Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerold A wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB
nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 6.Februar 1979, GZ 27 Vr 2258/78-46, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO
gestützt wird, zurückgewiesen.
Über die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie sich unter ziffernmäßiger Anrufung der Z 10, der Sache nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gegen die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB wendet, wird ebenso wie über die Berufung des Angeklagten bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.April 1960 geborene Hilfsarbeiter Gerold A des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 10.Juli 1978 in Karres (Tirol) an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst dadurch verursachte, daß er eine glimmende Zigarette auf das zwischen den Nolpen des Wirtschaftsgebäudes der Maria B herausragende Heu legte, wodurch dieses Feuer fing und der dadurch entstandene Brand das Wirtschaftsgebäude und Doppelwohnhaus der Maria B und das Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Jakob C zerstörte. Der Schöffensenat verhängte hiefür über Gerold A eine Freiheitsstrafe und erkannte überdies, daß er, ohne zurechnungsunfähig zu sein, die Tat unter dem Einfluß einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer Kombination von Debilität und Psychopathie, beging, wobei nach seinem Zustand und der Art der Tat zu befürchten ist, daß er sonst unter dem Einfluß dieser geistigen und seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen wird; es ordnete demnach gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an (II. Bd., S. 64 und 65).
Nach den für den Schuldspruch wesentlichen Urteilsannahmen begab sich der mittelstark alkoholisierte (Blutalkoholgehalt ca. 1,6 Promille) Angeklagte in der Nacht zum 10.Juli 1978 gegen 00,35 Uhr auf seinem Heimweg vom Gasthaus 'T***' in Karres zu der ungehindert zugänglichen nordöstlichen Ecke des in Nolpenbauweise errichteten, zum Anwesen der Maria B gehörigen Stadels und steckte dort eine ziemlich weit abgerauchte, glimmende Zigarette zwischen die Nolpen ins Heu, das in diesem nördlichen Stadelteil erst in den letzten Wochen zuvor eingebracht, bis nach oben hin eingelagert und fast zur Gänze auf sogenannten 'Stanggern' getrocknet worden war. Er beobachtete noch, wie die Zigarette das Heu zum Glimmen brachte und sich ein Glutnest bildete, wobei ihm bewußt war, daß ein großer Brand entstehen könne (II. Bd., S. 71).
Dann ging er zu seinem in unmittelbarer Nähe stehenden Elternhaus, klopfte seine Großmutter heraus und fand Einlaß. Schon etwa zehn Minuten später schlugen die Flammen aus dem in Brand gesteckten Stadel; das Feuer wurde bemerkt und die Sirene betätigt; der Angeklagte, der sich zu Bett begeben und auf das Ertönen der Sirene gewartet hatte, stellte sich schlafend, als ihn kurz danach seine Mutter aufsuchte und wecken wollte. Später half er beim Löschen des Brandes mit, durch den nicht nur das Anwesen der Maria B, sondern auch das des Jakob C, auf das er übergegriffen hatte, zerstört wurde.
Das Erstgericht stützte den Schuldspruch im wesentlichen auf das vor der Gendarmerie abgelegte und vor dem Untersuchungsrichter wiederholte volle Geständnis des Angeklagten, an dessen Glaubwürdigkeit es keinerlei Zweifel hegte (II. Bd., S. 73 und 74), zumal es auch mit anderen Verfahrensergebnissen in Übereinstimmung steht (II. Bd., S. 75), und versagte damit seiner nach dem Geständniswiderruf abgelegten leugnenden, teilweise sogar zu den zeugenschaftlichen Angaben seiner Mutter in Widerspruch stehenden Verantwortung den Glauben.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wendet sich unter ziffernmäßiger Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gegen den Schuldspruch, ferner desjenigen der Z 10 - der Sache nach der Z 11 - aber auch desjenige der Z 4 des § 281 Abs 1
StPO gegen den Ausspruch über seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher; überdies bekämpft der Angeklagte den Strafausspruch mit Berufung.
Eine Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 4 StPO
erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung einer Reihe von Beweisanträgen durch das Erstgericht, wodurch er sich in seinen Verteidigungsrechten verkürzt erachtet.
Er beruft sich dazu unter anderem auf zwei von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vorgelegte (II. Bd., S. 55), vom Erstgericht später 'dargetane' (II. Bd., S. 59) Gutachten des Dipl.Ing. Eugen D vom 20.Dezember 1978
und 5.Februar 1979, auf die gestützt er Kritik an dem Gutachten des vom Gericht beigezogenen Brandsachverständigen, des Branddirektors i. R. Josef E (II. Bd., S. 47 ff.), übt und eine ergänzende Begutachtung reklamiert. Zu diesen durch den Verteidiger vorgelegten, privat eingeholten Gutachten ist vorweg zu sagen, daß die Strafprozeßordnung als Sachverständigenbeweis nur den Beweis durch solche Sachverständige kennt, die das Gericht bestellt und beeidigt hat. Ein Privatsachverständiger hingegen ist kein Sachverständiger im Sinne der Strafprozeßordnung, denn es fehlt ihm die Garantie der Unparteilichkeit; außerdem ist das Gericht nicht in der Lage zu prüfen, wie ein Privatgutachten zustandegekommen ist. Ein solches kann daher allenfalls nur dazu dienen, dem Angeklagten und seinem Verteidiger Klarheit über Umstände zu verschaffen, die sie mangels eigenen Fachwissens nicht gewinnen, und sie so in die Lage zu versetzen, zweckmäßige Anträge an das Gericht oder ebensolche Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen zu stellen (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/1, § 118 StPO, Nr. 109 ff.).
Mit Ausnahme einer einzigen Frage (nach der Bedeutung eines am 9. Juli 1978 in Imst niedergegangenen Gewitters /II. Bd., S. 54 /) hat in vorliegendem Fall der Verteidiger allerdings erst gar nicht versucht, den gerichtlich bestellten Brandsachverständigen anläßlich der Erstattung seines Gutachtens in der Hauptverhandlung am 6. Februar 1979 mit den Privatgutachten zu konfrontieren und zur Aufklärung seiner unterschiedlichen Begutachtung zu verhalten, obwohl er auf Grund der in seinen Händen befindlichen und nach der abgeschlossenen Vernehmung des gerichtlichen Sachverständigen erst in dessen Abwesenheit (II. Bd., S. 54) dem Gerichte vorgelegten (II. Bd., S. 55) Gutachten des Dipl.Ing. Eugen D dazu die Möglichkeit gehabt hätte.
Für die vom Beschwerdeführer verlangte Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wäre zufolge § 126 Abs 1
StPO formell Voraussetzung gewesen, daß das erstattete Gutachten in sich die in dieser Gesetzesstelle bezeichneten Widersprüche oder Mängel aufweist oder sich zeigt, daß es Schlüsse enthält, die aus den Vordersätzen nicht folgerichtig gezogen sind, und sich die Bedenken nicht durch eine nochmalige Vernehmung des Sachverständigen beseitigen lassen. Solches ist aber - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, dessen Verteidiger erst gar nicht den Versuch unternommen hat, seine angeblich vorhandenen Bedenken gegen das erstattete Gutachten durch eine Befragung des Sachverständigen beseitigen zu lassen - nicht der Fall.
Durch die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 6.Februar 1979 gestellten Beweisanträge (II. Bd., S. 55 bis 59), die der Schöffensenat sämtliche unter Vorbehalt der 'Begründung dafür im einzelnen' für die (Urteils-) 'Endverkündung' abwies (II. Bd., S. 58 u. 59), wird auf mehrfache Weise der Nachweis der Unrichtigkeit des vom Angeklagten abgelegten Geständnisses angestrebt; dies dadurch, daß - systematisch zusammengefaßt und gegliedert -
dargetan werden soll, daß 1. der angeblich engere Tatort unzugänglich war, 2. das dort gelagerte Heu nach Qualität und Feuchtigkeitsgehalt mit einer Zigarette nicht anbrennbar war, 3. der Entstehungsort, 4. die Entstehungszeit und 5. die Entstehungsart des Brandes vom Gericht unzutreffend angenommen wurden und 6. das Geständnis des Angeklagten unter Druck zustandekam.
Im einzelnen wurden folgende Anträge gestellt:
Zu 1.: zum Beweise, daß der Zutritt zur Nordseite des Stadels der Maria B durch eine 'Holzschupfe' und einen Zaun verwehrt war, die 'ergänzende Einvernahme der Eheleute B' (II. Bd., S. 56) und die 'Einleitung genauer Erhebungen und die Einholung von Plänen über die Bauweise des Stadels der Familie B, über die örtlichen Verhältnisse in der Umgebung, insbesonders darüber, ob die Holzschupfe bis zur nordöstlichen Ecke des Stadels reichte und unmittelbar daran ein hoher Zaun anschloß, sodaß dem Angeklagten eine Brandlegung unmöglich war' (II. Bd., S. 58).
Der Schöffensenat hat die Feststellungen über die Zugänglichkeit der nordöstlichen Ecke des Stadels im wesentlichen nach den Aussagen der Zeugen Johann F (II. Bd., S. 54, 55) und Willi G (II. Bd., S. 17 ff.), welch' letzterer schon jahrelang im Hause seiner Zieheltern B wohnte, angenommen, deren Darstellung nicht nur mit dem Geständnis des Angeklagten, sondern auch mit den Erhebungen der Gendarmeriebeamten, die an Ort und Stelle von unbekannt gebliebenen Zeugen über die örtlichen Verhältnisse informiert wurden, übereinstimmt (II. Bd., S. 29, 32, 33, 38) und obendrein auch durch ein in der Hauptverhandlung vorgelegtes Lichtbild über den Brandplatz belegt wird (II. Bd., S. 32, 33, 75 und 76). Es trifft auch nicht zu, daß, wie die Beschwerde behauptet, während der Vorerhebungen kein Wort über einen Holzschuppen gefallen sei, weil der Angeklagte in seinem Geständnis sogar ausdrücklich anführt, 'am vorgebauten Holzschuppen vorbei zur nordöstlichen Ecke des Heustadels' gegangen zu sein (I. Bd., S. 11 und 95 oben in Verbindung mit II. Bd., S. 59).
Wenn diese genannten Beweisanträge auch nicht nur - wie es in Begründung ihrer Abweisung im Urteil heißt (II. Bd., S. 80) - auf 'Nebensächlichkeiten' abzielten, so konnte doch angesichts der bereits vorliegenden Beweisergebnisse, insbesondere des vorgelegten übersichtlichen Lichtbildes, im konkreten Fall eine weitere Aufklärung über die räumlichen Verhältnisse am engeren Tatort nicht erwartet werden, weshalb diese Beweisanträge zurecht der Abweisung verfielen.
Zu 2.: Zum Nachweis, 'daß auf Grund der Witterungsverhältnisse und
der Lage von Karres das Heu ... sehr feucht gewesen sein mußte und
eine Entzündung durch eine Zigarette auszuschließen ist und ... es
sich um ein relativ grobes Heu gehandelt hat', wurde weiters die Einholung 'eines Sachbefundes aus dem Landwirtschaftsfache' beantragt; ferner dazu, daß das Heu relativ grob war, Ende Mai (1978) eingebracht wurde, sehr nahe an die Nolpen gepreßt war und trockenes Heu auf der südöstlichen Seite des Stadels nahe den Futterlöchern lagerte, die ergänzende Vernehmung der Eheleute B (II. Bd., S. 56), sowie dafür, daß solches Heu durch eine Zigarette nicht entzündet werden könne, die 'Durchführung eines Versuches durch einen Brandsachverständigen' an einer Nolpenwand mit gepreßtem Heu (II. Bd., S. 57).
Zu diesen Anträgen ist zu sagen, daß das Erstgericht ohnedies in Übereinstimmung mit den Beweisergebnissen davon ausging, daß das im nördlichen Teil des Stadels eingelagerte Heu erst 'in den letzten Wochen' eingebracht wurde, sohin 'neu' war (II. Bd., S. 68) und sich im übrigen auf vom beigezogenen Brandsachverständigen angestellte, sofort zum Erfolg führende Versuche berufen konnte, nach welchen es durchaus möglich war, aus der Höhenlage von Karres stammendes, im Feinheitsgrad vergleichbares Heu mit einer (glimmenden) Zigarette zu entzünden (II. Bd., S. 50, 51, 79). Es ist daher dem Schöffensenat beizupflichten, wenn er in Begründung seines abweislichen Zwischenerkenntnisses ausführt, daß sich nachträglich nicht (gemeint: genauer) feststellen lasse, um welche Art es sich bei dem im Nordteil des Stadels eingelagerten Heu gehandelt habe, weil dieses völlig verbrannt und seine 'Rekonstruktion' demnach auszuschließen sei und die nach Jahr und Schnittzeit verschiedenen Witterungsverhältnisse Heu unterschiedlicher Qualität ergeben (II. Bd., S. 80).
Zu 3.: Ein beantragter Augenschein sollte erweisen, daß die Eheleute H von ihrem Haus aus unmöglich das Feuer hätten sehen können, wenn die Nordseite des Stadels (gemeint: zuerst) gebrannt hätte; daß ca. eine Stunde nach dem Sirenenalarm noch Tiere durch ein an der Ostseite des Stadels, höchstens einen Meter von dessen Nordostecke entfernt befindliches Fenster (aus dem im Untergeschoß des Stadels gelegenen Stall) herausgeholt wurden, sollte durch die zeugenschaftliche Vernehmung des Franz I und N. J sowie der Eheleute B dargetan werden (II. Bd., S. 57).
Auch dafür, daß der Brand im nördlichen Teil des Stadels ausbrach, führte das Erstgericht in der Beweislage (II. Bd., S. 19, 30, 34, 35, 38, 47, 48, 53) gedeckte Argumente an und brachte zum Ausdruck, daß die Eheleute H gar nicht in der Lage gewesen wären, die Entstehung des Feuers von Anbeginn an zu beobachten, denn Adolf H hätte das Feuer erst gehört, als es schon krachte und die große Hitzeentwicklung ihm gerade noch ermöglichte, seinen zwischen seinem Wohnhaus und dem brennenden Stadel abgestellten PKW. in Sicherheit zu bringen. Ob das Vieh bald nach Beginn des Brandes oder erst später gerettet und durch welches Fenster es ins Freie gebracht wurde, spiele deshalb keine Rolle, weil der gesamte Stadel schon nach wenigen Minuten brannte und die Hitze des Brandes durch ein gemauertes Gewölbe vom darunterliegenden Stall abgehalten wurde (II. Bd., S. 76 und 77). Auch diese zutreffenden Erwägungen zeigen, daß die betreffenden Beweisanträge ohne Verkürzung von Verteidigungsrechten als irrelevant abgewiesen werden konnten.
Zu 4.: Die bereits erwähnte 'Durchführung eines Versuches durch einen Brandsachverständigen' sollte auch den Beweis erbringen, daß 'bei einer normalen Entzündung (von gepreßtem Heu) eine Entwicklung des Feuers an der Außenseite der Nolpenwand wesentlich länger als zehn Minuten dauert' (II. Bd., S. 57).
Ausführlich hat das Erstgericht auch dazu in Übereinstimmung mit dem erstatteten Gutachten des Brandsachverständigen (II. Bd., S. 51, 52) dargelegt, aus welchen Gründen bei einem Objekt in Nolpenbauweise sich der Brand besonders schnell ausbreitet (II. Bd., S. 70). Ein Experiment erübrigt sich aber schon allein deshalb, weil ja durch den gegenständlichen Vorfall selbst der Beweis für die rasche Ausbreitung eines Brandes unter den obwaltenden Bedingungen erbracht wurde.
Ein Augenschein dazu, 'daß der Angeklagte vom Gasthaus 'T***' bis zum Brandplatz bei normaler Gehweise mindestens fünf Minuten brauchte und daher nur eine sehr kurze Zeit bis zur Entdeckung des Brandes verging' (II. Bd., S. 57, 58), war schon deshalb entbehrlich, weil das Erstgericht mit den Konstatierungen, daß sich der Angeklagte gegen 00,30 Uhr auf den Heimweg machte (II. Bd., S. 67) und dabei gegen 00,35 Uhr zum Haus der Familie B kam (II. Bd., S. 69), ohnedies von dieser Zeitrelation ausging, sodaß es einer weiteren Begründung zur Abweisung dieses Antrages (siehe II. Bd., S. 80
und 81) gar nicht bedurft hätte.
Zu 5.: Zum Nachweis für eine andere als die vom Erstgericht angenommene Entstehungsursache des Brandes beantragte der Beschwerdeführer 'die Einholung einer Auskunft der Zentralanstalt für Meteorologie' darüber, daß in der Nacht zum 10.Juli (1978) ein Gewitter niederging und 'auch Blitzschläge zu verzeichnen waren' (II. Bd., S. 55).
In Begründung der Abweisung dieses Antrages hob das Erstgericht zutreffend hervor, daß der Antragsteller selbst nicht behauptete, ein solcher Blitzschlag hätte den Stadel entzündet; nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen sei es vielmehr in jener Nacht windstill gewesen; Gewitter habe es über Karres keines gegeben (II. Bd., S. 78).
Auf die im ganzen Verfahren eingehend erörterte Möglichkeit einer Selbstentzündung des Heus (II. Bd., S. 27, 28, 39, 49 bis 51) nimmt der Antrag auf Einvernahme der Johanna K und des Otto L bezug, 'daß Willi G, der sich öfters im Stadel befand, ' ihm' gegenüber erklärt habe, daß er bereits vor dem Brand etwas geschmeckt, also einen Brandgeruch wahrgenommen' habe (II. Bd., S. 57), zu dessen Abweisung das Schöffengericht darauf hinweisen konnte, daß Willi G, dem diese Äußerung nachgesagt werde, in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen selbst dezidiert erklärte, eine solche nie gemacht und auch nie irgendwelchen Brandgeruch bemerkt zu haben (II. Bd., S. 18, 79).
Zu 6.: Schließlich wird in Bestreitung der Richtigkeit des Geständnisses auch noch unter dem Aspekt eines unzulässigen Druckes auf den Angeklagten die ergänzende Einvernahme der Zeugin Erna A, der Mutter des Angeklagten, dafür beantragt, Frau M habe erklärt, 'daß dem Angeklagten vom Kommandanten N der Rock heruntergeschlagen wurde'; ferner, daß der Zeuge O angegeben habe, 'er hätte von den Kriminalbeamten erfahren, daß mit dem Angeklagten leicht umzugehen sei, weil er immer Ja und Amen sagte und daß der Angeklagte während des Brandes Zigaretten von anderen Personen erbat' (II. Bd., S. 56, 57).
Zum Geständnis stellt das Erstgericht ausdrücklich fest, daß durch nichts erwiesen sei, daß dem Angeklagten bei seiner Vernehmung am Gendarmerieposten in Imst irgendwie hart zugesetzt wurde und auch nicht im geringsten wahrscheinlich gemacht sei, daß ihm der Kommandant der freiwilligen Feuerwehr Karres, der Zeuge Wilhelm N, eine Jacke um den Kopf geschlagen hätte, als er ihn am Posten in Imst traf, dies vielmehr völlig aus der Luft gegriffen sei (II. Bd., S. 73).
Auch diese Anträge wies das Erstgericht als auf eine 'Nebensächlichkeit' abzielend ab (II. Bd., S. 80), wozu noch zu bemerken ist, daß Hermine M und Emma H ohnedies als Zeuginnen solche Gerüchte bestätigt haben (II. Bd., S. 20 und 25), wenn sie das Gericht auch in freier Beweiswürdigung als unbegründet erachtete. Dazu kommt, daß der Angeklagte sein Geständnis gar nicht vor dem Zeugen N, der den Angeklagten erst später dazu befragte, ablegte (II. Bd., S. 41). Ob schließlich der Angeklagte während der Brandbekämpfung von anderen Personen Zigaretten erbeten hat, ist völlig irrelevant, weil dadurch die vorangegangene Brandlegung mit einer Zigarette nicht ausgeschlossen wäre.
Was den Antrag auf 'Einholung eines weiteren psychologischen Ergänzungsgutachtens' darüber, 'daß der Angeklagte auf Grund der vorliegenden Debilität und insbesonders unter Berücksichtigung der konsumierten Alkoholmenge insgesamt zur Tatzeit jedenfalls als unzurechnungsfähig zu bezeichnen gewesen wäre' (II. Bd., S. 58), anlangt, wobei auch seine 'Beobachtung ... für eine Dauer von mindestens vierzehn Tagen durchgeführt werden wolle', ferner darüber, 'daß eine (Anstalts-) Einweisung des Angeklagten nicht gerechtfertigt wäre, da laut Angabe des Sachverständigen Dr. P die Willensbildung auf Grund der geistigen und seelischen Abartigkeit nicht wesentlich beeinflußt ist' (II. Bd., S. 58), so erachtet sich der Beschwerdeführer nur durch das Unterbleiben der zuletzt genannten Beweisaufnahme, also bloß im Hinblick auf die Anordnung seiner Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt, nicht aber im Hinblick auf eine noch bei Antragstellung für die Tatzeit reklamierte Zurechnungsunfähigkeit, weshalb insoweit eine Verfahrensrüge nicht erhoben wird. Daß Psychopathie und Debilität erst unter Alkoholeinwirkung die Willensbildung wesentlich beeinflussen und so zu einer Abartigkeit höheren Grades führen, ist aber an sich noch keine widersprüchliche Aussage, die die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen verlangen würde, sondern betrifft eine der Erledigung der Rechtsrüge vorbehaltene Rechtsfrage.
Rechtliche Beurteilung
Eine Urteilsnichtigkeit nach Z 4 des § 281 Abs 1
StPO liegt demnach nach keiner Richtung hin vor.
Allerdings wirft der Beschwerdeführer die Frage seiner Zurechnungsunfähigkeit unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO auf, mit welchem er dem Erstgericht eine unvollständige, widersprüchliche und offenbar unzureichende Urteilsbegründung zum Vorwurf macht.
Aber auch die Mängelrüge versagt.
Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung erblickt die Beschwerde darin, daß die Angaben der Veronika Q, der Serviererin des Gasthauses 'T***', vor der Gendarmerie, der Angeklagte habe am Tage vor der Tat 11 Flaschen Bier getrunken, ebensowenig einer Erörterung unterzogen und der Begutachtung zugrunde gelegt wurden wie ein angeblicher Schnapskonsum 'am Nachmittag vor der Brandlegung' (II. Bd., S. 98), während der Brandbekämpfung und am Morgen danach.
Das Erstgericht hat sich ganz eingehend mit der Frage der Alkoholisierung des Angeklagten vor der Tat und (nach derselben) vor seiner Einvernahme durch die Gendarmerie auseinandergesetzt und eine seine Zurechnungsfähigkeit ausschließende Berauschung mit zureichender Begründung ausgeschlossen. Es konnte sich dabei nicht nur auf die eigene Verantwortung des Angeklagten (II. Bd., S. 4), sondern auch auf die Bekundungen von Zeugen über sein Verhalten vor und nach der Tat sowie auf das Sachverständigengutachten berufen (II. Bd., S. 29, 30, 40, 42, 43 ff.) und brauchte sich dazu nicht mit den an sich vagen Bekundungen anderer Personen über den Alkoholkonsum des Angeklagten im Detail auseinanderzusetzen. Zwar hat der Sachverständige Univ.Prof. Dr. Heinz P angegeben, daß unter Berücksichtigung einer Grenzdebilität beim Angeklagten schon - abweichend von der Norm - bei einem Blutalkoholgehalt von 2,5 Promille Zurechnungsunfähigkeit anzunehmen wäre (II. Bd., S. 47), jedoch beigefügt, daß es keine objektiven Anhaltspunkte für einen solchen Grad der Alkoholisierung des Angeklagten gebe und die zum Teil auf einem hypothetisch angenommenen Alkoholkonsum fußenden Überlegungen (II. Bd., S. 44) als 'rein theoretische Berechnungen' abgetan. Keinesfalls aber hätte das Erstgericht - wie die Beschwerde vermeint - 'im Zweifel' von derjenigen Aussage ausgehen müssen, die dem Angeklagten den höchsten Alkoholkonsum attestiert. Denn dem Gericht ist es nicht verwehrt, im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung einen Alkoholkonsum als erwiesen anzusehen, von dem es bei einer Gesamtwürdigung aller Beweisergebnisse, wozu auch Bekundungen über das Verhalten des Angeklagten gehören, überzeugt ist und der in vorliegendem Fall nach der Überzeugung des Schöffensenates beim Angeklagten vor der Tat zu einem - nach dem Gutachten des Sachverständigen keine Zurechnungsunfähigkeit bewirkenden -
Blutalkoholgehalt von bloß 1,6 Promille führte (II. Bd., S. 67). Daß der Angeklagte aber auch im Zeitpunkt der Vernehmung durch die Gendarmeriebeamten nicht nennenswert alkoholisiert war, geht aus deren Aussagen mit hinreichender Deutlichkeit hervor (II. Bd., S. 29, 30, 40, 42).
Aber auch die Möglichkeit einer Selbstentzündung des Heus konnte das Erstgericht trotz der Bekundung des Brandsachverständigen, daß er eine solche zwar mit größter Wahrscheinlichkeit, auf Grund der Aktenlage aber nicht hundertprozentig ausschließen könne (II. Bd., S. 51), als eliminiert ansehen, weil es diese Urteilsannahme neben dem Sachverständigengutachten auch noch auf andere Beweisergebnisse stützen konnte (II. Bd., S. 79). Auch hiezu gilt, daß es dem Gericht nicht verwehrt ist, auf Grund denkrichtiger Schlußfolgerungen aus erwiesenen Tatsachen zur Überzeugung von der Richtigkeit weiterer Tatsachen zu kommen und diese somit gleichfalls als erwiesen anzusehen, wobei es sich auch für eine dem Angeklagten ungünstigere Schlußfolgerung entscheiden kann, obwohl aus den betreffenden Vordersätzen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären. Es ist auch dies nur ein an sich zulässiger Akt freier Beweiswürdigung, der, sofern die zur Wahl zwischen den möglichen Schlußfolgerungen führende Überzeugung des Gerichtes einleuchtend und logisch begründet ist, einer Anfechtung durch eine Mängelrüge im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO entzogen ist (EvBl. 1967/48 u.a.m.).
Vorliegend hat das Erstgericht in Begründung des angefochtenen Schuldspruches festgestellt, daß es dem vor der Gendarmerie und anfänglich auch vor dem Untersuchungsrichter abgelegten Geständnis des Angeklagten vollen Glauben beimißt, zumal es mit den übrigen Beweisergebnissen in Übereinstimmung steht, und damit in schlüssiger Weise dargetan, daß die von ihm angenommene Täterschaft des Beschwerdeführers gegenüber jeder anderen Möglichkeit, insbesondere der einer Selbstentzündung des Heus, eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und somit seiner Begründungspflicht auch unter diesem Gesichtspunkt voll Genüge getan.
Da die geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgründe sohin nicht vorliegen, war die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit als offenbar unbegründet bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO zurückzuweisen.
Über seine ziffernmäßig den Nichtigkeitsgrund der Z 10, sachlich allerdings denjenigen der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO anrufenden Rechtsrüge, mit welcher der Angeklagte ausschließlich seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bekämpft, sowie über seine Berufung wird in einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02015European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00052.79.0424.000Dokumentnummer
JJT_19790424_OGH0002_0090OS00052_7900000_000