Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek, in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Steininger, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführers in der Strafsache gegen Friedrich A und einen anderen Angeklagten wegen des Finanzvergehens nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit. a und b FinStrG. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Walter B gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 17.Jänner 1979, GZ 23 Vr 2295/78-54, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung des Angeklagten Friedrich A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Hämmerle und Dr. Obendorfer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Schöffengericht den am 14. Jänner 1935 geborenen Kraftfahrer Friedrich A des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit. a und b FinStrG. und des Finanzvergehens des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit. c FinStrG. (als unmittelbaren Täter), den am 22.August 1938 geborenen Speditionskaufmann Walter B hingegen derselben Finanzvergehen als Beteiligten nach § 11 (2. Fall) FinStrG. schuldig. Nach den Urteilsannahmen hat Friedrich A am 7.Jänner 1978 in Radkersburg als Lenker eines Sattelkraftfahrzeugs der Firma Walter B 7,580.000 Stück Zigaretten vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen und zugleich dem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt; Walter B hat ihn zur Ausführung dieser Finanzvergehen angestiftet; beide Angeklagte haben den Schmuggel gewerbsmäßig und als Mitglieder einer Bande von mindestens drei Personen, die sich zum Schmuggeln verbunden haben, begangen.
Den Schuldspruch bekämpft nur Walter B mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde insofern, als ihm bandenmäßige Begehung des Schmuggels nach § 38 Abs 1 lit. b FinStrG. angelastet wurde.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.
Wegen des im § 38 Abs 1 lit. b FinStrG. namentlich genannten erschwerenden Umstands ist strenger zu bestrafen, wer den Schmuggel als Mitglied einer Bande von mindestens drei Personen, die sich zum Schmuggeln verbunden haben, unter Mitwirkung (§ 11 FinStrG.) eines anderen Bandenmitglieds begeht. Unter einer Bande ist hier in Anlehnung an die allgemein gültige Definition des § 278 StGB die Verbindung einer entsprechenden Anzahl von Personen zur fortgesetzten Begehung einer Mehrzahl im einzelnen noch unbestimmter Schmuggeltaten zu verstehen (vgl. LSK. 1975/107, 1978/301). Als 'Mitglied einer Bande' im vorerwähnten Sinn kommt auch in Betracht, wer zu einer bereits bestehenden Bande stößt oder nur fallweise - in Kenntnis des Umstands, daß er damit die Ziele der Bande fördert - im Rahmen der Bande an einzelnen von dieser begangenen Straftaten mitwirkt (EvBl. 1974/146; LSK. 1979/46).
Nach den im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen besteht an der Existenz einer internationalen Bande, von der die gegenständliche Schmuggelfahrt organisiert wurde und weitere derartige Fahrten geplant waren, kein Zweifel. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Konstatierung des Schöffengerichts, daß 'insgesamt zwei Container-Transporte geplant' waren (S. 275), besagt im Zusammenhang nur, daß der Beschwerdeführer den Auftrag zur Durchführung eines bestimmten zweiten Containertransports von den an ihn herangetretenen Mittelsleuten der Bande bereits bekommen hatte; das schließt aber nicht aus, daß - wie das Schöffengericht an anderer Stelle der Urteilsbegründung ausdrücklich feststellte - das Konzept der Bande darüber hinaus weitere (gleichartige) Schmuggelaktionen umfaßte (S. 276). Das Wesen der hinter dem gegenständlichen Zigarettenschmuggel stehenden Organisation war dem Beschwerdeführer, der sie selbst als 'Bande' bezeichnete, zugegebenermaßen bewußt (S. 264); daß er die durchgeführte und die als nächste in Aussicht genommene Fahrt bloß für Teilakte eines einmaligen (nicht bandenmäßig betriebenen) Unternehmens seiner Auftraggeber gehalten habe, wurde vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet.
Sohin haftet dem Ausspruch, Walter B (und Friedrich A) hätten den Schmuggel als Mitglieder einer Bande im Sinn des § 38 Abs 1 lit. b FinStrG. begangen, kein Rechtsirrtum an, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
Das Erstgericht verurteilte beide Angeklagten gemäß §§ 38 Abs 1, 21 FinStrG., und zwar Friedrich A zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Geldstrafe von zehn Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu vier Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie Walter B zu zehn Monaten Freiheitsstrafe und zu einer Geldstrafe von fünfzehn Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafzumessung waren, bei beiden Angeklagten übereinstimmend, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Tatbestände erschwerend und das Geständnis mildernd. Die über Friedrich A verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Mit ihren Berufungen streben Walter B die gänzliche Abstandnahme von einer Freiheitsstrafe, zumindest aber deren Ermäßigung ferner ihre bedingte Nachsicht, sowie schließlich die Herabsetzung der Geldstrafe und der Ersatzfreiheitsstrafe, Friedrich A die Ermäßigung der Geldstrafe, deren bedingte Nachsicht und den bedingten Aufschub der Ersatzfreiheitsstrafe an.
Keine der beiden Berufungen ist in irgendeiner Richtung begründet. Der Angeklagte B führt als zusätzlichen Milderungsgrund seinen bisherigen untadelhaften Wandel an.
Dieser wurde zwar in erster Instanz übersehen, kann aber für sich allein nicht zu einer Minderung der Unrechtsfolgen führen. Daß der Republik Österreich infolge des Verfalls ein wirtschaftlicher Vorteil erwachsen wäre, kann bei Berücksichtigung des den Verfallswerten gegenüberzustellenden enormen Sachaufwands, der zur Bekämpfung des Schmuggelunwesens permanent notwendig ist, nicht mit Fug gesagt werden. Das Unterbleiben eines Schadens infolge der rechtzeitigen Aufdeckung des Schmuggelunternehmens wird aber im konkreten Fall durch die außerordentliche volkswirtschaftliche Gefährlichkeit derartiger (organisierter) Straftaten bei weitem aufgewogen.
Gemäß §§ 15 Abs 2, 38 Abs 1 FinStrG. ist auf eine Freiheitsstrafe zu erkennen, wenn es ihrer bedarf, um entweder den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten oder der Begehung von Finanzvergehen durch andere entgegenzuwirken. Richtig ist, daß der Umstand eines zur Zeit abermals gegen den Berufungswerber B anhängigen Strafverfahrens wegen Verdachts des Schmuggels (24 e Vr 8434/78
des Landesgerichts für Strafsachen Wien) gemäß der Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs 2 MRK. sich hier nicht zu seinem Nachteil auswirken kann. Dafür greift aber die im § 15 Abs 2 FinStrG. vorgeschriebene Bedachtnahme auf die Belange der Generalprävention mit vollem Gewicht gegen ihn durch. Handelt es sich vorliegend doch, wie der Schöffensenat zutreffend hervorgehoben hat, um die Aktivitäten eines internationalen Schmuggelrings, an dem Österreicher, Italiener, Rumänen und Schweizer beteiligt sind und dessen Durchstechereien, wie der gegenständliche Fall zeigt, sich von Bukarest über zahlreiche Staaten bis nach Italien erstrecken. Daß allein der österreichische Staat bei einer einzigen Schmuggelfahrt um einen Zoll in der Höhe von 8,730.555 S geschädigt werden sollte, beleuchtet das Ausmaß der von den internationalen Schmugglern erzielten Gewinne. Bei dieser Sachlage ist die Verhängung von Freiheitsstrafen im § 15 Abs 2 FinStrG. begründet, ja so gut wie unumgänglich. Deren ausgesprochene Höhe unterhalb der Hälfte des zulässigen Höchstmaßes erscheint keineswegs unangebracht. Bei der Erörterung der Voraussetzungen einer bedingten Strafnachsicht übersieht der Berufungswerber B, daß § 43 Abs 1 StGB (§ 26 Abs 1 FinStrG.) gleichermaßen auf die Generalprävention abstellt. Da B auf Grund des Urteilssachverhalts als der Drahtzieher der diesfalls auf österreichischem Staatsgebiet entfalteten strafbaren Tätigkeit anzusehen ist und deren überwiegender Nutznießer sein sollte, kommt die Rechtswohltat eines bedingten Strafnachlasses bei ihm nicht in Frage.
Bedenkt man, daß die verhängte Geldstrafe nur einen Bruchteil der gesetzlich zulässigen Summe ausmacht, so erscheint sie nicht überhöht. Hinzuzufügen ist, daß es das Erstgericht zudem irrigerweise unterlassen hat, die Bemessungsgrundlage gemäß § 44 Abs 2 lit. c FinStrG. zu errechnen und sodann gemäß § 21 Abs 2, zweiter Satz, FinStrG. mit der Strafdrohung des § 38 Abs 1 FinStrG. zu kumulieren, ein Rechtsirrtum, der sich zum Vorteil der Angeklagten ausgewirkt hat. Angesichts der Erfolglosigkeit der Berufung B' S gegen die Geldstrafe scheidet auch eine Ermäßigung der Ersatzfreiheitsstrafe aus.
Was den Angeklagten A anlangt, so gelten zunächst die obigen Ausführungen zur Frage einer Geldstrafenermäßigung auch für den betreffenden Berufungsantrag dieses Angeklagten. Die Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht wurde ihm jedoch ohnedies hinsichtlich der Freiheitsstrafe zuteil. Im übrigen war es nach Lage des Falles durchaus am Platz, ausgehend vom zweiten Satz des § 44 Abs 1 StGB, wonach dann, wenn anzunehmen ist, daß der Vollzug einer der beiden Strafen genügen werde, nur die andere bedingt nachzusehen ist, diese Nachsicht auf die Freiheitsstrafe zu beschränken und die bezügliche Rechtswohltat nicht auch noch hinsichtlich der Geldstrafe zu gewähren. Ihrer Gewährung steht insoweit namentlich das Anliegen der Generalprävention entgegen. Auch war A keineswegs nur ein 'untergeordneter Handlanger', sondern für den Drahtzieher B ein unentbehrlicher Mitwirkender. Für den bedingten Aufschub der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe besteht mithin kein Anlaß. Da die Angeklagten mit der Erhebung ihrer Rechtsmittel Verfahrenskosten verursacht haben, mußte ihnen deren Ersatz zufolge der Vorschrift des § 390 a StPO mittels der im Spruch dieses Urteils enthaltenen Kostenentscheidung auferlegt werden.
Anmerkung
E02047European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00050.79.0620.000Dokumentnummer
JJT_19790620_OGH0002_0100OS00050_7900000_000