Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 31. Jänner 1979, GZ 22 Vr 1990/78-67, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Oehlzand, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des dem Schuldspruch zugrundeliegenden Verhaltens des Angeklagten unter das Tatbild des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach dem § 148 zweiter Fall StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26. Mai 1940 geborene Koch Franz A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147
Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und gemäß der letztgenannten Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Gemäß dem § 23 StGB wurde seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.
Dem Angeklagte liegen insgesamt 20 in der Zeit von etwa Anfang April bis zum 6. Mai 1978 an verschiedenen Orten des In- und Auslandes verübte Betrugstaten mit einer Gesamtschadenssumme von 59.800 S zur Last. In insgesamt vierzehn dieser Fälle erwirkte der Angeklagte durch Täuschungshandlungen teils die Honorierung von auf sein ungedecktes Konto bei einer Raiffeisenkasse gezogenen Schecks (Punkt 1 a, b, 2 und 6 des Schuldspruches), teils die Gewährung von Darlehen (Punkt 14 bis 18), teils die Ausfolgung von Vorschüssen für zu liefernde Fernsehapparate (Punkt 1 c, 8 bis 10 und 12 des Schuldspruches). In den weiteren sechs Fällen schädigte er Inhaber von Gaststätten oder Hotelbetrieben durch Eingehen von Kost- und Quartierschulden und in einem Fall zusätzlich durch die Verleitung zur Auszahlung der Differenz zwischen dem Schuldbetrag und der Höhe des von ihm gegebenen, ungedeckten Schecks, sowie eine Prostituierte durch Hingabe eines ungedeckten Schecks zur Gewährung des Beischlafs (Punkt 3 bis 5, 7, 11 und 13 des Schuldspruches). Der im Einzelfall zugefügte Schade überstieg (nur) in den Fakten Punkt 1 b, c sowie 10 des Schuldspruches (8.000 S, 10.000 S und 7.000 S) jeweils die für die rechtliche Annahme des schweren Betruges im Sinne des § 147 Abs 2 StGB maßgebliche Wertgrenze von 5.000 S.
Auf Grund der Vielzahl sowie der Art und Weise der Begehung der Taten durch den kein redliches Einkommen beziehenden Angeklagten nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß er sich durch wiederkehrende Begehung 'derartiger' Straftaten eine für längere Zeit wirksame Einnahmsquelle erschließen wollte und folgerte daraus in rechtlicher Hinsicht, daß der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 (sachlich: Z 11) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er sich lediglich gegen die Annahme gewerbsmäßigen schweren Betruges und demgemäß gegen die Bestrafung nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB wendet. Seine Berufung richtet sich gegen das Strafausmaß und die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erfordert nämlich die Beurteilung als nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB strafbarer gewerbsmäßiger schwerer Betrug, daß die Absicht des einen schweren Betruges (§ 147 StGB) schuldigen Täters (zumindest auch) auf die wiederkehrende Begehung von im einzelnen Faktum, mithin jeweils für sich allein schweren Betrugshandlungen gerichtet ist. Dabei kommt es aber nicht (mehr) darauf an, ob es in der Folge der weiteren Betrugsfakten auch immer zur Verwirklichung von Betrügereien in der Form des schweren Betruges nach dem § 147 StGB gekommen ist. Die allgemeine Vorschrift des § 29 StGB über die Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge hat jedenfalls für die Heranziehung des zweiten Strafsatzes des § 148 StGB außer Betracht zu bleiben (ÖJZ-LSK 1976/387; EvBl. 1977/182; 10 Os 20/76; 13 Os 145/76; 13 Os 169/77 u.a.).
Vorliegend hat das Erstgericht zwar die für die Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) typische innere Tendenz des Täters, sich durch Wiederholung von Betrugshandlungen eine für längere Zeit wirksame Einnahmsquelle zu erschliessen, festgestellt. Aus den erstgerichtlichen Konstatierungen ergibt sich jedoch nicht, ob die Zielvorstellungen des Täters auch dahin gehen, im Wiederholungsfall einen seinem Vermögensvorteil entsprechenden Betrugsschaden von mehr als 5.000 S (147 Abs 2 StGB) zu verursachen.
Insoweit ist das angefochtene Urteil mit einem Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 11 StPO begründenden Feststellungsmangel behaftet, sodaß es in dem Ausspruch über die Begehung des 'schweren gewerbsmäßigen' Betruges nach dem § 148 zweiter Fall StGB und demgemäß (auch) im Strafausspruch aufzuheben und die Sache im Umfange der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen war.
Im zweiten Rechtsgang werden die zur Beurteilung der Absicht des Beschwerdeführers im vorstehend dargelegten Sinn erforderlichen Feststellungen zu treffen sein. Bei der rechtlichen Beurteilung des sohin festgestellten Sachverhaltes wird davon auszugehen sein, daß der zweite Strafsatz des § 148 StGB die Absicht des Täters voraussetzt, sich durch wiederkehrende Betätigung eines im § 147 StGB schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu erschließen. Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Anmerkung
E02097European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00055.79.0608.000Dokumentnummer
JJT_19790608_OGH0002_0110OS00055_7900000_000