Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. Jänner 1979, GZ 3 a Vr 8019/78-26, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. April 1942 geborene, zuletzt beschäftigungslose Rudolf A des Verbrechens des schweren (zu ergänzen: gewerbsmäßigen und räuberischen) Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 3, 128 Abs 1 Z 4, 130, 131 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffenG schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs hatte er in Wien I. in der Zeit zwischen 1973 und 3. 10. 1978 in zahlreichen Angriffen gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen im Wert von insgesamt 40.000 S, sohin in einem 5.000 S übersteigenden Wert, Nachgenannten mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, in den Fällen 4, 6 und 9 unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden war und zwar:
1.) Verfügungsberechtigten der Firma S***-O*** eine Sonnenbrille mit Samtetui und Putzlappen im Wert von 360 S;
2.) Verfügungsberechtigten der Boutique B ein Herrenhemd im Wert von 450 S;
3.) Verfügungsberechtigten der Firma C Arbeitshandschuhe im Wert von 100 S;
4.)
Verfügungsberechtigten der Firma D Jutesäcke im Wert von 100 S;
5.)
Verfügungsberechtigten der Firma E eine Schnürlsamtjacke im Wert von 998 S;
6.) Verfügungsberechtigten der Firma F einen Arbeitsmantel im Wert von 60 S;
7.)
Verfügungsberechtigten der Firma G einen Taschenrechner;
8.)
Verfügungsberechtigten der Firma H 12 Pullover, 2 Strickhemden, 4 Trikothemden, 32 Stück Hemden, 4 Rollkragenpullis und eine Strickweste im Gesamtwert von 9.275 S;
9.) Verfügungsberechtigten der Firma I ein Meßband, 3 Korkenzieher, 3 Dolche, 1 Wurfmesser, 1 Fallmesser, 1 komplettes Türschloß mit 3 Schlüsseln, eine Handbohrmaschine, 1 Rohrzange und diverses im einzelnen nicht mehr feststellbares Spezialwerkzeug in einem insgesamt nicht mehr feststellbaren Wert;
10.) Verfügungsberechtigten des Kaufhauses J 21 Paar Socken, 2 schwarze Lederwesten;
11.) Verfügungsberechtigten des Kaufhauses K a) 2 Gasfeuerzeuge der Marke 'Imco', 3 Herrentaschen, 7 Dosen Schuhpasta, 1 Regenschirm, 3 Herrenlederjacken, 13 Herrenhosen, 3 Badehosen, 21 Herrenunterhosen, 1 Herrenpulli, 12 Herrenhemden, 2 Hosenträger, 24 Paar Herrensocken, 5 Geldbörsen, 1 Schlüsseltäschchen, 2 Reisepaßetuis, 10 Spielzeugautos und verschiedenes Rasierwasser im Wert von rund 26.000 S;
b) am 3. 10. 1978, wobei er bei seiner Betretung auf frischer Tat dadurch, daß er dem ihn verfolgenden Warenhausdetektiv Karl L eine Tasche entgegenschleuderte und mit Fäusten auf ihn einschlug, Gewalt gegen eine Person anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten, eine schwarze Plastikumhängetasche, Taschenbücher, 1 Buchplan von Wien, 2 Paar Wollstrümpfe, 2 Schlüsselanhänger, 1 Feuerzeug, eine grüne Tragtasche, 1 Flasche Glem-Vital-Shampoo, 2 Pakete Haarshampoo, 2 (Tuben) Kaloderma-Hautcreme im Wert von rund 1.200 S;
II. in der Zeit zwischen 1968 bis 1978 unbefugt einen Revolver, Marke Nagan, Kaliber 7,62 Nr 62587, mithin eine Faustfeuerwaffe, besessen.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund rügt er die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung vom 24. 1. 1979 gestellten Beweisanträge: Wenn es auch richtig sei, daß er in bezug auf einen Teil der Gegenstände, deren rechtmäßiger Erwerb durch die beantragten Zeugen hätte erwiesen werden sollen, freigesprochen worden sei, so sei es doch hinsichtlich weiterer Sachen zu einer Verurteilung gekommen, woraus sich die Relevanz der bekämpften Vorgangsweise ergebe.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge schlägt nicht durch:
Wie dem Wortlaut des in Frage stehenden Beweisantrags zu entnehmen ist (vgl S 184 f), sollte durch die Einvernahme der beantragten Zeugen Rudolf A, Josefine A, Ingeborg M und Josefine N sowie durch eine Anfrage bei der Buchgemeinschaft O dargetan werden, daß die unter Punkt 12.) der Anklageschrift angeführten Gegenstände kein Diebsgut darstellten, sondern aus Geschenken und Käufen herrührten. Da nun hinsichtlich sämtlicher in diesem Anklagefaktum bezeichneten Sachen ein Freispruch gefällt wurde (vgl S 195 f), und zwar - entgegen den Beschwerdeausführungen -
auch hinsichtlich der darin angeführten Toilettesachen und Socken, wurden durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt und haftet mithin der Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO dem Urteil nicht an. Unbegründet ist aber auch die auf die Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Mängelrüge des Angeklagten, mit der er dem Urteil unvollständige und unzureichende Begründung zum Vorwurf macht:
Daß er vor der Polizei erklärt hatte (vgl S 46), er könne sich wegen der Vielzahl seiner Diebstähle nicht mehr genau an jede einzelne seiner Straftaten erinnern, bedurfte im Zusammenhang damit, daß er in der Hauptverhandlung (erstmals) geleugnet hatte, auch im Kaufhaus J Diebstähle begangen zu haben (vgl Urteilsfaktum I 10), keiner speziellen Erörterung, weil er an Hand des über die in seiner Wohnung sichergestellten Gegenstände errichteten Protokolls (vgl S 34 ff) bezüglich der in Frage stehenden Sachen (21 Paar Socken, 2 schwarze Lederwesten) vorbehaltslos bekundet hatte, sie im Kaufhaus J gestohlen zu haben (vgl S 47 und 49) und es im übrigen (als nicht entscheidungswesentlich) nicht darauf ankommt, ob sie diesem oder einem anderen Eigentümer weggenommen wurden.
Wenn der Angeklagte, auch hier eine Unvollständigkeit der Begründung geltend machend, des weiteren behauptet, das Erstgericht habe im Zusammenhang mit der (im Faktum I 11 b) vorgenommenen Qualifikation nach § 131 StGB den Umstand unerörtert gelassen, daß er den wertvollsten Teil der Diebsbeute, nämlich eine Tasche, gegen den Detektiv geworfen und so seine Verfügungsmacht daran aufgegeben habe, was dagegen spreche, daß er Gewalt angewendet habe, um sich im Besitz der Beute zu erhalten, kann dem gleichfalls nicht gefolgt werden.
Denn entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht ausdrücklich konstatiert (vgl S 197), der Angeklagte habe eine Tasche gegen das Gesicht des Detektivs (des Zeugen L) geworfen, und im übrigen daraus, daß der Angeklagte die zweite Tasche, in der sich die anderen, von ihm am 3. 10. 1978 gestohlenen Sachen befanden (vgl Urteilsfaktum I 11 b) in seiner Gewahrsame behielt, mängelfrei zu schließen vermocht, daß sowohl das Werfen der Tasche als auch das Führen von Faustschlägen gegen den Detektiv erfolgte, um den Angeklagten im Besitz der Diebsbeute zu erhalten (vgl S 201). Nicht stichhältig ist die Mängelrüge des Angeklagten aber auch insoweit, als sie dem Urteil im Zusammenhang mit der angenommenen Gewerbsmäßigkeit unzureichende Begründung vorwirft, weil das Erstgericht, ohne gegen Denkgesetze oder die Lebenserfahrung zu verstoßen, aus den einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten wegen Diebstahls und aus der Art und Vielzahl der von ihm in den letzten Jahren gesetzten Diebstähle den Schluß ziehen konnte, er habe in der Absicht gehandelt, sich durch laufende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl S 200).
Daß sich bei einer Aufteilung der Diebsbeute auf einen Zeitraum von 5 Jahren ein monatlicher Durchschnitts'erfolg' von ('nur') 667 S ergibt, daß der Angeklagte einen Großteil der Diebsbeute nicht veräußerte, versetzte oder sonst verwertete und daß er (nach seiner Verantwortung) immer wieder Arbeit zu erlangen versuchte und jede sich bietende Arbeitsgelegenheit ergriff, steht einer derartigen Absicht nicht entgegen bzw bedurfte es diesbezüglich keiner speziellen Würdigung, weil zur Gewerbsmäßigkeit schon das Anstreben eines Zuschusses zum sonstigen Einkommen des Täters genügt (vgl ÖJZ-LSK 1977/37;
1976/191 ua), sofern das kriminelle Einkommen die Bagatellgrenze
überschreitet (vgl ÖJZ-LSK 1975/139 = SSt 46/38;
SSt 47/32 = EvBl 1977/8) und die auf wiederkehrende Einnahmen
zielende innere Tendenz auch durch wiederholte Zueignung von Sachwerten, die unmittelbar der Befriedigung von Lebensbedürfnissen dienen, indiziert wird, sei es nun, daß der Täter diese wegen ihres Gebrauchswertes eine Einkommensquelle bildenden Sachwerte veräußert, sei es, daß er sie für sich verwenden wollte (vgl ÖJZ-LSK 1977/8).
Ebensowenig begründet wie die Mängelrüge ist aber schließlich auch die sich auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO berufende Rechtsrüge des Angeklagten, mit der er Feststellungsmängel in bezug auf die Qualifikation nach § 131 StGB behauptet, weil das Erstgericht - wie bereits oben dargetan - entgegen den insoweit aktenwidrigen Beschwerdeausführungen ausdrücklich konstatierte, der Angeklagte habe gegen den Warenhausdetektiv Gewalt angewandt, um sich den Besitz der Beute zu erhalten. Wenn der Angeklagte daher in diesem Punkte behauptet, seine Absicht sei nur darauf gerichtet gewesen, nicht angehalten bzw nicht verhaftet zu werden, verläßt er den Boden der erstgerichtlichen (mängelfrei begründeten) Feststellungen und bringt damit den relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Dies ist aber auch bei der gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung gerichteten Rechtsrüge der Fall, da der Beschwerdeführer auch hier nicht von den bereits erörterten erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen ausgeht, denen das Vorliegen der hiefür wesentlichen Tendenz eindeutig zu entnehmen ist.
Seine Nichtigkeitsbeschwerde war mithin teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
Gemäß § 296 Abs 3 StPO wird über die Berufung des Angeklagten bei einer mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02049European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00072.79.0515.000Dokumentnummer
JJT_19790515_OGH0002_0090OS00072_7900000_000