Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Hermine A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 18.Oktober 1978, GZ 15 Vr 2142/77-18, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht erkannte die am 20.Oktober 1949 geborene kaufmännische Angestellte Hermine A des Verbrechens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 2
StGB schuldig. Ihr liegt zur Last, daß sie am 28.Juni 1977 vor dem Schöffengericht in Salzburg zu Gunsten ihres wegen Diebstahls und dauernder Sachentziehung angeklagten damaligen Lebensgefährten Harald B unter Eid fälschlich behauptete, B habe in der Nacht zum 25. Februar 1977 die gemeinsame Wohnung nicht verlassen. Hinsichtlich des dem Vorprozeß zugrunde gelegenen Sachverhalts kann, um eine abermalige Wiederholung zu vermeiden, auf die überaus sorgfältigen Darstellungen im Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 28.Juni 1977, GZ 16 Vr 615/77-51 (hier ON. 3), im Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 14.November 1977, GZ 10 Os 140/77-3 (hier inneliegend in ON. 12), und im angefochtenen Urteil verwiesen werden. Die Angeklagte ficht den Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO an.
Die Angeklagten Heinrich C und Peter D hatten in der Hauptverhandlung am 28.Juni 1977 angegeben, daß sie den in den Räumlichkeiten der Firma R***-F*** vorgefundenen Standtresor zu zweit nicht wegschaffen konnten, deshalb zur Wohnung des Mitangeklagten Harald B fuhren, zu der D einen Schlüssel hatte, die Wohnungstür aufsperrten, eintraten, B und A in einem Bett liegend antrafen, ferner, daß A aufgewacht ist, aber nichts gesagt hat, und daß sodann B mit seinen beiden Komplizen die Wohnung verließ, um an dem Diebstahl des Tresors mitzuwirken (S. 81, 97, 103 f., 111). Im gegenständlichen Verfahren wurden C und D als Zeugen vernommen. Während C im wesentlichen seine früheren Angaben aufrecht erhielt, erklärte D, daß er sich an nichts mehr erinnern könne, seine ehemaligen Depositionen seien aber richtig gewesen (S. 204). Daraufhin beantragte der Verteidiger der Angeklagten A die Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob D infolge seiner psychischen Beschaffenheit außerstande sei, sich an das Geschehen zu erinnern (S. 205). Die Ablehnung dieses Antrags rügt die Beschwerdeführerin als Verfahrensmangel.
Schon das Erstgericht hat in Begründung seines Zwischenerkenntnisses zutreffend ausgeführt, daß das Ergebnis einer derartigen ärztlichen Begutachtung, wie immer es ausfallen mag, an der abgelegten Zeugenaussage DS und an dem einzigen, die Beschwerdeführerin belastenden Bestandteil derselben, nämlich an der Erklärung der Richtigkeit der Verantwortung DS als Angeklagter im Vorprozeß, nichts ändern könnte (S. 236, 237). Damit bleibt die Frage, ob A aufgewacht ist und ihren Lebensgefährten die Wohnung verlassen gesehen hat, eine solche der Beweiswürdigung (S. 237), die vom Gericht zu lösen ist und von einem medizinischen Sachverständigen (im Rahmen des angegebenen Beweisthemas) nicht beantwortet werden könnte. Im übrigen bedürfte die ärztliche, auch die psychiatrische Untersuchung der Zustimmung des Zeugen (SSt. 29/85, LSK. 1976/151, 1978/392 u.a.). Der Antrag wurde zu Recht abgewiesen. Desgleichen der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Theresia E (S. 213), die in der 'stockdunklen' Nacht zum 26.Februar 1977, aus dem Schlaf geweckt, von ihrem Wohnungsfenster aus 'schemenhaft' (nur) zwei Männer in die Werkstätte F eindringen gesehen haben will (ON. 87 in ON. 12; siehe Faktum III b im Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 28.Juni 1977, GZ 16 Vr 615/77-51). Abermals zutreffend hat das Erstgericht in der Erledigung des Antrags dargetan, daß der Gegenstand dieses Verfahrens und Urteils die Vorgänge in der Nacht zum 25.Februar 1977 (Diebstahl bei R*** F***) sind und daß darnach der Beweisantrag gänzlich an der Sache vorbeigeht (S. 239, 240).
Die Mängelrüge läuft nach Inhalt und Zielsetzung im wesentlichen auf eine unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung des Schöffengerichts hinaus. Ohne daß sohin auf einzelne Einwände überhaupt eingegangen werden müßte, sei dennoch kurz gesagt, daß die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Aussage des Zeugen Georg G im Urteil (S. 239) mit dem Hauptverhandlungs-Protokoll (S. 211, 212) und mit den dort bezogenen Angaben GS auf Seite 167 a in ON. 12 übereinstimmt und daß die Bekundung eines unruhigen Schlafs seitens des Zeugen so gut wie nichtssagend ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerdebehauptung, der Zeuge C habe ausgesagt, daß die Angeklagte geschlafen habe, reißt einen Satz aus dem Zusammenhang; unmittelbar darnach hat nämlich C zu Protokoll gegeben: 'Sie müssen sie selber fragen, ob sie geschlafen hat', davor hatte er deponiert:
'Ich kann mich nicht erinnern, ob sie wach war' (S. 206); im Vorprozeß hatte er angegeben: 'Hermine A ist aufgewacht' (S. 81) und: 'Sie ist wach geworden' (S. 97); nach Vorhalt hievon sagte er nunmehr: 'Möglich, daß sie aufgewacht ist, ich weiß es nicht mehr' (S. 207). Sonach ist aus dem herausgerissenen Aussagefragment für die Angeklagte nichts zu gewinnen.
Der Zeuge Peter Joachim H hat im Vorprozeß (siehe S. 149) und in der nunmehrigen Hauptverhandlung (S. 212) übereinstimmend angegeben, C habe ihm erzählt, er und D hätten den B 'einidraht'. Erst, als ihm am Schluß seiner Vernehmung der Verteidiger die Angaben CS vorhielt und er dann gefragt wurde, ob C gesagt habe: 'unschuldig einidraht', bejahte der Zeuge dies (S. 213; siehe dazu § 200 Abs 2 StPO). Mit der Mehrdeutigkeit des Ausdrucks 'einidraht' hat sich der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung vom 14.November 1977, GZ 10 Os 140/77-3 (dort S. 5), befaßt, worauf Bezug genommen werden kann; für die Beschwerdeführerin ist daraus gar nichts abzuleiten. Die rund sechzehn Monate nach der Einvernahme HS in der Hauptverhandlung des Vorprozesses und auch jetzt erst knapp vor seinem Abtreten aus dem Zeugenstand nach einer wörtlichen Formulierung durch den Fragesteller zustandegekommene Beifügung des Adverbs 'unschuldig' wurde vom Schöffensenat, der sich mit den Bekundungen HS eingehend auseinandergesetzt hat (S. 238, 239), erkennbar als unglaubwürdig abgelehnt; ein Begründungsmangel ist auch hier nicht zu erblicken.
Die den Vorsatz des § 288 StGB (respektive eine tragfähige diesbezügliche Urteilskonstatierung) bestreitende Rechtsrüge geht von der urteilsfremden Annahme aus, daß die Beschwerdeführerin geschlafen hat, als C und D sich in der Wohnung aufhielten, und daß sie deren Erscheinen nicht bemerkt hat. Indem die Rechtsmittelwerberin dabei von der Urteilsfeststellung abweicht, daß sie beim Besuch der Komplizen ihres Lebensgefährten erwacht ist und darum wahrgenommen hat, daß B die Wohnung verließ (S. 240 unten, 241 oben), bringt sie den materiellen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach der Z 1
dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Die im Spruch dieses Beschlusses enthaltene, den Ersatz der von ihr verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens der Angeklagten auferlegende Entscheidung erfließt aus § 390 a StPO
Anmerkung
E02029European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00071.79.0606.000Dokumentnummer
JJT_19790606_OGH0002_0100OS00071_7900000_000