TE OGH 1979/4/3 11Os40/79

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Veröffentlicht am 03.04.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach dem § 209 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. Jänner 1979, GZ. 5 d Vr 8305/78-8, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird in einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.4.1942 geb. Kaufmann Peter A des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach dem § 209

StGB schuldig erkannt, weil er in der ersten Hälfte des September 1978 in Wien mit dem am 5.11.1962 geb. Gerhard B gleichgeschlechtliche Unzucht (After- und Mundverkehr) trieb. Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer lediglich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Unter Berufung auf den angeführten Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer zunächst Unvollständigkeit der Urteilsbegründung geltend, weil das Erstgericht vollkommen übergangen habe, daß der entscheidungswesentliche Zeuge Gerhard B am Beginn der Zeugeneinvernahme wohl ganz allgemein - nach solchen gefragt - gleichgeschlechtliche Handlungen eingestanden habe, er aber in der Folge immer mehr von seinen unwahren Angaben vor der Polizei abgerückt sei und schließlich zugegeben habe, daß seine bei dieser abgelegte Aussage unrichtig gewesen sei. Habe daher das Erstgericht, so meint der Beschwerdeführer, diese schrittweise Näherung zur Wahrheit in der Zeugenaussage des Gerhard B übergangen, so sei ein wichtiges und entscheidendes Verfahrensergebnis unberücksichtigt geblieben. Die Begründung sei aber, führt der Beschwerdeführer ferner aus, auch unzureichend, weil das Erstgericht gar nicht versucht habe, auszuführen, in welchen maßgeblichen Punkten seine Verantwortung widerlegt worden sei, sondern einfach von einer zweifelsfreien Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten in maßgeblichen Punkten spreche. Worin die Verbesserung der Situation des Zeugen durch eine önderung seiner Aussage gelegen gewesen sein sollte, werde nach Ansicht des Beschwerdeführers vom Erstgericht ebenfalls nicht ausgeführt. Das Wort 'offensichtlich' im Zusammenhang mit dem Abrücken des Zeugen von seiner ursprünglichen Aussage stelle daher eine offenbare Scheinbegründung dar. Es sei auch nicht klar, aus welchen Erwägungen das Gericht zum Schluß komme, die Aussage des Zeugen hätte anfangs mehr Wahrheitsgehalt enthalten als zum Schluß. Auch der Bezug auf den Verlust des Erinnerungsvermögens des Zeugen müsse hier versagen, denn dieser habe ja jetzt zugegeben, daß er vor der Polizei den Angeklagten zu Unrecht beschuldigt habe. Der Umstand, daß der Zeuge seinen Unterhalt möglicherweise als männlicher Prostituieter verdiene, könne bei richtiger Würdigung nicht zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden. Die vom Erstgericht gebrauchten Wendungen 'aus allen diesen Gründen' sowie 'mit einer jeden Zweifel ausschließenden Sicherheit' seien ebenfalls inhaltsleer.

Ein Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer läßt in seinem

Vorbringen außer Acht, daß gemäß dem § 270 Abs. 2 Z 5 StPO in den Entscheidungsgründen lediglich in gedrängter Darstellung anzugeben ist, welche Tatsachen und aus welchen Gründen der Gerichtshof sie als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen hat. Das Urteil konnte sich nicht schon im voraus mit allen erst in der Beschwerdeschrift präzisierten Einwendungen, die sich insbesonders gegen die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen richten, auseinandersetzen. Davon abgesehen ist das Gericht bei der Würdigung der Aussagen eines von ihm vernommenen Zeugen weder imstande noch auch verpflichtet, jene Umstände anzuführen, auf denen seine überzeugung von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit dieses Zeugen beruht, weil eben bei einem solchen Vorgang der persönliche Eindruck entscheidend ist und dieser sich nicht in Worten wiedergeben läßt (Gebert-Pallin-Pfeiffer, § 281 Abs. 1 Z 5, E. 2 bb).

So gesehen ist aber die entscheidende Feststellung des Erstgerichts, der Angeklagte habe mit dem Zeugen B gleichgechlechtliche Handlungen unternommen, durchaus ausreichend begründet, wenn es - unter Verwertung seines persönlichen Eindrucks - davon ausging, es sei nicht einzusehen, weshalb der Zeuge gegen den Angeklagten 'einen Zorn gehabt haben soll', und hervorhob, der Zeuge - der noch ganz andere strafbare Handlungen vor der Polizei zugab - habe sich in der Hauptverhandlung offensichtlich bemüht, im Hinblick auf seine eigene Situation jene des Angeklagten möglichst zu verbessern. Das Erstgericht hat damit durchaus denkgesetzmäßig zum Ausdruck gebracht, daß es dem Zeugen, der ohnedies schon selbst genügend belastet gewesen sei, darum gegangen sei, den Angeklagten vor Schadenszufügung, die ihm selbst nichts nützen konnte, zu bewahren. Damit steht aber auch die weitere Annahme des Erstgerichts nicht im Widerspruch, daß infolge der verstrichenen Zeit von vier Monaten zwischen der ersten Einvernahme und der Hauptverhandlung die Erinnerung des Zeugen verblaßt sei, weil damit nur gemeint ist, daß beide Faktoren, nämlich einerseits das Streben des Zeugen nach Entlastung des Angeklagten, andererseits aber auch das Schwinden des Erinnerungsvermögens den Wahrheitsgehalt der Aussage dieses Zeugen in der Hauptverhandlung beeinflußt haben können. Schließlich verstößt auch der weiters vom Erstgericht gezogene Schluß, die Betätigung des Zeugen als Strichjunge sowie der Verkehr des Angeklagten in homosexuellen Kreisen stellten Indizien für die Richtigkeit der ursprünglichen Aussage des Zeugen dar, nicht gegen die Denkgesetze.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

über die Berufung wird in einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden.

Anmerkung

E01867

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00040.79.0403.000

Dokumentnummer

JJT_19790403_OGH0002_0110OS00040_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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