Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin A wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 16.Oktober 1978, GZ. 23 Vr 2315/78-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Juli 1962 geborene Glaserlehrling Martin A der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB. und der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 Abs. 1 (richtig auch Abs. 2) StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er im April 1978 in Sillianberg (Tirol) 1.) eine falsche inländische öffentliche Urkunde, nämlich das von ihm selbst angefertigte Mopedkennzeichen T
39.322 im Rechtsverkehr zum Beweise einer Tatsache, nämlich der ordnungsgemäßen Zulassung des Motorrades Marke Puch 175 SV, gebrauchte;
2.) um den Staat in seinem Recht auf Ausschließung hiezu nicht zugelassener Fahrzeuge vom Straßenverkehr absichtlich einen Schaden zuzufügen, dadurch, daß er das zu Punkt 1.) beschriebene Kennzeichen auf das nicht zugelassene, nicht verkehrssichere und nicht haftpflichtversicherte Motorrad Marke Puch 175 SV montierte und damit auf öffentlichen Straßen fuhr, die Straßenaufsichtsorgane zu einer Duldung, nämlich der Gestattung seiner Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr, zu verleiten versuchte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Nichtigkeitsbeschwerde zunächst insoweit, als darin unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.
behauptet wird, das Urteil enthalte keine Feststellungen darüber, ob der Angeklagte überhaupt eine (falsche) Urkunde zustande gebracht habe (die den Anschein erwecken konnte, ein amtliches Mopedkennzeichen zu sein), und ob die von ihm angefertigte Kennzeichentafel geeignet gewesen sei, die Täuschung eines Straßenaufsichtsorgans herbeizuführen. Denn im angefochtenen Urteil erfolgte ohnedies die Konstatierung, daß der Angeklagte aus Blech eine Mopedkennzeichentafel mit der Nummer T 39222 - somit eine öffentliche Urkunde (vgl. SSt. 46/62, ZVR. 1976/280 u.a.) - anfertigte und an seinem nicht zum Verkehr zugelassenen, nicht haftpflichtversicherten und nicht verkehrssicheren Moped anbrachte, daß dieses (wenn auch mangelhaft gefälschte) Kennzeichen (doch) die Eignung besaß, den Anschein eines echten und unverfälschten zu erwecken, und daß es vom Angeklagten auch in der Absicht verwendet wurde, allenfalls kontrollierende Straßenaufsichtsorgane über die Zulassung des Fahrzeugs zum Verkehr zu täuschen (vgl. S. 40 d.A.). Soweit aber der Beschwerdeführer die zitierten Tatsachenfeststellungen - auch unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. - mit dem Bestreben bekämpft, eine absolute Täuschungsuntauglichkeit der verfälschten Urkunde aufzuzeigen, ist sie nicht gerechtfertigt. Eine absolute Täuschungsuntauglichkeit läge nämlich nur vor, wenn die Fälschung wegen ihrer Primitivität im Rechtsverkehr generell, also gegenüber jedermann und unter allen Bedingungen, ungeeignet wäre, den Anschein der Echtheit und Unverfälschtheit hervorzurufen, so daß insoweit niemals und unter gar keinen Umständen ein Sicherheitsorgan getäuscht werden könnte (vgl. EvBl. 1978/200).
Derartiges hat aber das Erstgericht - ohne außer Acht zu lassen, daß die vom Angeklagten nachgemachte Blechkennzeichentafel eine ziemlich plumpe Fälschung darstellt -
eben nicht angenommen, sondern es hat im Gegenteil, und zwar durchaus im Einklang mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung (nur zu leicht kann die Fälschung eines Kennzeichens vor allem auf bewegtem Fahrzeug, bei schlechten Witterungs- und Lichtverhältnissen und bei einer im Verkehrsgeschehen geringeren Aufmerksamkeit und weniger kritischen Einstellung eines kontrollierenden Betrachters unerkannt bleiben) die daher auch zureichend begründete Feststellung getroffen, daß der vom Angeklagten nachgemachten Kennzeichentafel (grundsätzlich) die Eignung zukam, den Anschein einer echten und unverfälschten zu erwecken.
Es bleibt daher der letzte - auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützte - Einwand des Beschwerdeführers zu prüfen, das Vergehen der Urkundenfälschung könne mit jenem der (versuchten) Täuschung nicht eintätig zusammentreffen. Eine solche Prüfung ergibt jedoch, daß die vom Beschwerdeführer bestrittene Konkurrenzmöglichkeit deshalb bejaht werden muß, weil das Vergehen nach dem § 108 StGB. ein zusätzliches Schuldelement, nämlich die - für eine Urkundenfälschung nicht erforderliche -
Absicht des Täters voraussetzt, jemanden zu schädigen, dem durch die Unterstellung der Tat bloß unter die Bestimmungen der §§ 223, 224 StGB. nicht Rechnung getragen würde (vgl. SSt. 46/62 u.a.).
Die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Anmerkung
E01956European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00054.79.0504.000Dokumentnummer
JJT_19790504_OGH0002_0110OS00054_7900000_000