TE OGH 1979/3/7 10Os16/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.03.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.März 1979 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Walenta und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen § 81 Z. 2 u.a. StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 9.Oktober 1978, GZ. 9 b Vr 830/78-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gadzinsky und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Juni 1930 geborene Maschinenschlosser Josef A der - eintätig zusammentreffenden - Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Z. 2

StGB. und der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und Abs. 3 (81 Z. 2) StGB. schuldig erkannt. Nach Inhalt des Urteilsspruchs hat er am 13.Juli 1978 in Sollenau (N.Ö.) auf der Bundesstraße 17 einen Personenkraftwagen in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand gelenkt und nicht auf die vor ihm liegende Fahrbahn geachtet, wodurch er die den äußersten rechten Fahrbahnrand benützenden Radfahrer Erwin B, Rainer C und Bernd D niederstieß. Hiedurch hat er fahrlässig I. den Tod des Erwin B herbeigeführt und II. die nachgenannten Personen am Körper verletzt, indem er 1. Rainer C eine leichte Gehirnerschütterung, eine Rißquetschwunde der linken Augenbrauengegend sowie zahlreiche Hautabschürfungen und 2. Bernd D eine tiefe Hautabschürfung am linken Ellenbogen sowie eine Hautabschürfung am linken Oberschenkel zufügte.

Josef A hat sich vor der Tat durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand (mit einem Blutalkoholgehalt von etwa 1,95 Promille) versetzt, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, daß ihm mit dem Lenken eines Kraftfahrzeugs eine Tätigkeit bevorstand, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen geeignet ist. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte aus den Gründen der Z. 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. mit Nichtigkeitsbeschwerde an, der keine Berechtigung zukommt.

Mit dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund bekämpft der Beschwerdeführer (S. 62), die Abweisung seines Beweisantrags, seine Ehefrau zum Beweis dafür als Zeugin zu vernehmen, daß er regelmäßig Antabus-Tabletten eingenommen und nach dem Unfall völlig dem Alkohol entsagt habe. Angesichts der erheblichen Alkoholisierung des übrigens voll geständigen (s. S. 55) Angeklagten im Unfallszeitpunkt betraf dieser Antrag keine für die Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz wesentliche Tatsache.

Durch die Ablehnung der begehrten Beweisaufnahme wurde der Beschwerdeführer daher nicht in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt.

Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. rügt der Beschwerdeführer zunächst die Urteilsannahme (S. 78), er habe offenbar infolge seiner Alkoholisierung nicht mehr die Fahrbahn beobachten können und deshalb die Radfahrer nicht bemerkt, als undeutlich. Er ist auch hier nicht im Recht:

Die Annahme eines Zusammenhangs zwischen der Alkoholbeeinträchtigung des Angeklagten und dem übersehen der drei vor ihm befindlichen Radfahrer als wesentliche Unfallsursache ist durch den Unfallshergang gedeckt, sie steht mit den Denkgesetzen und mit der Lebenserfahrung im Einklang. Eine nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. zu beurteilende Undeutlichkeit des Urteils bezüglich eines Ausspruchs über entscheidende Tatsachen liegt daher nicht vor, zumal weder ein Kausalzusammenhang zwischen der Alkoholbeeinflussung und dem Unfall nötig ist noch, daß sich der Täter bewußt war, durch den Alkoholkonsum berauscht und in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt zu sein (SSt. XXX/39).

Sofern der Beschwerdeführer behauptet, es habe ihm zur Unfallszeit infolge seines vorangegangenen Alkoholkonsums die Einsichtsfähigkeit gefehlt und er sei im Zustand einer 'Bewußtseinsstörung' gewesen, so ist er zunächst auf den Gesetzeswortlaut (§ 81 Z. 2 StGB.) zu verweisen, wonach der wenn auch nur fahrlässige Genuß einer berauschenden Menge Alkohol in Voraussicht einer im Rauschzustand (besonders) gefahrgeneigten Tätigkeit (etwa Kraftwagenlenkung)) das qualifiziert strafbare Verschulden einleitend begründet; sodann ist ihm zu entgegnen, daß die Behauptung einer mangelnden Einsichtsfähigkeit und einer Bewußtseinsstörung jedweder Deckung in den Verfahrensergebnissen entbehrt, weshalb sich das Gericht damit gar nicht befassen konnte.

Mit diesem Hinweis ist aber auch dem weiteren Beschwerdeeinwand zu begegnen, das Ersturteil sei unvollständig, weil es die Angabe des Beschwerdeführers übergehe, wonach er damals von übelkeit befallen gewesen sei, weshalb er nur an seine Heimkehr gedacht habe und keinesfalls mit dem Auto gefahren wäre, wenn ihn jemand aufmerksam gemacht hätte (vgl. S. 58/59). War doch der Grund für die übelkeit und die dadurch bedingte vorzeitige Heimfahrt des Beschwerdeführers am 13.Juli 1978 von seiner Arbeitsstätte in Wiener Neustadt nach Tribuswinkel bei Baden, wie er selbst angab (s. erneut S. 58 oben), der vorangegangene Alkoholkonsum, zu dem er sich indes nach der aktenmäßig gedeckten Annahme des Schöffengerichts (s. S. 79 oben) in Kenntnis der noch bevorstehenden Heimfahrt mit dem Auto und damit schuldhaft (§ 81 Z. 2 StGB.) verstanden hatte;

denn daß er an sich durchaus imstande war, Alkohol zu meiden, hat der Angeklagte in seiner Verantwortung nicht bestritten (S. 58 ff.). Der Beschwerdeführer hat nach seiner Verantwortung die am 13.Juli 1978 insgesamt genossenen Alkoholmengen nicht auf einmal zu sich genommen und ist bereits zwischen einzelnen Konsumationen mit dem Kraftwagen gefahren (S. 60).

Auf der Heimfahrt will er bemerkt haben, daß er Alkohol getrunken hatte, wobei er aber hoffte, mit dem Wagen noch bis nach Hause zu kommen (S. 59). Die Behauptung der Mängelrüge, er habe das Kraftfahrzeug 'kontroll- und willenlos benützt', wird somit schon durch die eigenen Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung widerlegt.

Von irgendwelchen Begründungsmängeln des Urteils kann sonach nicht die Rede sein.

Die aus dem Grunde der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene Rechtsrüge, mit welcher der Angeklagte eine Beurteilung seines Tatverhaltens nach § 287 (Abs. 1) StGB.

anstrebt, entbehrt einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung, weil sie urteilsfremd davon ausgeht, der Beschwerdeführer sei im Unfallszeitpunkt zurechnungsunfähig gewesen. Darüber hinaus versucht der Beschwerdeführer gar nicht, einen Rechtsirrtum des Erstgerichts aufzuzeigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 81 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die Vorstrafen, den hohen Grad der Alkoholisierung und den Umstand, daß durch den Unfall nicht nur eine Person getötet, sondern auch zwei weitere Personen verletzt wurden, als erschwerend, hingegen das umfassende Geständnis als mildernd. Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Der insgesamt neunzehnmal, darunter mehrfach einschlägig vorbestrafte Angeklagte ist nach seinen eigenen, aktenmäßig gedeckten Angaben Alkoholiker. Er versucht zwar, durch die Einnahme von Antabustabletten seiner Trunksucht Herr zu werden, was ihm aber bis zur Tatzeit jedenfalls nicht gelungen ist. Einer regelrechten Entziehungskur hat er sich niemals unterzogen. Bereits im Jahr 1970 verschuldete der Berufungswerber einen Verkehrsunfall, bei dem eine Person getötet und zwei weitere Personen schwer verletzt wurden (7 a E Vr 931/71 des Landesgerichts für Strafsachen Wien). Diese Tatsache hinderte ihn nicht, in schwer alkoholisiertem Zustand abermals einen Kraftwagen zu lenken. Hiebei kam es auf einer geraden und völlig übersichtlichen Straße bei Tag, somit in einer Verkehrssituation ohne jegliche Schwierigkeiten, zum gegenständlichen Unfall, der den Tod des fünfzehnjährigen Schülers Erwin B und die Verletzung zweier weiterer Personen zur Folge hatte. Die drei Radfahrer waren vorschriftsmäßig hintereinander am äußersten rechten Fahrbahnrand gefahren und für den Angeklagten, entsprechende Aufmerksamkeit vorausgesetzt, schon von weitem erkennbar. Es liegt somit nicht das geringste Mitverschulden vor.

Sein Verhalten bei diesem Unfall und sein Vorleben weisen den Angeklagten als haltlosen Charakter aus, der das Leben und die Gesundheit seiner Mitmenschen rücksichtslos mißachtet. Die vorliegende Straftat ist im Hinblick darauf, daß beim Berufungswerber die Voraussetzungen des § 39 StGB.

vorliegen - bei fahrlässig begangenen Verkehrsdelikten sicher eine kriminalistische Seltenheit - mit Freiheitsstrafe bis zu viereinhalb Jahren bedroht. Die verhängte Strafe in der Dauer von eineinhalb Jahren erreicht nur ein Drittel des gesetzlichen Höchstmaßes und ist daher, gemessen am schweren Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat, keineswegs als überhöht anzusehen.

Anmerkung

E01826

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00016.79.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19790307_OGH0002_0100OS00016_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten