Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Roland A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1, Z 3 StGB ua strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Roland A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengerichtes vom 13. Dezember 1978, GZ 10 b Vr 443/77-42, den B e s c h l u ß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über eine Maßnahme gemäß dem § 290 Abs 1 StPO und die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 13. Dezember 1978, GZ 10 b Vr 443/77-42, wurde der am 5. Juli 1951 geborene, zuletzt arbeitslose Maler und Anstreicher Roland A der (realkonkurrierenden /vgl dazu EvBl 1978/168/) Vergehen der Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1 bzw auch 84 Abs 1 StGB und des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Verkündung dieses Urteils und Erteilung der Rechtsmittelbelehrung erklärte der Angeklagte, sich (drei Tage) Bedenkzeit vorzubehalten; der öffentliche Ankläger meldete Berufung an, zog dieses Rechtsmittel jedoch in der Folgezeit zurück (S 249, 261). Am 15. Dezember 1978 langte beim Kreisgericht Wr. Neustadt ein vom Verteidiger des Angeklagten verfaßter und unterfertigter, am Vortag zur Post gegebener Schriftsatz ein, in welchem (rechtzeitig im Sinne der §§ 284 Abs 1, 294 Abs 1 StPO) die Anmeldung der 'Nichtigkeitsbeschwerde wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe' und der 'Berufung wegen zu hoher Strafe und Nichtanwendung des § 43 StGB' erklärt wurde (S 263 f). Daraufhin verfügte der Vorsitzende des Schöffengerichtes die Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Verteidiger, welchem eine solche am 8. März 1979 zukam (S 261). Innerhalb der in den §§ 285 Abs 1, 294 Abs 2 StPO vorgesehenen (Vierzehntage-)Frist erfolgte keine Ausführung der vom Angeklagten angemeldeten Rechtsmittel.
Rechtliche Beurteilung
Ungeachtet der Bestimmung des § 285 a Z 2 StPO, welche die Zurückweisung einer Nichtigkeitsbeschwerde durch den Gerichtshof erster Instanz (Vorsitzenden /siehe § 285 b Abs 1 StPO/) vorschreibt, wenn - wie vorliegendenfalls - weder bei der Anmeldung noch in der Ausführung des in Rede stehenden Rechtsmittels einer der im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet, insbesondere wenn der Tatumstand, der den Nichtigkeitsgrund bilden soll, nicht ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisung angeführt ist, legte das Erstgericht die Nichtigkeitsbeschwerde (und Berufung) des Angeklagten dem Obersten Gerichtshof vor. Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde vom Obersten Gerichtshof bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1, erster Anwendungsfall, StPO).
Gleichwohl sah sich der Oberste Gerichtshof zwecks Ausübung der ihm gemäß dem § 290 Abs 1 StPO zustehenden Befugnis zur Anordnung eines Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung veranlaßt. Bei diesem wird auch die Berufung einer Erledigung zuzuführen sein (§ 296 Abs 3 StPO sinngemäß, sodaß § 285 b Abs 6 StPO nicht zur Anwendung gelangt). Die Anwendbarkeit des § 290 Abs 1
StPO auch in jenen Fällen, in denen die dem Obersten Gerichtshof vorgelegte Nichtigkeitsbeschwerde richtigerweise vom Erstgericht hätte zurückgewiesen werden sollen, entspricht ständiger Judikatur (vgl ua SSt 21/58 und SSt 42/53).
Anmerkung
E02142European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00064.79.0510.000Dokumentnummer
JJT_19790510_OGH0002_0120OS00064_7900000_000