TE OGH 1979/3/22 12Os127/78

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Veröffentlicht am 22.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Bernhard A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 3 lit a FinStrG über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Mai 1978, GZ 6 d Vr 7365/77-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Hannes Komaier und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Stöger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29. Oktober 1911 geborene Kaufmann Bernhard A, ein deutscher Staatsbürger, des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 3 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er in den Jahren 1970 bis 1973 in Weidling (Klosterneuburg) vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeigeund Offenlegungspflicht, nämlich durch die Unterlassung der Einreichung von Steuererklärungen bewirkt hatte, daß Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, und zwar die Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuer für die Jahre 1969 bis 1972 mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von insgesamt 1,505.192,-- S, nicht festgesetzt wurden.

Das Erstgericht ging bei der Feststellung der den Angeklagten dem Grunde und der Höhe nach für die Zeit von 1969 bis 1972 treffenden Abgabenschulden von den im Herbst 1976 vom Finanzamt Wien-Umgebung im Wege der Schätzung gemäß dem § 184 BAO für die Jahre 1969 bis 1972 erlassenen und am 25. November 1976 in Rechtskraft erwachsenen Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuerbescheiden aus.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5

und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Soweit der Beschwerdeführer - sachlich unter dem Gesichtspunkt einer Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 und der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO - Begründungs- und Feststellungsmängel über die Art seiner eine Steuerpflicht im Inland begründenden geschäftlichen Tätigkeit und seines im Inland geführten Unternehmens sowie darüber behauptet, ob und welche Einkünfte er im Inland erzielte, und im Zusammenhang damit im Ergebnis die aus seinem für die Zeit ab 1969 bis 1972 im Inland (Weidling, Klosterneuburg) gelegenen Wohnsitz (§ 1 Abs 1 EStG 1972 sowie § 26 Abs 1 BAO) in Verbindung mit dem dort von ihm als Unternehmer geleiteten Gewerbetrieb (§ 1 Abs 1 Gewerbesteuergesetz 1953) und aus den von ihm im Rahmen seines Unternehmens im Inland gegen Entgelt getätigten Umsätzen (§ 1 Abs 1 Z 1 und letzter Abs und § 9 Abs 1 UStG 1959; vgl auch die insoweit gleichlautenden Bestimmungen der § 1 Abs 1 Z 1

und Abs 3 sowie 19 Abs 1 UStG 1972) abgeleitete Annahme des Bestehens einer ihn treffenden unbeschränkten Steuerpflicht im Inland und damit einer ihm hier obliegenden abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungspflicht bekämpft, erweist sich das bezügliche Beschwerdevorbringen als nicht zielführend. Denn das Gericht hat im Finanzstrafverfahren vom Bestehen der sich aus dem Spruch eines gegen den eines Finanzvergehens Verdächtigen ergangenen rechtskräftigen Bescheides über die endgültige Abgabenfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach ergebenden Abgabenschuld als Tatsache auszugehen (13 Os 28/76, verst. Senat = EvBl 1977/166). Die Abgabenschuld ist demnach, soweit es die den Gegenstand des Schuldspruchs des Beschwerdeführers nach dem § 33 Abs 1 und Abs 3 lit a FinStrG bildende Abgabenverkürzung anlangt, dem Grund und der Höhe nach 'präjudiziert' und insoweit einer neuerlichen Prüfung durch das Strafgericht entzogen.

Dies gilt auch für die im vorerwähnten Beschwerdevorbringen vom Angeklagten relevierten, letztlich die Frage nach dem Bestehen seiner inländischen Steuerpflicht berührenden Umstände, weil diese nur eine (objektive) Vorfrage für die Feststellung seiner Umsatz-, Einkommens- und Gewerbesteuerpflicht im Inland darstellen, deren Bejahung eine objektive Grundvoraussetzung für die dem angefochtenen Schuldspruch zu Grunde liegenden rechtskräftigen Abgabenbescheide des Finanzamtes Wien-Umgebung bildet. Diesen Abgabenbescheiden kommt aber nach dem Vorgesagten gegenüber dem Strafgericht eine Bindungswirkung in Ansehung der aus ihrem Spruch ersichtlichen Abgabenschuld sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu. Es erübrigt sich daher schon aus diesem Grund ein weiteres Eingehen auf diesen Teil des Beschwerdevorbringens.

Bemerkt sei noch, daß es zu der in der Beschwerde zum geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nach der Z 5

des § 281 Abs 1 StPO aufgeworfenen Frage nach konkreten Geschäftsabschlüssen durch den Beschwerdeführer und nach dem Umfang seiner Zahlungseingänge in Österreich entgegen dem Beschwerdevorbringen einer näheren Erörterung der Aussage der Zeugin Walpurga B schon deshalb nicht bedurfte, weil diese Zeugin - wie auch in der Beschwerde selbst betont wird - nach ihrer Darstellung darüber nicht näher Bescheid wußte (S 64 dA).

Abgesehen von der Bindungswirkung, die sich allerdings nur auf die sich aus dem Spruch eines rechtskräftigen Bescheides über die endgültige Abgabenfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach ergebende Abgabenschuld erstreckt, ist das Strafgericht im übrigen aber in der Beurteilung der Strafbarkeit des Verhaltens des Angeklagten völlig frei. Es hat daher die objektiven Tatbestandsmerkmale - wie etwa die nach dem § 33 Abs 1 und Abs 3 FinStrG tatbildliche Pflichtverletzung - und alle zur subjektiven Tatseite gehörigen Fragen selbständig und unabhängig zu prüfen und zu beurteilen (EvBl 1977/ 166). Davon ausgehend, versagt aber auch das die innere Tatseite des dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung betreffende Beschwerdevorbringen, mit dem der Beschwerdeführer einerseits - insoweit sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO relevierend - einen Feststellungsmangel zu dem zur Verwirklichung des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 FinStrG erforderlichen Vorsatz behauptet und sich andererseits in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach der Z 9 lit b der vorgenannten Gesetzesstelle mit dem Hinweis, kompetente Stellen hätten ihm erklärt, die inländischen Steuerbehörden seien für seine geschäftliche Tätigkeit nicht zuständig, auf einen eine vorsätzliche Verletzung einer ihm allenfalls im Inland obliegenden abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungspflicht ausschließenden Irrtum beruft.

Diesem Beschwerdevorbringen zuwider stellte das Erstgericht zunächst sowohl im Spruche des angefochtenen Urteils als auch in dessen Gründen einen auf Abgabehinterziehung gerichteten Vorsatz des Beschwerdeführers ausdrücklich und unter Berücksichtigung des als erwiesen angenommenen Gesamtverhaltens des Angeklagten auch mit mängelfreier Begründung fest, wobei es in den Entscheidungsgründen in diesem Zusammenhang sogar von einer Abgabenhinterziehungsabsicht spricht (S 72 und 77 dA), sodaß insoweit der Vorwurf eines Feststellungsmangels nicht zu Recht besteht.

Der Beschwerdeführer berief sich zwar anläßlich seiner vom Amtsgericht Baden-Baden am 8. März 1978 im Rechtshilfeweg durchgeführten Einvernahme auf angebliche Mitteilungen des Bundesministeriums für Finanzen in Wien, der Österreichischen Handelskammer und der Handelsabteilung der Österreichischen Botschaft in Moskau, in Österreich nicht steuerpflichtig zu sein (S 33

dA), ließ jedoch zunächst schon hier offen, von welchem (ihnen bekanntgegebenen) Sachverhalt diese Stellen bei dieser vom Beschwerdeführer behaupteten Mitteilung ausgingen. Davon abgesehen ging dem Beschwerdeführer in Beantwortung einer von ihm an die Rechtsabteilung des Bundesministeriums für Finanzen in Wien gerichteten schriftlichen Anfrage vom 17. Mai 1971, mit der er unter Hinweis auf den von ihm und seiner Familie erwählten zweiten Wohnsitz in Weidling um Auskunft über die in Österreich bestehende (abgabenrechtliche) Rechtslage ersuchte, bereits im Jahre 1971 ein mit 12. Juli 1971

datiertes Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (Zl 254.785- 9 a/71) zu, mit dem ihm mitgeteilt wurde, daß er infolge seines zweiten Wohnsitzes im Inland auch dann, wenn dies nicht sein Hauptwohnsitz sein sollte, in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist und demnach mit seinen gesamten in- und ausländischen Einkünften der Einkommensteuerpflicht im Inland unterliegt (S 3 verso sowie 4 und 5 des angeschlossenen finanzbehördlichen Strafaktes des Finanamtes Wien-Umgebung, AZ 5/72). Trotz dieser ihm vom Bundesministerium für Finanzen erteilten Auskunft und der Anregung, sich um allenfalls gewünschte nähere steuerrechtliche Auskünfte an das zuständige Wohnsitzfinanzamt oder an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland zu wenden, entsprach der Beschwerdeführer den (wiederholten) Aufforderungen des Finanzamtes Wien-Umgebung vom 22. Februar 1972

und 6. April 1972 (S 23 und 45 des vorerwähnten finanzbehördlichen Strafaktes), innerhalb von 14 Tagen Steuererklärungen für die Jahre 1969 bis 1971 zu erstatten, nicht, obwohl er am 4. April 1972 (also in der Zeit zwischen den beiden vorerwähnten Aufforderungen) vom Finanzamt Wien-Umgebung sogar niederschriftlich (zur Frage seiner inländischen Steuerpflicht) vernommen und ihm überdies am 16. Mai 1972 seine Verpflichtung zur Einreichung dieser Steuererklärungen nochmals in Erinnerung gebracht worden war und er davon auch persönlich Kenntnis erlangt hatte (S 39 bis 41 sowie S 52 bis 54 des finanzbehördlichen Strafaktes). Unter diesen sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen (S 66 dA) Finanzstrafakt des Finanzamtes Wien-Umgebung ergebenden Umständen kommt demnach ein vom Beschwerdeführer nunmehr behaupteter schuldausschließender Irrtum über seine inländische Steuerpflicht, der ihn nach der Bestimmung des § 9 FinStrG das ihm zur Last liegende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs 1 und Abs 3 lit a FinStrG oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ, von vorneherein nicht in Betracht, sodaß aus diesem Grunde im angefochtenen Urteil nähere Feststellungen hiezu entbehrlich waren.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01877

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00127.78.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19790322_OGH0002_0120OS00127_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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