TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/28 2005/11/0080

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Veröffentlicht am 28.04.2005
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §102 Abs8;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 2000 idF doktorinwien 4/2002 §24 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Michael Brunner und Dr. Elmar Reinitzer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer und Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vom 25. Juni 2003, Zl. B 35/03, betreffend Witwenversorgung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am 3. März 1938 geborene Beschwerdeführerin ist die Witwe des am 11. Jänner 1912 geborenen und am 7. April 2003 verstorbenen Arztes Dr. Otto Riedl.

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 8. Mai 2003 wurde der Beschwerdeführerin die Witwenversorgung in Höhe von monatlich EUR 350,90 brutto zuerkannt, wobei diese Entscheidung (rechnerisch) vor allem auf § 24 Abs. 4 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im Folgenden kurz: Satzung) gestützt wurde. Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass dieser Betrag dem Ausmaß von 20 % der Altersversorgung, die dem verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin gebührte, entspricht.

In ihrer gegen den Bescheid vom 8. Mai 2003 erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann 36 Jahre in aufrechter Ehe gelebt und zwei gemeinsame Kinder groß gezogen. Mit Wirkung vom 1. Juli 2002 sei dem § 24 der Satzung ein Abs. 4 angefügt worden, der eine Herabsetzung der Witwenversorgung bis auf 20 % des dem verstorbenen Fondsmitglied gebührenden Anspruchs allein aus dem Grund der Altersdifferenz der Ehepartner vorsehe. Bei Inkrafttreten dieser Bestimmung sei die Beschwerdeführerin bereits 63 Jahre alt gewesen. Die Verringerung der Höhe der Witwenversorgung aus dem Grund der Altersdifferenz habe sie daher völlig unvorbereitet und in ihrem Vertrauen in den Fortbestand bestehender Regelungen getroffen. Angesichts ihres Alters sei ihr nicht mehr zumutbar gewesen, auf die Reduzierung der Witwenversorgung durch Ergreifen eines Berufes zu reagieren.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 25. Juni 2003 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 8. Mai 2003 abgewiesen. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin gegen die Anwendung des § 24 Abs. 4 der genannten Satzung ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht habe, die im Verwaltungsverfahren nicht zu prüfen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Jänner 2005, Zl. A 2005/0002, beim Verfassungsgerichtshof u.a. den auf Art. 139 Abs. 1 B-VG gestützten Antrag gestellt, § 24 Abs. 4 der Satzung als gesetzwidrig aufzuheben. In diesem Antrag hat sich der Verwaltungsgerichtshof den vom Verfassungsgerichtshof im Beschluss vom 14. Oktober 2004, B 1664/03-13, geäußerten Bedenken gegen die angefochtene Satzungsbestimmung angeschlossen.

Mit Erkenntnis vom 3. März 2005, G 158/04, V 60/04-12, u.a., hat der Verfassungsgerichtshof - in Erledigung seines Prüfungsbeschlusses vom 14. Oktober 2004 - einerseits § 102 Abs. 8 des Ärztegesetzes 1998 als verfassungswidrig und andererseits § 24 Abs. 4 der genannten Satzung als gesetzwidrig aufgehoben. Gleichzeitig hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die aufgehobene Verordnungsbestimmung nicht mehr anzuwenden ist und dies mit Art. 139 Abs. 6 B-VG begründet. Weiters hat er darauf hingewiesen, dass sich mit diesem Erkenntnis eine weitere Erledigung des Antrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 2005, dessen formelle Einbeziehung in das Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozessgeschehen nicht mehr möglich gewesen sei, erübrige.

Mit seinem auf Art. 139 Abs. 6 B-VG gestützten Ausspruch hat der Verfassungsgerichtshof unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Anwendung der aufgehobenen Verordnungsbestimmung jedenfalls zu unterbleiben hat.

Dem angefochtenen Bescheid ist damit die wesentliche Rechtsgrundlage entzogen, sodass er wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005110080.X00

Im RIS seit

08.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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