TE OGH 1979/5/29 9Os63/79

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Veröffentlicht am 29.05.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführer in der Strafsache gegen Michaela A und Walter B wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die von der Angeklagten Michaela A erhobene Berufung sowie über die von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagter erhobene Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.Jänner 1979, GZ 6 c Vr 408/78-39, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, nach Verlesung der Berufung der Staatsanwaltschaft und nach Anhörung der Ausführungen der Verteidiger Dr. Gstettner und Dr. Rant und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil in dem die Angeklagte Michaela A betreffenden Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahingehend ergänzt, daß dieser Angeklagten gemäß § 38 Abs 1 Z 2 StGB auch die im Strafverfahren vor dem zuständigen Gericht in Fes (Marokko) wegen Suchtgiftdelikten (deretwegen sie mit Urteil des zuständigen Gerichtes in Fes vom 15.Dezember 1977 zu einer dreimonatigen bedingten Haftstrafe und zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist) erlittene (Vor) Haft vom 7.Dezember 1977 (12 Uhr) bis 15.Dezember 1977 (12 Uhr) auf die Strafe angerechnet wird. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß über den Angeklagten Walter B eine Zusatzstrafe von 6 (sechs) Monaten verhängt wird.

Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft und der Berufung der Angeklagten Michaela A nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Michaela A und Walter B des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG. sowie des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2 (richtig: 1), Abs 2 SuchtgiftG., Michaela A auch des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG.

schuldig erkannt und Michaela A nach § 28 StGB und § 6 Abs 1 SuchtgiftG. unter Anwendung des § 41 Abs 1

StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Hinsichtlich des Angeklagten Walter B nahm das Gericht unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13.Dezember 1977, AZ 6 a Vr 8209/77, Hv 187/77, von der Verhängung einer Zusatzstrafe Abstand.

Gemäß § 6 Abs 4 SuchtgiftG. wurde jedoch über ihn - ebenso übrigens auch über die Angeklagte Michaela A -

eine Geldstrafe von S 5.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Woche Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Der Angeklagten Michaela A wurde gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB

die am 14.Februar 1978 von 18,45 Uhr bis 22,25 Uhr erlittene Verwahrungshaft auf die ausgesprochene Strafe angerechnet. Inhaltlich des Urteilsspruches hatten I./ Michaela A und Walter

B zwischen Sommer 1977 und September 1977 in Wien vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen in Verkehr gesetzt, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, und zwar:

1.) Michaela A, indem sie zumindest 5 Gramm Morphium an unbekannte Personen veräußerte;

2.) Walter B, indem er zumindest 5 Gramm Morphium an Michaela A veräußerte;

II./ Michaela A und Walter B in der Zeit zwischen Sommer 1977 und September 1977 in Wien gewerbsmäßig anderen ein Suchtgift überlassen, zu dessen Bezug diese nicht berechtigt waren, und zwar:

1.) Michaela A zumindest 13 1/2 Gramm Morphium an Mario C, Kurt D, Franz E, Nikolas F, Walter B und Ingrid G;

2.) Walter B zumindest 18 Gramm Morphium an Michaela A;

III./Michaela A in der Zeit zwischen Anfang 1977 und Ende 1977 unberechtigt Suchtgift erworben und besessen.

Bei der Ausmessung der Strafe nahm das Gericht bei Michaela A die einschlägige Vorverurteilung als erschwerend an; ferner die Wiederholung des strafbaren Verhaltens, das Zusammentreffen von Delikten und den unmittelbaren Rückfall nach ihrer Verurteilung wegen Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. in das gleichartige strafbare Verhalten. Bei Walter B erachtete es die Erschwerungsgründe der Wiederholung des strafbaren Verhaltens, des Zusammentreffens von Delikten, des Vorliegens einer einschlägigen Vorverurteilung für gegeben; weiters nahm es bei ihm die Begehung der Tat während einer ihm gesetzten Probezeit als erschwerend an. Als mildernd gewertet wurden hingegen bei Michaela A das teilweise Geständnis und das Alter unter 21 Jahren; weiters die Tatsache, daß sie einen erheblichen Teil der ihr zur Last liegenden strafbaren Handlungen unmittelbar nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres begangen hatte, sowie die eigene Süchtigkeit als Triebfeder für die gewerbsmäßige Weitergabe von Suchtgift;

bei Walter B hingegen lediglich die teilweise geständige Verantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte Michaela A Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und die Staatsanwaltschaft Berufung hinsichtlich beider Angeklagten erhoben. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Michaela A wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 8.Mai 1979, GZ 9 Os 63/79-5, bereits in der nichtöffentlichen Sitzung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages waren daher nur mehr die Berufungen der Angeklagten A und der Staatsanwaltschaft sowie eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO, die sich der Oberste Gerichtshof anläßlich der Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde vorbehalten hatte. Aus Anlaß dieses Rechtsmittels konnte er sich nämlich davon überzeugen, daß das Erstgericht durch die Nichtanrechnung der von der Angeklagten Michaela A im Strafverfahren vor dem zuständigen Gericht in Fes (Marokko) wegen Suchtgiftdelikten - deretwegen sie mit Urteil dieses Gerichtes vom 15.Dezember 1977 zu einer dreimonatigen bedingten Haftstrafe und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 500 Dirham verurteilt worden war - erlittene Vorhaft vom 7.Dezember 1977 (12 Uhr) bis 15.Dezember 1977 (12 Uhr) das Gesetz zum Nachteil dieser Angeklagten verletzt hat (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO). Dieser Fehler des Urteils war sohin von amtswegen zu beheben.

Die Angeklagte A strebt mit der von ihr erhobenen Berufung eine Herabsetzung der über sie verhängten Strafe und die Gewährung der Strafnachsicht an. Die Staatsanwaltschaft hingegen begehrt in Ansehung der Angeklagten A die Erhöhung des Strafmaßes und beim Angeklagten B den Ausspruch einer Zusatzstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB zu dem oben angeführten Urteil.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt insoferne Berechtigung zu, als im Hinblick auf die nicht ganz unbeträchtliche Menge von Suchtgiften, deren Verhandeln der Angeklagte im gegenständlichen Verfahren zu verantworten hat, die Abstandnahme von der Verhängung einer Zusatzstrafe nicht gerechtfertigt ist. Bei gemeinsamer Aburteilung der den Gegenstand des Verfahrens 6 a Vr 8209/77, Hv 187/77, des Landesgerichtes für Strafsachen Wien bildenden Straftaten mit den hier abgeurteilten Delikten wäre eine Freiheitsstrafe von insgesamt zweieinhalb Jahren angemessen gewesen. Demzufolge war im vorliegenden Verfahren noch eine Zusatzstrafe von 6 Monaten zu der im Urteil vom 13.Dezember 1977 ausgesprochenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren auszusprechen. Hingegen kann der von der Angeklagten A erhobenen Berufung ebensowenig Berechtigung zuerkannt werden, wie dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, soweit sich dieses auf die genannte Angeklagte bezieht. In Ansehung der Angeklagten A hat das Erstgericht die Strafzumessungsgründe - im wesentlichen - richtig und vollständig festgestellt. Sie sind nur dahingehend zu berichtigen, als die genannte Angeklagte einen Teil der strafbaren Handlungen schon vor Vollendung des 18.Lebensjahres gesetzt hat.

Diesem Umstand aber hat das Gericht bei der gegebenen Sachlage bei der Ausmessung der Strafe ohnedies ausreichend Rechnung getragen, weil es der Angeklagten nicht nur zugute gehalten hat, die strafbaren Handlungen vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen zu haben, sondern auch berücksichtigte, daß sie einen erheblichen Teil der Suchtgiftdelikte unmittelbar nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres begangen hat. Die Tatsache, daß die Angeklagte A Suchtgift verkaufte, um aus dem Erlös ihren eigenen Suchtgiftbedarf finanzieren zu können, ändert an der Strafwürdigkeit ihres Verhaltens nichts. Im übrigen wurde die eigene Süchtigkeit dieser Angeklagten vom Erstgericht ohnedies als mildernd gewertet. Bei gemeinsamer Aburteilung der von der Angeklagten A in Marokko begangenen Straftat (Erwerb von 250 g Haschisch; siehe dazu S. 137 des Aktes) mit den den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden strafbaren Handlungen wäre eine Freiheitsstrafe von insgesamt neun Monaten angemessen gewesen. Eine Haftstrafe in der Dauer von drei Monaten wurde über die Angeklagte vom zuständigen Gericht in Fes (Marokko) verhängt. Es war sohin die vom Erstgericht ausgesprochene Strafe von sechs Monaten (auch als Zusatzstrafe) angemessen. Insoweit konnte der Berufung der Staatsanwaltschaft, die eine Erhöhung der Strafe unter Ausschaltung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs 1

StGB anstrebt, kein Erfolg beschieden sein. Von dieser Bestimmung hat nämlich das Erstgericht in Hinblick auf die vorliegenden Milderungsumstände, die die Erschwerungsgründe ihrem Gewicht nach überwiegen und die Aussicht begründet erscheinen lassen, daß die Angeklagte auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, zu Recht Gebrauch gemacht. Es erschien dem Obersten Gerichtshof wegen des Vorlebens der Angeklagten und des Grades ihrer Schuld, sohin aus spezialpräventiven Erwägungen, aber auch aus generalpräventiver Sicht - im Hinblick auf das Zunehmen von Suchtgiftdelikten gerade unter Jugendlichen und heranwachsenden Personen - die Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB nicht vertretbar, weshalb der in dieser Richtung erhobenen Berufung der Angeklagten ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02032

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00063.79.0529.000

Dokumentnummer

JJT_19790529_OGH0002_0090OS00063_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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