TE OGH 1979/5/2 6Ob7/79

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Veröffentlicht am 02.05.1979
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Norm

Handelsgesetzbuch §39
Handelsgesetzbuch §120
Handelsgesetzbuch §166 Abs1
Handelsgesetzbuch §166

Kopf

SZ 52/72

Spruch

§ 166 Abs. 1 HGB - Zeitliche und umfängliche Begrenzungen des ordentlichen Kontrollrechtes des Kommanditisten bezüglich Bilanzmitteilung, Zutritt zu den Geschäfts- und Betriebsräumen, Einsicht in die Geschäftsunterlagen sowie Auskunftserteilung durch den geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter

OGH 2. Mai 1979, 6 Ob 7/79 (OLG Wien 5 R 2050/78; HG Wien 7 HRA

13.862)

Text

Bei der zu 7 HRA ..... des Handelsgerichtes Wien eingetragenen Firma B N handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, deren einziger persönlich haftender Gesellschafter der Antragsgegner ist, während die Antragstellerin als einzige Kommanditistin mit einer Einlage von 200 000 S an der Gesellschaft beteiligt ist.

Das Erstgericht trug dem Antragsgegner auf, der Antragstellerin die Bilanz für das Geschäftsjahr 1977/78 vorzulegen und ihr während der Geschäftsstunden ohne Voranmeldung den Zutritt in alle Geschäfts- und Betriebsräume des Antragsgegners und die uneingeschränkte Einsicht in alle Handelsbücher, Papiere, Rechnungsunterlagen und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie die Überprüfung derselben an Ort und Stelle zu gestatten und ihr die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wobei sich die Antragstellerin der Mitwirkung ihres Steuerberaters bedienen könne. Den Antrag auf Vorlage der Bilanz zum 28. Feber 1977 wies das Erstgericht zurück.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Antragsgegners soweit er sich gegen die Zurückweisung des Antrages auf Vorlage der Bilanz zum 28. Feber 1977 wendete, zurück. Im übrigen gab es dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge. Es bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß hinsichtlich des Auftrages an den Antragsgegner, der Antragstellerin die Bilanz für das Geschäftsjahr 1977/78 vorzulegen, mit der Maßgabe, daß dies binnen 14 Tagen zu geschehen habe. Im übrigen änderte es die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Antrag, der Antragstellerin während der Geschäftsstunden ohne Voranmeldung den Zutritt in alle Geschäfts- und Betriebsräume des Antragsgegners und die uneingeschränkte Einsicht in alle Handelsbücher, Papiere, Rechnungsunterlagen und sonstigen Geschäftsunterlagen sowie die Überprüfung derselben an Ort und Stelle zu gestatten und ihr die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, wobei sich die Antragstellerin der Mitwirkung ihres Steuerberaters bedienen könne, abwies.

Es führte im wesentlichen aus, das Rechtsmittel sei unberechtigt, soweit es sich gegen den Auftrag zur Vorlage der Bilanz zum 28. Feber 1978 wende. Der Antragstellerin stehe nach § 166 Abs. 1 HGB als Kommanditistin das Recht, die abschriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz zu verlangen, unabhängig davon zu, ob die Bilanz schon errichtet sei oder nicht. Im Falle eines solchen Begehrens vor Errichtung der Bilanz sei allerdings zu prüfen, ob die Bilanz schon errichtet und mitgeteilt hätte werden müssen. Eine diesbezügliche vertragliche Vereinbarung sei nicht behauptet worden. Wenn auch für die Kommanditgesellschaft keine gesetzliche Vorschrift bezüglich des Zeitpunktes, bis zu welchem die Bilanz errichtet und mitgeteilt werden müsse, bestehe, so seien die u. a. für die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestimmten gesetzlichen Fristen auch für die Kommanditgesellschaft als Höchstfristen anzunehmen, weshalb dann, wenn wie hier keine besonderen Umstände behauptet wurden, eine Frist von drei Monaten angenommen werden müsse. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes hätte daher die Bilanz schon errichtet und mitgeteilt sein müssen. Der Anspruch auf Mitteilung sei daher fällig. Die Entscheidung des Erstgerichtes sei, soweit sie die Vorlage der Bilanz aufgetragen habe, mit der Maßgabe zu bestätigen, daß diese binnen 14 Tagen zu erfolgen habe (§ 409 Abs. 2 ZPO).

Im übrigen sei aber das Rechtsmittel des Antragsgegners berechtigt. Da besondere vertragliche Vereinbarungen bezüglich der Kontrollrechte der Antragstellerin nicht behauptet worden seien, sei nur auf die gesetzliche Regelung Bedacht zu nehmen. Nach der Bestimmung des § 166 HGB stehe dem Kommanditisten nach Abs. 1 das sogenannte ordentliche und nach Abs. 3 das sogenannte außerordentliche Kontroll- und Überwachungsrecht zu, während Abs. 2 die Anwendung des § 118 HGB zu Gunsten des Kommanditisten ausdrücklich ausschließe. Dem Kommanditisten stunden also die gleichen Rechte wie dem stillen Gesellschafter nach § 338 HGB zu; er stehe damit im Gegensatz zu dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter, dessen Rechte im § 118 HGB geregelt seien. Darin komme die besondere Stellung des Kommanditisten zum Ausdruck, der rechtlich zwar Gesellschafter sei, dessen Beteiligung an der Gesellschaft aber auf eine bestimmte Vermögenseinlage beschränkt sei. Da ihn kein Konkurrenzverbot treffe, habe ihm das Gesetz, um eine Schädigung der Gesellschaft durch Konkurrenzierung zu vermeiden, nicht ein unbeschränktes, sondern nur ein sachlich beschränktes Überwachungsrecht gegeben. Dieses sei, soweit es sich um das ordentliche Überwachungsrecht des § 166 Abs. 1 HGB handle, auf das Recht auf abschriftliche Mitteilung der jeweiligen Bilanz und die Überprüfung der Richtigkeit derselben durch Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft beschränkt. Ein weiteres Kontrollrecht stehe nach dieser Bestimmung dem Kommanditisten nicht zu. Die im § 166 Abs. 1 HGB normierte Einsichtnahme in die Bücher und Papiere habe nur soweit zu erfolgen, als dies zum Zweck der Prüfung der Richtigkeit der Bilanz nach objektiven Maßstäben erforderlich sei. Nur zu diesem Zweck, nicht aber für andere Kontrollen, sei dem Kommanditisten dieses Recht eingeräumt. In der Regel bestimme der Kommanditist selbst, welche Bücher und Schriften einzusehen seien. Im vorliegenden Fall brauche die grundsätzliche Frage, ob dabei das Begehren ganz allgemein auf alle Bücher und Papiere der Gesellschaft gerichtet sein dürfe oder ob diese detailliert angeführt werden müßten, nicht entschieden werden, weil jedenfalls auf den Einzelfall abzustellen sei und hier - was die Überprüfung der Bilanz zum 28. Feber 1977 betreffe - nach den Feststellungen des Erstgerichtes alle nennenswerten Belege zur Verfügung gestellt worden seien. Wenn bei dieser Sachlage die Kommanditistin der Meinung sei, bestimmte Belege noch zu brauchen, müsse sie diese detailliert anführen. Denn das generelle Begehren auf uneingeschränkte Einsicht in alle Handelsbücher, Papiere, Rechnungsunterlagen und sonstige Geschäftsunterlagen könne, abgesehen von der fehlenden Präzisierung, die dazu führen müßte, daß über die Zulässigkeit der Einsichtnahme erst im Vollzugsverfahren entschieden werden müßte, hier nicht damit begrundet werden, daß die Kommanditistin durch eine Spezifizierung in Beweisnot komme. In diesem Falle wisse sie nämlich, welche Belege und Bücher sie noch zur Überprüfung der Richtigkeit der Bilanz brauche und sie habe dies daher in ihrem Begehren anzuführen. Dies sei auch deswegen erforderlich, weil die Antragstellung bei Gericht zur Voraussetzung habe, daß die Einsichtnahme verweigert worden sei. Inwiefern eine Weigerung vorliege und inwieweit eine Weigerung allenfalls im Hinblick auf den Zweck der Einsichtnahme berechtigt sei, könne aber zumindest dann, wenn die Einsichtnahme in einem größeren Umfang bereits erfolgt sei, nur entschieden werden, wenn eine Anführung der noch geforderten Bücher und Belege erfolge. Das ganz allgemein gehaltene Begehren der Antragstellerin müsse daher hinsichtlich der Bilanz zum 28. Feber 1977 als verfehlt bezeichnet werden.

Soweit das Begehren auf uneingeschränkte Einsicht zur Überprüfung der Bilanz zum 28. Feber 1978 dienen sollte, sei es überdies verfrüht, weil noch gar nicht feststehe, ob eine Weigerung nach Vorlage der Bilanz erfolgen werde.

Soweit das Begehren auf uneingeschränkte Einsichtnahme aber überhaupt unabhängig von der Überprüfung der Bilanzen erhoben worden sei, könne es sich keinesfalls auf § 166 Abs. 1 HGB stützen, weil es mit dem dort normierten Zweck nichts zu tun habe. Ob ein solches Begehren auf § 166 Abs. 3 HGB gestützt werden könnte, müsse nicht untersucht werden, weil keine Umstände behauptet worden seien, die wichtige Gründe im Sinne dieser Bestimmunung darstellten und Maßnahmen nach dieser Bestimmung rechtfertigen könnten. Es dürften jedoch auch nach § 166 Abs. 3 HGB dem Kommanditisten nicht auf Dauer weitergehende Rechte eingeräumt werden, als er nach dem Gesetz oder nach dem Gesellschaftsvertrag habe.

Sei somit der Anspruch der Antragstellerin auf Einsichtnahme abzuweisen, dann folge daraus auch die Abweisung des Begehrens auf Gewährung des Zutrittes in alle Geschäfts- und Betriebsräume während der Geschäftsstunden ohne Voranmeldung sowie auf Überprüfung der Bücher und Papiere an Ort und Stelle, weil das Recht zum Betreten des Unternehmens der Gesellschaft nur im Zusammenhang mit und zum Zweck der Ausübung des Einsichtsrechtes zustehe. Es sei daher der Antragstellerin auch nicht der verlangte Zutritt zu gewähren, ohne daß zu prüfen sei, ob er in der begehrten Form vom Gesetz überhaupt eingeräumt sei und ob nicht auch die Einsichtnahme in besonderen Fällen außerhalb des Unternehmens der Gesellschaft vorgenommen werden müsse.

Das weitere Begehren, den Antragsgegner zur Erteilung der erforderlichen Auskünfte zu verpflichten, könne, abgesehen von seiner mangelnden Präzisierung, jedenfalls nicht auf § 166 Abs. 1 HGB gestützt werden, weil diese Bestimmung nur die Mitteilung der Bilanz und die Überprüfung derselben durch Einsichtnahme in die Bücher und Papiere kenne. Die zu § 118 HGB in Lehre und Rechtsprechung vertretenen Auffassungen seien hier nicht anwendbar. Nach § 166 Abs. 3 HGB könne zwar auch eine Auskunftserteilung aufgetragen werden, doch fehle es hiezu an Behauptungen, die die Anwendung dieser Gesetzesstelle überhaupt ermöglichten und überdies an der Präzisierung des Begehrens.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der Antragstellerin und des Antragsgegners nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was zunächst die Frage anlangt, bis zu welchem Zeitpunkt der Komplementär zur Erfüllung seiner im § 166 Abs. 1 HGB normierten Verpflichtung zur abschriftlichen Mitteilung der jährlichen Bilanz gegenüber dem Kommanditisten zur Aufstellung der Jahresbilanz verpflichtet ist, enthält das Gesetz darüber weder in den Vorschriften über die Kommanditgesellschaft (§§ 161 ff. HGB, insbesondere §§ 166, 167 HGB) noch in den diesbezüglichen Vorschriften über die Offene Handelsgesellschaft (§ 120 HGB, auf den im § 167 HGB verwiesen wird) eine ausdrückliche Bestimmung.

Soweit der Antragsgegner in seinem Rechtsmittel auf abgabenrechtliche Vorschriften (§ 134 Abs. 1 BAO) verweist, ist ihm lediglich zu entgegnen, daß derartige öffentlichrechtliche Vorschriften zur Beurteilung der privatrechtlichen Beziehungen und Verpflichtungen zwischen den Gesellschaftern einer Personalhandelsgesellschaft nicht herangezogen werden können. Ist vielmehr in den handelsrechtlichen Vorschriften über die Personalhandelsgesellschaften eine bestimmte Frist für die Aufstellung der Jahresbilanz nicht vorgeschrieben, dann gilt insoweit allgemein die Vorschrift des § 39 Abs. 2 HGB, daß die Aufstellung der Bilanz innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu bewirken ist (Fischer in RGR-Kommentar II/1, 206). Diese Frist ist nach den Verhältnissen des betreffenden Unternehmens und den billigerweise zu stellenden Anforderungen zu beurteilen, wobei aber stets zu beachten ist, daß es sich bei der Aufstellung von Inventur und Bilanz um vordringliche Arbeiten handelt (Schlegelberger, Kommentar[4] I, 256). Die in den §§ 125 Abs. 1 AktienG und 22 Abs. 2 GesmbHG normierten Fristen mögen nicht ohne weiteres auf die Verpflichtung zur Aufstellung der Jahresbilanz in Personalhandelsgesellschaften anwendbar sein, geben aber immerhin einen Anhaltspunkt in dieser Richtung.

Zieht man im vorliegenden Fall in Betracht, daß das Geschäftsjahr der Gesellschaft am 28. Feber endet und daß im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes (25. Oktober 1978) die Bilanz für das Geschäftsjahr 1977/78 noch immer nicht aufgestellt war, so ergibt sich, daß dem Antragsgegner tatsächlich bis zu jenem Zeitpunkt ein Zeitraum von fast zehn Monaten zur Aufstellung der Jahresbilanz 1977/78 zur Verfügung stand, ohne daß er dieser seiner Verpflichtung nachgekommen wäre. Konkrete, in der Natur seines Unternehmens liegende Hindernisse, die die Aufstellung der Bilanz in diesem an sich bei weitem ausreichenden Zeitraum verhindert hätten, hat der Antragsgegner weder im Verfahren erster Instanz behauptet noch tut er dies in seinem Rechtsmittel. Es ist seine Sache, den von ihm geführten Betrieb so zu organisieren, daß er seinen gesetzlichen Verpflichtungen zur Erstellung der Jahresbilanz gegenüber der Kommanditistin rechtzeitig nachkommen kann. War die Aufstellung der Jahresbilanz 1977/78 bis zur Entscheidung des Erstgerichtes am 25. Oktober 1978 nicht erfolgt, ist somit der Antragsgegner seiner Verpflichtung zur Aufstellung dieser Jahresbilanz - mangels behaupteter besonderer Umstände - jedenfalls nicht rechtzeitig nachgekommen.

Aber auch der Meinung des Antragsgegners, der Anspruch des Kommanditisten auf die Mitteilung der jährlichen Bilanz gemäß § 166 Abs. 1 HGB setze voraus, daß die Bilanz bereits erstellt worden sei, kann nicht beigepflichtet werden. Vielmehr ergibt sich aus § 166 Abs. 3 HGB, wonach das Gericht aus wichtigen Gründen die Mitteilung einer Bilanz jederzeit anordnen kann, daß der Registerrichter auch dann einschreiten kann, wenn der persönlich haftende Gesellschafter die Bilanz nicht errichtet und der Kommanditist dadurch keine Bilanz erhält (6 Ob 7/78).

Die Antragstellerin hat im Verfahren erster Instanz nur ihre gesetzlichen Kontrollrechte als Kommanditistin im Sinne des § 166 Abs. 1 HGB durchzusetzen versucht; sie hat keine auf Vertrag gegrundete Ansprüche und auch keine Ansprüche im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB geltend gemacht und das Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht einmal behauptet.

Im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Vierten Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich gilt auch für das Handelsregisterverfahren die Vorschrift des § 10 AußStrG, wonach in einem ordentlichen Revisionsrekurs vor der Entscheidung erster Instanz eingetretene Tatsachen neu vorgebracht werden dürfen (6 Ob 9/78 u. a.). Das Neuerungsrecht des § 10 AußStrG geht aber nicht so weit, daß im Rechtsmittelverfahren auch noch neue Sachanträge gestellt werden könnten bzw. daß den gestellten Sachanträgen ein neuer Anspruchsgrund unterlegt werden könnte. Das Rekursgericht hat die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung erster Instanz vielmehr nach der Sach- und Rechtslage zu überprüfen, wie sie sich zur Zeit der Erlassung dieses Beschlusses darstellte (EvBl. 1974/226; 6 Ob 8/77 u. a.).

Es kann daher weder auf die Behauptungen im Revisionsrekurs der Antragstellerin, aus denen sich das Vorliegen eines wichtigen Gründes für Maßnahmen im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB ergeben könnte, noch auf ihre im Revisionsrekurs aufgestellte Behauptung, es sei zwischen ihr und dem Antragsgegner "monatliche Bucheinsicht" vereinbart worden, eingegangen werden.

Im übrigen ist das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die gesetzlichen Kontrollrechte des Kommanditisten im § 166 HGB abschließend geregelt sind und daß darüber hinausgehende gesetzliche Kontrollrechte dem Kommanditisten nicht zustehen (HS 5185; GesRZ 1978, 170). Gemäß § 166 Abs. 1 HGB ist der Kommanditist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Aus dem Zweck dieser Prüfungsbefugnis ergibt sich ihr Umfang und ihre Abgrenzung. Der Kommanditist darf in alle Unterlagen der Gesellschaft Einsicht nehmen, soweit dies zu einer sachgerechten Prüfung der Bilanz erforderlich ist, allerdings aber nur in diesem durch das Erfordernis einer sachgerechten Prüfung der Bilanz gezogenen Rahmen (s. dazu Kastner, Grundriß[2], 100; Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3] II, 164; Schlegelberger, Kommentar[4] II, 1358; Schilling in RGR-Kommentar II/2, 165; Winkelmann in JR 1970, 10).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, daß der Antragstellerin auf Grund der Bestimmung des § 166 Abs. 1 HGB kein allgemeines, uneingeschränktes Recht auf Bucheinsicht zusteht, sondern daß dieses Recht seine Grenzen in den Erfordernissen einer sachgerechten Prüfung der Bilanz findet.

Da sie die Bilanz für das Geschäftsjahr 1977/78 noch nicht erhalten hat, kommt eine Prüfung der Richtigkeit dieser Bilanz derzeit überhaupt noch nicht in Betracht.

Was aber die Prüfung der Richtigkeit der Bilanz für das Geschäftsjahr 1976/77 betrifft, ergibt sich aus den Feststellungen des Erstgerichtes, daß - der Antragstellerin in der Zeit vom 5. Juni bis 13. Juni 1978 Bucheinsicht gewährt wurde, wobei ihr alle nennenswerten Belege zur Verfügung gestellt wurden. Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß es unter diesen Umständen Sache der Antragstellerin ist, konkret anzugeben, in welche Geschäftsbelege ihr noch Einsicht gewährt werden soll. Denn das von ihr in Anspruch genommene Recht auf uneingeschränkte Bucheinsicht ginge unter diesen Umständen weit über den aus § 166 Abs. 1 HGB abzuleitenden Zweck (sachgerechte Prüfung der ihr übergebenen Bilanz für das Jahr 1976/77) hinaus. Es kann unter diesen Umständen von der Antragstellerin ohne weiteres verlangt werden, konkret anzugeben, in welche - ihr bisher nicht zur Verfügung gestellte - Geschäftsunterlagen sie Einsicht nehmen will, um die Richtigkeit der ihr vorliegenden Bilanz zu prüfen. Gibt sie dies nicht an, dann kann ihr aber auch nicht (gewissermaßen als Zuspruch eines Minus) die Einsichtnahme in einzelne bestimmte Geschäftsunterlagen gestattet werden, zumal aus ihrem Antrag und ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen ist, in welche Unterlagen sie Einsichtnahme haben will.

Wurde der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung uneingeschränkter Bucheinsicht unter diesen Umständen aber mit Recht abgewiesen, dann gilt dies auch für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf uneingeschränkten Zutritt zu allen Geschäfts- und Betriebsräumen während der Geschäftsstunden, weil ihr ein solcher Anspruch jedenfalls nur im Zusammenhang mit ihrem Einsichtrecht im Sinne des § 166 Abs. 1 HGB zustunde.

Eine Auskunftspflicht des geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafters gegenüber dem Kommanditisten wird zwar im § 166 Abs. 1 HGB nicht ausdrücklich erwähnt, wohl aber im § 166 Abs. 3 HGB. Sie wird, soll das ordentliche Kontrollrecht des Kommanditisten im Sinne der erstgenannten Gesetzesstelle nicht zu einer inhaltsleeren Formel werden, auch im Rahmen dieser Kontrollbefugnisse zu bejahen sein, wenn sich bei der dem Kommanditisten zur Prüfung der Richtigkeit der Bilanz zustehenden Bucheinsicht Zweifel ergeben. Es ist aber auch hier erforderlich, daß der Kommanditist präzisiert, welche Auskünfte er vom geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafter haben will, weil diesen - zum Unterschied zur Auskunftspflicht gegenüber einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen persönlich haftenden Gesellschafter nach § 118 Abs. 1 HGB - gegenüber dem Kommanditisten eine allgemeine unbeschränkte Auskunftspflicht nicht trifft, sondern auch seine Auskunftspflicht jedenfalls durch den oben dargestellten Umfang der Prüfungsrechte des Kommanditisten nach § 166 Abs. 1 HGB begrenzt ist. Das Begehren der Antragstellerin, den Antragsgegner dazu zu verhalten, "ihr die erforderlichen Auskünfte zu erteilen", ist völlig unbestimmt gefaßt. Seine Stattgebung hätte zur Folge, daß über die Zulässigkeit der einzelnen Fragen praktisch erst im Vollzugsverfahren entschieden werden müßte. In dieser Form kann daher diesem Begehren nicht stattgegeben werden (6 Ob 4/77).

Anmerkung

Z52072

Schlagworte

Kommanditist, Begrenzung des Kontrollrechtes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0060OB00007.79.0502.000

Dokumentnummer

JJT_19790502_OGH0002_0060OB00007_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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