TE OGH 1979/4/2 9Os47/78

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Veröffentlicht am 02.04.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.April 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Leopold A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3 StGB über die vom Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12.Oktober 1977, GZ. 1 a Vr 6345/76-90, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft sowie Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Merlicek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen Betruges zum Nachteil der Firma B & Neffe (Punkt 1 des - schuldigsprechenden Abschnitts des - Urteilssatzes) sowie demgemäß ferner im Strafausspruch (einschließlich des auf § 38 StGB gestützten Ausspruchs) aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird seine Nichtigkeitsbeschwerde sowie jene der Staatsanwaltschaft - und zwar letztere zur Gänze -

verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch sein Rechtsmittel verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Mai 1947 geborene Kaufmann Leopold A des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruches liegt dem Angeklagten zur Last, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, sohin durch Täuschung über Tatsachen, in insgesamt 8 Fällen Personen zu Handlungen verleitet zu haben, die sie (oder Dritte) an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden zusammen 100.000 S übersteigt, und zwar u.a.:

1. am 9.März 1976 Angestellte der Firma B & Neffe zur Leistung von Baumeisterarbeiten, Schaden 108.420,29 S, und 2. am 15.April 1976 Gerhard C zur Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten, Schaden 75.000

S.

Von zwei weiteren Anklagepunkten betreffend ebenfalls das Verbrechen des Betruges begangen dadurch, daß er anfangs Oktober 1975 und am 29. Jänner 1976 in der gleichen Weise Heinrich D zur Ausfolgung von Flugtickets im Wert von 10.095,60 S und Johanna E zum Abschluß eines Kaufvertrages betreffend eine Liegenschaft gegen Hypothekenübernahme verleitete, wobei der Schaden 10.095,60 S bzw. 132.454,32 S betrug, wurde er hingegen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Dieses - in den Schuldspruchfakten 3-8 (wegen Betrügereien mit einem Gesamtschaden von fast 27.000 S) unangefochten gebliebene - Urteil bekämpfen der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit jeweils (nur) auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, und zwar der Angeklagte in Ansehung der beiden oben näher umschriebenen Schuldsprüche (laut den Punkten 1. und 2. des Urteilssatzes) und die Staatsanwaltschaft im freisprechenden Teil.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Rechtliche Beurteilung

Mit ihrer Mängelrüge erhebt die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil in seinem freisprechenden Teil in mehrfacher Richtung den Vorwurf einer unvollständigen und unzureichenden Begründung, dies jedoch zu Unrecht.

Den Beschwerdeausführungen zuwider hat sich das Erstgericht nämlich mit der wirtschaftlichen Lage des Angeklagten zu den in Betracht kommenden Tatzeiten hinreichend auseinandergesetzt und festgestellt, daß er lediglich über einen PKW Marke Citroen im Wert von etwa 20.000 S und über eine Mietwohnung verfügte und von seiner Tante Hermine F finanziell unterstützt wurde, also im wesentlichen ohne Vermögen und ohne ein regelmäßiges Einkommen war (vgl. Band II, S 17 f. d. A). Trotzdem gelangte es jedoch auf Grund der Verfahrensergebnisse zur überzeugung, daß dem Angeklagten Schädigungsvorsatz bei Lösung von Flugtickets im Reisebüro G im Oktober 1975

und beim Ankauf der Liegenschaften EZ 123 und 124 der KG Oberbaumgarten von Johanna E am 29.Jänner 1976

(noch) nicht nachgewiesen werden könne. Zum ersteren Faktum folgte das Gericht ersichtlich der - für glaubwürdig befundenen - Verantwortung des Angeklagten, daß er Flugreisen (für dritte Personen) bereits wiederholt ordnungsgemäß über das genannte Reisebüro abgewickelt sowie bezahlt habe und sich, wäre er auf freiem Fuß geblieben, in der Lage befunden hätte, einen Betrag von ca. 10.000 S (bei Fortsetzung dieser Vermittlungstätigkeit und unter Berücksichtigung des finanziellen Rückhaltes seiner Tante) in absehbarer und zumutbarer Zeit zu bezahlen (vgl. Band II, S 19 und 21 d. A). Daß der Angeklagte um die bevorstehende Strafverbüßung wußte und auf einen Strafaufschub (nur) hoffte (vgl. Band II, S 7 d. A), schließt nicht aus, daß er - wie das Erstgericht annahm - bei Eingehen der Zahlungsverpflichtung gegenüber dem - ihm bekannten Inhaber des obangeführten Reisebüros - Heinrich D eine dem Entstehen dieser Verbindlichkeit unmittelbar nachfolgende Verhaftung nicht erwartete, sondern von der irrigen Vorstellung ausging, er werde das Geschäft noch rechtzeitig ordnungsgemäß abwickeln können. Andererseits, nämlich mit Bezug auf den Liegenschaftskauf, vermeinte das Schöffengericht, daß die Vermögensverhältnisse des Angeklagten im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages mit Johanna E (29.Jänner 1976) noch nicht derart zerrüttet gewesen seien, daß eine Finanzierung des Kaufpreises in der von ihm vorgestellten und angestrebten Form - Zahlung der laufenden Kreditannuitäten von ca. 22.000 S monatlich durch entsprechende Mieteingänge (bei gleichzeitiger Adaptierung des Abbruchhauses zur Gewinnung weiterer Mieteinnahmen) -

unmöglich gewesen wäre (vgl. Band II, S 20 f. d. A). Die Feststellung, daß der Angeklagte den Heinrich D und die Johanna E (der gegenüber er seiner eigenen Verantwortung zufolge Täuschungshandlungen gesetzt hat) nicht schädigen wollte, findet demnach in den vom Erstgericht dargelegten Umständen eine obschon nicht zwingende, so doch durch die Verfahrensergebnisse gedeckte, den Denkgesetzen nicht widersprechende, hinreichende und schlüssige Begründung. Soweit die Staatsanwaltschaft die vom Erstgericht für die - solcherart mängelfrei begründete - obige Annahme ins Treffen geführten Argumente für nicht stichhältig ansieht und die Angaben des Angeklagten als bloße Schutzbehauptung bezeichnet, bekämpft sie daher nur in unzulässiger und demnach unbeachtlicher Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Der Mängelrüge des Angeklagten kommt teilweise Berechtigung zu. Nicht zielführend ist allerdings zunächst der in Bezug auf das Faktum 2 erhobene Einwand, die Annahme eines Schadens von 75.000 S sei deshalb mangelhaft begründet, weil dem Urteil nicht entnommen werden könne, wie das Erstgericht zu dieser Schadenssumme gelange und namentlich nicht, ob und aus welchen Gründen der Vermieter Gerhard C (in diesem Umfang) geschädigt worden sein solle, zumal letzterem ja nur insoweit ein Vermögensnachteil erwachsen sein könnte, als er auf Grund des Vertragsabschlusses mit dem Beschwerdeführer einen Mietenentgang gehabt hätte, worüber jedoch die Urteilsgründe ebenfalls keinen Aufschluß geben würden. Nach dem vom Erstgericht in diesem Punkt als erwiesen angenommenen Sachverhalt (Band II, S 23 f.) mietete der Angeklagte am 15.April 1976 von Gerhard C ein Geschäftslokal in Wien 1., Jasomirgottstraße 4, gegen eine monatliche Miete von 25.000 S, wobei dieser Mietzins laut dem - diesen Feststellungen erkennbar zugrundeliegenden - schriftlichen Mietvertrag vierteljährlich im vorhinein fällig - das Urteil spricht offenkundig infolge eines jederzeit richtigstellbaren Fehlers i.S. des § 270 Abs. 3 StPO und auch sonst nicht gerade glücklich formuliert von einer seitens des Vermieters geforderten 'Vorauszahlung der jährlichen Monatsmiete' (Band II, S 24 d. A) - und erstmals am 15.April 1976, dem Tag des Vertragsabschlusses (in einer Höhe von sohin 75.000 S - für das folgende Vierteljahr) zu begleichen war (vgl. Band I, S 245 d. A).

Tatsächlich kam der Angeklagte, wie das Erstgericht weiters feststellte, dieser Verpflichtung nicht nach. Vielmehr vertröstete er den Vermieter mit dem bewußt wahrheitswidrigen Hinweis auf eine angeblich bereits veranlaßte Banküberweisung. Somit ist dem Vermieter Gerhard C, der mit dem Mietvertragsabschluß und der überlassung seines Bestandobjektes an den Angeklagten einen Anspruch auf Bezahlung von zunächst 75.000 S durch letzteren hatte, infolge Entganges des vereinbarten Mietzinses in dieser Höhe zumindestens ein Vermögensschaden in dem Ausmaß auch tatsächlich erwachsen (vgl. ferner die übereinstimmende Darstellung des Angeklagten und des Zeugen C, wonach das Mietverhältnis vorliegend erst im Juni 1976 bzw. Ende dieses Monates /-vorzeitig und mit sofortiger Wirkung - Punkt 4 des Mietvertrages, Band I, S 244 d. A -/- beendet wurde /- vgl. Band I, S 53 e verso, 283 d. A/-).

Dem Urteil haftet demnach in Ansehung des Schuldspruchs zu Pkt. 2 weder ein Begründungsmangel (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO), noch ein vom Angeklagten etwa sachlich ins Auge gefaßter

Feststellungsmangel (im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a) StPO an.

Anders verhält es sich mit dem Schuldspruchsfaktum 1. Hier sind - entsprechend dem zutreffenden Beschwerdevorbringen - die Urteilsfeststellungen miteinander unvereinbar, wonach einerseits der Angeklagte anfangs März (und damit jedenfalls auch im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrags an die Baufirma B & Neffe vom 9.März 1976, Baumeisterarbeiten in dem noch im bücherlichen Eigentum der Zeugin Johanna E stehenden Haus in Oberbaumgarten vorzunehmen) sich bereits des Scheiterns seines Kaufprojekts, also dessen bewußt war, daß die vertragsgegenständlichen Häuser und sonach auch jenes, welches das genannte Bauunternehmen instandsetzen sollte, nie in sein Eigentum übergehen würden, andererseits aber die Vergabe der betreffenden Arbeiten von Seiten des Angeklagten mit dem Vorsatz erfolgte, sich zu bereichern. Denn aus der Verbesserung eines Hauses, von dem der Angeklagte gewußt haben soll, daß er niemals dessen Eigentümer werde, vermochten ihm doch keinerlei Vermögensvorteile zu erwachsen, und zwar nicht einmal solche vorübergehender Natur. Die Feststellungen über die beiden solcherart als erwiesen angenommenen - einander jedoch ausschließenden - Tatsachen können nicht nebeneinander bestehen. Dem Urteil haftet darum ein innerer Widerspruch an. Diesem kommt im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO entscheidungswesentliche Bedeutung zu: Zwar fordert § 146 StGB nicht die eigene Bereicherung des Täters, doch findet sich vorliegend kein Anhaltspunkt dafür, daß der Angeklagte eine andere Person bereichern wollte. Es wäre namentlich unerfindlich, warum er etwa an einer Bereicherung der Johanna E, welche hier insoweit der Sachlage nach allein in Betracht käme, ein Interesse gehabt und deren Bereicherung sohin von seinem Vorsatz umfaßt gewesen sein sollte. Umgekehrt wird die Annahme eines Schädigungsvorsatzes des Angeklagten an seine Kenntnis vom Scheitern des Kaufprojekts (gemeint offenkundig infolge vorhergesehener Ausübung des der Verkäuferin in der Vertragsurkunde (befristet) eingeräumten Rücktrittsrechts - s.Bd. I S 163, 171 d. A), geknüpft und primär damit begründet, sodaß die in der letztangeführten Richtung getroffene Feststellung in tatsachenmäßiger Beziehung eine der Prämissen wenn nicht überhaupt die den Anschlag gebende für die Annahme betreffend den Schädigungsvorsatz bildet (siehe vor allem Band II S 22 der Akten). Es war daher der in diesem Umfang begründeten Nichtigkeitsbeschwerde, ohne daß es noch eines Eingehens auf die weiteren, das Faktum 1 betreffenden Einwendungen bedurfte, stattzugeben und im übrigen spruchgemäß zu entscheiden. Im zweiten Rechtsgang wird auf die über den Angeklagten zu verhängende Strafe gemäß § 38 Abs. 1 StGB auch die Vorhaft vom 19. August 1976, 18 Uhr 45 bis 13.September 1976, 10 Uhr 20, anzurechnen sein, und zwar trotz der bereits erfolgten Anrechnung auf die im gesondert ergangenen Urteil vom 13.September 1976, GZ. 6 b Vr 7410/75-32, bedingt ausgesprochene fünfmonatige Freiheitsstrafe (vgl. Band I S 432 d. A). Denn infolge der dem Angeklagten dort gewährten bedingten Strafnachsicht ist die betreffende Anrechnung noch nicht bei der Strafvollstreckung (wirklich) zum Zuge gekommen; letzteres wäre aber Voraussetzung dafür, daß die erwähnte Vorhaft hier unberücksichtigt bleiben könnte (s. LSK 1976/122, 1977/6 u.a.). Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01861

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00047.78.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19790402_OGH0002_0090OS00047_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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