walter C und Horst D zu Punkt II/4.) des Urteilssatzes betreffenden Schuldsprüchen wegen des gleichen Delikts und demzufolge auch in den die Angeklagten Peter A, Christoph B, Walter C und Horst D betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft dieser Angeklagten) aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Peter A und Christoph B auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden u.a. der am 29. September 1960 geborene, zur Tatzeit noch jugendliche Hilfsarbeiter Peter A und der am 6. Mai 1958 geborene Installateurgeselle Christoph B des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs liegt diesen beiden Angeklagten zur Last, am 14. September 1977 in Wien in einem Waggon der Stadtbahn fremde Sachen dadurch zerstört und beschädigt zu haben, und zwar Peter A (sowie die deswegen mit demselben Urteil bereits rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten Walter C und Horst D), indem sie mehrere Fahrtrichtungsanzeiger zum Fenster hinauswarfen (Punkt II/4.) des Urteilssatzes) und Christoph B, indem er zwei Glühbirnen der Deckenbeleuchtung entfernte (Punkt II/1) des Urteilssatzes).
Von dem weiteren Anklagevorwurf des Vergehens der fahrlässigen Gemeingefährdung nach dem § 177 Abs. 1 StGB wurden die Angeklagten A und B sowie die übrigen Mitangeklagten gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.
Nach den wesentlichen den Schuldsprüchen zugrunde liegenden Urteilsfeststellungen benützten die beiden Angeklagten A und B ebenso wie die übrigen Mitangeklagten am Abend des 14. September 1977 nach dem Besuch eines Fußballspiels im Wiener Weststadion für die eimfahrt die Stadtbahn. Vor allem in dem vorwiegend von jugendlichen Fußballfans besetzten letzten Waggon (mit der Nummer 2509) des Stadtbahnzuges, in dem sich auch sämtliche Angeklagten befanden, kam es nach der Abfahrt aus der Station Hütteldorf im überschwang der Begeisterung über den Spielausgang zu Tumulten, bei denen die Passagiere Glühbirnen der Deckenbeleuchtung, die sie aus der Fassung geschraubt hatten, während der Fahrt aus den geöffneten Fenstern warfen. Zum Schuldspruch des Angeklagten B stellte das Erstgericht im angefochtenen Urteil allerdings nur fest, daß dieser, nachdem die Waggonbeleuchtung schon vorher (infolge der Entfernung von Glühbirnen durch andere Täter) zur Gänze ausgefallen war, gleichfalls zwei Glühbirnen der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr intakten Deckenbeleuchtung herausgeschraubt hatte (Bd. II, S. 339, 340 d. A).
Die Angeklagten A, C und D nahmen nach den weiteren Urteilsfeststellungen aus einem auf der Plattform des letzten Waggons befindlichen Kasten einige dort verwahrte Streckenbezeichnungstafeln (Fahrtrichtungsanzeiger) und warfen sie auf der Fahrt zwischen den Stadtbahnstationen Hütteldorf und Meidling aus den offenen Fenstern (Bd. II, S. 440 d. A).
I/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A und zur Maßnahme gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO:
Mit seiner der Sache nach nur den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Rechtsrüge bemängelt der Angeklagte Peter A das Fehlen von Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite des ihm angelasteten Delikts der Sachbeschädigung, weil sich dem erstgerichtlichen Urteil nicht entnehmen lasse, ob die von ihm und den Mitangeklagten C und D während der Fahrt aus den Waggonfenstern geworfenen Streckenbezeichnungstafeln tatsächlich in einer ihren Verwendungszweck beeinträchtigenden Weise beschädigt wurden und ob dies in seinem Vorsatz gelegen war.
Rechtliche Beurteilung
Diese Rüge ist begründet:
Der Tatbestand der Sachbeschädigung nach dem § 125
StGB erfordert in objektiver Beziehung das Zerstören, Beschädigen, Verunstalten oder Unbrauchbarmachen einer fremden Sache; die Verwirklichung der inneren Tatseite verlangt vorsätzliches Handeln, wobei bedingter Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) ausreicht. Allein die im angefochtenen Urteil enthaltene Feststellung, die Angeklagten A, C und D hätten die in Rede stehenden Streckenbezeichnungstafeln aus den Fenstern geworfen, läßt die für den Schuldspruch nach dem § 125 StGB entscheidende Frage, ob die Tafeln hiebei tatsächlich zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar gemacht wurden - wobei eine Beschädigung im Sinne der Bewirkung einer nicht ganz unerheblichen, ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch beeinträchtigenden Veränderung zu verstehen ist - und ob dieser Erfolg vom zumindest bedingten Vorsatz der Täter erfaßt war, völlig offen. Dieser Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bewirkende Feststellungsmangel macht die Aufhebung des den Angeklagten A betreffenden Schuldspruchs unvermeidbar. Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO ist aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten von Amts wegen wahrzunehmen, daß derselbe zur Aufhebung seines Schuldspruchs führende materielle Nichtigkeitsgrund in gleicher Weise auch den zu Punkt II/4.) des Urteilssatzes angeführten Schuldsprüchen der Mitangeklagten Walter C und Horst D wegen Vergehens der Sachbeschädigung durch Hinauswerfen mehrerer Fahrtrichtungsanzeiger (Streckenbezeichnungstafeln) aus den Waggonfenstern anhaftet, sodaß aus diesem Grund das erstgerichtliche Urteil auch in diesen von den beiden vorgenannten Mitangeklagten unbekämpft gebliebenen Schuldsprüchen zu Punkt II/4.) und demzufolge auch in den sie betreffenden Strafaussprüchen aufzuheben war.
II/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christoph B:
Auch der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christoph B kommt Berechtigung zu. Denn die Feststellung des Erstgerichtes, er habe zwei Glühbirnen aus der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr funktionierenden Deckenbeleuchtung des Stadtbahnwaggons geschraubt, reicht - wie dieser Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt - zur rechtlichen Annahme einer Sachbeschädigung im Sinne des § 125 StGB nicht aus, weil dadurch weder die Fassung noch die Glühbirnen selbst zerstört, beschädigt oder unbrauchbar wurden. Der frühere Zustand hätte durch ein bloßes, keine Kosten verursachendes und auch keinen besonderen Aufwand an Mühe erforderndes Einschrauben der Glühbirnen wieder hergestellt werden können, sodaß in einem bloßen Herausschrauben von Glühbirnen ein Unbrauchbarmachen im Sinne des § 125 StGB und demnach eine Sachbeschädigung (noch) nicht erblickt werden kann.
Im Gegensatz zu den Mitangeklagten Andreas E und Günther F, die ausdrücklich zugaben (vgl. Bd. I, S. 162, 174, ON 9 und 14 sowie Bd. II, S. 311 und 313 d.
A), die von ihnen aus der Deckenbeleuchtung entfernten Glühbirnen während der Fahrt aus dem Stadtbahnzug geworfen zu haben (womit notwendigerweise ein Zersplittern und somit ein Zerstören der Glühbirnen verbunden war), verantwortete sich der Angeklagte B ausdrücklich dahin, die beiden von ihm herausgeschraubten Glühbirnen einem neben ihm (im Waggon) stehenden unbekannten Fahrgast weitergegeben, jedoch nicht darauf geachtet zu haben, was dieser damit gemacht habe (Bd. I, S. 158, 311 a und Bd. II, S. 310 d. A). Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen konnten allerdings die aus den Waggons des gegenständlichen Stadtbahnzuges fehlenden Glühbirnen nicht mehr aufgefunden werden (Bd. I, S. 56, 77, 98, 101 d. A). Außer den zur Annahme des objektiven Tatbildes der Sachbeschädigung erforderlichen Feststellungen fehlt vor allem aber auch eine solche zur subjektiven Tatseite; denn dieses Delikt könnte dem Angeklagten B - allenfalls in der Erscheinungsform des Versuchs - nur dann angelastet werden, wenn er bei seinem Tatverhalten (Herausschrauben und Weitergabe der Glühbirnen an eine andere Person) von dem - zumindest bedingten - Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) geleitet gewesen wäre, daß (auch) diese Glühbirnen aus dem Waggon geworfen und somit zerstört werden sollten. Die dargelegten, gleichfalls Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bewirkenden Feststellungsmängel führen demnach auch zu einer Aufhebung des Schuldspruches des Angeklagten B zu Punkt II/1.) des Urteilssatzes.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Anmerkung
E01816European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00185.78.0302.000Dokumentnummer
JJT_19790302_OGH0002_0130OS00185_7800000_000