Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 3. Februar 1978, GZ. 11 Vr 1064/77-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schilcher und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und im Umfange der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Josef A hat durch die zu Punkt I 1 bis 4 des Ersturteils umschriebenen Handlungen die ihm in seiner Funktion als Gemeindesekretär durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen, nämlich jenes der Gemeinde Spital am Semmering, zu verfügen oder diese Gemeinde zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und ihr dadurch einen Vermögensnachteil zugefügt, wobei der von ihm herbeigeführte Schaden 5.000 S übersteigt.
Er hat hiedurch das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (erster Fall) StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm laut dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch außerdem zur Last fallende strafbare Handlung (Vergehen des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 2 StGB) gemäß § 28, 153 Abs. 2, erster Strafsatz, StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Februar 1920 geborene Gemeindesekretär Josef A des - in vier Teilfakten begangenen - Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB sowie des in drei Fällen verübten Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt; von einem ebenfalls als Betrug unter Anklage gestellten weiteren Faktum wurde er gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte nur im Schuldspruch nach § 302 Abs. 1 StGB (Punkte I 1 bis 4 des Urteilssatzes), mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; das außerdem (zwar) angemeldete, aber nicht ausgeführte Rechtsmittel der Berufung hat der Verteidiger im Gerichtstag beim Obersten Gerichtshofes ausdrücklich zurückgezogen.
Unter Anrufung beider Nichtigkeitsgründe - der Sache nach allerdings, da sich die Ausführungen zu jenem der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO in Wahrheit in der Geltendmachung von Feststellungsmängeln erschöpfen, bloß aus dem materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund - wendet sich der Angeklagte zunächst gegen Punkt I 1 dieses Schuldspruches. Darin wird ihm angelastet, als Beamter, und zwar als Sekretär der Gemeinde Spital am Semmering, mit dem Vorsatz, hiedurch diese Gemeinde an ihrem Vermögen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Antsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er im Jahre 1971 für die Vergabe von Außenputzarbeiten beim Rüsthaus der Feuerwehr um den Pauschalpreis von S 40.000,-- an Karl B von diesem kostenlos den Innenverputz seines Eigenheimes im Werte von S 10.000,-- verlangte, welchen Betrag B in den Pauschalpreis von S 40.000,-- einrechnete, sodaß dadurch der Gemeinde Spital am Semmering ein Schaden in der Höhe von S 10.000,-- entstand. Hiezu führt der Angeklagte sinngemäß aus, diese Tat sei rechtsrichtig (nur) als Forderung und Annahme eines Vermögensvorteiles von einem anderen für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäftes durch einen Beamten zu beurteilen, wobei er darauf verweist, daß auch die Anklagebehörde sie (demgemäß) seinerzeit nicht als Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt, sondern bloß als Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2
StGB qualifiziert habe (vgl. ON 3). Im Hinblick auf die Tatzeit im Jahre 1971 sei das alte Recht des StG 1945
anzuwenden, welches sich deshalb als für den Angeklagten günstiger (§ 61 StGB) darstelle, weil während des zeitlichen Geltungsbereiches des StG 1945 eine dem nunmehrigen § 304 Abs. 2 StGB entsprechende Strafbestimmung erst durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1971, BGBl. Nr. 273/1971, eingeführt worden und gemäß Art. V Abs. 1 dieses Gesetzes erst am 17.August 1971 in Kraft getreten sei. Da das - keinen Akt der Hoheitsverwaltung, sondern einen solchen der Privatwirtschaftsverwaltung darstellende und sohin den Tatbestand des § 104 StG 1945 alter Fassung jedenfalls nicht verwirklichende - inkriminierte Verhalten aber bereits vor dem 17.August 1971 gesetzt worden sei, mangle es an der gerichtlichen Strafbarkeit seiner Tat. über diesen - sich aus seiner Verantwortung und der Aussage des Zeugen Karl B ergebenden - Tatzeitpunkt habe das Erstgericht keine präzisen Feststellungen getroffen, sondern sich - ausgehend von seiner irrigen Rechtsansicht - mit der Anführung des 'Jahres 1971' als Tatzeit begnügt.
Das Urteil sei aber nicht nur insoweit mit einem (entscheidungswesentlichen) Feststellungsmangel behaftet, sondern außerdem auch deshalb, weil es nicht festhalte, daß er (Angeklagter) mit Karl B in bezug auf die Verputzarbeiten am Feuerwehrrüsthaus einen Werkvertrag geschlossen habe, zu welchem ein Auftrag der Gemeinde ergangen war, sowie der Gemeinderat die Vergabe beschlossen und dann auch die Kosten bezahlt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Rüge kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Im Gegensatz zu ihren Ausführungen hält das Urteil allerdings in seinen Gründen (S 355) den Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte die Außenputzarbeiten am Rüsthaus der Feuerwehr - nach Ansicht des Erstgerichts amtsmißbräuchlich - vergab, ohnehin näher, und zwar mit Mai 1971 fest.
Daraus ist jedoch für den Angeklagten unter dem Gesichtspunkt des späteren Inkrafttretens des Strafrechtsänderungsgesetzes 1971 und der hiedurch dem § 104 StG 1945 gegebenen Fassung schon deshalb nichts zu gewinnen, weil sich seine Handlungsweise nicht darin erschöpfte, daß er sich von Karl B für dessen Betrauung mit den fraglichen Arbeiten eineen (Vermögens-)Vorteil versprechen ließ (und dann auch annahm), ohne daß der Gemeinde daraus ein Schaden erwuchs, und eben auch nur dies von seinem Vorsatz umfaßt gewesen wäre; vielmehr schädigte er hiedurch die Gemeinde Spital am Semmering (zu deren Lasten der ihm von B gewährte Vorteil ging) an deren Vermögen (um 10.000 S - materiell).
Eine andere Frage ist es, ob er dadurch eine Befugnis, im Namen der Gemeinde Spital am Semmering als deren Organz in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, (wissentlich) mißbrauchte. Insoferne ist der Beschwerde zuzugeben, daß lediglich ein (derartiges) Organhandeln im Rahmen der Hoheitsverwaltung unter § 302 StGB fällt, bei der Prüfung eines deliktischen Vorgehens auf dessen bezügliche Tatbildmäßigkeit daher der Unterscheidung zwischen Hoheitsverwaltung einerseits und Privatwirtschaftsverwaltung andererseits erhöhte Bedeutung zukommt und der Abschluß von Verträgen über den Bau sowie die Instandsetzung von in Gemeindeeigentum stehenden Gebäuden - hier des gemeindeeigenen Rüsthauses der Feuerwehr - nicht anders als etwa eine Vereinbarung über die Herstellung oder Erhaltung öffentlicher Straßen der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuzählen ist. Grundsätzlich müssen nämlich die auf derartige Bereiche bezughabenden Verwaltungstätigkeiten (von Bund, Ländern und Gemeinden) der Privatwirtschaftsverwaltung selbst dort zugeordnet werden, wo Bau, Instandsetzung und Instandhaltung in Erfüllung gesetzlicher Pflichten geschieht.
Denn auch insoweit besitzt der Träger der ihn treffenden einschlägigen Lasten grundsätzlich gegenüber der ihretwegen mit der tatsächlichen Herstellung beauftragten Personen (oder Unternehmen) keine andere (Rechts-)Stellung als ein Privater. An dieser rechtlichen Beschaffenheit entsprechender Tätigkeiten ändert auch der Umstand nichts, daß die Vergabe der Arbeiten (allenfalls auch) hoheitsrechtlicher Akte (Baubewilligungsbescheide etc.) bedarf. Nach der - auf Grund materiell - inhaltlicher und nicht formell - organisatorischer Gesichtspunkte vorzunehmenden -
Abgrenzung zwischen Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung ist eben zwischen den hoheitsrechtlichen und den übrigen (technische, wirtschaftliche und privatrechtliche Vorgänge betreffenden) Akten jeweils zu unterscheiden (Leukauf-Steininger, Kommenar, S 1190; RZ 1973/41, JBl. 1974 S 154 = SZ Pkt. 45/134; EvBl. 1974/158). Grundsätzlich keinen Einfluß auf die Qualifikation einer bestimmten Tätigkeit einer Gebietskörperschaft als Privatwirtschaftsverwaltung haben Normen des öffentlichen Rechtes, insbesondere des Budgetrechts, wie etwa des Finanzverfassungsgesetzes, der Bundesfinanzgesetze, von Gemeindeordnungen und dergleichen, welche die Gebarung regeln (vgl. Adamovich, Grundriß des Österreichischen Verwaltungsrechts S 8), da hiedurch in der Regel nichts an der Stellung der Gebietskörperschaften gegenüber anderen Rechtssubjekten und demgemäß auch nichts an den Befugnissen der im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung - und in keiner Phase des einheitlichen Tatgeschehens auch in dem dieser vorgelagerten Bereich der Hoheitsverwaltung - tätig werdenden Organe geändert wird. Geht man von diesen rechtlichen Kriterien aus, dann sind auch die vorliegend in Betracht kommenden Agenden des Beschwerdeführers als Gemeindesekretär bei Vergabe der Instandsetzung des Rüsthauses dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen. Demgemäß scheidet bei der rechtlichen Unterstellung von in seiner Beamteneigenschaft innerhalb dieses Verwaltungsbereichs begangenen Malversationen das Tatbild des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB aus, da dieses - wie schon erwähnt - nur Mißbräuche in Vollziehung der Gesetze - das heißt im Rahmen der Hoheitsverwaltung und der Gerichtsbarkeit, nicht aber der Privatwirtschaftsverwaltung (Art. 17
B-VG; § 1 AHG) pönalisiert (Leukauf-Steininger, a.a.O. S 1189; EvBl. 1978/136 = LSK 1978/234 bis 238 u.a.). Daß - worauf das Erstgericht bei der Subsumtion (unter § 302 StGB) in diesem Punkt abstellt - die Tat zur Zeit der Geltung des § 101 StG 1945 verübt wurde, dessen Tatbestand auch mißbräuchliche Handlungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung der Gebietskörperschaften erfaßte, ist hier deshalb bedeutungslos, weil sich der vom Erstgericht nach § 61 StGB an sich zu Recht angestellte Günstigkeitsvergleich nicht nur an der höheren oder geringeren Strafdrohung (für ein bestimmtes Delikt), sondern am gesamten Tatbestand orientiert, weshalb etwa auch die Tatsache den Ausschlag für die Unanwandbarkeit des alten und die Anwendung des neuen Rechts geben kann, daß durch die wesensmäßig korrespondierenden Tatbestände das nach altem Recht noch strafbare Verhalten im neuen nicht mehr unter Strafe gestellt (sondern unter einen anderen Deliktstatbestand, für dessen Verwirklichung das neue Gesetz eine mindere Strafe androht, zu subsumieren) ist. Jedenfalls ist es dann, wenn letzteres zutrifft, völlig ausgeschlossen, zwar wegen der (außerdem) schon beim korrespondierenden Tatbestand (hier § 302 StGB im Verhältnis zu § 101 StG 1945) gegebenen milderen Strafdrohung das neue Recht (also eben § 302 StGB) zum Zuge kommen zu lassen, zur Begründung der Tatbestandsmäßigkeit der Handlungsweise des Täters aber, so wie das Erstgericht dies faktisch tut (S 355 unten und 356 oben), auf das alte Recht (mithin auf § 101 StG 1945) abzustellen.
Daß der Angeklagte bei der Vergabe des in Rede stehenden Auftrags bloß im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig wurde, bedeutet allerdings - der von der Beschwerde vertretenen Ansicht zuwider - keineswegs die gänzliche Straflosigkeit seines betreffenden Verhaltens. Die gemäß § 262, 267 StPO anzustellende Prüfung ergibt nämlich, daß sein vom Erstgericht festgestelltes Handeln als Vergehen der Untreue gemäß § 153 (Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall) StGB zu werten ist, nach welchem sich, wird eine deliktische Handlungsweise als solche bejaht, die Tatbeurteilung als für den Angeklagten am günstigsten darstellt (Strafdrohung nach § 205 c, erster Strafsatz, StG 1945 und nach § 302
StGB jeweils von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, hingegen nach § 153 Abs. 2, erster Strafsatz, StGB - ohne Untergrenze - bis zu drei Jahren, wobei angesichts dessen, daß er die mit Strafe bedrohte vorsätzliche Handlung als Beamter unter Ausnützung der ihn durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit im Sinn des § 313 StGB beging, nach dieser Gesetzesstelle die Möglichkeit einer überschreitung des Höchstmaßes der angedrohten Freiheitsstrafe um die Hälfte, also gegenständlichenfalls bis zu viereinhalb Jahren besteht).
Des Vergehens der Untreue macht sich schuldig, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen (im ersten Deliktsfall des § 153 Abs. 2 StGB fünftausend Schilling übersteigenden) Vermögensnachteil zufügt.
Ausgehend von den Urteilsfeststellungen war dem Angeklagten vorliegend in seiner Eigenschaft als Gemeindesekretär, mithin als leitender Beamter des Gemeindeamtes (der Gemeinde Spital am Semmering), welches die Geschäfte der Gemeinde besorgt und dessen Vorstand der Bürgermeister ist (Art. 117 Abs. 6 B-VG; § 64 Abs. 1 der Gemeindeordnung 1967 /-für das Land Steiermark, LGBl. Nr. 115/-), also eines der vollziehenden Organe der Gemeinde (weiteres Vollzugsorgan ist der Gemeindevorstand, während dem Gemeinderat die Beschlußfassung und überwachung in Ansehung der Vollziehungsaufgaben obliegt - Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, S 619 f), in dessen Wirkungskreis unter anderem nach der lit. c des § 45 Gemeindeordnung die laufende Verwaltung, insbesondere hinsichtlich des Gemeindeeigentums, fällt (wozu der Sache nach auch die laufende Instandhaltung und nötige Instandsetzung gehört), die rechtsgeschäftliche Vergabe der Instandsetzung des gemeindeeigenen Rüsthauses der Feuerwehr eingeräumt.
Er allein hat mit B hierüber verhandelt, jenem den Auftrag erteilt und die ihm (dem Angeklagten) im Rahmen dieser - wie dem Urteil hinreichend deutlich zu entnehmen ist, mit Willen und Wissen der Gemeindeorgane entfalteten - Tätigkeit als - die Gemeinde (de jure) vertretender -
Organwalter (vgl. Neuhofer, Handbuch des Gemeinderechts /-1972/- S 117, wonach als solche durchaus auch zur Erfüllung der Aufgaben herangezogene Bedienstete in Betracht kommen) kraft öffentlichen Auftrags eingeräumte Dispostionsbefugnis wissentlich zu einer im Zusammenhang mit der Auftragserteilung namens der Gemeinde heimlich getroffenen Nebenabrede über die Durchführung von Arbeiten an seinem Privathaus auf Kosten der Gemeinde durch Vereinbarung und Verrechnung einer um den entsprechenden (einkalkulierten) Betrag höheren Summe für die Instandsetzung des Rüsthauses mißbraucht sowie die Gemeinde Spital am Semmering auf diese Weise um den Differenzbetrag von 10.000 S geschädigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einräumung einer so weitgehenden Befugnis mit den Gesetzen (insbesondere den Vorschriften der Gemeindeordnung) in Einklang stand, sowie inwieweit hienach im fraglichen Belange vor der endgültigen Auftragserteilung an B einerseits und nach dessen Erfüllung, jedoch noch vor der Bezahlung andererseits etwa noch (andere) Organe der Gemeinde mitzuwirken hatten, die ja naturgemäß in Unkenntnis der geschilderten Malversation waren. Ebenfalls unter Bezugnahme auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bekämpft der Angeklagte sodann den Schuldspruch wegen der übrigen Amtsmißbrauchsfakten (Punkte I 2 bis 4). Insoferne liegt ihm zur Last, in drei Fällen als Gemeindesekretär mißbräuchlich die Arbeitskraft von Gemeindearbeitern sowie gemeindeeigenen Fahrzeugen für private Zwecke verwendet zu haben, indem er im Jahre 1974 ca. 8.000 kg Mormorsand von Graz nach Spital am Semmering transportieren (I 2), im Oktober 1975 und im Frühjahr 1976 vom Sägewerk Karl C Schnittholz zunächst zum Bauhof und von dort zum Zimmermeister Friedrich D zur Anfertigung eines Balkons für sein Eigenheim bringen und dieses Holz zum Preis von S 4.824,67 überdies auch durch die Gemeinde bezahlen (I 3) und schließlich im Jahre 1975 bei seinem Eigenheim einen Telefonmast aufstellen und Grabungen für eine Kabelverlegung durchführen ließ (I 4).
Mit seiner Mängelrüge wirft der Angeklagte dem Erstgericht vor, daß es wesentliche Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergangen habe, nämlich Aussagen der Zeugen Josef E, Friedrich F, Karl G und Konrad H, wonach den Gemeindebediensteten die kostenlose Verwendung von Gemeindefahrzeugen gestattet war, wobei es - wie die Beschwerde meint - keinen Unterschied mache, ob diese in- oder außerhalb der Arbeitszeit geschah, da in beiden Fällen die (von der Gemeinde zu tragenden) Treibstoffkosten die gleichen seien.
Auch diese Rüge ist unbegründet.
Abgesehen davon, daß dem - in der Hauptverhandlung übrigens voll geständigen (S 315 und 328) - Angeklagten in sämtlichen in Rede stehenden Fällen (Fakten I 2 bis 4) nicht bloß die mißbräuchliche Verwendung von Gemeindefahrzeugen, sondern jeweils auch die mißbräuchliche Inanspruchnahme von Gemeindearbeitern zur Last liegt (weshalb durch die Annahme des erwähnten Umstandes für ihn in der Schuldfrage nichts zu gewinnen wäre) hat das Erstgericht die zitierten Zeugenaussagen keineswegs unbeachtet gelassen, sondern im Gegenteil ausdrücklich verwertet (S 352). Es gelangte hiebei in freier Würdigung dieser - im einzelnen zum Teil (gewisse) Unstimmigkeiten aufweisenden - Beweisergebnisse zur - durch sie namentlich im Zusammenhalt mangelfrei begründeten - überzeugung, daß sich Dienstnehmer der Gemeinde, die gemeindeeigene Fahrzeuge benützen wollten, vorher an den Bürgermeister wenden sowie zumindest die aufgelaufenen Dieseltreibstoffkosten bezahlen mußten, und ein Gemeinderatsbeschluß, der es den Dienstnehmern generell gestattet hätte, gemeindeeigene Einrichtungen oder Fahrzeuge für private Zwecke unentgeltlich zu verwenden, jedenfalls in der Gemeinde Spital am Semmering nie bestanden hat. Der Angeklagte versucht daher mit dem obigen Vorbringen in Wahrheit ebenso bloß in unzulässiger Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu bekämpfen, wie mit seinen weiteren Ausführungen, das Erstgericht hätte - sohin entgegen den tatsächlich von ihm getroffenen Feststellungen - konstatieren müssen, daß der Bürgermeister die Verwendung von Gemeindefahrzeugen außerhalb der Dienstzeit auf Kosten der Gemeinde gestattet habe.
Mit seiner Rechtsrüge hält der Angeklagte in Ansehung der Fakten I 2 bis 4 dem Urteil entgegen, daß es sich bei den von ihm unentgeltlich in Anspruch genommenen Gemeindearbeitern um solche des Bauhofes gehandelt habe und auch die Fahrzeuge diesem Bereiche angehörten. Der Bauhof besorge aber nicht Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung, da in seinem Rahmen bloß manuelle Arbeiten verrichtet würden, die sich vor allem auf die Straßenerhaltungstätigkeit beziehen. Sowohl diese, als auch die vom Bauhof sonst noch zu erbringenden Leistungen in bezug auf die bauliche Erhaltung von Versorgungsanlagen (Wasserleitung) seien Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung. Die Verwendung von Gemeindevermögen und Gemeindearbeitern in der hier in Rede stehenden Weise sei daher kein Amtsgeschäft 'in Vollziehung der Gesetze' und stelle letztlich überhaupt keine Ausübung einer Amtsgewalt, sondern nur die Ausnützung einer im Zusammenhang mit der Amtsstellung eingeräumten tatsächlichen Möglichkeit dar.
Auch mit diesen Einwänden ist der Angeklagte im Recht. Schon aus dem früher zur Frage der Abgrenzung der Hoheits- von der Privatwirtschaftsverwaltung Gesagten ergibt sich, daß die Tätigkeit der Arbeiter des Bauhofs, dessen Aufgabe vor allem in der Instandhaltung und Instandsetzung der öffentlichen Straßen bestand, insoweit eindeutig der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen ist. Dafür, daß die ihnen darüber hinaus zukommenden Versorgungsaufgaben (hoheitsrechtlicher Natur, wie beispielsweise die Müllabfuhr) durch das Vorgehen des Angeklagten (auch nur objektiv, ganz zu Schweigen von der subjektiven Tatseite) in irgend einer Weise beeinträchtigt worden wären, findet sich weder in den Urteilsfeststellungen noch im Akteninhalt der geringste Anhaltspunkt. Die wissentlich geschehene mißbräuchliche Verwendung der Arbeitskräfte und der Geräte, namentlich der Fahrzeuge des Bauhofs, über deren Einsatz der Angeklagte als Gemeindesekretär verfügen konnte, hinsichtlich der er jedoch pflichtgemäß dafür Sorge zu tragen hatte, daß sie ausschließlich im Interesse der - insofern durch ihn vertretenen Gemeinde - eingesetzt würden, während der Dienstzeit (und damit) auf Kosten der Gemeinde für private Zwecke, woraus stets ein (vom Vorsatz des Angeklagten umfaßter - der Höhe nach nicht festgestellter -) entsprechender Vermögensschaden der Gemeinde entsprang, verwirklicht daher - rechtsrichtig gesehen - ebenfalls den Tatbestand des § 153 StGB Es war daher über die zum Teil begründete Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen. Bei der erforderlichen Neubemessung der Strafe, die nach dem ersten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB zu erfolgen hatte, war - so wie bereits in erster Instanz -
erschwerend die Begehung mehrerer strafbaren Handlungen derselben und verschiedener Art, mildernd hingegen der bisherige ordentliche Lebenswandel bis zur Begehung der gegenständlichen Straftaten, die mit dem sonstigen Verhalten des Angeklagten in auffallendem Widerspruch stehen, die Schadensgutmachung und das umfassende reumütige Geständnis.
Anknüpfend an diese Strafzumessungsgründe erachtet der Oberste Gerichtshof unter Beachtung der im § 32
StGB für die Strafbemessung festgelegten allgemeinen Grundsätze eine Strafe in gleicher Höhe wie im Ersturteil angemessen, zumal durch die geänderte Subsumtion eines Teils der deliktischen Handlungen des Angeklagten der Schuld- und Unrechtsgehalt seiner Taten nicht wesentlich gemindert wird.
Die neuerliche Gewährung der bedingten Strafnachsicht (§ 43 Abs. 1 StGB) folgt schon aus § 290 Abs. 2 StPO Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01841European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00067.78.0309.000Dokumentnummer
JJT_19790309_OGH0002_0090OS00067_7800000_000