Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Julius A wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 5. Juli 1978, GZ 9 U 721/78-3, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 5. Juli 1978, GZ 9 U 721/78-3, mit welcher Julius A wegen Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125
StGB bestraft wurde, verletzt das Gesetz in dem im XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung verankerten Verfahrensgrundsatz der materiellen Rechtskraft.
Diese Strafverfügung und alle darauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen werden aufgehoben und es wird im Sinne der §§ 282, 288 Abs 2 Z 3 StPO der vom öffentlichen Ankläger gestellte Antrag vom 26. Juni 1978
auf Bestrafung des Julius A wegen Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, begangen am 30. April 1978
durch (vorsätzliches) Einschlagen einer Fensterscheibe der Wohnung der Monika B in Wien 22., Erzherzog Karl Straße 68/10 (S. 10 des Aktes 9 U 721/78 des Bezirksgerichtes Floridsdorf) abgewiesen sowie das Verfahren gegen den Genannten, 9 U 721/78 des Bezirksgerichtes Floridsdorf, eingestellt.
Text
Gründe:
I./ Auf Grund der seitens der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt am 17. Mai 1978 der Staatsanwaltschaft Wien zur 'Kenntnisnahme' übermittelten Anzeige wurde nach einem von der Staatsanwaltschaft am 29. Mai 1978 gestellten Antrag auf Bestrafung mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 12. Juni 1978, GZ 9 U 662/78-2, über den am 14. Mai 1947
geborenen Julius A wegen Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 30. April 1978
zwei Fensterscheiben der Wohnung der Monika B in Wien 22., Erzherzog Karl Straße 68/10, eingeschlagen und solcherart fremde Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert zerstört hatte. Diese Strafverfügung erwuchs in Rechtskraft.
Mit der weiteren, über Bestrafungsantrag des Bezirksanwaltes beim Bezirksgericht Floridsdorf vom 26. Juni 1978 von demselben Gericht am 5. Juli 1978 erlassenen, gleichfalls in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung, GZ 9 U 721/78-3, wurde über Julius A im Zusammenhang mit demselben - bereits den Gegenstand der eingangs erwähnten Strafverfügung vom 12. Juni 1978 bildenden -
Vorfall vom 30. April 1978, über den die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt, am 5. Juni 1978 außerdem eine (weitere) Anzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Floridsdorf erstattet hatte, wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, begangen am 30. April 1978 durch Einschlagen einer dem Wert nach 5.000 S nicht übersteigenden Fensterscheibe der Wohnung (der Monika B) in Wien 22., Erzherzog Karl Straße 68/10, erneut eine Geldstrafe (und zwar dieses Mal 50 Tagessätze zu je 100 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 25 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, die er bisher noch nicht bezahlt hat.
Rechtliche Beurteilung
II./ Die in ihren Rechtswirkungen einem Urteil gleichkommende (zweite) Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 5. Juli 1978, GZ 9 U 721/78-3, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil Julius A damit erneut wegen einer Tat bestraft wurde, die bereits Gegenstand der (mit Ablauf des 4. Juli 1978 in Rechtskraft erwachsenen) Strafverfügung dieses Gerichtes vom 12. Juni 1978, GZ 9 U 662/78-2 war. Dieser Vorgang verstößt somit zum Nachteil des davon Betroffenen gegen den aus den Bestimmungen des XX. Hauptstückes klar und unmißverständlich hervorleuchtenden Verfahrensgrundsatz der materiellen Rechtskraft (Verbot des 'ne bis in idem', das in gleichem Maße wie für Urteil auch für Strafverfügungen gilt - vgl. SSt 13/59). Das Bezirksgericht Floridsdorf hätte vielmehr von vorneherein die vom öffentlichen Ankläger begehrte Einleitung eines - abermaligen - Strafverfahrens gegen Julius A wegen Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB mit Beschluß ablehnen müssen (vgl. 13 Os 104/74
und 9 Os 3/77 /= LSK 1977/104/ sowie die dort angeführte Literatur und Judikatur).
Es war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen begründeten Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach dem letzten Satz des § 292 StPO spruchgemäß zu erkennen.
Anmerkung
E02052European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00081.79.0606.000Dokumentnummer
JJT_19790606_OGH0002_0100OS00081_7900000_000