TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/27 2000/14/0050

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Veröffentlicht am 27.04.2005
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 11. Februar 2000, Zl. RV-079.97/1-6/1997, betreffend Umsatzsteuer 1993 (mitbeteiligte Partei: C GmbH in L, vertreten durch Dr. Walter Holme, Rechtsanwalt in 4601 Wels, Dr. Koss-Straße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Nach den Feststellungen einer bei der mitbeteiligten Partei durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung beschäftigt sich diese "im Wesentlichen mit der Errichtung" von Wohnhausanlagen für Wohnungseigentumswerber. Laut (nicht näher dargestellter) vertraglicher Gestaltung trete der Wohnungswerber als Bauherr in Erscheinung, die Wirtschaftstätigkeit der mitbeteiligten Partei bestehe "hauptsächlich in Vermittlungs- und Besorgungsleistungen, fallweise auch in Lieferungen". Im Jahr 1993 seien näher bezeichnete Reihenhausanlagen an die Wohnungswerber übergeben und von diesen auch bezogen worden, wobei die Anlagen teilweise mit noch nicht behobenen Mängeln oder schwerwiegenden Baufehlern hinsichtlich des Schallschutzes übergeben worden seien. Die Leistungen der mitbeteiligten Partei seien bis dato nicht abgerechnet und daher nicht der Umsatzsteuer unterworfen worden. In der Folge vertrat der Prüfer die Ansicht, dass aus näher angeführten Gründen die Umsatzsteuerschuld für die betreffenden Reihenhausanlagen im Jahr der Übergabe bzw. Übernahme durch die Wohnungswerber entstanden sei. Die Umsätze seien daher um näher angeführte Beträge (rund 11,5 Mio. S) zu erhöhen.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ für das Jahr 1993 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde neben der Ansicht, dass die Umsatzsteuerpflicht infolge gravierender Mängel noch nicht entstanden sei, darauf hingewiesen, dass das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern davon ausgehe, dass hinsichtlich der Lieferung dieser Bauobjekte Grunderwerbsteuerpflicht bestehe. Entsprechend den Bestimmungen des § 6 Z. 9a UStG 1972 sei die Lieferung der oben angeführten Bauobjekte daher von der Umsatzsteuer befreit. Es werde daher beantragt, die Umsatzsteuer entsprechend der abgegebenen Steuererklärung festzusetzen. Ergänzend wurde in der Folge mitgeteilt, dass bei einem der beiden angeführten Bauvorhaben Herrn P die Grunderwerbsteuer für den Grund und Boden im Dezember 1989 und für das darauf errichtete Gebäude im Oktober 1994 vorgeschrieben worden sei. Die Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG sei der mitbeteiligten Partei vorgeschrieben worden. Soweit der mitbeteiligten Partei bekannt sei, sei den Eigentümern eines näher angeführten zweiten Bauvorhabens bisher nur die Grunderwerbsteuer für den Grund und Boden vorgeschrieben worden. Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer für das Gebäude werde erwartet. In der Folge teilte der Prüfer ergänzend mit, dass - soweit aus dem Rechenwerk der mitbeteiligten Partei ersichtlich - mit Ausnahme allfällig von den Wohnungswerbern direkt bei den bauausführenden Firmen georderter zusätzlicher Leistungen alle Leistungen betreffend die Gebäudeerrichtungen über die mitbeteiligte Partei abgerechnet worden seien. Diese habe die ihr von den bauausführenden Firmen in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuern abgezogen.

In der Niederschrift über die durchgeführte mündliche Verhandlung wurde festgehalten, dass der steuerliche Vertreter der mitbeteiligten Partei den "(unstrittigen)" Sachverhalt zusammengefasst und weiter ausgeführt habe, dass den Wohnungswerbern die Grunderwerbsteuer vom Grund und Boden und vom Gebäude und (zusätzlich) der mitbeteiligten Partei vom Grund und Boden vorgeschrieben worden sei bzw. vorgeschrieben werde. Infolge grunderwerbsteuerpflichtiger Übertragung der Gebäude an die Wohnungswerber seien die strittigen Lieferungen nach § 6 Z. 9 lit. a UStG 1972 steuerfrei. Andererseits stehe der geltend gemachte Vorsteuerabzug nicht zu, weshalb dieser zu streichen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung stattgegeben. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass die "fraglichen Lieferungen - nunmehr unbestritten - im Jahr 1993 ausgeführt" worden seien. Nach den Verträgen hätten die Wohnungswerber zwar die Grundstücke von Dritten gekauft, wirtschaftlich betrachtet habe jedoch die Beschwerdeführerin die Grundstücke erworben, sodann die Gebäude hierauf errichtet (bzw. errichten lassen) und schließlich die Grundstücke samt Gebäuden an die Wohnungswerber übertragen. Sie habe daher Grundstücke im Sinn des § 2 GrEStG 1955 geliefert, weshalb "die Steuerfreiheit" zum Tragen komme. Die Umsätze seien daher um die im erstinstanzlichen Bescheid vorgenommene Umsatzerhöhung sowie um die bereits vorgenommenen Versteuerungen zu vermindern. Andererseits sei die Vorsteuer um die für die fraglichen Bauführungen abgezogene zu vermindern. Die in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge seien nach § 11 Abs. 12 UStG 1972 vorzuschreiben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion gemäß § 292 BAO in der Fassung vor dem Abgabenrechtsmittelreformgesetz erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bezeichnet es als unstrittig, dass die mitbeteiligte Partei als Bauherrin anzusehen sei. Darüber hinaus sei die belangte Behörde zum Schluss gekommen, dass auch die Grundstücke, auf denen die Reihenhäuser errichtet worden seien, von der mitbeteiligten Partei an die Wohnungswerber geliefert worden seien, weil die mitbeteiligte Partei als wirtschaftliche Eigentümerin der Grundstücke anzusehen sei.

Schon hinsichtlich dieser Sachverhaltsannahmen ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung eines Bescheides nicht nur erkennen lassen muss, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, sondern auch, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und in der Folge, aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Bescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1997, 94/13/0200, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

Diesen Anforderungen an eine Bescheidbegründung entspricht der angefochtene Bescheid nicht. Die belangte Behörde beruft sich in ihren Erwägungen zwar darauf, dass "nach den Verträgen die Wohnungswerber die Grundstücke von Dritten gekauft" hätten, "wirtschaftlich betrachtet hat jedoch die mitbeteiligte Partei die Grundstücke erworben, sodann die Gebäude hierauf errichtet (bzw. errichten lassen), und schließlich die Grundstücke samt Gebäuden an die Wohnungswerber übertragen". Die belangte Behörde konkretisiert aber weder den Inhalt der zwischen den Wohnungswerbern und "Dritten" abgeschlossenen Verträge, noch stellt sie - insbesondere - dar, welche konkreten Vereinbarungen zwischen den Wohnungswerbern und der mitbeteiligten Partei, allenfalls der mitbeteiligten Partei und den "Dritten", sowie der mitbeteiligten Partei oder den Wohnungswerbern mit den bauausführenden Unternehmen abgeschlossen worden waren. Den Feststellungen des Prüfers ist zum Sachverhalt insoweit lediglich - teilweise widersprüchlich - zu entnehmen, die mitbeteiligte Partei beschäftige sich "im Wesentlichen mit der Errichtung von Wohnhausanlagen" bzw. ihre "Wirtschaftstätigkeit besteht hauptsächlich in Vermittlungs- und Besorgungsleistungen, fallweise auch in Lieferungen". Aber auch auf die im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung angeführte und nach Ansicht der belangten Behörde vor dem Hintergrund der im Arbeitsbogen des Betriebsprüfers aufliegenden Verträge widersprüchliche Vertragslage, geht die belangte Behörde im Rahmen ihrer Erwägungen nicht weiter ein. Die belangte Behörde zeigt somit weder die von ihr als erwiesen angenommene Vertragslage, noch die Gründe auf, welche sie allenfalls bewogen haben, von einem Sachverhalt auszugehen, der von dem sich aus der Vertragslage ergebenden abweicht.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides erweist sich daher in einer die rechtliche Nachprüfbarkeit des Bescheidspruches bzw. der Beurteilung, ob die belangte Behörde hinsichtlich der in Rede stehenden Umsätze zu Recht eine Steuerbefreiung gemäß § 6 Z. 9 lit. a UStG 1972 angenommen hat, verhindernden Weise unvollständig. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Wien, am 27. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2000140050.X00

Im RIS seit

21.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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