Norm
ZPO §426 Abs3Kopf
SZ 52/68
Spruch
Auch wenn infolge eines wirksamen Parteienverzichtes die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses nicht zu erfolgen hat, begrundet im Sinne des § 426 Abs. 3 ZPO die mündliche Verkündigung die Wirkung der Zustellung und löst den Lauf der Rekursfrist im Sinne des § 521 Abs. 2 ZPO aus
OGH 25. April 1979, 6 Ob 604/79 (LG für ZRS Wien 42 R 732/78; BG Innere Stadt Wien 36 C 4/78)
Text
Das Prozeßgericht verkundete in der Tagsatzung vom 13. September 1978 einen Unterbrechungsbeschluß im Sinne des § 191 Abs 1 ZPO. Es entsprach damit einem Antrag der beklagten Parteien, gegen den sich die klagenden Parteien ausgesprochen hatten. Nach der Verkundung des Unterbrechungsbeschlusses samt Begründung erklärten beide Parteienvertreter zu Protokoll, auf Beschlußausfertigung zu verzichten.
Dennoch verfügte das Prozeßgericht die Zustellung einer Beschlußausfertigung an den Vertreter der klagenden Parteien. Diese Zustellung wurde am 28. September 1978 bewirkt.
Am 9. Oktober 1978 überreichten die klagenden Parteien einen Rekurs gegen den Unterbrechungsbeschluß.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs als verspätet zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der klagenden Parteien nicht statt.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, daß wegen des protokollierten Parteienverzichtes keine Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Unterbrechungsbeschlusses zu erfolgen hatte und deshalb gemäß § 426 Abs. 3 ZPO die mündliche Verkundung die Wirkungen der Zustellung begrundete, also auch die Rechtsmittelfrist in Gang setzte, die demgemäß mit dem Ablauf des 27. September 1978 endete, so daß der erst am 9. Oktober 1978 überreichte Rekurs als verspätet zurückzuweisen war.
Die Rekurswerber bezweifeln zuunrecht die Erheblichkeit und die vom Rekursgericht dargelegten Folgen eines Verzichtes auf Vornahme einer nach dem Gesetz durchzuführenden Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung.
Auf die Zustellung eines mündlich verkundeten Beschlusses, der im Fall eines nach § 428 Abs. 1 ZPO bestehenden Begründungszwanges auch mit Begründung verkundet wurde, kann die Partei auch unabhängig von einem Rechtsmittelverzicht wirksam verzichten. Aus der von ihnen zitierten zweitinstanzlichen Entscheidung Arb. 7905 können die Rekurswerber für ihren Standpunkt nichts gewinnen, weil diese Entscheidung nur auf den unterbliebenen Verzicht auf Ausfertigung der Entscheidung abstellte und - irrigerweise - weiter folgerte, daß damit, nämlich mit dem Verzicht auf Zustellung einer Beschlußausfertigung, auch schon ein Rechtsmittelverzicht verbunden wäre.
Der Gesetzgeber mutet einer Prozeßpartei nicht zu, ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung auszuführen, deren Begründung nicht an Hand einer schriftlichen Niederlegung geprüft und gegebenenfalls widerlegt werden kann. In diesem Sinne ist die Regel des § 521 Abs. 2 ZPO, die den Beginn der Rekursfrist an die erfolgte Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des anzufechtenden Beschlusses knüpft, ausschließlich im Interesse der sich durch die Entscheidung beschwert erachtenden Partei aufgestellt. Diese kann nach Verkundung der Entscheidung wirksam auf die Anfechtung schlechthin verzichten (vgl. § 472 ZPO). Sie kann umsomehr auf eine Voraussetzung für den Beginn der gegen sie laufenden Rechtsmittelfrist verzichten, zumal die Verkürzung einer Rechtsmittelfrist gemäß § 129 Abs. 1 ZPO der Parteienvereinbarung nicht entzogen ist und ein Verzicht auf Zustellung einer Ausfertigung der anzufechtenden Entscheidung - abgesehen vom Verzicht auf die Möglichkeit, Spruch und Begründung der anzufechtenden Entscheidung in einer schriftlich festgelegten Form nachprüfen zu können - nur wie eine Fristverkürzung wirkt.
Bestehen aber gegen die Zulässigkeit eines Parteienverzichtes auf Zustellung einer Ausfertigung eines verkundeten, anfechtbaren Beschlusses keine Bedenken, dann hat bei einem wirksamen Verzicht die Zustellung der Entscheidung ebenso zu unterbleiben, als wäre sie gemäß § 426 Abs. 1 und 2 ZPO schon gesetzlich gar nicht vorgesehen.
Auch wenn infolge eines wirksamen Parteienverzichtes die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses nicht zu erfolgen hat, begrundet im Sinne des § 426 Abs. 3 ZPO die mündliche Verkundung die Wirkung der Zustellung, dies insbesondere auch im Sinne des § 521 Abs. 2 ZPO.
Das bedeutet aber, daß später bewirkte Zustellungen auf die einmal in Gang gesetzte, allenfalls auch bereits abgelaufene Rechtsmittelfrist keinerlei Einfluß mehr zu nehmen vermögen.
Anmerkung
Z52068Schlagworte
mündliche Verkündigung als ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0060OB00604.79.0425.000Dokumentnummer
JJT_19790425_OGH0002_0060OB00604_7900000_000