TE OGH 1979/4/18 10Os39/79

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Veröffentlicht am 18.04.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.April 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Faseth, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hans A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§ 83 Abs. 1) StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Jänner 1979, GZ. 1 a Vr 9387/78-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kosesnik-Wehrle und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Februar 1942 geborene, zuletzt fallweise als Aushilfskellner beschäftigt gewesene Schlosser Hans A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§ 83 Abs. 1) StGB. schuldig erkannt, weil er sich am 10.September 1978 in Wien fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und dabei Ottokar B durch einen Messerstich in den Unterleib am Körper verletzt hatte, wodurch der Genannte eine einen Zentimeter breite Stichwunde in der Bauchgegend erlitt.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Hans A mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z. 5, 9 (lit. a) und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

Als Begründungsmängel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes werden vom Beschwerdeführer Unvollständigkeit und Undeutlichkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen sowie Angabe nur offenbar unzureichender Gründe geltend gemacht. Die Mängelrüge versagt jedoch.

So hat der Zeuge Ottokar B in der Hauptverhandlung keineswegs angegeben, er glaube, ein Messer wahrgenommen zu haben, sondern hat vielmehr ausgesagt, ganz genau gesehen zu haben, daß Hans A ein Messer in der Hand hatte (S. 254, vgl. auch S. 253); dazu sich mit den Beleuchtungsverhältnissen am Tatort besonders auseinanderzusetzen, bestand für das Erstgericht daher kein Anlaß. Daß der Zeuge Viktor C Augenzeuge der Tat gewesen wäre, hat das Erstgericht ohnehin nicht festgestellt. Einer besonderen Hervorhebung des Umstandes, daß der Genannte nicht Augenzeuge war, hat es nicht bedurft.

Wenn die Zeugen Manfred D, Bernhard E und Rosemarie F beim Angeklagten kein Messer gesehen haben, schließt dies nicht aus, daß ein solches Messer von anderen Zeugen (Ottokar B, Viktor C sowie Beatrix und Brigitte C wahrgenommen wurde.

Eine Feststellung darüber, daß das Messer nicht gefunden worden ist, obwohl der Angeklagte nach der Tat selbst schwer verletzt wurde, hat sich erübrigt, da dieser Umstand der Annahme einer vorangegangenen Verwendung der Waffe nicht entgegensteht, somit nicht entscheidend ist.

Auch aus den Bekundungen des medizinischen Sachverständigen, daß aus der noch vorhandenen Narbe nicht abgeleitet werden kann, mit welchem Werkzeug die Verletzung zugefügt worden ist, und man mit einem spitzen Springmesser oder einem ähnlichen Werkzeug eine derartige Verletzung schon mit einer ganz kleinen Handbewegung zufügen kann (S. 258), ist für den Angeklagten nichts zu gewinnen, weil sie nur der Erhärtung, keinesfalls aber der Widerlegung der Annahme des Gerichtes, daß die Tat mit einem Messer begangen worden ist und der dieser Annahme zugrundeliegenden Verfahrensergebnisse dienen kann. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß die Zeugen B und C daran interessiert seien, ihn zu belasten, um für die spätere Tat des Viktor C ein Motiv glaubhaft zu machen, so handelt es sich hiebei nur um einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und somit unbeachtlichen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung. Das gleiche gilt für die Beschwerde, insoweit sie sich dagegen wendet, daß der Aussage des Zeugen Manfred D vom Gericht infolge Parteilichkeit kein Beweiswert zuerkannt wird, in welchem Zusammenhang sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, daß es sich beim Genannten um einen Freund des Angeklagten handelt (S. 272); daß die Depositionen des Genannten, der kein Zeuge der Rauschtat war (S. 251), zur Frage des 'Messerbesitzes' nicht von Bedeutung sind, wurde schon oben aufgezeigt.

Daß es - wie das Urteil zum Ausdruck bringt (S. 273) - ungewöhnlich wäre, sich nach dem Besuch einer Gaststätte mit einem Cognacschwenker in der Hand auf den Heimweg zu begeben, kann nicht bezweifelt werden. Außerdem versagte der Schöffensenat der bezüglichen Verantwortung schon darum den Glauben, weil der Angeklagte im Vorverfahren keine solchen Angaben gemacht und erst in der Hauptverhandlung plötzlich behauptet hatte, Ottokar B - vielleicht - weggestoßen und mit dem Splitter eines Cognacschwenkers verletzt zu haben, den er in der Hand hielt (S. 246-247 und 273). Schließlich konnte das Erstgericht aus der Stichführung gegen die Körpermitte - und aus der für den Gegner völlig unerwarteten Plötzlichkeit des Angriffs - ohne logischen Fehler und im Einklang mit der Lebenserfahrung auch den Schluß ziehen, daß Hans A Ottokar B am Körper hatte verletzen wollen (S. 274).

Für rechtsirrig im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 9 (lit. a) StPO. erachtet der Beschwerdeführer den Schuldspruch in bezug auf das Grunddelikt des § 83 Abs. 1 StGB., also die Rauschtat deshalb, weil es sich bei der vom Erstgericht angenommenen Verletzung des Ottokar B nur um einen ganz unerheblichen Eingriff in die Unversehrtheit des Körpers gehandelt habe.

Diese Rechtsrüge ist nicht begründet.

Verletzt wird jemand, wenn in die Unversehrtheit seines Körpers nicht ganz unerheblich eingegriffen wird, was bei äußeren Verletzungen (Wunden) zutrifft und daher auch für die dem Ottokar B vom Angeklagten zugefügte, einen Zentimeter lange Stichwunde in der linken Bauchgegend (S. 201 und 272) gilt. Daß aus der Tat eine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer erfolgt (§ 88 Abs. 2 Z. 4 StGB.), stellt für vorsätzliche Körperverletzungen nach § 83 StGB. kein Tatbestandserfordernis dar (LSK. 1978/362), weshalb auch der diesbezüglich vom Angeklagten im Rahmen der Mängelrüge der Sache nach geltend gemachte Feststellungsmangel nicht gegeben ist. Bei dem einen die subjektive Tatseite betreffenden Subsumtionsirrtum nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. behauptenden Vorbringen geht der Beschwerdeführer nicht von den oben wiedergegebenen Feststellungen aus und bringt demnach diesen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Nicht gegeben ist schließlich auch der vom Beschwerdeführer im Rahmen der Berufung der Sache nach relevierte Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO., weil es an den Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 42 Abs. 1

StPO. und somit für einen Freispruch gemäß § 259 Z. 4 StPO. schon nach seinem bisherigen Vorleben fehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 287 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Hiebei wertete es die zahlreichen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, zum Teil schweren Vorstrafen als erschwerend, als mildernd hingegen keinen Umstand.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes an.

Auch diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu, zumal die geltend gemachten Milderungsgründe in Wahrheit nicht vorliegen. Einem Geständnis kommt nämlich nur unter den im § 34 Z. 17 StGB. angeführten Voraussetzungen mildernde Wirkung zu; diese sind vorliegend aber nicht gegeben.

Daß die Folgen der Tat nicht schwerwiegend waren, kann dem Berufungswerber nicht zugute gehalten werden, weil gerade bei einem Messerstich gegen die Körpermitte die Tatsache der Geringfügigkeit der Verletzung nur auf günstigen Begleitumständen beruht. Schon deshalb geht das auf Zubilligung des Milderungsgrundes der Z. 14 des § 34

StGB. gerichtete Vorbringen, er habe sich freiwillig der Zufügung eines größeren Schadens enthalten, fehlt.

Ebensowenig zielführend ist im Hinblick auf die vom Angeklagten selbst in der Hauptverhandlung (S. 248) zugegebene Alkoholunverträglichkeit und vor allem auch nach seinem bisherigen Vorleben das weitere Vorbringen, er sei zum Alkoholgenuß animiert worden und vertrage, da er nur mehr sehr selten trinke, keinen Alkohol.

Unter Berücksichtigung der zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten, denen überwiegend Aggressionsdelikte zugrunde liegen, erscheint die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe keineswegs überhöht, weshalb auch der Berufung der Erfolg zu versagen war. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01881

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00039.79.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19790418_OGH0002_0100OS00039_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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