Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Reinhard A u.a. wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Reinhard A gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 21. September 1978, GZ. 14 Vr 826/78-25, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit damit aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. der Schuldspruch des Angeklagten Reinhard A zu Punkt 1/b des Urteilssatzes (Diebstahl durch Einbruch) bekämpft wird, zurückgewiesen.
Im übrigen wird der aus dem gleichen Nichtigkeitsgrund ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des genannten Angeklagten zu Punkt 1/a des Urteilssatzes (Unterschlagung einer Lederumhängetasche) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit seiner Berufung wird der Angeklagte Reinhard A auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderem der am 25. Mai 1960 geborene Hilfsarbeiter Reinhard A des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs. 1 StGB.
(Punkt 1/a des Urteilssatzes), des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB.
(Punkt 1/b des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der versuchten Veruntreuung nach §§ 15, 133 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. (Punkt 2/ des Urteilssatzes), des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB. (Punkt 3/ des Urteilssatzes) und der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs. 1
StGB. (im Urteilsspruch irrig § 107 Abs. 1 StGB.; Punkt 4/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte A mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 11 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wobei er unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund Begründungsmängel des Ersturteils in Ansehung der Schuldsprüche wegen Unterschlagung (Punkt 1/a des Urteilssatzes) und wegen Diebstahls (Punkt 1/b des Urteilssatzes) behauptet, während er mit der Rechtsrüge die Unterlassung der Anrechnung einer erlittenen Verwahrungshaft releviert.
In Ansehung des Schuldspruchs wegen Diebstahls zum Nachteil der Brüder B (Punkt 1/b des Urteilssatzes) wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht insofern eine unvollständige Begründung vor, als es sich - seiner Auffassung nach - mit seiner Verantwortung, diese Tat vor der Gendarmerie nur deshalb (fälschlich) eingestanden zu haben, weil ihm mit der Erwirkung eines Haftbefehls gedroht worden sei, nicht auseinandersetze; da das Erstgericht den bekämpften Schuldspruch auf das Geständnis des Angeklagten vor der Gendarmerie stütze, wäre es verpflichtet gewesen, darzulegen, ob und aus welchen Gründen es der Darstellung des Angeklagten, wonach dieses Geständnis erzwungen worden sei, nicht folge.
Rechtliche Beurteilung
Die behauptete Unvollständigkeit liegt nicht vor.
Das Schöffengericht hat sich vielmehr - entgegen dem Beschwerdevorbringen - mit der in der Hauptverhandlung vorgebrachten leugnenden Verantwortung des Angeklagten ausdrücklich auseinandergesetzt und begründet, warum es nicht dieser Verantwortung (und damit auch nicht der Darstellung des Angeklagten, vor der Gendarmerie nur deshalb ein - inhaltlich unrichtiges - Geständnis abgelegt zu haben, weil ihm andernfalls die Erwirkung eines Haftbefehls angekündigt wurde), sondern dem Geständnis des Angeklagten vor der Gendarmerie gefolgt ist (S. 116 d.A.). Dabei hat es auch dargelegt, auf Grund welcher Umstände und sonstiger Beweismittel es dieses Geständnis als richtig und somit entsprechend beweiskräftig gehalten hat (vgl. abermals S. 116 d.A.). Die behauptete Unvollständigkeit der Begründung in Ansehung des Schuldspruchs zu Punkt 1/b des Urteilssatzes liegt sohin nicht vor, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Umfang offenbar unbegründet ist.
Hingegen kommt der Mängelrüge in Ansehung des Schuldspruchs wegen Unterschlagung (Punkt 1/a des Urteilssatzes) Berechtigung zu. Der Beschwerdeführer rügt diesbezüglich zu Recht, daß den Urteilsgründen eine Begründung des Ausspruchs, der Angeklagte habe sich die gefundene Sache mit dem Vorsatz zugeeignet, sich (oder einen Dritten) dadurch unrechtmäßig zu bereichern, nicht zu entnehmen ist, mithin für diesen entscheidungswesentlichen Umstand überhaupt keine Gründe angegeben wurden.
Das Schöffengericht stellte zum Schuldspruch wegen Unterschlagung fest, daß der Angeklagte die Lederumhängetasche mit Ausweisen und Schlüsseln im Wert von 600 S am 10. Juli 1977 in Schnifis neben seinem Moped gefunden, sie mitgenommen und sich in Bereicherungs'absicht' zugeeignet hat.
Diese Annahmen begründet es damit, daß die Verantwortung des Angeklagten, er habe die Tasche am nächsten Tag abgeben wollen, dies aber in der Folge deshalb nicht getan, weil er befürchtet habe, in Diebstahlsverdacht zu kommen, völlig unglaubwürdig sei und aus dem Umstand, daß der Angeklagte die Tasche vier Wochen bei sich gelassen habe, zweifelsfrei angenommen werden müsse, daß er sie sich zueignen wollte, weil er andernfalls genug Gelegenheit gehabt habe, sie nicht mit nach Hause zu nehmen, sondern sie insbesondere bei der Festleitung abzugehen. Zwar stehe der Angeklagte im dringenden Verdacht, die Tasche samt dem zunächst darin gewesenen Bargeld selbst gestohlen zu haben; da jedoch die entfernte Möglichkeit bestehe, daß ein Dritter die Tasche weggenommen und sie nach Entnahme des Geldes weggeworfen hat, sei zugunsten des Angeklagten lediglich Fundunterschlagung als erwiesen angenommen worden (S. 115 d. A.).
Mit diesen Ausführungen begründet das Schöffengericht zwar seine Annahme, daß der Angeklagte die von ihm gefundene Tasche sich zugeeignet hat; es läßt aber jede Begründung für seine (weitere) Annahme vermissen, daß der Angeklagte dabei mit Bereicherungsvorsatz (wobei entgegen der Meinung des Erstgerichts - siehe S. 114 d.A. - und des Beschwerdeführers insoweit nicht Absicht im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB.
gefordert wird, sondern bedingter Vorsatz genügt) gehandelt hat. Aus der Tatsache der Zueignung allein kann noch nicht zwingend auf das Vorliegen des zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Unterschlagung erforderlichen erweiterten Vorsatzes geschlossen werden. Mithin hätte es (auch) einer Begründung dafür bedurft, aus welchen Erwägungen das Schöffengericht als erwiesen annimmt, daß der Angeklagte mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat.
Dem Ersturteil haftet daher insoweit - wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt - ein Begründungsmangel in bezug auf den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache an.
Sohin war die auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, soweit damit der Schuldspruch wegen Diebstahls zum Nachteil der Brüder B (Punkt 1/b des Urteilssatzes) bekämpft wird, schon bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen, während ihr, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Unterschlagung (Punkt 1/a des Urteilssatzes) richtet, gleichfalls bereits bei der nichtöffentlichen Beratung mit Zustimmung der Generalprokuratur gemäß § 285 e StPO. Folge zu geben war, zumal sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht im übrigen auch zu berücksichtigen haben, daß Ausweispapiere als solche mangels eines selbständigen Vermögenswerts grundsätzlich nicht Objekt einer Unterschlagung sein können.
Mit seiner auf Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E01955European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00180.78.0327.000Dokumentnummer
JJT_19790327_OGH0002_0090OS00180_7800000_000