TE OGH 1979/6/21 13Os58/79

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Veröffentlicht am 21.06.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juni 1979 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Friedrich, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Werner A wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengerichtes vom 20.Februar 1979, GZ 15 a Vr 408/78-55, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 3 1/2 (dreieinhalb) Jahre herabgesetzt.

Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil legte der Schöffensenat dem Hilfsarbeiter Werner A zur Last, in Lustenau (Vorarlberg) zwischen 3. Juli 1976 und der Nacht zum 5.März 1978 in sieben Fällen an fremde Anwesen ein Schadenfeuer gelegt und in zwei weiteren Fällen dies versucht zu haben und erkannte ihn wegen fünf der erfolgreichen Angriffe mit einem festgestellten Gesamtschaden von 5,989,060 S und eines erfolglosen Angriffes des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs 1 und 15 StGB (Punkte A/I/ und II des Urteilssatzes), wegen eines weiteren erfolgreichen Angriffes mit einem festgestellten Schaden von 6.000 S des Vergehens der Sachbeschädigung nach den §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes) und wegen eines weiteren erfolgreichen Angriffes mit einem festgestellten Schaden von 1,560,376 S und eines erfolglosen Angriffes des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs 1 (§§ 169 Abs 1 und 15) StGB (Punkt D/ des Urteilssatzes) schuldig. Ein weiterer Schuldspruch erging wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB, weil der Angeklagte zwischen Weihnachten 1977 und dem 21.Jänner 1978 in zwei Angriffen teilweise durch Einsteigen Sachen in einem Gesamtwert von 4.400 S anderen mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen hatte (Punkt C/ des Urteilssatzes).

Das Erstgericht verhängte hiefür über den Angeklagten nach dem § 169 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB

eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren und ordnete überdies gemäß dem § 21 Abs 2 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Deliktshäufung und den sehr hohen Schaden, als mildernd hingegen das offene und umfassende Geständnis, das zum Teil schon längere Zurückliegen der Taten, die verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten und den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Den Schuldspruch wie auch den Ausspruch über die Anordnung seiner Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei sich das gegen die Gefährlichkeitsprognose gerichtete Vorbringen der Sache nach als Berufungsausführung erweist. Überdies wendet er sich gegen den Ausspruch über die verhängte Freiheitsstrafe mit Berufung. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Beschluß vom 17.Mai 1979, GZ 13 Os 58/79-6, in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages ist daher nur noch die Berufung des Angeklagten, dies auch insoweit er in Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde die Gefährlichkeitsprognose anficht. Er begehrt eine dem durch die geistige Abartigkeit von höherem Grad stark verminderten Verschulden angemessene Herabsetzung des Strafmaßes. Mit der Gefährlichkeitsprognose bekämpft er der Sache nach auch die Anordnung seiner Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters (§ 32 Abs 1 StGB). Dabei erhält die Schuld ihr Maß nicht allein von der ablehnenden inneren Einstellung des Rechtsbrechers gegenüber den rechtlich geschützten Werten, sondern auch von der schuldhaft begangenen strafbaren Handlung, vom objektiven Gewicht der verschuldeten Tat und damit der Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung, die die Schuld umfaßt (ÖJZ-LSK. 1977/260).

Der Unrechtsgehalt der verschuldeten Taten ist im vorliegenden Fall ungemein groß und indiziert nach dem Gesagten auch schon deshalb einen verhältnismäßig hohen Verschuldensgrad. Aber das Verschulden orientiert sich dennoch grundlegend an der Persönlichkeit des Rechtsbrechers und dazu muß von der psychischen Abartigkeit des Angeklagten ausgegangen werden, die nur eine erheblich eingeschränkte Schuldfähigkeit anzunehmen gestattet. Denn eine Tat ist einem Menschen nur in dem Maße vorwerfbar, in dem von ihm eine Selbststeuerung seines Verhaltens erwartet werden kann. Sicher ist diese Fähigkeit des Angeklagten nicht völlig aufgehoben, aber doch so sehr eingeschränkt, daß diese Einschränkung auch bei der Strafbemessung deutlich ins Gewicht fallen muß. Dazu kommt, daß die Gefährlichkeit eines Täters, insoweit sie als ihm vorwerfbar in die (umso größere) Schuld eingeht, über diese in dem (desto höheren) Strafmaß ihren Niederschlag findet. Bei verminderter Zurechnungsfähigkeit, bei der das dem verminderten Verschulden entsprechend reduzierte Strafmaß diese Gefährlichkeitskomponente nicht mehr voll zu absorbieren vermag, tritt insoweit supplierend die vorbeugende Maßnahme, die der Gefährlichkeit des Täters begegnen soll. In dem Maße, in dem dies der Fall ist, muß die Gefährlichkeit des Täters bei der Strafbemessung außer Betracht bleiben, bis schließlich bei Wegfall jeglicher Strafe zufolge Zurechnungsunfähigkeit die Abschirmung der Gesellschaft vor dem gefährlichen Rechtsbrecher allein durch die Maßnahme nach § 21 Abs 1 StGB vollzogen wird. Der Oberste Gerichtshof vermeint, daß unter diesem Gesichtswinkel die vom Erstgericht gefundene Strafe überhöht ist, weshalb sie auf das schuldangemessene Ausmaß von dreieinhalb Jahren herabzusetzen war, zumal auch dem Geständnis, das sich der Angeklagte sichtlich abgerungen hat (II. Bd., S. 210), bei dessen psychischer Artung eine außergewöhnliche Bedeutung zukommt. Andererseits aber liegt nach den insoweit übereinstimmenden Gutachten der vernommenen Sachverständigen (ON. 9, ON. 22; II. Bd., S. 211-215) gerade in der abartigen Persönlichkeit des Angeklagten, der sich der Tragweite und Auswirkungen seines Tuns nicht ganz voll bewußt ist, dessen besondere Gefährlichkeit, die zum Schutze seiner Mitmenschen seine - von jedem Verschulden unabhängige - Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geradezu imperativ gebietet. Insoweit konnte daher seinem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02045

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00058.79.0621.000

Dokumentnummer

JJT_19790621_OGH0002_0130OS00058_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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