Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25.April 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 (§§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1) StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.Jänner 1979, GZ 1 b Vr 10.597/78-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Altmann und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.September 1937 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Ernst A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 (§§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1) StGB schuldig erkannt. Ihm liegt nach dem Inhalt des Schuldspruchs zur Last, sich am 20.Dezember 1978 in Wien fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und in diesem Zustand dadurch, daß er die Fensterscheibe eines Gasthauses einschlug, in das Gastlokal eindrang (einstieg) und dieses mit dem Vorhaben, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert zum Nachteil der Verlassenschaft nach Kurt B mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen, nach geeigneter Diebsbeute durchsuchte, Handlungen begangen zu haben, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen (des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB) zugerechnet würden.
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er vorerst die Feststellung seiner Volltrunkenheit bei Begehung des Grunddelikts (Diebstahls) als offenbar unzureichend begründet bezeichnet.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Beschwerdevorbringen erweist sich als nicht berechtigt. Denn abgesehen davon, daß bei Nichtannahme einer die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit aufhebenden Volltrunkenheit des Angeklagten nach den Urteilsfeststellungen dessen strafrechtliche Haftung wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB zum Tragen käme, sodaß sich so gesehen die Mängelrüge gar nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers auswirken könnte, stützt das Ersturteil die Annahme der vollen Berauschung des Angeklagten im Zeitpunkt seines deliktischen Verhaltens mit mängelfreier Begründung zutreffend auf die Verfahrensergebnisse, vor allem auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Primarius Dr. Heinrich C, aber auch auf die eigene, zumindest im Ergebnis auf die Behauptung einer vollen Berauschung hinzielende Verantwortung des Angeklagten (S. 17 u. 94), derzufolge er an diesem Tag viel Alkohol getrunken und (hiefür) fast 1.000 S ausgegeben habe.
Dem weiteren, einen Feststellungsmangel relevierenden Beschwerdeeinwand, es sei auch ein derart übermäßiger, 'praktisch' Besinnungslosigkeit bewirkender Alkoholkonsum des Beschwerdeführers denkbar, der ein automatisches (gemeint wohl: unwillkürliches) Handeln ausgelöst haben könnte, ist aber nach den Verfahrensergebnissen, denen zufolge der Angeklagte von der Polizei im Gasthaus, in das er nach Einschlagen einer Fensterscheibe eingestiegen war, hinter der Theke beim Suchen nach Diebsbeute betreten worden war (vgl. die in der Hauptverhandlung verlesene Polizeianzeige, S. 11, und die Aussage des Polizeibeamten Franz D in der Hauptverhandlung, S. 95), von vornherein der Boden entzogen. Denn nach dieser den Urteilsfeststellungen zugrundegelegten Vorgangsweise lag beim Angeklagten ein auf Verübung des Grunddelikts (Diebstahl) gerichteter Willensakt und somit letztlich ein - auch vom Erstgericht ersichtlich als erwiesen angenommenes - willkürliches Handeln vor, wenn dieses dem Angeklagten auch infolge seiner die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit beseitigenden vollen Berauschung strafrechtlich nicht als Schuld zugerechnet werden kann (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/81 und 290). Der den Beschwerdeführer - auch nach den Urteilsannahmen - hier treffende und von ihm im übrigen unbekämpft gebliebene Vorwurf liegt vielmehr darin, sich fahrlässig durch den übermäßigen Genuß einer großen, wenn auch im einzelnen nicht mehr feststellbaren Alkoholmenge in den Zustand voller Berauschung versetzt zu haben, obwohl er bei Einhaltung der objektiv gebotenen und subjektiv auch möglichen und ihm zumutbaren Sorgfalt zumindest mit der Möglichkeit des Eintritts der Volltrunkenheit rechnen mußte (ÖJZ-LSK 1978/192).
Es erweist sich demnach das angefochtene Urteil auch in der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes als Vergehen nach dem § 287 StGB als fehlerfrei, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde zur Gänze zu verwerfen war.
Das Erstgericht verhängte über Ernst A nach § 287 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten und ordnete gemäß § 22 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher an.
Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten als erschwerend und sah demgegenüber dessen Geständnis und den Umstand als mildernd an, 'daß der Diebstahl beim Versuch geblieben ist'.
Mit seiner Berufung begehrt Ernst A die Herabsetzung der über ihn
verhängten Freiheitsstrafe.
Die Berufung ist berechtigt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig festgestellt und zutreffend gewürdigt, jedoch ein Strafmaß gefunden, welches dem mildernden Umstand, daß das verdeckte Delikt nur beim Versuch geblieben ist, zu wenig Rechnung trägt. Der Berufung war daher Folge zu geben und die Strafe auf ein Jahr herabzusetzen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01962European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00043.79.0425.000Dokumentnummer
JJT_19790425_OGH0002_0100OS00043_7900000_000