TE OGH 1979/4/24 9Os25/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. April 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB u.a. strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 3. Jänner 1979, GZ. 22 Vr 460/78-57, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Reitter und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef A wird verworfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, gemäß § 290 Abs. 1 StPO im Ausspruch, der Angeklagte Josef A habe den unter Punkt I./ 4.) des Urteilssatzes angeführten Diebstahl von drei Topfpflanzen 'nach Einsteigen in einen Lagerplatz über einen Drahtzaun' begangen, ferner in der rechtlichen Beurteilung der dem Angeklagten unter Punkt I./ 1.) bis 4.) des Urteilssatzes zur Last liegenden Diebstahlstaten als das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach § 127, 129 Z 1 StGB, sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und im Umfange dieser Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO unter Ausschaltung des erstbezeichneten Ausspruches in der Sache selbst erkannt:

'Der Angeklagte Josef A hat durch die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches laut Punkt I./ des Urteilssatzes weiterhin zur Last fallenden Diebstahlstaten das Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm außerdem weiterhin zur Last liegenden Vergehen des Betruges nach § 146 StGB (Punkt II./ des Urteilssatzes) und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (Punkt III./ des Urteilssatzes) nach § 127 Abs. 1 StGB unter Anwendung der § 28 und 39 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 (neun) Monaten verurteilt.

Die Aussprüche gemäß § 38 Abs. 1 StGB und § 389 Abs. 1 StPO werden aus dem Ersturteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Josef A auf diese Entscheidung verwiesen.' Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. April 1928 geborene - schon wiederholt, insbesondere wegen Vermögensdelikten vorbestrafte - Josef A I./ des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB;

II./ des Vergehens des Betruges nach § 146

StGB;

III./ des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er ad I./ fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert den nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1.) dem Johann B in Mils a) im Mai 1978 zwei Ziersträucher im Werte von zusammen 200 S;

b) am 29. Mai 1978 zwei Kuhglocken im Werte von zusammen 500 S;

2.) am 29. Mai 1978 in Baumkirchen einem unbekannten Eigentümer zwei Kisten Kopfsalat im Werte von zusammen 120 S;

3.) am 29. Mai 1978 in Innsbruck dem Josef C fünf Zierbäume im Werte von zusammen 1.500 S;

4.) am 19. Juni 1978 in Innsbruck dem Josef D nach Einsteigen in einen Lagerplatz über einen Drahtzaun drei Topfpflanzen im Werte von zusammen 90 S;

ad II./ am 29. Mai 1978 in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, dem Taxilenker Reinhard E durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch das Auftreten als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Fahrgast, zur übernahme einer Taxifahrt, sohin zu einer Handlung, verleitet hat, die Reinhard E an seinem Vermögen im Ausmaß von 480 S schädigte; ad III./ am 4. Februar 1978 in Innsbruck den Johann F durch Versetzen eines Faustschlages am Körper vorsätzlich leicht verletzt hat.

Die Schuldsprüche zu Punkt I./ und II./ bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und '9 c' (gemeint offensichtlich Z 9 lit. a) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch Berechtigung nicht zukommt. Mit dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 3. Jänner 1979 in Ansehung des Diebstahlsfaktums laut Punkt I./ 4.) des Urteilssatzes gestellten Beweisantrages auf Durchführung eines Lokalaugenscheines (unter Zuziehung des Taxilenkers Reinhard E) bei der Gärtnerei D, zum Beweis dafür, daß es dem Angeklagten zeitmäßig unmöglich gewesen sei, vom Taxi aus über den Drahtzaun zu steigen und 'die Ziersträucher' zu stehlen und sodann (zum Taxi) zurückzukehren (S. 283 d. A).

Dieser Beweisantrag verfiel - als nicht zielführend - mit Recht der Abweisung (S. 283/284 d. A). Denn die Taxifahrt, auf die der Beweisantrag Bezug nimmt, fand anläßlich der am 29. Mai 1978 erfolgten Diebstählen laut Punkt I./

1.) b), 2.) und 3.) des Urteilssatzes statt, kann jedoch nicht mit dem hier in Rede stehenden nächtlichen Diebstahl vom 19. Juni 1978 zum Nachteil des Johann D (Punkt I./ 4.) des Urteilssatzes) in Verbindung gebracht werden, bei welchem der Angeklagte, was er auch zugibt (S. 122 d. A), mit einem Fahrrad unterwegs war (ON 22).

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung dieses Beweisantrages wurde der Angeklagte daher in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Dem Vorbringen der mit Beziehung auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO erhobenen Mängelrüge, mit welcher der Beschwerdeführer dem Ersturteil eine offenbar unzureichende, unvollständige und Widersprüche aufweisende Begründung hinsichtlich der Annahme seiner Täterschaft bei den Diebstählen sowie zur Frage seines Bereicherungs- und Schädigungsvorsatzes und in Ansehung der Schadenshöhe beim Betrugsfaktum III./ zum Vorwurf macht, ist folgendes zu erwidern:

Die das Faktum I./ 1.) b) (Kuhglockendiebstahl) und das Faktum I./

3.) (Zierbäumediebstahl) betreffende Verantwortung des Angeklagten, er habe seine Habseligkeiten (einschließlich der eben genannten Sachen) wegen Obdachlosigkeit verstecken müssen (S. 274 d. A), mußte das Erstgericht nicht besonders im Urteil erörtern, weil es mit dem Hinweis auf das in der Hauptverhandlung verlesene schlüssige Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Robert G (ON 35, insbes. S. 197/198 d. A) und damit mit zureichender Begründung, der Verantwortung des Angeklagten, er habe die Kuhglocken und die fünf Sträucher gekauft (und versteckt), als bloßer Schutzbehauptung den Glauben versagt hat (S. 295 d. A).

Im übrigen hat der Angeklagte die Kuhglocken nach den Angaben der Zeugen Reinhard E (s. S. 128 und 274 d. A) und Johann B (s. S. 249/250 und 128 d. A) - welchen Aussagen das Gericht bei der Sachverhaltsfeststellung folgte, direkt vom Tatort (S. 221 d. A) und nicht etwa aus einem Versteck abgeholt; desgleichen auch die fünf Ziersträucher, welche aus dem Besitz des Josef C stammten und nach den durch die Erhebungsergebnisse (s. S. 73 d. A) bestätigten Angaben des Reinhard E am 29. Mai 1978 nach Eintritt der Dunkelheit von der 'am Fuchsrain' befindlichen Gärtnerei des C weggebracht worden sind (S. 128 und 282 d. A). Die Urteilsannahme schließlich, daß die am 19. Juni 1978 beim Angeklagten vorgefundenen Topfpflanzen (S. 111 d. A) aus der Gärtnerei des Josef D stammten (Faktum I./ 4.) des Urteilssatzes), ist, wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, durch die im Urteil als Beweisgrundlage herangezogene Aussage des Zeugen D (über die Betretung des Angeklagten mit den Topfpflanzen zur nächtlichen Stunde in der Nähe der Gärtnerei D sowie über die sofortige Identifizierung der Töpfe auf Grund der Aufschrift:

'Baumschule D' und der Erde in den Töpfen) hinlänglich gedeckt (vgl. S. 112, 119; 138 und 275 d. A).

Das sonstige Vobringen des Beschwerdeführers zur Mängelrüge - sowie teilweise auch in der erhobenen Rechtsrüge, soweit nämlich damit die Feststellungen des Erstgerichtes zum subjektiven Tatbestand beim Faktum II./ bekämpft werden - stellt bloß einen unzulässigen Angriff auf die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar (§ 258 Abs. 2 StPO). Das bezüglich des ihm zur Last liegenden Diebstahls von zwei Kisten Kopfsalat in Baumkirchen (Punkt I./ 2.) des Urteilssatzes) vorgebrachte Argument des Beschwerdeführers, es wäre 'geradezu grotesk', ihm diese Tat anzulasten, da er doch ohne jede Scheu mit dem Taxi zu den Gemüsefeldern gefahren sei, versagt im übrigen schon deshalb, weil er sich nach den auf die Zeugenaussage des Taxilenkers Reinhard E gestützten Urteilskonstatierungen diesem gegenüber (und zwar für E zunächst glaubhaft) als Eigentümer der Salatfelder ausgegeben hat, und weil die Fahrt außerdem bereits nach Einbruch der Dunkelheit erfolgt ist (S. 295 d. A).

Daß der Taxilenker Reinhard E vom Angeklagten eine Kiste mit Salat und 20 S Bargeld erhalten hat, wurde vom Erstgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen zum Urteilsfaktum II./ ausdrücklich festgestellt (S. 296 d. A). Da es sich hiebei jedoch den Urteilsannahmen zufolge um Diebsgut bzw. (bei den 20 S) um den Erlös für Diebsgut handelte, trat hiedurch keine Verminderung jenes Vermögensschadens des Taxilenkers ein, der für ihn durch die (unbezahlt gebliebene) Beförderung des Angeklagten mit dem Taxi entstanden ist. Die Mängelrüge erweist sich mithin insgesamt als unbegründet. Die inhaltlich auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge, mit der der Beschwerdeführer im wesentlichen das Vorliegen der inneren Tatseite eines Betruges gemäß dem § 146 StGB verneint, ist, wie schon erwähnt, insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt, als sie die diesbezüglich vom Erstgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen übergeht. Darnach war der Angeklagte schon als er das Taxi bei Reinhard E mietete mittellos und daher zur Bezahlung der Fahrt nicht in der Lage; dies verschwieg er dem Taxilenker, wodurch er diesen täuschte und seine Beförderung mit dem Taxi ohne Gegenleistung erreichte. Daß aber in der späteren, nach den Urteilsannahmen nur auf Grund der vehementen Zahlungsforderungen des Taxilenkers erfolgten überlassung von Diebsgut an den Geschädigten keine schadensmindernde Leistung zu erblicken ist, wurde bereits dargetan; daraus ergeben sich auch keine Rückschlüsse auf das Fehlen einer Bereicherungstendenz des Angeklagten im Zeitpunkt der Tat.

Unter Zugrundelegung der im Urteil zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen ist dem Erstgericht mithin bei der Beurteilung des durch Punkt II./ des Urteilssatzes erfaßten Tatverhaltens als Betrug gemäß dem § 146

StGB ein Rechtsirrtum nicht unterlaufen.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Josef A war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde war aber von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten mit einer von diesem nicht geltend gemachten Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO insofern behaftet ist, als im Falle des Diebstahls der drei Topfpflanzen aus der Gärtnerei des Johann D (Faktum I./ 4.) des Urteilssatzes) das Erstgericht zu Unrecht angenommen hat, daß die Tat durch Einsteigen in einen Lagerplatz begangen worden sei; denn eine Gärtnerei ist als Produktions- und Verkaufsstätte (S. 123 d. A) selbst dann, wenn in ihr zu Produktions- und Verkaufszwecken bestimmte Ware aufbewahrt wird, ihrem Wesen nach kein Lagerplatz im Sinn des Gesetzes. Daraus resultiert hinwiederum die rechtsirrige Annahme der Verbrechensqualifikation gemäß dem § 129 Z 1 StGB in Ansehung der dem Angeklagten zur Last liegenden Diebstahlstaten, was, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu beheben war. Bei der dadurch notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe nach § 127 Abs. 1 StGB war im Hinblick auf die zahlreichen wegen einschlägiger Delikte vom Angeklagten verbüßten Freiheitsstrafen das Strafschärfungsrecht bei Rückfall nach § 39 StGB anzuwenden, dessen Voraussetzungen schon durch die Verbüßung der vom Landesgericht Innsbruck im Verfahren 13 Vr 1806/73 wegen § 171, 173, 176 I lit. b;

197, 200, 201 lit. d StG über ihn verhängten schweren Kerkerstrafe (Vollzugsdatum 21.1.1975) und im Verfahren 22 Vr 879/76 wegen § 133 Abs. 1 und 2; 15, 146, 147 Abs. 2 Z 1, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3;

153 StGB über ihn verhängten Freiheitsstrafe (Vollzugsdatum 3.12.1977) - je in der Dauer eines Jahres - vorliegen. Erschwerend waren hiebei die über die Rückfallsqualifikation hinausgehenden Vorstrafen, das Zusammentreffen von drei Vergehen und die Wiederholung der diebischen Angriffe, mildernd hingegen die teilweise Gutmachung des Schadens durch Zustandebringung eines Teiles des Diebsgutes.

In Anbetracht dieser Strafzumessungsgründe entspricht die nach § 127 StGB verhängte Freiheitsstrafe in der eingangs angeführten Höhe voll dem Verschulden des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der ihm zur Last fallenden Straftaten.

Mit seiner durch die Neubemessung der Strafe gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01902

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00025.79.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19790424_OGH0002_0090OS00025_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten