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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §69 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des A in E, vertreten durch Mag. Thomas Leitner, Rechtsanwalt in 4820 Bad Ischl, Kurhausstraße 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 25. Mai 2004, Zl. 422055/3- II/ST4/04, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens i.A. Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. Dezember 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30. Juni 2000 auf Wiedererteilung der befristeten Lenkberechtigung für die Gruppe 1 gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 FSG abgewiesen. Die Behörde führte zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen aus, auf Grund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Amtssachverständigen sei der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich nicht geeignet, in der fachärztlichen Stellungnahme des Dr. P. vom 3. August 2000 werde eine Verlängerung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers nicht befürwortet.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 - präzisiert in der Niederschrift vom 14. März 2002 - beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme dieses Verfahrens. Dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 25. März 2002 mit der Begründung abgewiesen, dass für eine Wiederaufnahme des Verfahrens keiner der im § 69 Abs. 1 Z 1 bis 3 AVG genannten Wiederaufnahmegründe erfüllt sei und der Antrag im Sinne des Abs. 2 keine Angaben darüber enthalte, wann der Beschwerdeführer Kenntnis vom Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes erlangt habe.
Am 29. Mai 2002 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Dieser Antrag hat folgenden Inhalt:
"
Begründung - Ein Verfahren wäre nicht möglich gewesen
1992
Ich sollte zum Psychiater, um um die Pension anzusuchen.
1992
Schreiben von Behörde liegt vor, es wird empfohlen.
Ich wehrte mich, als Gendarmerie kam.
Gendarmerie kommt auf Grund der Verleumdung
Verleumdung
Einlieferung in Anstalt.
Verhandlung in Anstalt - Richter übersah
Gendarmerie fiel nicht auf Boden daher Notwehr.
Notwehr
Und 8 Wochen Anstalt waren falsch.
Behandlung mit Spritzen. Ich war vorher gesund.
Körperverletzung
Verleumdung
Anzeige von Gendarmerie, daher Erbringen von
Bestätigungen an Behörde, weil eine
Behandlung mit Spritzen vorlag.
Sept. 2000 wieder eine Untersuchung zwecks
Verlängerung des Führerscheins
Untersuch. war negativ, daher keine Verlängerung
Beleidigung
des Führerscheins, weil ich
Verbreitung
Behandlung verweigerte. Seit 9.9.2000
falscher
ohne Führerschein.
Gerüchte
Der Beamte der BH-Gmunden hat alles übersehen.
Mißbrauch der Amtsgewalt § 302 (2) (5)
- Abnahme des Führerscheins
Mißbrauch der Amtsgewalt § 302 (3) (11)
- Die Ausführungshandlung
Mißbrauch der Amtsgewalt § 302 (3) (12)
- Anzeige nicht weiterleiten
zum Gericht
Mißbrauch der Amtsgewalt § 302 (3) (11)
- Unterlassen der Ver-
folgungsverjährung § 31 (1)
Mißbrauch der Amtsgewalt § 302 (3) (11)
- Unterlassen der Straf-
barkeitsverjährung § 31 (3)
Verbotene Veröffentlichung § 301 - Unterlagen an Polizei
weitergegeben.
Das Urteil des Bezirksgerichtes Linz, Abteilung 24,
am 2.10.1992 von Dr. W
auf Station A 10 im Wagner - Jauregg - Krankenhaus
Der Beschluß war falsch weil § 269 und § 297 nicht vorkommen.
§ 269 Abs 4 (Buchauszug)
A. Rechtsnatur gem. Abs 4 bleibt Widerstand straflos
wenn die Behörde oder der Beamte zur Amtshandlung ihrer
Art nach nicht berechtigt ist oder wenn sie gegen
strafrechtliche Vorschriften verstößt.
§ 269 Abs 2 (Buchauszug)
Keine Gewalt ist das plötzliche Losreißen, selbst wenn
der Täter dem Beamten dabei einen Stoß versetzt, ohne
ihn zu Fall zu bringen.
§ 269 Abs 4
16
0. Irrtum
(Verleumdung § 297)
Irrtümer über die Voraussetzungen des Abs 4 sind generell
unbeachtlich (Strafausschließungsgrund, Rz 10).
Nach Auskunft des Rechtsanwaltes ist eine Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes auf Grund des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes nicht möglich.
Die Wiederaufnahmegründe sind in § 69 Abs 1 Z 1 bis 3 taxativ angeführt:
a. der Bescheid wurde durch Fälschung einer Urkunde, durch falsches Zeugnis oder ein andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen (§ 69 Abs 1 Z 1)
Außer den beiden ausdrücklich angeführten Delikten, die in den §§ 223 bzw 224 StGB behandelt werden, kommen sämtliche im StGB angeführten strafbaren Handlungen, welche die Erlassung eines Bescheides herbeiführen könnten, in Betracht zB Nötigung gem § 105 StGB, Gefährliche Drohung gem § 107 StGB oder die Urkundenunterdrückung gem § 229 StGB. Für die Wiederaufnahme ist es nicht erforderlich, daß die Partei bereits gerichtlich verurteilt wurde, sondern das Vorliegen der strafbaren Handlung muß von der das Verfahren wiederaufnehmenden Behörde aufgrund der Unterlagen als erwiesen angenommen werden.
Der Erschleichungstatbestand ist verwirklicht, wenn die Behörde durch unrichtige Angaben oder durch Verschweigen wesentlicher Umstände von der Partei mit Absicht irregeführt wurde.
Mit freundlichen Grüßen!"
Da der Landeshauptmann von Oberösterreich über diesen Antrag nicht fristgerecht entschieden hat, brachte der Beschwerdeführer am 26. Februar 2003 bei der belangten Behörde gemäß § 73 AVG einen Antrag auf Übergang der Entscheidungszuständigkeit ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 2004 gab die belangte Behörde dem Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 29. Mai 2002 gemäß § 73 Abs. 2 AVG statt und wies den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 29. Mai 2002 gemäß § 69 AVG mit der wesentlichen Begründung ab, dass die in § 69 Abs. 1 Z 1 bis 3 AVG normierten Wiederaufnahmegründe - weiterhin - unerfüllt seien, sodass dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens schon allein aus diesem Grund nicht stattzugeben sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erklärt zwar, den Bescheid "seinem gesamten Inhalt und Umfang nach" anzufechten, aus dem Inhalt seiner Ausführungen ist jedoch erkennbar, dass er den angefochtenen Bescheid nur insoweit bekämpft, als seinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht stattgegeben wurde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und verzeichnete ihre Kosten für den Vorlageaufwand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 69 AVG
lautet:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
....
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
..."
Der Beschwerdeführer bringt in der ergänzten Beschwerde im Wesentlichen vor, dass bei gesetzmäßiger Belehrung und Anleitung durch die Behörden es ihm möglich gewesen wäre, die erstellten Gutachten zu entkräften bzw. taugliche Gegengutachten erstellen zu lassen. Nach der Erstellung weiterer Gutachten seien neue Tatsachen hervorgekommen, die bereits zum Zeitpunkt des Verfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden bestanden hätten, die aber erst durch diese Gutachten und Befundergebnisse später bekannt geworden seien. Wegen der Verweigerung des Parteiengehörs und auch wegen fehlender Manuduktion seitens der Behörde seien diese Tatsachen bzw. Beweismittel nicht geltend gemacht worden. Es sei somit der Wiederaufnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG gegeben.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht zielführend. Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, dass ihm im Verwaltungsverfahren, dessen Wiederaufnahme beantragt wurde, - insbesondere durch Erstattung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid - hinreichend Gelegenheit gegeben war, zu den maßgeblichen Fragen Stellung zu nehmen, daher sein Recht auf Parteiengehör gewahrt und er durch eine - behauptete - Verletzung der Belehrungs- und Anleitungspflicht durch die belangte Behörde in diesem Recht nicht verletzt worden war. Mit seinem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer aber auch nicht, einen tauglichen Wiederaufnahmegrund geltend zu machen. Das Wiederaufnahmeverfahren dient nicht dazu, eine (eventuelle) Mangelhaftigkeit des abgeschlossenen Verfahrens geltend zu machen (siehe das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2001, Zl. 98/03/0259) oder Versäumnisse der Partei zu korrigieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2002, Zl. 2002/07/0055).
Schließlich führt auch der Umstand, dass die belangte Behörde - ausgehend von ihrer Rechtsauffassung, dass sich die Sachlage in Bezug auf den vorangegangenen Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers nicht geändert habe - den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 29. Mai 2002 gemäß § 69 AVG abgewiesen statt gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil der Beschwerdeführer dadurch in seinen subjektiven Rechten nicht verletzt wurde.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. April 2005
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova producta VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004110112.X00Im RIS seit
08.06.2005