Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Arnold A wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 5. März 1979, GZ 8 Vr 42/79-12, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28. April 1952 geborene Laborant Arnold A des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1
StGB schuldig erkannt.
Er bekämpft den Schuldspruch mit einer auf Z 3 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er geltend macht, das Erstgericht habe zu Unrecht die §ffentlichkeit der Hauptverhandlung ausgeschlossen, weil der Sachverhalt durch die Gendarmerieerhebungen und die Vernehmungen vor der Gendarmerie vollständig geklärt und in keiner Weise zu befürchten gewesen sei, daß in der Hauptverhandlung irgendwelche Umstände erörtert würden, die geeignet gewesen wären, die öffentliche Sittlichkeit zu gefährden.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Gemäß § 228 StPO ist die Hauptverhandlung bei sonstiger Nichtigkeit öffentlich durchzuführen. Die §ffentlichkeit der Hauptverhandlung darf nur aus Gründen der Sittlichkeit oder der öffentliche Ordnung ausgeschlossen werden (§ 229 erster Satz StPO). Vorliegend hat das Erstgericht die §ffentlichkeit der Hauptverhandlung 'wegen Gefährdung der öffentlichen Sittlichkeit' ausgeschlossen (S. 42 d. A). Steht ein Sittlichkeitsdelikt (wozu das dem Angeklagten angelastete Verbrechen der /versuchten/
Nötigung zum Beischlaf gehört) zur Verhandlung, dann können Gründe der Sittlichkeit gegen eine volksöffentliche Durchführung der Hauptverhandlung sprechen. Dabei ist die Frage, ob die §ffentlichkeit aus diesen Gründen auszuschließen ist, nach der Lage des Falles, wie sie sich im Zeitpunkt der Entscheidung über den Ausschluß der §ffentlichkeit darstellt, und nicht nach jener, wie sie auf Grund des Ergebnisses der unter Ausschluß der §ffentlichkeit durchgeführten Hauptverhandlung gegeben ist, mithin immer auf Grund einer ex tunc-, nicht aber einer ex nunc-Betrachtung zu beantworten (vgl. SSt. 41/7). Vor Durchführung der Hauptverhandlung konnte das Erstgericht aber auch im vorliegenden Fall die Gefahr einer Beeinträchtigung der allgemeinen Sittlichkeit bei volksöffentlicher Durchführung der Hauptverhandlung als gegeben erachten.
Abgesehen davon setzt die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO zum Vorteil des Angeklagten voraus, daß der behauptete Formverstoß auf die Entscheidung des Gerichtes in der Schuld- und Straffrage einen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs 3 StPO). Weder das Vorbringen des Beschwerdeführers noch die Aktenlage bieten aber irgendwelche Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen nachteiligen Einflusses infolge Durchführung der Hauptverhandlung unter Ausschluß der §ffentlichkeit. Selbst wenn daher der Ausschluß der §ffentlichkeit entgegen der Vorschrift des § 229 erfolgt wäre, wäre für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil nach der gesamten Sachlage unzweifelhaft erkennbar ist, daß der behauptete Formverstoß auf das Urteil keinen dem (von vornherein voll geständigen) Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Über die beiden Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E02007European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00057.79.0528.000Dokumentnummer
JJT_19790528_OGH0002_0120OS00057_7900000_000