Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Schneider, Dr. Steininger und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.November 1978, GZ. 2 d Vr 5248/78-36, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten werden zurückgewiesen.
über die Berufung der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.August 1929 geborene Angestellte Otto A, derzeit in Untersuchungshaft beim Landesgericht für Strafsachen Wien, wegen des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig gesprochen, weil er am 19.Dezember 1977 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, unter dem Auftreten eines redlichen Versicherungsvertreters, sohin durch Täuschung über Tatsachen Hermine B zur Ausfolgung von insgesamt 20.000 S, somit zu einer Handlung verleitet hat, welche Gertrude B und Horst C um jeweils 10.000 S an ihrem Vermögen schädigten.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war der Angeklagte in der Zeit vom 1.Oktober 1976 bis 31.Dezember 1977 als Angestellter im Außendienst bei der Österr. Volksfürsorge Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft beschäftigt. Er wurde am 20.Oktober 1977 mit Wirkung per 31.Dezember 1977 gekündigt. Gleichzeitig wurde er darüber belehrt, daß er sich ab sofort (20.Oktober 1977) jeglicher Tätigkeit als Mitarbeiter der Österr. Volksfürsorge zu enthalten habe, insbesonders wurde ihm verboten, Inkassi vorzunehmen. Aus diesem Grund mußte er auch sein Quittungsheft abgeben. Im Dezember 1977 erklärte der Angeklagte den Zeugen Horst C und Gertrude B, die von ihm im Dezember 1976 bzw. im März 1977 zum Abschluß von Lebensversicherungsverträgen geworben worden waren, daß er die Prämie für das Jahr 1978 in der Höhe von etwa 20.000 S kassieren und für die Zeugen einzahlen werde.
Am 19.Dezember 1977 übernahm er tatsächlich von der Mutter der Gertrude B, Hermine B, 20.000 S zur Einzahlung an das Versicherungsunternehmen, obwohl er entschlossen war, den Betrag für sich zu verwenden. Tatsächlich eignete er sich das Geld an. Erst nach der am 14.September 1978 erfolgten Verhaftung des Angeklagten zahlte Eleonore D am 15. und am 18.September 1978 insgesamt 20.000 S namens des Angeklagten bei der Österr.
Volksfürsorge ein.
Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung angefochten. Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Angeklagte, daß die Zeugin Eleonore D nicht vernommen, und daß seinem, in einem Schreiben an das Gericht gestellten Begehren auf Einvernahme eines Sachverständigen aus dem Versicherungsfache nicht entsprochen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO setzt voraus, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag nicht oder nicht im Sinne des Antragstellers entschieden wurde. Auf einen Antrag, der vor der Hauptverhandlung überreicht, in der Hauptverhandlung nach Inhalt der Verhandlungsschrift jedoch nicht wiederholt wurde, kann daher dieser Nichtigkeitsgrund nicht gestützt werden (Gebert-Pallin-Pfeiffer, Entscheidungen unter 1 zu § 281 Z. 4 StPO). Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung keinen Antrag auf Einvernahme eines Sachverständigen aus dem Versicherungsfach gestellt und auf die Vernehmung der Zeugin Eleonore D ausdrücklich verzichtet (S. 164). Es liegen somit schon die formellen Voraussetzungen zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht vor. Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO rügt der Angeklagte das Urteil als unvollständig begründet, weil es die Aussage des Zeugen Georg E unerwähnt lasse, daß sich seine Aussage nicht auf die Freunde und Bekannten von außer Verkehr gestellten Vertretern beziehe. Auch habe das Erstgericht mit Stillschweigen übergangen, daß der Angeklagte ein guter Bekannter der Zeugen Horst C und Gertrude B war.
Die gerügte Unvollständigkeit haftet dem Urteil nicht an. Die Frage, ob der Angeklagte mit Horst C und Gertrude B bekannt war, und ob es vorkommt, daß auch ohne Ermächtigung Vertreter bei Bekannten und Freunden kassieren, ist für die Beurteilung des gegenständlichen Straffalls ohne Bedeutung, denn das Erstgericht hat - durch das Beweisverfahren gedeckt - dem Angeklagten zur Last gelegt, daß er mit dem Vorsatz den unberechtigt kassierten Betrag für sich zu verwenden, 20.000 S herausgelockt hat. Im übrigen führte der Zeuge Georg E lediglich aus, daß es vorkomme, daß ein Versicherungsvertreter aus irgendwelchen Gründen von seinen Freunden oder Bekannten kassiere, daß er allerdings darüber eine Quittung ausstellen müsse, wozu der Angeklagte gar nicht mehr in der Lage war, da er den Kassablock bereits abgegeben hatte (S. 158, 159). Mit seinen weiteren Ausführungen, weder aus den Zeugenaussagen noch aus der Verantwortung des Angeklagten lasse sich der Schluß auf eine Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht des Angeklagten ziehen, er habe vielmehr nur aus Nachlässigkeit den kassierten Betrag nicht sofort abgeführt, versucht der Beschwerdeführer lediglich in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen.
Gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet zurückzuweisen.
Der Angeklagte hat die am 29.Jänner 1979, somit nach Ablauf der Anmeldefrist - das Urteil wurde am 23.November 1978 verkündet - ausgeführte Berufung nicht angemeldet. Es war daher auch die Berufung des Angeklagten als verspätet zurückzuweisen (§ 294 Abs. 1 und 4 StPO in Verbindung mit § 284 StPO).
über die Berufung der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Anmerkung
E01941European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00041.79.0405.000Dokumentnummer
JJT_19790405_OGH0002_0120OS00041_7900000_000