TE OGH 1979/3/8 12Os10/79

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Veröffentlicht am 08.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Jugendschöffengericht vom 31. Oktober 1978, GZ 6 Vr 94/78-31, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Rechtsanwalt Dr. Walter Lanner und der Ausführungen des Generalanwaltes Dr. Stöger zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22. August 1960 geborene, zur Tatzeit noch jugendliche Rudolf A des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen dem 15. September 1977 und dem 21. September 1977 in Lambach in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Johann B als Beteiligten (§ 12 StGB) ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich das Moped des Karl C, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen hatte. Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen verabschiedete sich zur Tatzeit zunächst der Angeklagte A, der im Besitz eines Schülerausweises mit der Eisenbahn zur Wohnung seines Bruders nach Vorchdorf fahren wollte, auf dem Bahnhof in Lambach von dem (wegen dieser Tat bereits rechtskräftig abgeurteilten) Erwachsenen Johann B, der kein Geld zur Weiterfahrt mit der Bahn besaß. Nach etwa drei Minuten fuhr B mit einem Moped bei dem bereits auf dem Bahnsteig wartenden Angeklagten vor und lud ihn mit dem Bemerken, er habe sich das Moped soeben ausgeliehen, zur gemeinsamen Fahrt nach Vorchdorf ein. B brachte den auf dem Soziussitz mitfahrenden Angeklagten vereinbarungsgemäß zum Wohnhaus seines Bruders in Vorchdorf und setzte dann allein die Fahrt mit dem Moped fort. Zur subjektiven Tatseite stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte der Erklärung des Johann B, sich das Moped ausgeliehen (dh vom Berechtigten zum Gebrauch übergeben erhalten) zu haben, nicht Glauben geschenkt habe, sondern vielmehr ein unbefugter Gebrauch dieses Fahrzeuges durch den Genannten vom bedingten Vorsatz des Angeklagten erfaßt war (vgl S 118 und 119 dA).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Schon der auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund gestützten Mängelrüge kommt Berechtigung zu.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß sich der (in der Hauptverhandlung nicht vernommene) Zeuge Johann B ohne vorige Verabredung oder Kenntnis des Angeklagten das Moped angeeignet hat, dieser aber seiner Erklärung, er habe sich das Moped soeben ausgeborgt, keinen Glauben beigemessen habe, vielmehr ernstlich damit rechnete, daß der Genannte das Fahrzeug unbefugt in Gebrauch nahm. Trotz Kenntnis dieses Umstandes habe er mit B vereinbart, daß dieser ihn zum Hause seines Bruders nach Vorchdorf bringen sollte (S 118, 119).

Die Feststellungen zur äußeren Tatseite wurden vom Erstgericht auf das Geständnis des Angeklagten gestützt.

Allerdings lehnte es seine Verantwortung, er habe nicht gerechnet, daß B das Moped unbefugt in Gebrauch genommen habe, als unglaubwürdig ab und führte in der Urteilsbegründung aus, daß es in diesem Punkte der Aussage des Zeugen folgt (S 113). Die oben wiedergegebenen Urteilsfeststellungen, der Angeklagte habe ernstlich damit gerechnet und gebilligt, daß B das Moped alleine unbefugt in Gebrauch genommen hat, finden aber keine Grundlage in der Aussage des Zeugen, denn B hat - nachdem er seine Behauptung, er und der Angeklagte hätten beschlossen, das Moped zu stehlen, nicht aufrecht erhielt -, angegeben, daß er und der Angeklagte sich das Moped gemeinsam in der Absicht angeeignet hätten, es für die Heimfahrt nach Vorchdorf zu benützen (S 115, 116).

Das Erstgericht hat somit keine denkrichtige Begründung dafür gegeben, warum es die Verantwortung des Angeklagten, B habe das Moped rechtmäßig entliehen, als widerlegt ansieht, denn es glaubt auch dem Zeugen gar nicht, daß das Moped gemeinsam unbefugt in Gebrauch genommen wurde. Soweit aber in den Urteilsgründen zum Ausdruck gebracht wird, es sei lebensnah und daher glaubwürdig, daß zunächst B und dann nach Vereinbarung der gemeinsamen Heimfahrt auch der Angeklagte (lediglich) den Vorsatz hatten, das Moped unbefugt in Gebrauch zu nehmen (S 119), liegt nur eine Scheinbegründung vor, die den nach Inhalt des Urteils fehlenden Nachweis des Vorsatzes nicht zu ersetzen vermag.

Im übrigen übergeht das Erstgericht die Verantwortung des Angeklagten, er sei in Vorchdorf ausgestiegen und zum Hause seines Bruders gegangen (S 112), mit Stillschweigen, nimmt vielmehr ohne aktenmäßige Deckung als erwiesen an, daß der (von vornherein) zur Fahrt (mit der Bahn) nach Vorchdorf entschlossene Angeklagte Einfluß auf die Fahrtroute genommen habe (S 199 und 120).

Solche im Sinne des § 258 StPO hinreichend begründete Feststellungen wären aber notwendig gewesen, um den Angeklagten eine Beteiligung oder Mittäterschaft am Vergehen des unbefugten Gebrauches anlasten zu können (vgl EvBl 1976/244).

Schon aus diesen Erwägungen war daher der Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde des § 281 Abs 1 Z 5 StPO Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverwiesen, ohne daß auf den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund eingegangen werden mußte. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E01994

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00010.79.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19790308_OGH0002_0120OS00010_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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