Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred A und andere wegen des Verbrechens nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG. und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 16. Februar 1978, GZ 19 Vr 1144/77-43, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Harramach zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 16. Februar 1978, GZ 19 Vr 1144/77-43, verletzt das Gesetz 1. in der getrennten rechtlichen Beurteilung der unter den Punkten B/I und B/II des Urteilssatzes bezeichneten, dem Angeklagten Alfred A und dem Angeklagten Klaus B zur Last liegenden Tathandlungen als Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. und als Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG. in den angeführten Bestimmungen, 2. im Ausspruch über den Verfall einer Porzellanpfeife und zweier 'Haschischwaagen' in der Bestimmung des § 6 Abs 3
SuchtgiftG.
Das bezeichnete Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in diesen Aussprüchen sowie demgemäß auch in den Strafaussprüchen, einschließlich der Aussprüche über den Verfall gemäß §§ 6 Abs 3, 9 Abs 3 SuchtgiftG., aufgehoben und es wird gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 StPO in der Sache selbst erkannt:
Alfred A und Klaus B haben durch das unter den Punkten B/I und B/II des Urteilssatzes angeführte Tatverhalten das Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG. begangen und werden hiefür sowie für das ihnen nach dem unberührt bleibenden Punkt A/ des Schuldspruches zur Last fallende Verbrechen nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG. je nach dem ersten Strafsatz des § 6 Abs 1 SuchtgiftG. unter Anwendung des § 28 StGB
zu Freiheitsstrafen, und zwar Alfred A zu einer solchen in der Dauer von 20 (zwanzig) Monaten und Klaus B zu einer solchen in der Dauer von 14 (vierzehn) Monaten sowie beide Angeklagte gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43 Abs 2 StGB wird die über Klaus B verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 6 Abs 3 SuchtgiftG. werden die beschlagnahmten Hanfpflanzen und eine Schachtel mit zehn Dekagramm Hanfsamen und (Hanf-)Blättern, sowie gemäß § 9 Abs 3 SuchtgiftG. die beschlagnahmten Suchtgiftvorräte, nämlich 37 Gramm Haschisch und ein 'Joint', für verfallen erklärt.
Weiters werden gemäß § 26 Abs 1 StGB die beschlagnahmten Druckwerke 'Marijuana Grower' s Guide' und 'Kompost' eingezogen. Der Antrag des öffentlichen Anklägers auf Verfall einer Porzellanpfeife und zweier 'Haschischwaagen' wird hingegen abgewiesen.
Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung gemäß § 38 Abs 1 StGB in Ansehung beider Angeklagter wird aus dem Ersturteil übernommen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 16. Februar 1978, GZ 19 Vr 1144/77-43, wurden der am 4. Februar 1955 geborene beschäftigungslose Alfred A und der am 14. Juni 1955 geborene Matrose Klaus B wie folgt schuldig erkannt:
1. des Verbrechens nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG., begangen in der Zeit von April 1977 bis 12. September 1977 in Biberbach durch Anbau und Aufzucht von etwa 150 Cannabis-Pflanzen (Punkt A/ des Urteilssatzes), 2. des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG., begangen in Wien in der Zeit von 1974 bis 1977 durch unberechtigten Erwerb und Besitz von Suchtgift, nämlich etwa 450 Gramm Haschisch und 50 Stück LSD-Trips bei Alfred A (Punkt B/I/1 des Urteilssatzes) und von 500 Gramm Haschisch bei Klaus B (Punkt B/I/2 des Urteilssatzes), 3. des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG., begangen am selben Ort und im selben Zeitraum durch wiederholtes Überlassen von Suchtgift, nämlich Haschisch, an unbekannte, zu dessen Bezug nicht berechtigte Personen (Punkt B/II/1 und 2 des Urteilssatzes).
Alfred A und Klaus B wurden hiefür nach §§ 28 StGB, 6 Abs 1 SuchtgiftG. zu Freiheitsstrafen, und zwar A zu 20 Monaten und B zu 14 Monaten, verurteilt, wobei die über B verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Gemäß § 6 Abs 3 SuchtgiftG. wurden die beschlagnahmten Hanfpflanzen, eine Schachtel mit zehn Dekagramm Hanfsamen und (Hanf-)Blättern, zwei 'Zeitschriften über Marihuana', eine Porzellanpfeife und zwei Stück 'Haschischwaren' (gemeint:
'Haschischwaagen'; S. 263 und 268 d.A.), sowie weiters gemäß § 9 Abs 3 SuchtgiftG. 37 Gramm Haschisch und ein 'Joint' (offenbar mit Cannabis präparierte Zigarette; vgl. S. 139 und 141 d.A.) für verfallen erklärt.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen. Es steht jedoch zum Teil mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Zunächst ist das bezeichnete Urteil mit einer Nichtigkeit im Sinne der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet, weil das dem Angeklagten A zu den Punkten B/I/1, II/1 des Urteilssatzes und das dem Angeklagten B zu den Punkten B/I/2, II/2 des Urteilssatzes zur Last liegende Tatverhalten sowohl als das Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. als auch als das Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG. beurteilt wurde, wiewohl rechtsrichtig nur ein einziges Vergehen (nach § 9 Abs 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG.) vorliegt. Denn nach den Feststellungen (S. 260, 262 d.A.) stammt das von beiden Angeklagten an Unberechtigte, teils durch Mitrauchenlassen, teils durch Verkauf, überlassene Haschisch (Punkt B/II/1 und 2 des Urteilssatzes) aus Suchtgiftmengen, welche die beiden Angeklagten im Sinne des § 9 Abs 1 Z2
SuchtgiftG. unberechtigt erworben und besessen haben (Punkt B/I/1 und 2 des Urteilssatzes). Da die in den Z 1 und 2 des § 9 Abs 1 SuchtgiftG. angeführten Begehungsformen aber bloße Modifikationen eines und desselben Deliktes sind, erfolgte die getrennte Zurechnung der Überlassung des Suchtgifts an andere als Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG. neben dem Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. zu Unrecht (ÖJZ-LSK. 1977/169), wodurch das Gesetz in diesen beiden Bestimmungen zum Nachteil der Verurteilten verletzt wurde.
Der Ausspruch des Verfalls einer Porzellanpfeife und zweier 'Haschischwaagen' (gemeint: einer Briefwaage und einer Armwaage; S. 55 a verso, 249 d.A.), verletzt hingegen das Gesetz in der Bestimmung des § 6 Abs 3 SuchtgiftG.
Verfall (§ 6 Abs 3 SuchtgiftG.) und Einziehung (§ 26 StGB) sind sachbezogene Unrechtsfolgen; für beide gilt das Analogieverbot (ÖJZ-LSK. 1977/5, 1978/227). Gemäß § 6 Abs 3 SuchtgiftG. sind die den Gegenstand der strafbaren Handlung (nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG.) bildenden Sachen oder ihr Erlös für verfallen zu erklären, wenn sie dem Täter oder einem Mitschuldigen oder Teilnehmer gehören oder zur Zeit der Beschlagnahme gehörten. In anderen Fällen können sie für verfallen erklärt werden. Ebenso können die zur Herstellung oder Verarbeitung dienenden Materialien und Gerätschaften sowie unter bestimmten Voraussetzungen die zum Transport verwendeten Fahrzeuge für verfallen erklärt werden. Bei der Pfeife und den beiden Waagen handelt es sich vorliegend weder um den Gegenstand der strafbaren Handlung bildende Sachen (diese stellen ausschließlich die Haschischpflanzen und deren getrocknete und teils auch schon verriebene Blätter und Blütenstände dar), noch begriffsmäßig um zur Herstellung oder Verarbeitung des Suchtgiftes dienende Materialien oder Gerätschaften. Auch die Verwendung der Waagen beim Verkauf des Suchtgiftes entspricht daher nicht den Bedingungen für den Verfall nach § 6 Abs 3 SuchtgiftG. Ebenso fehlt es aber auch an den Voraussetzungen für eine Einziehung dieser Gegenstände nach § 26 Abs 1 StGB
Nach dieser Gesetzesbestimmung sind Gegenstände, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Handlung verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, einzuziehen, wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken.
Die Pfeife diente bloß dem nicht im Sinne einer strafbaren Handlung tatbildlichen Genuß des Suchtgiftes (ÖJZ-LSK.
1977/5 = RZ 1977/21 u.a.) und unterliegt schon aus diesem Grunde nicht der Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB
Wenn auch in Ansehung der beiden Waagen die (Grund-) Voraussetzungen des § 26 Abs 1 StGB insoweit zutreffen, als, wie das Erstgericht annahm, die Waagen von den Angeklagten zur Portionierung der verriebenen Hanfblätter bei deren Überlassung an andere verwendet worden oder zu einer solchen Verwendung bestimmt gewesen sind (S. 263 d.A.), so kann doch hier wieder nicht gesagt werden, daß - im Sinne der weiteren Bedingnisse des § 26 Abs 1 StGB - diese Gegenstände ihrer besonderen Beschaffenheit nach spezifisch in erster Linie zur Verübung mit Strafe bedrohter Handlungen geeignet seien und deshalb ihre Einziehung geboten wäre, um deren Begehung entgegenzuwirken.
Da für den Verfall der genannten Gegenstände, wie auch für deren Einziehung, somit die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen, ist das Urteil insofern mit einer sich zum Nachteil beider Angeklagten auswirkenden Nichtigkeit nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO behaftet (ÖJZ-LSK. 1977/5, 1978/143, 227 u.a.).
Anders verhält es sich im Ergebnis mit dem ebenfalls gemäß § 6 Abs 3 SuchtgiftG. ausgesprochenen Verfall der Druckwerke 'Marijuana Grower' s Guide' und 'Kompost'.
Diese Druckwerke, die Anleitungen für den Hanfanbau enthalten, und zwar 'Marijuana Grower' s Guide' ausschließlich und 'Kompost' insbesondere in dem Artikel: 'Kann eine Pflanze kriminell sein ?' bilden zwar gleichfalls nicht im Sinne des § 6 Abs 3 SuchtgiftG. den Gegenstand einer nach dessen § 6 Abs 1 tatbildlichen strafbaren Handlung und können auch nicht als zur Herstellung oder Verarbeitung von Suchtgift dienende Materialien oder Gerätschaften angesehen werden.
Sie wurden jedoch den erstgerichtlichen Feststellungen zufolge vom Angeklagten A zwecks Verwirklichung seines Tatplanes zur Erzeugung großer Mengen Marihuana angekauft und sodann von beiden Angeklagten studiert (S. 262 d.A.).
Demnach waren die Druckwerke von den Angeklagten zunächst dazu bestimmt, bei Begehung der Straftat verwendet zu werden, und sie wurden sodann sichtlich auch tatsächlich hiezu verwendet. Damit sind aber die Grundvoraussetzungen für die Einziehung der Druckwerke nach § 26 Abs 1 StGB, welche bei Fehlen der Bedingungen für den Verfall zulässig ist (vgl. auch 13 0s 73/76), gegeben.
Bei Entscheidung der Frage, ob die Einziehung, entsprechend der weiteren Voraussetzung des § 26 Abs 1 StGB, nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken, wurde folgendes erwogen:
Nach § 2 Abs 1 SuchtgiftG. (in der zur Tatzeit geltenden Fassung) war insbesondere die Erzeugung von Suchtgiften nur bestimmten Personen, nämlich konzessionierten Erzeugern chemischpharmazeutischer Zubereitungen sowie Drogengroßhandlungen bestimmter Art, auf Grund von die Höchstmengen festsetzenden behördlichen Bewilligungen (Z 1 leg. cit.), sowie wissenschaftlichen Instituten oder öffentlichen Lehr-, Versuchs-, Untersuchungs- oder sonstigen Fachanstalten nach Maßgabe einer Bestätigung der zuständigen Aufsichtsbehörde, daß sie der Suchtgifte zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedürfen (Z 2 leg. cit.), gestattet; weiters war gemäß Abs 2 der zitierten Gesetzesstelle der Anbau von Pflanzen zwecks Suchtgiftgewinnung (ebenfalls) nur nach Maßgabe besonderer behördlicher Bewilligungen erlaubt.
Da somit zur Tatzeit (nach der mittlerweile durch die Suchtgiftgesetznovelle 1977, BGBl. 532/1978, geschaffenen neuen Gesetzeslage bestehen noch weitergehendere Einschränkungen) insbesondere die Erzeugung von Suchtgift sowie der Anbau von Pflanzen zur Suchtgiftgewinnung, ohne Zutreffen der erwähnten Voraussetzungen, grundsätzlich verboten waren, sind in der Hand Unbefugter befindliche Anleitungen zum Anbau von Marijuana bzw. Hanf, wie sie in den vorliegenden Druckwerken enthalten sind, im Sinne des § 26 Abs 1 StGB als Gegenstände anzusehen, bei denen ihrer besonderen Beschaffenheit nach die Einziehung geboten ist, um der Begehung von Straftaten entgegenzuwirken.
Demgemäß wären die Druckwerke zwar nicht gemäß § 6 Abs 3 SuchtgiftG. für verfallen zu erklären, aber nach § 26 Abs 1 StGB einzuziehen gewesen.
Da Verfall und Einziehung, die beide für den Betroffenen den Verlust des Gegenstandes zur Folge haben, wegen dieser nicht unterschiedlichen Rechtswirkungen insofern einander gleichkommen (11 0s 98/75, 9 0s 112/77; EvBl. 1979/30), ist durch den rechtsirrigen Verfall der Druckwerke gemäß § 6 Abs 3 SuchtgiftG. anstatt deren Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB den Angeklagten kein Nachteil erwachsen (§ 292 StPO). Der verfehlte Ausspruch ist jedoch im Rahmen der Erneuerung des Strafausspruches, welcher gemäß § 443 Abs 2
StPO auch die Verfallsaussprüche umfaßt (RZ 1978 Nr. 80; 9 0s 112/77), zu korrigieren.
Aus Anlaß der vorliegenden Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof gemäß § 290 Abs 1 StPO auch die Rechtsrichtigkeit des Schuldspruchs der beiden Angeklagten wegen vollendeten Verbrechens nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG., begangen durch Anbau und Aufzucht von Cannabis-Pflanzen (Punkt A/ des Urteilssatzes) überprüft. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs (und in Übereinstimmung mit der Auffassung der Generalprokuratur) entspricht dieser Schuldspruch dem GesetZ
Dies aus folgenden Erwägungen:
Die Begriffe 'Erzeugung' (§ 6 Abs 1 Suchtgift.) und 'Herstellung' (§ 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG.) sind nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und nach der Diktion des Suchtgiftgesetzes (in der vorliegend anzuwendenden Fassung vor dem Inkrafttreten der Novelle 1977, BGBl. 532/1978) als synonym zu werten. Beziehen sich die §§ 1 Abs 1, 2 Abs 1 und 5 Z 1 SuchtgiftG. auf die Beschränkung u.a. der Erzeugung von Suchtgiften und pönalisiert § 6 Abs 1 SuchtgiftG. u. a.
die vorsätzliche, abstrakt gemeingefährliche Erzeugung von Suchtgift, so stellt das Tatbild des § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. (u.a.) die - sich von § 6 Abs 1 SuchtgiftG. nur im Erfordernis abstrakter Gemeingefahr auf der inneren und äußeren Tatseite unterscheidende - unberechtigte Herstellung von Suchtgift unter Strafsanktion. Ein sachlicher Unterschied zwischen 'Erzeugung' und 'Herstellung' von Suchtgift im Sinne des Suchtgiftgesetzes besteht hingegen nicht.
Vergleichsweise differenziert auch die (nunmehr in Österreich gleichzeitig mit der Suchtgiftgesetznovelle 1977 in Kraft getretene) 'Einzige Suchtgiftkonvention 1961' (BGBl. 531/1978) nicht zwischen 'Herstellung' und 'Erzeugung', sondern stellt dem Begriff 'Herstellung' (im englischen Text: 'manufacture', im französischen: 'fabrication') - womit alle zur Erzeugung von Suchtgiften (klarer im englischen Text:
'....... by which drugs may be obtained ......' und im französischen
Text: '... permettant d' obtenir des stupefiants ....') geeigneten
Verfahren (englisch: 'processes', französisch:
'operations') mit Ausnahme der 'Gewinnung' (englisch: 'production', französisch: 'production') bezeichnet werden - den ausschließlich für die Trennung des Opiums, der Kokablätter, der Cannabis und des Cannabisharzes von den Pflanzen, aus denen sie gewonnen werden, vorbehaltenen Begriff der 'Gewinnung' gegenüber (vgl. Art. 1 lit. n) und t), Art. 29 und 36 der 'Einzigen Suchtgiftkonvention 1961', BGBl. 531/1978). Demgemäß verwendet die (österreichische) Suchtgiftnovelle 1977 (BGBl. 532/1978) den Begriff 'Erzeugung' nunmehr als Oberbegriff für 'Herstellung' und 'Gewinnung' (§ 1 Abs 1 leg. cit.).
Im Sinne dieser Überlegungen kann es aber nicht zweifelhaft sein, daß schon nach der im Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage der Anbau und die Aufzucht von 150 Cannabispflanzen bis zur Erntereife oder knapp davor dem Begriff des Herstellens und damit der Erzeugung (§ 6 Abs 1 SuchtgiftG.) entspricht, zumal nach dem Vorsatz der Täter die getrockneten Blätter ja zum Verrauchen als Marihuanagras bestimmt waren (vgl. S. 266 f., 270 f. d.A.) und daher eine 'Gewinnung' in der erwähnten Terminologie außer Betracht bleibt.
Somit hat das Kreisgericht St. Pölten, da sich die nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG. tatbildliche Gemeingefahr nach der Gesamtmenge des von der (von einem einheitlichen Tatvorsatz getragenen) deliktischen Handlungsweise erfaßten Suchtgiftes richtet (12 0s 9, 10/74, 13 0s 121/74 u.a.), zu Recht den Angeklagten den Anbau und die Aufzucht der 150 Pflanzen als Erzeugung von Suchtgift und deshalb (unter Zugrundelegung der übrigen Annahmen in Ansehung der inneren und äußeren Tatseite) als vollendetes Delikt nach § 6 Abs 1 SuchtgiftG. zur Last gelegt.
In Stattgebung der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Bei der hiedurch erforderlichen Strafneubemessung konnte von den vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig festgestellten Strafzumessungsgründen in Ansehung beider Angeklagter ausgegangen werden. Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof die verhängten Freiheitsstrafen als tatschuldangemessen und täterpersönlichkeitsadäquat. Da das Erstgericht die Strafe beim Angeklagten B bedingt nachgesehen hat, war auch die nunmehr über diesen Angeklagten verhängte Strafe bedingt nachzusehen (§§ 290 Abs 2, 292 StPO).
Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.
Anmerkung
E02071European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00058.79.0607.000Dokumentnummer
JJT_19790607_OGH0002_0120OS00058_7900000_000