TE OGH 1979/4/2 9Os83/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. März 1978, GZ 25 Vr 2428/77-36, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4. April 1927 geborene Rentner (und Gelegenheitsarbeiter) Alois A des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs (überflüssig zitiert: 2 und) 3 StGB schuldig erkannt, weil er in Aschau (im Zillertal/Tirol) mit dem Vorsatz durch das Verhalten der Getäuschten sich bzw. seine Gattin Theresia unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen (Vorgabe der Zahlungsfähigkeit) am 3. Mai 1976 die (Gmundener Geschäftsfrau) Regina B zur Lieferung von Tür- und Fensterstöcken (Punkt 1 des Urteilssatzes) sowie Ende März 1976 den (Glaser- und Spenglermeister in St. Johann in Tirol) Bruno C zur Durchführung von Spenglerarbeiten verleitete und dadurch einen Vermögensschaden von mindestens rund 345.000 S bei B und von 13.614,50 S bei C herbeiführte.

Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten unter Anrufung des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Gestützt auf diese beiden Nichtigkeitsgründe, sachlich zunächst allerdings nur aus ersterem rügt er die Annahme, er habe eine Schädigung der beiden genannten Gewerbetreibenden zumindestens ernstlich für möglich gehalten und sich mit dem Eintritt dieser Möglichkeit abgefunden, als unzureichend und unvollständig begründet, zeigt allerdings mit seinen Ausführungen keinen Begründungsmangel des Urteils auf.

Dies gilt vorerst schon für die Behauptung, dort werde seine wirtschaftliche Situation 'nur einseitig' dargestellt und nicht beachtet, daß er - wenn auch in Vertretung seiner Gattin Theresia - als Unternehmer tätig war, mithin - entsprechend seiner (unwiderlegbaren sowie wirtschaftlich gesehen schlüssigen) Verantwortung - aus dem beim Verkauf von (unter Verwendung der fraglichen Tür- und Fensterstöcke gebauten) Bungalows erzielbaren Erlös einerseits und den zu erwartenden Mieteinnahmen andererseits eine Abdeckung sämtlicher Verbindlichkeiten erwarten konnte. Denn das Erstgericht stellte ausdrücklich fest, daß der Angeklagte die von ihm bei Regina B zu einem Gesamtpreis von 385.000 S bestellten Tür- und Fensterstöcke für Ferienhäuser benötigte, die er in Aschau auf einem Grundstück seiner Gattin Theresia errichtete (S 133 f) und die Spenglerarbeiten an ihr gehörenden Baulichkeiten durchführen ließ (S 137), allerdings in Bezug auf die hieraus resultierende Forderung der Gewerbetreibenden keine Kreditierung begehrte, sondern Barzahlung versprach. Es nahm ferner auf Grund der - bei der Hauptverhandlung zur Verlesung gelangten (S 126) - Zeugenaussage Dr. D (ON 34) und der Bekundungen des vor dem erkennenden Gericht vernommenen Ludwig E (S 127) als erwiesen an, daß der Angeklagte im Jahr 1976 nicht nur damit rechnen konnte, Ferienhäuser 'an den Mann zu bringen' und mit dem Kauferlös Schulden zu bezahlen, sondern daß E auch wirklich in den Jahren 1975 und 1976 für von Theresia A an ihn verkaufte Ferienhäuser in Teilbeträgen - zu den aus einer von ihm vorgelegten, als (unjournalisierte) Beilage zum Akt genommenen sowie bei der Hauptverhandlung verlesenen Ablichtung einer Aufstellung (aus dessen Handakt) ersichtlichen Zeitpunkten - Zahlungen von insgesamt 3,6 Millionen Schilling geleistet hat (von denen laut der erwähnten Beilage 993.000 S auf den Eheleuten A selbst zugekommene Summen entfallen). Sohin billigte das Erstgericht dem Angeklagten zwar zu, im Sinne seiner Verantwortung gemeinsam mit seiner Gattin gehofft zu haben, daß sie 'im Laufe der Jahre nach und nach alle Schulden würden bezahlen können', gelangte aber dennoch in Ansehung der sogar am Tage der Urteilsfällung noch immer unbezahlten Schulden aus den inkriminierten beiden Geschäften zur eingangs dargelegten und vom Angeklagten bekämpften Feststellung hinsichtlich der inneren Tatseite, die es mit den bei offenen Lieferantenverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung der Ferienhäuser allein von 1 bis 1,5 Millionen Schilling (zu denen laut der eigenen Verantwortung des Angeklagten noch weitere Schulden von etwa 2 bis 3 Millionen Schilling aus früheren Jahren kommen - siehe S 94, 125), laufend vorgekommenen Zwangsvollstreckungen hinreichend begründete.

Damit erledigt sich zugleich der seitens der Beschwerde an die - im Urteil demnach ohnedies berücksichtigten - Aussagen der Zeugen Dr. Friedrich D und Ludwig E - in isolierter Betrachtung und einer daraus resultierenden Umwertung der Verfahrensergebnisse - geknüpfte Einwand, daß dem Angeklagten hienach 'seine Zahlungsunfähigkeit keineswegs zum Bewußtsein kommen mußte'; ebenso die in Verbindung damit an anderer Stelle geschehende Bezugnahme auf einen Bericht des Masseverwalters im Akt S 81/76 des Landesgerichtes Innsbruck (betreffend den im Dezember 1976 über das Vermögen der Theresia A eröffneten Konkurs - vgl. S 134) zur Dartuung der - vom Erstgericht ohnehin nicht negierten - Hoffnungen auf Verkaufserlöse und Mieteinnahmen, sofern damit die Geltendmachung eines Begründungsmangels ins Auge gefaßt wird.

Angesichts dessen, daß es hier nicht um Kredit- sondern um Barzahlungsgeschäfte geht, schlägt auch die vergleichsweise Heranziehung von in der Entscheidung RZ 1972

S 27 zum Ausdruck kommenden Erwägungen nicht durch, daß ein Wirtschaftstreibender, der auf Kredit Wirtschaftsgüter anschaffe, um laufend Einnahmen zu erzielen, die zur Tilgung der eingegangenen Verbindlichkeiten reichen sollen, im allgemeinen nicht mit 'Schädigungsabsicht' im Sinne des § 146 StGB - gemeint ist also von der Beschwerde ersichtlich ein die Schadenszufügung umfassender (einfacher) Vorsatz im Sinne des § 5 Abs 1 StGB - handeln werde, bzw. es andernfalls - wegen der Atypizität - einer besonderen Begründung des Vorsatzes bedürfe. Dem von der Beschwerde bezogenen Erkenntnis lag aber auch im übrigen offenkundig ein vollkommen anders gelagerter Sachverhalt zugrunde.

Außerdem bedeutet die Entscheidung darüber, ob ein Täter entweder infolge einer Sorgfaltspflichtverletzung (im Sinne des § 6 StGB) nicht erkenne, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (unbewußte Fahrlässigkeit), bzw. die Verwirklichung eines solchen Sachverhalts zwar für möglich hält, ihn aber nicht herbeiführen wolle (bewußte Fahrlässigkeit), oder aber ernstlich mit einer solchen Möglichkeit rechne und sich mit ihr abfinde (dolus eventualis - § 5 Abs 1, zweiter Halbsatz, StGB), die Lösung einer vom erkennenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beantwortenden Tatfrage, hinsichtlich deren das Erstgericht im konkreten Fall einen Vorsatz, zumindestens im Sinne des § 5 Abs 1, zweiter Halbsatz StGB, in tatsachenmäßiger Beziehung schlüssig bejaht hat. Da der Tatbestand des § 146

StGB eine andere Vorsatzform nicht verlangt, betreffen jene Beschwerdeausführungen, die sich gegen Wendungen des Urteils richten, wonach der sich seiner Zahlungsunfähigkeit voll bewußte Angeklagte es nur darauf abgesehen gehabt hätte, möglichst rasch in den Besitz der Fenster- und Türstöcke zu gelangen (er also allenfalls sogar mit einem qualifizierten Vorsatz - § 5 Abs 2, 3 StGB - gehandelt haben würde) keine entscheidungswesentliche Tatsache.

Was aber den gegen einen Schädigungsvorsatz ins Treffen geführten Umstand anlangt, daß der Anwalt der Regina B in einem (von dieser in der Hauptverhandlung vom 25. November 1977 vorgelegten, als - gleichfalls unjournalisierte - Beilage zum Akt genommenen und wohl im Zusammenhang mit der Verlesung ihrer Zeugenaussage - S 126 - auch bei der neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 9. März 1978 dargetanen) am 29. Juni 1976, also unmittelbar nach der letzten Lieferung an den Angeklagten gerichteten Schreiben zum Ausdruck bringt, daß seine Mandantin zu einer Rücknahme der gelieferten Fenster nicht bereit sei, woraus die Beschwerde ein ernstliches Anbot des Angeklagten in dieser Richtung ableiten will, so kann daraus, daß B, die ja gleichzeitig - allerdings in Unkenntnis der wahren wirtschaftlichen Lage der Ehegatten A, über die sie seinerzeit vom Angeklagten getäuscht worden war - Zahlungsvereinbarungen traf, auf Barzahlung bestand - mehr ist dem Mahnbrief im Zusammenhang (auch unter Berücksichtigung der in Rede stehenden Passage) sachlich nicht zu entnehmen - für den Angeklagten nichts gewonnen werden. Die Urkunde bedurfte sonach keiner besonderen Erörterung im Urteil.

Die Mängelrüge, deren Vorbringen weitgehend den Charakter eines unzulässigen Angriffs auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung trägt, versagt sohin zur Gänze.

Die der Sache nach nicht aus dem angerufenen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a, sondern aus jenem der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Rechtsrüge will die Handlungsweise des Angeklagten anstatt als Betrug nach § 146 f StGB bloß als fahrlässige Krida nach § 159 StGB gewertet wissen. Sie hält jedoch dabei nicht an den Feststellungen des Erstgerichts über den Vorsatz des Angeklagten fest und bringt daher den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

über die Berufungen wird hingegen bei einem gesonderten Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01933

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00083.78.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19790402_OGH0002_0090OS00083_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten