Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A und Paul B wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Dezember 1978, GZ 7 c Vr 5782/78- 40, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen der Verteidiger, Rechtsanwälte Dr. Wallentin und Dr. Kleisinger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl A wird verworfen. Seine Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul B wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem diesen Angeklagten betreffenden Teil der Schuldsprüche zu Punkt A/I./
des Urteilssatzes (: Verbrechen der Notzucht nach dem § 201 Abs 1 StGB) und zu Punkt A/II./ des Urteilssatzes (: Verbrechen des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB) sowie in dem den Angeklagten Paul B betreffenden Strafausspruch aufgehoben und im Umfange dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Der Angeklagte Paul B ist schuldig, er hat am 14. Juli 1978 in Wien Cäcilie C, die sich zufolge der zu Punkt A/ des Urteilsspruches bezeichneten, gegen ihre Person gerichteten Gewalttätigkeiten und Drohungen des Angeklagten Karl A in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte, I./ zum außerehelichen Beischlaf und II./ durch Vornahme eines Mund-, Hand- und Afterverkehrs zur Unzucht mißbraucht.
Paul B hat hiedurch das Verbrechen der Schändung nach dem § 205 Abs 1 (erster Deliktsfall) und das Vergehen der Schändung nach dem § 205 Abs 2 (erster Deliktsfall) StGB begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach dem § 205 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Jahren verurteilt. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Paul B und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul B verworfen.
Den Berufungen des Angeklagten Karl A und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Karl A und Paul B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 30. Oktober 1952 geborene, beschäftigungslose Karl A und der am 1. April 1957 geborene, gleichfalls beschäftigungslose Paul B unter Punkt A/I./ des Urteilssatzes des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs 1 StGB, unter Punkt A/II./ des Urteilssatzes des Verbrechens des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB, der Angeklagte Karl A außerdem unter Punkt B/ des Urteilssatzes des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.
Inhaltlich des Urteilsspruches haben sie am 14. Juli 1978 in Wien zu A/ gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Robert D als Beteiligte (§ 12 StGB) Cäcilie C dadurch, daß sie Karl A durch gewaltsames Festhalten nötigte, in den Währinger Park zu gehen, ihr bereits während des Weges mehrere Ohrfeigen versetzte, sie im Park aufforderte, sich völlig zu entkleiden und weiterhin mehrmals auf sie einschlug, sohin mit Gewalt gegen ihre Person, ferner durch die wiederholte Äußerung, wenn sie schreie, werde er sie würgen, sohin durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, widerstandsunfähig gemacht und I./ in diesem Zustand zum ae. Beischlaf mißbraucht, und zwar 1.) Karl A durch zweimalige Vornahme eines Geschlechtsverkehrs;
2.) Paul B durch einmalige Vornahme eines Geschlechtsverkehrs;
sowie II./ die Genannte in diesem Zustand zur Unzucht mißbraucht, und zwar 1.) Karl A durch Vornahme eines Afterverkehrs, wobei er Cäcilie C, als sie schrie, einen Faustschlag in den Magen versetzte, weiters durch Vornahme eines Hand- und Mundverkehrs, sowie dadurch, daß er sie zwang, vor ihm zu onanieren;
2.) Paul B durch Vornahme eines Mund- und Hand- sowie eines Afterverkehrs.
Dem Schuldspruch des Angeklagten Karl A zu Punkt B/ des Urteilssatzes liegt zugrunde, daß dieser Angeklagte Cäcilie C durch gefährliche Drohung mit erheblicher Verstümmelung und auffallender Verunstaltung, nämlich durch die Äußerung, er werde ihr die Augen ausstechen, zur Unterlassung der Anzeigeerstattung wegen der laut Punkt A/ verübten Unzuchtsdelikte sowie zur Unterlassung jeglicher Mitteilung darüber an ihren Chef zu nötigen versuchte. Dieses Urteil wird im Schuldspruch wegen der Verbrechen nach den §§ 201 Abs 1 und 203 Abs 1 StGB von den beiden Angeklagten mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft. Den Strafausspruch fechten die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten mit Berufung an. Der Angeklagte A führte auch eine Berufung 'wegen Schuld' aus.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl A:
Dieser Angeklagte macht in seinem als 'Berufungsausführung' bezeichneten Rechtsmittel in den Abschnitten 'Nichtigkeit gemäß § 281 Z 5 StPO' und teilweise auch 'zur Schuldfrage' ziffernmäßig ausschließlich den bezeichneten Nichtigkeitsgrund geltend, und zwar im wesentlichen mit der Behauptung, die vom Schöffengericht positiv beurteilte Glaubwürdigkeit der (Angaben der) Zeugin Cäcilie C stehe 'auf schwachen Füßen', ihre Aussage weise 'eklatante Widersprüche' auf, die das Erstgericht unberücksichtigt gelassen habe. Diese Ausführungen, die zudem zum Teil für die Lösung der Schuldfrage gar nicht entscheidende Umstände relevieren, erschöpfen sich indes insgesamt in dem im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes zu bekämpfen, das die den Beschwerdeführer als Täter betreffenden Tathergangsschilderungen der Zeugin Cäcilie C als voll glaubwürdig beurteilt hat (S. 255 d. A).
Der - zusammenfassende - Hinweis des Erstgerichtes auf den 'besten Eindruck', den die Zeugin auf den erkennenden Senat gemacht hat (S. 256 oben d. A), stellt im gegebenen Zusammenhang eine durchaus zureichende Begründung dieser Beurteilung dar, weil sich die Gesamtheit aller Umstände, welche dem Gericht auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruckes die Überzeugung von der - angenommenen - Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen vermittelten, nicht restlos analysieren und noch weniger sich das Ergebnis und schließlich auch nicht alle maßgeblichen einzelnen Umstände genau artikuliert in Worte fassen lassen. Diese Erfahrungstatsache hat auch in der Bestimmung des § 270 Abs 2 Z 5 StPO ihren Niederschlag gefunden, wonach die Entscheidungsgründe (nur) in gedrängter Darstellung anzugeben haben, welche Tatsachen und aus welchen Gründen der Gerichtshof dieselben als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen hat. Dieser Vorschrift hat das Erstgericht aber entsprochen und dabei als zusätzliche schlüssige Argumente für die Annahme der Richtigkeit der Darstellung der Zeugin Cäcilie C das deren Angaben objektivierende Ergebnis ihrer ärztlichen Untersuchungen (vgl. S. 45, 87, 129 f und 241 f) und den Umstand angeführt, daß die Zeugin ihre u. a. als Urteilsgrundlage dienende polizeiliche Aussage vom 14. Juli 1978 noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Tatgeschehens abgelegt hat. Im übrigen liegen die vom Beschwerdeführer behaupteten 'Widersprüche' in den Angaben der genannten Zeugin nicht vor. Dies ergibt sich zunächst hinsichtlich der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen, nicht entscheidungswesentlichen Frage einer 'Hosenschlitzöffnung' durch Cäcilie C zweifelsfrei aus den bezüglichen Depositionen der Zeugin bei der Polizei (S. 41), beim Untersuchungsrichter (S. 76) und in der Hauptverhandlung (S. 237) und hinsichtlich der Wahrnehmung eines alten Mannes beim Währinger-Park auf Grund der insoweit gleichfalls widerspruchsfreien Zeugenaussage der Cäcilie C laut S. 41, 76, 79 und 240. Im letzteren Fall läßt der Beschwerdeführer auch noch außer Betracht, daß die Zeugin in zeitlicher Hinsicht zutreffend zwischen der (ersten) Phase der Annäherung zum Währinger-Park (als 'weit vorne im Park ein alter Mann ging' /s. S. 240 oben/), und der (zweiten) Geschehensphase in diesem Park (als sie niemanden wahrnahm /s. S. 79 d. A/), unterscheidet. Den bekämpften Schuldsprüchen des Angeklagten Karl A haften mithin Mängel in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht an; die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde
dieses Angeklagten war daher zu verwerfen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul B:
Der Angeklagte B bringt in seiner ziffernmäßig allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er inhaltlich - wie bereits erwähnt - sowohl seine Verurteilung wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs 1
StGB als auch wegen des Verbrechens des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB bekämpft, vor, vom Erstgericht sei in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt worden, daß 'und inwiefern' Cäcilie C (auf Grund der Gewalttätigkeit des Erstangeklagten Karl A) widerstandsunfähig war und ob er (der Beschwerdeführer), falls dies zutraf, diese Wehrlosigkeit der Cäcilie C im Zeitpunkt seines Aktivwerdens durch Vornahme eines Geschlechtsverkehrs und anderer Unzuchtsakte an Cäcilie C - wenn auch ohne deren Einverständnis - erkannt habe, da er lediglich wahrgenommen habe, daß Karl A dem Mädchen einige Schläge ins Gesicht versetzte.
Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer der Sache nach auch geltend, daß er sich an dem nach Annahme des Erstgerichtes die Widerstandsunfähigkeit der Cäcilie C herbeiführenden Tätlichkeiten und Drohungen des Karl A in keiner Weise beteiligt habe, hiervon keine Kenntnis hatte und demnach nicht - als Mittäter - für die dem Angeklagten Karl A zur Last fallende Ausübung von Zwang zur Brechung des Widerstandes der Cäcilie C und zur Vornahme von Geschlechtsverkehr und anderen Unzuchshandlungen an der Genannten nach den §§ 201 Abs 1
und 203 Abs 1 StGB strafrechtlich (mit)hafte. Im Hinblick auf die im § 205 Abs 1 und Abs 2 StGB (unterschiedlich) pönalisierten Deliktsfälle der Schändung einer wehrlosen Frau durch ae. Beischlaf bzw. andere unzüchtige Handlungen ist das Beschwerdevorbringen daher auch unter dem Gesichtspunkt einer den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO relevierenden Rechtsrüge zu prüfen.
Nur insoweit ist die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul B auch berechtigt, nicht jedoch, soweit der Beschwerdeführer dem Ersturteil angeblich anhaftende Feststellungsmängel bezüglich des Eintrittes der Widerstandsunfähigkeit der Cäcilie C auf Grund der Gewalttätigkeiten des Karl A sowie auch hinsichtlich des Erkennens dieses durch A bewirkten Zustandes des Mädchens durch ihn (spätestens) im Zeitpunkt seiner Vornahme von - an sich unbestrittenen - Beischlafs- und Unzuchtsakten an Cäcilie C geltend macht.
Das Opfer einer durch Beischlaf ausgeübten Notzucht (§ 201 StGB), anderer Unzuchtsakte (§ 203 StGB) oder einer Schändung (§ 205 Abs 1 und Abs 2 StGB /jeweils erster Deliktsfall/) ist widerstandsunfähig, wenn ihm (weiterer) Widerstand unmöglich, aussichtslos oder unzumutbar ist.
Daß sich nun Cäcilie C infolge der im Urteil angeführten massiven Mißhandlungen durch Karl A und unter dem Eindruck der von diesem Angeklagten geäußerten Drohungen in einer solchen Lage extremer Hilflosigkeit befand, die wegen ihrer Aussichtslosigkeit weiteren Widerstand sinnlos machte (vgl. ÖJZ-LSK 1976/237), als sie zunächst von Karl A und sodann von Paul B und Robert D geschlechtlich mißbraucht wurde, hat das Erstgericht nicht nur durch den in den Urteilsspruch aufgenommenen Ausspruch, sie sei von Karl A widerstandsunfähig gemacht worden (S. 246), sondern auch mit den in den Entscheidungsgründen enthaltenen Urteilskonstatierungen über ihre 'aussichtslose Lage' (S. 252 d. A), ihre durch die zum Teil auch vom Angeklagten Paul B wahrgenommenen Tätlichkeiten des Karl A erlittenen sichtbaren und erheblichen Verletzungen (S. 253 d. A) und die Art und das Ausmaß der an ihr (auch von Paul B) in einer öffentlichen Parkanlage vorgenommenen Uhzuchtsakte (zureichend) festgestellt.
Die diesbezüglich - und primär - vom Angeklagten Paul B in seiner Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde des § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO geltend gemachten Feststellungsmängel liegen daher nicht vor, zumal aus dem festgestellten Urteilssachverhalt und dem erstgerichtlichen Hinweis auf die Angaben Bs vor der Polizei (vgl. S. 37 f) auch mit genügender Deutlichkeit hervorgeht, daß der Beschwerdeführer in Kenntnis der Widerstandsunfähigkeit der Cäcilie C gehandelt hat.
Für eine Beurteilung auch des Tatverhaltens des Angeklagten Paul B als Täterschaft (§ 12 StGB) zum (zweiaktigen) Notzuchtsverbrechen nach dem § 201 Abs 1
StGB und zu dem (damit nach Lage des Falles realkonkurrierenden, ebenfalls zweiaktigen) Verbrechen des Zwanges zur Unzucht nach dem § 203 Abs 1 StGB wäre mangels einer Verabredung oder eines Einverständnisses über eine geteilte Begehung der beiden jeweils in Betracht kommenden Deliktsakte allerdings die Feststellung erforderlich gewesen, daß sich der Beschwerdeführer noch vor dem sexuellen Mißbrauch der Cäcilie C auch an den die Wehrlosigkeit des Mädchens herbeiführenden Gewalttätigkeiten oder Drohungen des Karl A im Sinne des § 12 StGB beteiligte, und zwar in Kenntnis der beabsichtigten Wehrlosmachung des Mädchens zwecks nachfolgenden sexuellen Mißbrauchs zumindest dadurch, daß er entweder durch seine Anwesenheit während des ersten Teilaktes dieser zweiaktigen Verbrechen seinen Willen kundtat, nötigenfalls in den Ereignisablauf auf Seiten des aktiv gewalttätig gewordenen Mitangeklagten Karl A einzugreifen oder aber durch vorsätzliche Nichthinderung dieser Tatverübung oder durch sonstige Bestärkung des Tatausführenden in seinem Willensentschluß, das Mädchen durch Gewalt oder Drohung zwecks anschließenden geschlechtlichen Mißbrauchs widerstandsunfähig zu machen. Derartiges ist jedoch dem Urteil nicht zu entnehmen und das Erstgericht hätte nach der Aktenlage Feststellungen in dieser Richtung auch gar nicht treffen können.
So gesehen konnte aber die spätere (aktive) Mitwirkung des Beschwerdeführers am mehrfachen geschlechtlichen Mißbrauch der durch Karl A ersichtlich widerstandsunfähig gemachten Cäcilie C mangels einer diesen Akten vorangegangenen Mitwirkung oder Beteiligung an der Gewaltantuung sowie in Anbetracht dessen, daß ein gemeinsamer Vorsatz der Angeklagten A und B, gerichtet auf Wehrlosmachung und geschlechtlichen Mißbrauch der Cäcilie C, vom Schöffengericht nicht als erwiesen angenommen wurde, eine Mittäterschaft oder sonstige Tatbeteiligung des Paul B in bezug auf die von Karl A an Cäcilie C begangenen Verbrechen nach dem § 201 Abs 1 StGB und nach dem § 203 Abs 1 StGB nicht begründen.
Da - unter Zugrundelegung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes - die Brechung des Widerstandes der Cäcilie C ohne Zutun und Einverständnis des Beschwerdeführers allein durch den Angeklagten Karl A erfolgte, sind die Beischlafs- und Unzuchtsakte, die der Angeklagte B - zeitlich zum Großteil nach A - an dem ersichtlich wehrlosen und widerstandsunfähigen Mädchen vornahm, ihm richtigerweise bloß als - realkonkurrierende (vgl. ÖJZ-LSK 1976/366) - Schändungshandlungen im Sinne der jeweils ersten Deliktsfälle des § 205 Abs 1
und Abs 2 StGB anzulasten.
Der dem Erstgericht insofern zum Nachteil des Angeklagten Paul B
unterlaufene Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) war daher in teilweiser Stattgebung seiner Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruche ersichtlich zu beheben; im übrigen war seine Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Zu den Berufungen und zur Strafneubemessung:
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten A nach dem § 201 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Strafbezirksgerichtes Wien vom 21. Juli 1978, AZ 4 U 1799/78 (Tag der Rechtskraft: 18. August 1978) und vom 10. Oktober 1978, AZ 4 U 1913/78 (Tag der Rechtskraft: 6. November 1978), mit welchen je wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB Ersatzfreiheitsstrafen von 30 Tagen ausgesprochen worden waren, eine Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Jahren. In Ansehung des Angeklagten A wertete das Schöffengericht die (auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden) Vorstrafen, die Begehung der Tat innerhalb der Probezeit, das Zusammentreffen von mehreren Straftaten und 'insbesondere die ungeheure Brutalität der Vorgangsweise' als erschwerend, hingegen keinen Umstand als mildernd.
Mit ihrer Berufung strebt die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf die von ihr als 'äußerst gravierend' bezeichneten Erschwerungsumstände (u.a.) die Erhöhung der über A verhängten Freiheitsstrafe an. Der genannte Angeklagte hingegen bekämpft das Strafausmaß als im Verhältnis zu der von ihm zu verantwortenden Schuld überhöht.
Keiner der beiden Berufungen kommt Berechtigung zu. Wenngleich eine 'besondere Brutalität' als Erschwerungsumstand (vorliegendenfalls) nicht ins Gewicht fällt, weil die Tatbestände nach den §§ 201 und 203 StGB die Anwendung von Gewalt oder/und Drohung voraussetzen und eine exzessive Begehungsweise (noch) nicht angenommen werden kann, wäre dem genannten Berufungswerber die nicht unbeträchtliche (noch leichte) Verletzung des Opfers als erschwerend anzulasten gewesen.
Auf der Basis dieser sohin richtiggestellten Strafzumessungsgründe und der Schuld des Angeklagten A (§ 32 StGB) erscheint die vom Erstgericht verhängte Zusatzstrafe angemessen, sodaß der Berufung des genannten Angeklagten und jener der Staatsanwaltschaft hinsichtlich A' s nicht Folge zu geben war. Die schon eingangs erwähnte Berufung des Angeklagten A 'wegen Schuld' war zurückzuweisen, weil das Gesetz ein solches Rechtsmittel gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorsieht.
In Ansehung des Angeklagten B war die Strafe vom Obersten Gerichtshof neu zu bemessen. Hiebei waren die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen, der rasche Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen erschwerend, hingegen lag kein Milderungsumstand vor. Von diesen besonderen Strafzumessungsgründen und den schon angeführten, im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundlagen für die Strafbemessung ausgehend, erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von drei Jahren für geboten.
Infolge der Strafneubemessung wurden die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten B und die Berufung des eben genannten Angeklagten gegenstandslos, sodaß diese Rechtsmittelwerber mit ihren Berufungen auf die vom Obersten Gerichtshof selbst getroffene Entscheidung zu verweisen waren. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02078European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00062.79.0608.000Dokumentnummer
JJT_19790608_OGH0002_0110OS00062_7900000_000