TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/26 2005/03/0113

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Veröffentlicht am 26.04.2005
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Index

L65002 Jagd Wild Kärnten;
10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1175;
AVG §56;
AVG §8;
AVG §9;
JagdG Krnt 2000 §18 Abs1;
JagdG Krnt 2000 §18 Abs3;
JagdG Krnt 2000 §18 Abs4;
JagdG Krnt 2000 §18 Abs5;
JagdG Krnt 2000 §18;
VerG 2002 §1;
VerG 2002 §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde 1. der "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö", 2. des WS, 3. des HK, 4. des Dr. WR, alle in F, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 1A/VII, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Kärnten vom 24. Februar 2005, Zl KUVS-K2- 2140/5/2004, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Wildschadensangelegenheit nach dem Kärntner Jagdgesetz,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die von WS, HK und Dr. WR erhobene Beschwerde wird zurückgewiesen;

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö" wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö" gegen einen Bescheid der Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten der Marktgemeinde Weitensfeld im Gurktal vom 6. Oktober 2004 zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid die Pächtergemeinschaft der Eigenjagd Ö verpflichtet worden sei, einen im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Wildschaden zu ersetzen. Gegen diesen Bescheid habe die "Pächtergemeinschaft der Eigenjagd Ö" Berufung erhoben. Bei der Pächtergemeinschaft handle es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die weder eine physische noch eine juristische Person sei, weshalb ihr die Rechtspersönlichkeit fehle. Da auch die Bestimmungen des Kärntner Jagdgesetzes einer Pächtergemeinschaft keine Prozessfähigkeit einräumten, sei sie auch nicht zur Berufungserhebung legitimiert. Im Übrigen könne sie mangels Rechtsfähigkeit durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in subjektiven Rechten verletzt worden sein. An dieser Beurteilung ändere auch der Umstand nichts, dass der Berufungsschriftsatz von allen drei Pächtern unterfertigt worden sei. Die Berufung sei ihrem Inhalt nach zweifelsfrei der Pächtergemeinschaft zuzurechnen; dies ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut des Berufungsschriftsatzes, wonach die Berufung "für die Pächtergemeinschaft" unterfertigt worden sei. Es sei daher das Vorliegen einer den Pächtern zuzurechnenden Berufung zu verneinen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin werden die Beschwerdepunkte folgendermaßen ausgeführt:

"WS, HK, Dr. WR, die Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö, erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Wildschadenersatz bzw. Überprüfung des angefochtenen Leistungsbescheides der Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten der Marktgemeinde Weitensfeld im Gurktal verletzt. Durch Nichtaufhebung des angefochtenen Bescheides und/oder Nichtfeststellung (im Spruch), dass es sich hiebei um einen Nichtbescheid bzw. um keinen Exekutionstitel iSd § 78 Abs 7 K-JG handelt, sind sie beschwert.

Schließlich sind die Beschwerdeführer(in) beschwert, weil ihnen als Pächtergemeinschaft bzw. Gesellschaft nach bürgerlichem Recht die Teilrechtsfähigkeit in Bezug auf den Ersatz von Wild- und Jagdschaden nach dem K-JG abgesprochen wird."

3. Wie sich aus der Ausführung der Beschwerdepunkte ergibt, treten als Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren sowohl die - nach Ansicht der Beschwerde Teilrechtsfähigkeit genießende - "Pächtergemeinschaft" als auch die einzelnen Mitpächter WS, HK und Dr. WR auf. Soweit die Beschwerde den einzelnen Pächtern zuzurechnen ist, fehlt es an einem tauglichen Beschwerdegegenstand, da der angefochtene, an die "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö" adressierte Bescheid ihnen gegenüber nicht wirksam geworden ist (vgl dazu den hg Beschluss vom 18. November 2003, Zl 2000/03/0331).

Die Beschwerde war daher, soweit sie von WS, HK und Dr. WR erhoben wurde, gemäß § 34 Abs 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

4. Über die namens der "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö" erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4.1. Die Beschwerde bezieht sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Teilrechtsfähigkeit von Jagdgesellschaften nach dem Oberösterreichischen, Vorarlberger und Steiermärkischen Jagdgesetz. Sie vermeint, dass nach dem Kärntner Jagdgesetz einer "Pächtergemeinschaft" als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht die Teilrechtsfähigkeit und damit auch die Parteifähigkeit im Bereich des Jagdrechtes zukomme. Nach dem Kärntner Jagdgesetz bestehe die Möglichkeit, die Jagd an mehrere Pächter (Mitpächter) zu verpachten. Hiebei handle es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach den §§ 1175 ff ABGB, der die selben Rechte und Pflichten nach dem Kärntner Jagdgesetz 2000 zukämen wie den Jagdgesellschaften in Oberösterreich gemäß § 21 OÖ Jagdgesetz oder in Vorarlberg gemäß § 17 Abs 3 Vbg Jagdgesetz 1998.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass - anders als die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Bestimmungen des Vbg Jagdgesetzes bzw des OÖ Jagdgesetzes - das Kärntner Jagdgesetz 2000 (K-JG) die Einrichtung einer Jagdgesellschaft als einer besonderen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der nach den jagdrechtlichen Bestimmungen Rechte und Pflichten eingeräumt werden, nicht vorsieht. Nach § 17 Abs 2 Vbg Jagdgesetz dürfen zur jagdlichen Nutzung eines Jagdgebietes nur einzelne natürliche Personen, die die Jagdkarte besitzen, Jagdgesellschaften gemäß § 17 Abs 3 leg cit sowie darüber hinaus auch Jagdverfügungsberechtigte, wenn sie einen Jagdverwalter bestellt haben, zugelassen werden. Gemäß § 20 Abs 1 OÖ Jagdgesetz darf das Jagdrecht nur an eine Jagdgesellschaft, eine physische eigenberechtigte Person oder eine juristische Person verpachtet werden. Sowohl im Vbg Jagdgesetz als auch im OÖ Jagdgesetz sind nähere Regelungen über die Jagdgesellschaft, die zur jagdlichen Nutzung zugelassen werden darf bzw der das Jagdrecht verpachtet werden darf, enthalten. Demgegenüber lautet § 18 K-JG (auszugsweise) wie folgt:

"§ 18

Jagdpächter

(1) Das Jagdausübungsrecht darf nur an Personen verpachtet werden,

a) denen die Ausstellung einer Jagdkarte nicht zu verweigern ist (§ 38);

b) die bereits mindestens während dreier voller Jahre ununterbrochen im Besitz einer gültigen Jagdkarte eines österreichischen Bundeslandes oder die mindestens während dreier voller Jahre ununterbrochen im Besitz einer Jagdkarte (einer sonstigen Bescheinigung), die gleichartige Rechte vermittelt, eines Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Europäischen Union waren;

c)

die das 21. Lebensjahr vollendet haben;

d)

die gemäß Abs 2 von der Pachtung eines Jagdausübungsrechtes nicht ausgeschlossen sind;

              e)              die österreichische Staatsbürger oder sonstige Staatsangehörige von Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Europäischen Union sind, es sei denn, dass sie eine Genehmigung nach Abs 2 haben.

(...)

(3) Das Jagdausübungsrecht darf an eine juristische Person nur verpachtet werden, wenn der von ihr namhaft gemachte Bevollmächtigte die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt und wenn sichergestellt ist, dass für den Fall der Kündigung des Pachtvertrages oder des Unterganges der juristischen Person alle Verpflichtungen aus dem Pachtverhältnis erfüllt werden können. Für juristische Personen, die ihre Hauptniederlassung im Ausland, ausgenommen in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes und der Europäischen Union haben, gelten überdies die Bestimmungen des Abs 2 sinngemäß.

(4) Das Jagdausübungsrecht darf an einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 66/2002, nur verpachtet werden, wenn

a) dessen satzungsgemäßer Zweck die Pachtung eines Jagdausübungsrechtes ist (Jagdgesellschaft), und wenn für den Fall der Kündigung des Pachtvertrages oder der Auflösung des Vereins sichergestellt ist, dass alle Verpflichtungen aus dem Pachtverhältnis erfüllt werden können,

b) ein von ihm namhaft gemachter Bevollmächtigter die Voraussetzungen nach Abs 1 erfüllt,

c) nach den Statuten eine den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Ausübung der Jagd unter einheitlicher Leitung gewährleistet ist, wobei dieser Jagdleiter die Voraussetzungen nach Abs 1 erfüllen muss, und

d) die Zahl der Mitglieder der Jagdgesellschaft, die gleichzeitig Inhaber von Jagdkarten sind, den Bestimmungen des § 19 entspricht.

(5) Soll das Jagdausübungsrecht an mehr als eine Person verpachtet werden (Mitpächter), so muss jede Person die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllen. Die Zahl der Pächter darf die nach § 19 zulässige Zahl von Jagdausübungsberechtigten nicht übersteigen. Mehrere Mitpächter haften für die aus dem Pachtvertrag entstehenden Verbindlichkeiten zur ungeteilten Hand.

(...)"

Das Kärntner Jagdgesetz sieht sohin die Einrichtung einer Jagdgesellschaft als besonderer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht vor, sondern verwendet den Begriff der Jagdgesellschaft lediglich im Zusammenhang mit der Verpachtung des Jagdausübungsrechtes an einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes, also einer juristischen Person. Dass für den Fall der Verpachtung des Jagdausübungsrechtes an mehr als eine Person vorgesehen ist, dass mehrere Mitpächter für die aus dem Pachtvertrag entstehenden Verbindlichkeiten zur ungeteilten Hand haften, begründet keine (Teil-)Rechtsfähigkeit einer zwischen mehreren Mitpächtern gegebenenfalls bestehenden Gesellschaft.

Da der "Pächtergemeinschaft" nach dem K-JG keine (Teil-)Rechtsfähigkeit zukommt, hat die belangte Behörde daher zu Recht die namens der "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö" erhobene Berufung zurückgewiesen.

4.2. In der Beschwerde wird weiters geltend gemacht, dass "die Mitpächter/Pächtergemeinschaft und Beschwerdeführer(in)" in ihren subjektiven Rechten dadurch verletzt seien, dass die belangte Behörde die für die Pächtergemeinschaft unterfertigte Berufung ohne vorherige Veranlassung einer Mängelbehebung zurückgewiesen habe. Die belangte Behörde hätte von Amts wegen dem Einschreiter die Behebung des Mangels auftragen müssen.

Soweit dieses Vorbringen daraufhin abzielt, dass im Falle einer Änderung der Berufung diese nicht "für die Pächtergemeinschaft", sondern von den drei Mitpächtern eingebracht worden wäre, ist darauf hinzuweisen, dass der erstinstanzliche Bescheid - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - nicht den Mitpächtern gegenüber erlassen wurde, sondern an die - keine Rechtsfähigkeit genießende - "Pächtergemeinschaft" gerichtet war. Gegen diesen Bescheid wäre daher den einzelnen Mitpächtern auch kein Berufungsrecht zugestanden, sodass auch ein Verbesserungsauftrag durch die belangte Behörde, wie ihn die Beschwerde fordert, nicht zu einer zulässigen Berufung führen hätte können.

4.3. Schließlich bringt die Beschwerde vor, dass die Behörde gemäß § 62 Abs 4 AVG jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden berichtigen könne. Die erstinstanzliche Behörde könne sohin jederzeit von Amts wegen "den Exekutionstitel" - gemeint: den Bescheid der Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten der Marktgemeinde Weitensfeld im Gurktal vom 6. Oktober 2004 - berichtigen und die mangelhafte Benennung der Jagdausübungsberechtigten durch Hinzufügung der Namen aller Gesellschafter der Pächtergemeinschaft berichtigen. Die belangte Behörde hätte "auf Grund ihrer Auffassung von der mangelhaften Parteibezeichnung der Pächtergemeinschaft/Mitpächter der Eigenjagd Ö die erstinstanzliche Unvollständigkeit beheben müssen".

Wie sich aus dem der Beschwerde beigelegten Bescheid der Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten der Marktgemeinde Weitensfeld im Gurktal ergibt, war dieser - sowohl nach dem Spruch als auch nach der Zustellverfügung - ausdrücklich an "die Pächtergemeinschaft der Eigenjagd Ö - z.Hd. Herrn HK -" gerichtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet die Zustellung eines Bescheides an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihren Mitgliedern gegenüber keine Rechtswirkung (vgl dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band 1, 2. Auflage, Seite 1004, unter E 178 angeführte Rechtsprechung). Da der "Pächtergemeinschaft" nach dem Kärntner Jagdgesetz die Eigenschaft einer juristischen Person nicht zukommt, ist der an sie ergangene Bescheid zur Gänze ins Leere gegangen, somit rechtlich nicht existent geworden (vgl neben dem oben angeführten Beschluss vom 18. November 2003 den hg. Beschluss vom 30. Oktober 1984, Zl 83/07/0379, Slg Nr 11.567/A).

Die namens der "Pächtergemeinschaft Eigenjagd Ö" erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. April 2005

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Jagdrecht Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005030113.X00

Im RIS seit

30.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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