TE OGH 1979/3/13 9Os26/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.03.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Vergehens nach § 57 Abs. 1 (56 Abs. 1 Z 2) LMG über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau als Berufungsgericht vom 13. Juni 1978, AZ. 7 Bl 41/78, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Wrabetz, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Adolf A wegen § 57

(56 Abs. 1 Z 2) LMG, AZ. U 1981/77 des Bezirksgerichtes Krems an der Donau wurde durch das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 13. Juni 1978, AZ. 7 Bl 41/78, mit welchem der Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 9. Februar 1978, GZ. U 1981/77-10, Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß dem § 474 StPO in der Sache selbst dahin erkannt wurde, daß Adolf A von der Anklage, das Vergehen nach § 56 Abs. 1 Z 2 LMG bzw. § 57 LMG begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde, das Gesetz in den Bestimmungen der § 1 Abs. 2, 28 Abs. 1 lit. a, 56 Abs. 1 Z 2 und 57 LMG verletzt.

Text

Gründe:

Anläßlich einer lebensmittelpolizeilichen Revision wurden am 29. September 1976 im Betrieb des Fleischhauermeisters Adolf A in Langau (NÖ) zwei Messer und ein Abzieher, die dort als Arbeitsgeräte verwendet wurden, als Probe entnommen und der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und Lebensmittelforschung in Wien eingesandt. Die Untersuchung ergab, daß die teilweise verschmutzten und in einem stark verwahrlosten Zustand befindlichen Geräte u.a. mit koagulasepositiven Staphylokokken verunreinigt waren, die bei Vermehrung in Lebensmitteln zu Lebensmittelvergiftungen führen (S. 13 d. A).

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Krems vom 9. Februar 1978, GZ. U 1981/77-10, wurde Adolf A des Vergehens nach § 57 Abs. 1 (56 Abs. 1 Z 2) LMG schuldig erkannt, weil er am 29. September 1976 dadurch, daß er zwei Messer und einen Streicher, die mit Schmutz bedeckt und mit koagulasepositiven Staphylokokken verunreinigt waren, beim Schlachten und Zerteilen von Tierkörpern verwendete, Gebrauchsgegenstände, die beim bestimmungsgemäßen und vorauszusehenden Gebrauch gesundheitsschädlich sind, (fahrlässig) in Verkehr brachte. Er wurde nach § 57 Abs. 1 LMG zu einer Geldstrafe verurteilt. Die beiden Messer und der Streicher wurden gemäß § 65 Abs. 1 LMG eingezogen.

Nach Durchführung einer Berufungsverhandlung gab das Kreisgericht Krems mit Urteil vom 13. Juni 1978, AZ. 7 Bl 41/78, der Berufung des Angeklagten Adolf A wegen Nichtigkeit Folge, hob das angefochtene Urteil auf und erkannte gemäß § 474 StPO in der Sache selbst auf Freispruch. In der Begründung wurde ausgeführt, daß ein Inverkehrbringen der in Rede stehenden Gebrauchsgegenstände im Sinne des § 1 Abs. 2 LMG nicht vorliege, weil das Verwenden der Geräte beim Schlachten keiner der dort zitierten Tätigkeitsformen entspreche, insbesondere auch nicht dem Begriff 'Verwenden für andere', weil der Angeklagte als Inhaber des Gewerbebetriebes selbst Deliktssubjekt nach § 56 bzw. § 57 LMG sei, somit die Gebrauchsgegenstände nicht für andere Personen verwendet wurden. Es liege eine gerichtlich strafbare Handlung nicht vor (ON 17 d. A). Hinsichtlich des in erster Instanz ausgesprochenen Einziehungserkenntnisses wird lediglich im letzten Satz der Enscheidungsgründe erwähnt, daß damit die im Ersturteil ausgesprochene Einziehung der beiden Messer und des Streichers gemäß § 65 LMG wegfalle. Ein bezüglicher Ausspruch im Urteilssatz findet sich nicht.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Kreisgerichtes Krems steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Eines Vergehens nach § 56 Abs. 1 Z 2 LMG macht sich schuldig, wer vorsätzlich kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände, die bei bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch gesundheitsschädlich sind, in Verkehr bringt. Wer eine solche Handlung fahrlässig begeht, ist nach § 57 Abs. 1 LMG strafbar. Diese Strafbestimmungen stellen die Sanktion für ein Zuwiderhandeln gegen das Verbot des § 28 Abs. 1 lit. a LMG dar.

Da nach den (unbestrittenen) Feststellungen im Urteil des Bezirksgerichtes Krems die in Rede stehenden Geräte bei bestimmungsgemäßem und vorauszusehendem Gebrauch gesundheitsschädlich waren, weil sie die Eignung besaßen, auf mit ihnen bearbeitete Lebensmittel gefährliche Keime zu übertragen, die sich dort rasch vermehren und bei Genuß Lebensmittelvergiftungen auslösen können, ist zur objektiven Tatseite nur die Frage zu prüfen, ob die Gebrauchsgegenstände in Verkehr gebracht wurden:

Der Begriff des Inverkehrbringens ist im § 1 Abs. 2 LMG definiert. Er umfaßt praktisch alle Tätigkeiten, die in Beziehung auf die betreffende Ware denkbar und möglich sind, insbesondere auch das Lagern und das Verwenden für andere, soferne es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Der Begriff 'Erwerbszweck' ist hiebei jedoch nicht im gewerberechtlichen oder im allgemeinen strafrechtlichen Sinn (§ 70 StGB), sondern weiter auszulegen. Auch alle nur mittelbar der Gewerbeausübung dienenden Tätigkeiten werden von ihm umfaßt (vgl. Brustbauer-Jesionek-Petuely-Wrabetz, S. 2 ff).

Nach den Urteilsannahmen kann es aber keinem Zweifel unterliegen, daß die in Rede stehenden gesundheitsgefährdenden Gebrauchsgegenstände im Gewerbebetrieb des Adolf A jedenfalls gelagert waren; der Genannte hat sie aber auch im Sinne des § 1 Abs. 2 LMG zu Erwerbszwecken für andere verwendet, indem sie bei der gewerblichen Schlachtung von Tieren benützt wurden (vgl. S. 41 d. A), wobei es nicht darauf ankommt, in wessen Eigentum sie standen. Maßgebend ist nur, daß die mit diesen Geräten im Betrieb des Angeklagten von ihm und/oder seinen Leuten bearbeiteten Lebensmittel für andere bestimmt waren.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E01820

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00026.79.0313.000

Dokumentnummer

JJT_19790313_OGH0002_0090OS00026_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten