TE OGH 1979/6/8 9Os71/79

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Veröffentlicht am 08.06.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführer in der Strafsache gegen Kirsten A wegen Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 8.November 1978, GZ 23 Vr 1967/78-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gross und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 3.August 1960 geborene, zur Tatzeit jugendliche Drogistin Kirsten A der Vergehen der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen spielte am 21.Juni 1977 Bruno B in seinem Zimmer in Hall in Tirol mit einer Pistole seines Stiefbruders Heinz C, wobei sich ein Schuß löste, die gerade vor ihm stehende Angeklagte traf und sie in Form einer Perforation der Harnblase schwer verletzte. Auf Grund einer Absprache der drei vorgenannten Personen erklärte die Angeklagte am 22.Juni 1977 bei ihrer informativen Befragung über den Vorfall durch die Gendarmerie, ein etwa siebenjähriger blonder Bub in Cowboykleidung habe auf der Straße mit einer Faustfeuerwaffe auf sie gezielt und geschossen, wodurch sie die Verletzung erlitten habe. Zu diesen bewußt falschen Angaben verstand sich die Angeklagte deshalb, weil sie den bereits vorbestraften B vor einer gerichtlichen Verurteilung wegen fahrlässiger Verursachung ihrer Verletzung schützen wollte. Nach umfangreichen Gendarmerieerhebungen zur Ausforschung des angeblichen Täters gaben schließlich sowohl die Angeklagte als auch B und C den wahren Sachverhalt zu.

Das Erstgericht beurteilte das festgestellte Verhalten der Angeklagten sowohl als (versuchte) Begünstigung als auch als Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung, weshalb es die Angeklagte beider eingangs angeführter Vergehen schuldig sprach. Allein gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 298 Abs 1 StGB wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie aber der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 der genannten Gesetzesstelle releviert, weil sie die rechtsirrige Annahme einer Idealkonkurrenz behauptet und folglich im Falle der Richtigkeit ihrer Rechtsansicht nicht etwa ein 'Qualifikationsfreispruch' zu erfolgen hätte, sondern bloß die Unterstellung der Tat auch unter § 298 Abs 1 StGB aus dem Urteil auszuscheiden wäre (vgl. Nr. 16 c ff. zu § 281 Abs 1 Z 10

StPO in Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2). Zur Begründung führt sie aus, es bleibe - wenn man schon nicht den Standpunkt vertrete, daß der Tatbestand dieses Vergehens deshalb nicht erfüllt sei, weil ein Siebenjähriger gar keine mit Strafe bedrohte Handlung begehen könne - jedenfalls die Tatsache bestehen, daß die zu ihrer Verletzung führende Handlung von ihr nicht 'erfunden' worden sei, sondern tatsächlich stattgefunden habe und nur ihre Angaben über die Person des Täters und das Zustandekommen der Verletzung falsch gewesen seien; das Vortäuschen von (falschen) Tatumständen allein reiche jedoch für die Verwirklichung des Tatbildes des Vergehens nach § 298 Abs 1 StGB nicht aus.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Abgesehen davon, daß nach der Rechtsprechung die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Sinne des § 298 Abs 1 StGB schon dann vorgetäuscht wird, wenn die Tatbegehung durch einen anderen als den wirklichen Täter behauptet wird (und nicht der Tatbestand des § 297 Abs 1

StGB gegeben ist), hat die Angeklagte im vorliegenden Fall nicht bloß an Stelle des wahren Urhebers ihrer Verletzung eine andere Person als Täter angegeben, sondern als Ursache ihrer Verletzung eine vom wirklichen Geschehnisablauf überhaupt völlig verschiedene, in allen wesentlichen Belangen (Person des Täters, Schuldform, Tatort, Art der Tathandlung) hievon abweichende objektiv strafbare Handlung eines anderen konstruiert und diese der Gendarmerie gegenüber als (angeblichen) Tathergang geschildert. Damit hat sie eine ganz andere als die wirklich stattgefundene Straftat erfunden. Von einer bloßen Vortäuschung unwesentlicher oder doch nur eine geänderte rechtliche Qualifikation der Tat bedingender Nebenumstände - in welchen Fällen der Tatbestand des § 298 Abs 1 StGB allerdings nicht erfüllt wäre (vgl. Leukauf-Steininger, 1174) - kann somit im gegebenen Fall keine Rede sein.

Ebenso ist es, wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt, ohne rechtliche Bedeutung, ob die vorgetäuschte Tat nach der Darstellung des Täters schuldhaft begangen wurde oder etwa - wie im vorliegenden Fall - bei Richtigkeit der Sachverhaltsschilderung dem vorgegebenen Täter ungeachtet der objektiven Rechtswidrigkeit der Tat der Schuldausschließungsgrund der Strafunmündigkeit (§ 9 JGG.) zugutekommen würde.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02050

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00071.79.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19790608_OGH0002_0090OS00071_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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