TE OGH 1979/3/6 11Os188/78

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Veröffentlicht am 06.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB über die von Walter A, Robert B und Otto C gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 9. Oktober 1978, GZ. 20 f Vr 4178/78-52, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Walter A, Rechtsanwalt Dr. Doczekal, des Verteidigers des Angeklagten Robert B, Rechtsanwalt Dr. Hoffmann, des Verteidigers des Angeklagten Otto C, Rechtsanwalt Dr. Hock, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Walter A und Robert B werden verworfen.

Ihren Berufungen wird Folge gegeben und die über die Genannten verhängten Freiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt: beim Angeklagten Walter A auf 5 Jahre, beim Angeklagten Robert B unter Anwendung des § 41 StGB auf 3 Jahre und 5 Monate.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen diesen Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Otto C wird Folge gegeben, der im übrigen unberührt bleibende Wahrspruch der Geschwornen in seinem infolge Bejahung der Hauptfrage V und der Zusatzfrage VI den Angeklagten Otto C betreffenden Teil und der darauf beruhende Schuldspruch des Genannten wegen Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB, demgemäß aber auch der diesen Angeklagten berührende Strafausspruch (einschließlich des ihn betreffenden Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache gemäß dem § 349 Abs. 1 StPO zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Geschwornengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Otto C auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24. September 1942 geborene Unfallsrentner Walter A, der am 19. August 1959 geborene Robert B und der am 16. Februar 1941 geborene Otto C, die alle zuletzt keiner Beschäftigung nachgingen, des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB schuldig erkannt. Nach dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Schuldspruch liegt ihnen zur Last, am 28. April 1978 in Wien in Gesellschaft mit dem abgesondert verfolgten Jugendlichen Manfred D als Beteiligte (§ 12

StGB) der Anna E mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen, und zwar 2.900 S Bargeld und eine Packung Zigaretten mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Robert B sie an den Händen festhielt und Walter A ihr ein Säckchen entriß.

Die Geschwornen hatten die im Sinne der Anklage wegen Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB an sie gesondert nach den drei Angeklagten gerichteten Hauptfragen I, III und V (nach Raub im Sinne des § 142 StGB) und die für den Fall der Bejahung dieser Hauptfragen gestellten Zusatzfragen II, IV und VI (nach der Qualifikation der Tat als Gesellschaftsraub im Sinne des § 143 erster Fall StGB) jeweils stimmeneinhellig bejaht, hinsichtlich des Angeklagten Otto C allerdings erst, nachdem ihnen der Schwurgerichtshof auf Grund eines ihnen insoweit unterlaufenen Mißverständnisses bei der ersten Abstimmung - in der sie zunächst die diesen Angeklagten betreffende Hauptfrage V nach Raub stimmeneinhellig verneint, jedoch gleichzeitig im Widerspruch hiezu die (dazugehörige) Zusatzfrage VI (in Richtung Gesellschaftsraub nach dem § 143 erster Fall StGB) und die Eventualfrage XIV in Richtung Hehlerei stimmeneinhellig bejaht hatten - gemäß dem § 332 Abs. 4

StPO die Verbesserung dieses Teiles des Wahrspruchs aufgetragen hatte. Die Bejahung der Hauptfrage V erfolgte im verbesserten Wahrspruch jedoch mit der Einschränkung, daß der Raub an Anna E ohne Gewaltanwendung des Angeklagten C begangen wurde. Auch die Hauptfragen I und III betreffend die Mitangeklagten A und B bejahten die Geschwornen (stimmeneinhellig) mit dem Zusatz 'ohne C', der nach der bezüglichen, konform mit der Anklagebehauptung erfolgten Fragestellung die Anna E bei der Tat ebenso wie der Mitangeklagte B an den Händen gehalten haben soll, während ihr der Angeklagte A das Säckchen mit dem Geld und den Zigaretten entriß; überdies klammerten die Geschwornen bei Beantwortung der Hauptfrage I auch die dort angeführten Faustschläge, die der Angeklagte A der Beraubten bei der Tat versetzt haben soll, ausdrücklich aus. Zufolge der letztlich bei allen drei Angeklagten stimmeneinhellig - mit den vorerwähnten Modifikationen - bejahten Haupt- und Zusatzfragen I bis VI entfiel folgerichtig die Beantwortung der übrigen, gleichfalls gesondert für jeden einzelnen Angeklagten nur für den Fall der Verneinung der Hauptfragen an die Geschwornen gerichteten Eventualfragen in Richtung Diebstahl (mit einer für den Fall der Bejahung dieser Eventualfragen jeweils gekoppelten Zusatzfrage nach der Qualifikation der Tat als Gesellschaftsdiebstahl im Sinne des § 127 Abs. 2 Z 1 StGB) sowie der in Ansehung der Angeklagten B und C nur für den Fall der Verneinung der Hauptfragen III und V sowie der Eventualfragen IX und XI (nach Diebstahl) weiters gestellten Eventualfragen nach Hehlerei (Punkt XIII und XIV des Fragenschemas). Daß die den Angeklagten C betreffende Eventualfrage XI nach Diebstahl gleichfalls - wenn auch nach dem verbesserten Wahrspruch überflüssigerweise - stimmeneinhellig verneint wurde, ist darauf zurückzuführen, daß die Geschwornen vorerst die ihn berührende Hauptfrage V (nach Raub) stimmeneinhellig verneint und daher zunächst nach dem Fragenschema die für den Fall ihrer Verneinung gestellte Eventualfrage XI zu beantworten hatten.

Dieses Urteil bekämpfen die drei Angeklagten mit gesondert ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden.

1.) Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter A:

Mit seiner allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Angeklagte Walter A unter Berufung auf angebliche Verfahrensergebnisse eine rechtsirrige Beurteilung seines Tatverhaltens als Verbrechen des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB, denn - so meint der Beschwerdeführer - allein in dem unvermuteten Entreißen des Säckchens (mit dem Geld und den Zigaretten) aus der Hand des Opfers, das unter diesen Umständen zu einer wirksamen Gegenwehr gar nicht gekommen sei, könne eine Anwendung von zur Verwirklichung des Tatbestandes des Raubes erforderlicher Gewalt nicht erblickt werden, sodaß nur ein Schuldspruch wegen Diebstahls hätte gefällt werden dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Einwand setzt sich jedoch der Beschwerdeführer über einen erheblichen Teil des im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Sachverhaltes hinweg und bringt somit den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn der vorerwähnte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund kann nur aus dem Wahrspruch selbst und nicht aus einer Interpretation der Verfahrensergebnisse abgeleitet werden. Bei der Prüfung, ob die behauptete Nichtigkeit vorliegt, sind demnach nur die im Wahrspruch der Geschwornen enthaltenen Tatsachenfeststellungen maßgebend, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist und von denen er somit bei Prüfung der Richtigkeit der Gesetzesanwendung auszugehen hat. Zufolge des sich aus dem den Beschwerdeführer betreffenden Wahrspruch ergebenden Sachverhaltes verübte dieser aber den Raub an Anna E dadurch, daß er ihr ein Säckchen (mit dem Geld und den Zigaretten) entriß, während der (als Mittäter) an der Tat beteiligte Mitangeklagte Robert B die Frau an den Händen festhielt. Dem Begriff der Gewalt gegen eine Person im Sinne des § 142 StGB entspricht die Anwendung jeder überlegenen und zur Beugung oder Beseitigung eines tatsächlichen oder vom Täter auch nur erwarteten Widerstandes des Opfers geeigneten physischen Kraft.

Darunter fällt auch - so wie vorliegend - ein (bloßes) Festhalten einer Person, um ihr eine Sache wegzunehmen (ÖJZ-LSK 1976/29). Da der Beschwerdeführer nach dem Inhalt des Wahrspruchs der Geschwornen bei der Tatausführung im Einvernehmen mit dem (weiteren) Tatbeteiligten Robert B handelte, verantwortet er auch dessen (in einem Festhalten des Opfers gelegenen) Tatbeitrag, ganz abgesehen davon, daß sogar allein das Entreißen eines Gegenstandes den Tatbestand des Raubes verwirklicht, sofern die solcherart erfolgte Wegnahme der Sache unter gewaltsamer Ausschaltung oder überwindung eines widerstrebenden Willens des - wenn auch überraschend angegriffenen - Opfers durch den Einsatz körperlicher Kraft des Täters erfolgt (ÖJZ-LSK 1976/77).

So gesehen ergibt ein Vergleich des vom Angeklagten Walter A bekämpften Schuldspruchs mit dem ihm zugrunde liegenden Wahrspruch der Geschwornen (zur Hauptfrage I und Zusatzfrage II), daß von einer rechtsirrigen Beurteilung der darin als erwiesen angenommenen Tat dieses Angeklagten durch das Erstgericht als Verbrechen des schweren Raubes nach den § 142 Abs. 1, 143 StGB keine Rede sein kann und demnach die von ihm angestrebte rechtliche Wertung seines im Wahrspruch festgestellten Tatverhaltens (bloß) als Diebstahl nicht in Betracht kommt.

2.) Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert B:

Die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Verfahrensrüge dieses Beschwerdeführers, mit der er dem Erstgericht zum Vorwurf macht, die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Klärung des Erinnerungsvermögens und der Wiedergabefähigkeit der Zeugin Anna E nicht von Amts wegen veranlaßt zu haben, versagt schon mangels Vorliegens der zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlichen formellen Voraussetzungen. Denn der Beschwerdeführer unterließ, wie er in seiner Beschwerde selbst einräumt, in der Hauptverhandlung eine entsprechende Antragstellung (S. 282 d. A).

Das Unterbleiben einer Beweisaufnahme, wie es der Beschwerdeführer nunmehr rügt, kann aber nur unter den - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen mit Erfolg angefochten werden, daß in der Hauptverhandlung ein bezüglicher Antrag gestellt worden ist und das Gericht diesen Antrag abgewiesen oder darüber nicht erkannt hat. Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen zu dem vorgenannten Nichtigkeitsgrund wurden nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (S. 282 d. A) gemäß dem § 252 vorl. Abs. StPO die nötigen Verlesungen und Feststellungen (aus dem Akteninhalt) vorgenommen; so hat vor allem die Zeugin Anna E bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung ausdrücklich auf ihre Angaben vor der Polizei (S. 55/56 d. A) Bezug genommen und diese als richtig bezeichnet (vgl. S. 281 d. A), sodaß schon daraus erhellt, daß auch ihre Polizeiaussage den Gegenstand von Erörterungen in der Hauptverhandlung bildete. Im übrigen wäre es Sache des durch einen Verteidiger vertretenen Beschwerdeführers gewesen, gegebenenfalls durch entsprechende Antragstellung in der Hauptverhandlung auf die vollständige Verlesung von Aktenstücken zu dringen. Schon mangels einer solchen Antragstellung kann aus der nunmehr von ihm behaupteten unvollständigen Verlesung eine Nichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO nicht abgeleitet werden.

Den Nichtigkeitsgrund nach der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die schriftliche Rechtsbelehrung zu den Eventualfragen XIII und XIV (nach Hehlerei) auf einem gesonderten Blatt der Rechtsbelehrung zu den Haupt-, Eventual- und Zusatzfragen I bis XII beigegeben und weder datiert noch unterfertigt worden sei, sodaß dadurch bei den Geschwornen der Eindruck entstehen konnte, dieser Teil der Rechtsbelehrung sei von minderer Bedeutung.

Auch diese Rüge versagt.

Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß dieser Teil der für die Geschwornen bestimmten Rechtsbelehrung entgegen der Vorschrift des § 321 Abs. 1 StPO vom Vorsitzenden nicht unterfertigt wurde. Dieser Umstand vermag jedoch den in diesem Zusammenhang relevierten Nichtigkeitsgrund nach der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO nicht zu begründen, weil nach dieser Gesetzesstelle nur eine unrichtige (oder einer Unrichtigkeit gleichkommende unvollständige) Rechtsbelehrung Nichtigkeit bewirkt, nicht aber ein im Fehlen der Unterschrift des Vorsitzenden auf der schriftlichen Rechtsbelehrung der Geschwornen gelegener formaler Mangel (vgl. 9 Os 58/60). Daß die Rechtsbelehrung auch mit einem Datum zu versehen ist, wird im Gesetz nicht gefordert. Im übrigen kann der Auffassung des Beschwerdeführers nicht beigepflichtet werden, daß der von ihm erwähnte Teil der schriftlichen Rechtsbelehrung allein infolge Fehlens der Unterschrift des Vorsitzenden geeignet gewesen sein soll, den Wahrspruch der Geschwornen zu seinem Nachteil zu beeinflussen, bildete doch dieser Anhang mit der übrigen, den Geschwornen zu den anderen an sie gerichteten Fragen erteilten Rechtsbelehrung schon nach dem äußeren Erscheinungsbild (durch Verbindung mit einer Heftklammer) erkennbar eine Einheit, sodaß insoweit bei den Geschwornen der Eindruck, die Rechtsbelehrung zu den Eventualfragen XIII und XIV sei von minder wichtiger Bedeutung, von vorneherein nicht entstehen konnte.

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert B erweist sich demnach als zur Gänze unbegründet.

3.) Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Otto C:

Dieser Angeklagte macht u. a. aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO einen ihn betreffenden Widerspruch im Wahrspruch der Geschwornen geltend.

Schon diesem Beschwerdevorbringen ist Berechtigung zuzuerkennen:

Wie bereits eingangs ausgeführt wurde, bejahten die Geschwornen die den Angeklagten C betreffende Hauptfrage V (nach Raub im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB) im verbesserten Wahrspruch (stimmeneinhellig) mit der Einschränkung, daß der Raub an Anna E ohne Gewaltanwendung dieses Angeklagten begangen wurde. Da ihm in der Hauptfrage V als (einziger) Tatbeitrag zum Raub nur angelastet wurde, Anna E an den Händen gehalten zu haben, während ihr der Mitangeklagte A das Säckchen (mit dem Geld und den Zigaretten) entriß, hatte die vorerwähnte Einschränkung bei der Bejahung der Hauptfrage V zur Folge, daß nach dem verbleibenden Inhalt dieses Wahrspruchs völlig offen blieb, worin nunmehr das den Verbrechenstatbestand des Raubes begründende Verhalten des Angeklagten C tatsächlich gelegen ist. Demgemäß fehlt auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruch jeder Hinweis, durch welche konkreten Tathandlungen er den nach dem Inhalt dieses Schuldspruchs in Gesellschaft der Mitangeklagten Walter A und Robert B sowie des abgesondert verfolgten Jugendlichen Manfred D als Beteiligte verübten Raub verwirklicht hat. Obwohl demnach dieser Wahrspruch der Geschwornen in bezug auf den Angeklagten C die Feststellung eines konkreten Tatverhaltens, das in rechtlicher Beziehung die Annahme eines (auch) von ihm begangenen Raubes rechtfertigen könnte, vermissen läßt, sodaß bei isolierter Betrachtung des verbesserten, die Hauptfrage V betreffenden Wahrspruchs der verbleibende Inhalt desselben an sich einem Schuldspruch des Angeklagten C wegen Raubes entgegenstünde, blieb im Widerspruch hiezu (infolge stimmeneinhelliger Bejahung der Zusatzfrage VI) jener Teil des Wahrspruchs der Geschwornen, demzufolge der Angeklagte C den in der Hauptfrage V beschriebenen Raub in Gesellschaft der Mitangeklagten A und B sowie des abgesondert verfolgten Jugendlichen Manfred D verübt hatte, weiterhin aufrecht. Dieser innere Widerspruch in dem den Angeklagten C betreffenden Teil des Wahrspruchs der Geschwornen wird noch durch die in der Niederschrift der Geschwornen festgehaltenen Erwägungen verdeutlicht, die für sie nach der ihnen aufgetragenen Verbesserung des Wahrspruchs bei der Beantwortung der Hauptfrage V bestimmend waren. Nachdem sie nämlich, wie bereits erwähnt wurde, die den Angeklagten C betreffende Hauptfrage V zunächst (stimmeneinhellig) mit dem Beisatz 'Geldannahme und Weitergabe' verneint und nur die Eventualfrage XIV (nach Hehlerei) - gleichfalls stimmeneinhellig - bejaht hatten, wurde im verbesserten Wahrspruch nach stimmeneinhelliger, aber mit der Einschränkung 'ohne Gewaltanwendung des Hr. C' erfolgter Bejahung dieser Hauptfrage der ursprünglich (anläßlich der Verneinung dieser Hauptfrage) beigefügte Zusatz 'Geldannahme und Weitergabe' durchgestrichen. Gerade die diesem aus Anlaß der den Geschwornen aufgetragenen Verbesserung des Wahrspruchs bei der neuerlichen Beantwortung der Hauptfrage V durchgestrichenen Beisatz zu entnehmende Erwägung war aber zufolge der Niederschrift der Geschwornen ersichtlich für die Bejahung dieser Hauptfrage im verbesserten Wahrspruch ausschlaggebend, denn dort wird zur Hauptfrage V neben dem Vermerk 'keine Gewaltanwendung' (gemeint: durch C) ausdrücklich angeführt 'jedoch Duldung des Gewaltaktes, Geldannahme und sofortige Weitergabe'.

Dieser Hinweis deutet demnach darauf hin, daß für die Geschwornen der vor allem auch vom Angeklagten C selbst in der Hauptverhandlung eingestandene Umstand, daß er das in seiner Gegenwart der Anna E gewaltsam abgenommene Geld in Empfang genommen und 'weggeworfen' hatte (vgl. S. 264/265 d. A), letztlich für die Bejahung der Hauptfrage V maßgeblich gewesen sein könnte, andererseits steht aber die Tatsache, daß der ursprüngliche Beisatz zur Hauptfrage V 'Geldannahme und Weitergabe' wieder durchgestrichen wurde, dieser Deutung entgegen. Es kann somit auch daraus kein verläßliches Bild von der Meinung der Geschwornen bei Bejahung der Hauptfrage V gewonnen werden.

Der Wahrspruch der Geschwornen ist daher hinsichtlich des Angeklagten Otto C infolge der aufgezeigten Undeutlichkeit und des inneren Widerspruchs mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs. 1 StPO behaftet.

Damit ist die Aufhebung dieses Teils des Wahrspruchs und des darauf beruhenden Schuldspruchs des Angeklagten C sowie des diesen Angeklagten berührenden Strafausspruchs und die Rückverweisung der Sache an das Geschwornengericht beim Landesgericht für Strafsachen Wien zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung unvermeidlich (§ 349 Abs. 1 StPO). Es erübrigt sich demnach auch ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen dieses Angeklagten.

Mit seiner durch diese (Teil-)Aufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte Otto C auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im erneuerten Verfahren wird vor allem in der den Geschwornen zu erteilenden Rechtsbelehrung zu der beim Angeklagten C nach den bisherigen Verfahrensergebnissen und nach seiner (bisherigen) Verantwortung relevanten Frage seiner Beteiligung an dem von den Mitangeklagten Walter A und Robert B sowie von dem abgesondert verfolgten Jugendlichen Manfred D an Anna E verübten Raub und seiner strafrechtlichen Haftung nach dem § 143 Abs. 1, erster Fall StGB darauf hinzuweisen sein, daß auch derjenige den Tatbestand des schweren Raubes nach der vorerwähnten Gesetzesstelle verwirklicht, der im Einverständnis mit den übrigen (unmittelbaren) Tätern bei gleichzeitiger Anwesenheit zur Tatzeit am Tatort bloß eine die Ausführung der (Raub-)Tat fördernde (kausale) Tätigkeit im Sinne eines sonstigen Tatbeitrages nach dem § 12, dritte Alternative StGB, entfaltet.

Darunter fällt etwa auch - einverständliches Handeln mit den übrigen Tätern vorausgesetzt - die Entgegennahme der Raubbeute am Tatort und deren Weitergabe (zwecks Sicherung der Beute), weil dadurch in einem Stadium, in dem der Raub materiell noch nicht vollendet ist, ein der Sicherung des Taterfolges dienender Beitrag geleistet wird (vgl. ÖJZ-LSK 1976/235).

Das Erstgericht verhängte nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB über den Angeklagten Walter A eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren und über den Angeklagten Robert B unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 10. Juli 1978, GZ 7 U 495/78-7, eine Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren und elf Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei beiden Angeklagten deren jeweilige (einschlägige) Vorstrafen und die Primitivität der Beraubten, als mildernd allein beim Angeklagten Robert B dessen Alter unter 21 Jahren.

Mit ihrer Berufung bekämpfen beide Angeklagte das Strafausmaß. Den Berufungen kommt Berechtigung zu.

Zunächst sind die Strafzumessungsgründe insoferne zu korrigieren, als die geistige Minderbegabung der Beraubten für sich allein den Angeklagten nicht als erschwerend angelastet werden kann. Darüber hinaus ist beiden Berufungswerbern, die lediglich die Anwendung von Gewalt in Abrede stellten, die widerrechtliche Wegnahme und Zueignung der eingangs bezeichneten Beute jedoch zugestanden, dieses Teilgeständnis ebenso zugutezuhalten, wie die Tatsache, daß die ihnen nach dem Wahrspruch der Geschwornen zur Last liegende Gewaltanwendung ihrer Art und ihrer Intensität nach noch in den untersten Bereich der Tatbestandsgemäßheit einzuordnen ist. Berücksichtigt man den, bezogen auf den Deliktstypus, relativ geringen Unrechtsgehalt der Tat, dann erscheinen die über die Berufungswerber verhängten Strafen bedeutend überhöht. Eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünf Jahren, die der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens entspricht, wird in Ansehung des Angeklagten A dem Handlungsunwert einerseits und der Schwere der Schuld des Täters andererseits voll gerecht.

Hinsichtlich des Angeklagten Robert B ist davon auszugehen, daß die bereits erwähnten Milderungsgründe ihrer Bedeutung nach den (einzigen) Erschwerungsgrund des getrübten Vorlebens beträchtlich überwiegen.

Dazu kommt, daß an diesem Angeklagten, der zur Tatzeit erst knapp der Jugendlichkeit entwachsen war, bisher nur (wenige) kurzfristige Freiheitsstrafen vollzogen wurden. Es kann daher mit Grund angenommen werden, daß bei ihm durch einen - auch vom Erstgericht erhofften -

Nachreifungsprozeß in Verbindung mit dem Resozialisierungseffekt einer längerfristigen, wenn auch ihrer Dauer nach das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe eine solche Charakterfestigung erreicht werden kann, die sein künftiges Wohlverhalten erwarten läßt. Damit liegen aber sämtliche Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung nach dem § 41 StGB vor.

Ausgehend von einer für schuldangemessen erachteten Gesamtstrafdauer von dreieinhalb Jahren Freiheitsentzug für die hiemit zu ahndenden Straftaten ergibt sich unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf den bereits zitierten Strafausspruch des Bezirksgerichtes Floridsdorf (Geldstrafe von 60 Tagessätzen a 100,-- S/30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) ein Ausmaß der hier zu verhängenden Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten. Somit war insgesamt wie im Spruche zu erkennen.

Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01795

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00188.78.0306.000

Dokumentnummer

JJT_19790306_OGH0002_0110OS00188_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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