TE Vwgh Beschluss 2005/4/28 AW 2005/15/0002

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Veröffentlicht am 28.04.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §212a;
UStG 1994;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der F s.r.l., vertreten durch S-S-F & Partner, Rechtsanwälte , der gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 19. November 2004, RV/0363-G/04, betreffend Umsatzsteuer 1997 bis 2002, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Gemäß § 30 Abs 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 30 Abs 2 VwGG unter anderem davon abhängig, dass nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteiles aus einer Verpflichtung zu einer Geldleistung ist vom Antragsteller durch ziffernmäßige Angaben über seine Wirtschaftsverhältnisse zu konkretisieren (vgl den hg Beschluss vom 22. Juni 1987, AW 87/14/0016, S1gNF 10.381/A). Dem Konkretisierungsgebot hat die Beschwerdeführerin durch die Vorlage ihres Jahresabschlusses entsprochen. Den Angaben im Jahresabschluss ist die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 1. März 2005 nicht entgegen getreten.

Im Beschwerdefall ist im Ergebnis strittig, ob Lieferungen der Beschwerdeführerin aus umsatzsteuerlicher Sicht als in Italien oder als in Österreich erbracht anzusehen sind, die Umsatzsteuer also in Italien oder in Österreich anfällt. Dem unwidersprochenen Vorbringen der Beschwerdeführerin zufolge hat sie die Umsatzsteuer in Italien bereits entrichtet. In Österreich haftet aus der Umsatzsteuervorschreibung ein Rückstand von 887.729 Euro aus. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin nicht über hinreichende Barmittel verfügt und, wie auch in der Stellungnahme der belangten Behörde ausgeführt wird, die Kreditwürdigkeit der Beschwerdeführerin bereits ausgereizt ist, erweist sich ihr Vorbringen, die (vorläufige) Doppelentrichtung der Umsatzsteuer bewirke für sie wegen der Gefahr des Fortbestandes des Unternehmens einen unverhältnismäßigen Nachteil, als zutreffend.

In der Stellungnahme der belangten Behörde wird vorgebracht, wegen der Vermögenssituation der Beschwerdeführerin sei zu befürchten, dass die Gewährung eines Zahlungsaufschubes zur Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung führe, weshalb zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden.

Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 212a BAO die Möglichkeit der Aussetzung der Einhebung von Abgaben für die Dauer des Berufungsverfahrens vorsieht, wobei die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben der Zuerkennung der Aussetzung grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl Ritz, BAO-Kommentar2, § 212a Tz 18). Aus der dieser Regelung des § 212a BAO zugrundliegenden Wertungsentscheidung des Gesetzgebers ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend Abgaben abzuleiten, dass die Gefahr der Einbringlichkeit auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht generell ein der aufschiebenden Wirkung entgegenstehendes zwingendes öffentliches Interesse darstellt. Eine Regelung, nach welcher der Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange belastet wäre, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist, würde dem dem B-VG zugrundliegenden rechtsstaatlichen Prinzip zuwider laufen (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1986, G 119/86).

Jedenfalls im hier gegebenen Fall einer drohenden Doppelbelastung steht die Gefahr der Einbringlichkeit der Gewährung der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs 2 VwGG nicht entgegen.

Wien, am 28. April 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Finanzrecht Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:AW2005150002.A00

Im RIS seit

18.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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