TE OGH 1979/5/4 11Os59/79

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Veröffentlicht am 04.05.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Anton A wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 4 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 3. August 1978, AZ 4 Bl 209/78, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Anton A wegen fahrlässiger Körperverletzung nach dem § 88 Abs 4 StGB verletzt das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 3.8.1978, AZ 4 Bl 209/78, womit der Strafberufung des öffentlichen Anklägers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 25.4.1978, GZ 13 U 69/78-6, Folge gegeben und die Anzahl der Tagessätze auf 60 erhöht wurde, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 470 Z 1 (466 Abs 1) StPO

Dieses Urteil wird aufgehoben. Die von der Staatsanwaltschaft in der Berufungsverhandlung am 3.8.1978 (angemeldete und) ausgeführte Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 1978, GZ 13 U 69/78-6, wurde der am 17.12.1935

geborene Tischlergeselle Anton A des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs 4 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er am 30.12.1977

auf der Keutschacher Landesstraße in Schiefling durch unvorsichtiges Reversieren die Fußgängerin Maria B zu Sturz brachte und fahrlässig am Körper verletzte, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich einen Beckenund einen Oberarmbruch sowie einen Blasenriß zur Folge hatte. Er wurde hiefür zu einer Geldstrafe von 36 Tagessätzen a S 90,--, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen, verurteilt.

Der Verurteilte erklärte sogleich, auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil zu verzichten (S. 47 in 13 U 69/78 des Bezirksgerichtes Klagenfurt). Der Bezirksanwalt hingegen, der zunächst keine Erklärung abgegeben hatte, meldete fristgerecht Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe und wegen des Ausspruches über die Schuld an (S. 53).

In weiterer Folge wurden die Akten zur Berufungsausführung an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt übermittelt, die am 8.5.1978 die Erklärung abgab, daß die angemeldete Berufung 'unter Ausführungsverzicht' aufrechterhalten werde (S. 57). Nach Vorlage der Akten an das Landesgericht Klagenfurt fand die Berufungsverhandlung vor diesem Gericht am 3.8.1978 statt. Inhaltlich des bezüglichen Verhandlungsprotokolls führte der Vertreter der Staatsanwaltschaft die Berufung vor dem Berufungsgericht mündlich (ersichtlich im Sinne einer Strafberufung) aus, wobei er beantragte, 'die Strafe schuldangemessen zu erhöhen' (S. 64).

Hierauf erkannte das Landesgericht Klagenfurt als Berufungsgericht am 3.8.1978, AZ 4 Bl 209/78, - ohne vorher über die angemeldete, aber nicht ausgeführte Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe und wegen des Ausspruches über die Schuld abgesprochen zu haben - zu Recht, daß der Strafberufung des öffentlichen Anklägers Folge gegeben und die Anzahl der Tagessätze auf 60 Tagessätze erhöht werde (ON 13). Über die wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe und wegen des Ausspruches über die Schuld angemeldete Berufung wurde nicht abgesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch hiezu inzwischen eine Rückziehungserklärung abgegeben (S. 71).

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 3.8.1978, AZ 4 Bl 209/78, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß dem § 466 Abs 1 StPO ist die Berufung binnen drei Tagen nach Verkündung des Urteils beim Bezirksgericht anzumelden. Gemäß dem § 467 Abs 2 StPO hat der Bechwerdeführer entweder bei der Anmeldung der Berufung oder in der (gemäß dem § 467 Abs 1 StPO binnen 14 Tagen nach der Anmeldung der Berufung oder der späteren Zustellung einer Urteilsabschrift zu überreichenden) Berufungsschrift ausdrücklich zu erklären, durch welche Punkte des Erkenntnisses (§ 464 StPO) er sich beschwert finde und welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen wolle, widrigens auf die Berufung oder auf die Nichtigkeitsgründe vom Gerichtshof erster Instanz keine Rücksicht zu nehmen ist.

Im vorliegenden Fall enthält die (inzwischen zurückgezogene) Rechtsmittelanmeldung des Bezirksanwalts (S. 53 d. A) nur die ausdrückliche Erklärung, daß die Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe und wegen des Ausspruches über die Schuld ergriffen werde. Daß sich der öffentliche Ankläger auch durch den Ausspruch über die Strafe beschwert erachte, ist weder der Anmeldung der Berufung noch einer (gar nicht überreichten) Berufungsschrift zu entnehmen. Da nur die zu Gunsten des Angeklagten (nicht auch die zu seinem Nachteil) ergriffene Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld auch die Berufung gegen die Strafbemessung enthält, und somit auch die Bestimmung des § 467 Abs 3 StPO nicht Platz greifen kann, erweist sich demnach die der Sache nach bei der Berufungsverhandlung am 3.8.1978 vom intervenierenden Staatsanwalt erstmals wegen des Ausspruchs über die Strafe angemeldete und ausgeführte Berufung als verspätet. Diese wäre daher gemäß dem § 470 Z 1 StPO vom Berufungsgericht als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die - eine Straferhöhung aussprechende - Entscheidung in der Sache selbst, hat sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E01966

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00059.79.0504.000

Dokumentnummer

JJT_19790504_OGH0002_0110OS00059_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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