TE OGH 1979/6/28 13Os92/79

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Veröffentlicht am 28.06.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Arthur A und andere wegen des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3

und 15 StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß dem § 364 Abs. 1 StPO. des Angeklagten Johann B sowie über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Arthur A, Johann B, Robert C und Herbert D gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 2.März 1979, GZ. 28 Vr 219/77-150, den Beschluß gefaßt:

Spruch

I. Dem Angeklagten Johann B wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erteilt.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Arthur A, Johann B, Robert C und Herbert D werden zurückgewiesen.

Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufungen der genannten Angeklagten angeordnet werden.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den genannten Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ein Schöffensenat des Landesgerichtes Innsbruck erkannte am 2.März 1979 unter anderen den Gemüsehändler Arthur A des Verbrechens des teils vollbrachten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3

und 15 StGB., ferner den Lagerarbeiter Johann B, den Elektrounternehmer Robert C und den Spengler Herbert D des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB., den letztgenannten allerdings nur in der Erscheinungsform des Versuches nach dem § 15 StGB. schuldig.

Die Angeklagten B, C und D, denen jedem nur ein einziges, jeweils in Gesellschaft des Angeklagten A begangenes Betrugsfaktum zur Last liegt, wenden sich ebenso wie der Angeklagte A, letzterer aber nicht nur in diesem Umfang, sondern überdies auch noch hinsichtlich des ihm als Mittäter des Angeklagten E angelasteten Betruges, gegen die sie betreffenden Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden und gegen die Strafaussprüche mit Berufungen;

im übrigen und von den übrigen Angeklagten blieb das Urteil unangefochten; der Angeklagte Johann B verbindet seine Rechtsmittel mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu deren Ausführung.

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung des Angeklagten B:

Nach der Urteilsverkündung am 2.März 1979 meldete (u.a.) der Angeklagte B Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Eine Urteilsabschrift wurde dem von ihm gewählten Verteidiger Dr. Jörg F (OV. vom 3.Oktober 1978) am 19.April 1979 zugestellt (siehe Rückschein auf S. 365, III. Bd.).

Am 22.Mai 1979 langte beim Landesgericht Innsbruck ein von Dr. F am 21. Mai 1979 zur Postbeförderung übergebener Schriftsatz zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Rechtsmittel, ein (ON. 158). Im Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, daß aus einem 'praktisch einzigartigen Versehen' der sonst absolut verläßlichen, stets genauen Sekretärin des Verteidigers, Bernadette G, der Termin zur Einbringung der Nichtigkeitsbeschwerde nicht richtigerweise für den 4.(offenbar gemeint: 3.) Mai 1979, sondern irrtümlich für den 21.Mai 1979 in Vormerk genommen worden sei, weshalb der gegenständliche Akt dem Verteidiger zur Ausfertigung der Nichtigkeitsbeschwerde erst am heutigen Tag - die Rechtsmittelschrift ist mit 21.Mai 1979 datiert - vorgelegt wurde. Der Angeklagte stellte daher den Antrag, ihm gemäß dem § 364 StPO

die Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der infolge Verschuldens der sonst absolut verläßlichen Sekretärin seines Verteidigers, also infolge unabwendbarer Umstände versäumten Rechtsmittelfrist zu gewähren.

Die vom Untergericht hiezu bereits einvernommene Bernadette G bestätigte das vorstehend wiedergegebene tatsächliche Vorbringen im Restitutionsantrag (ON. 159).

Danach hat die seit August 1977 bei einem Rechtsanwalt tätige und mit Terminsachen vertraute Sekretärin erstmals einen Termin - wahrscheinlich durch Verblättern - im Kalender falsch eingetragen. Die Fristversäumung kam dem Verteidiger erst zur Kenntnis, als ihm der Akt am fälschlich vorgemerkten Termin, nämlich am 21.Mai 1979, vorgelegt wurde.

Das erstmalige Versehen seiner bis dahin als verläßlich befundenen Sekretärin war für den Verteidiger Dr. F, ebenso aber auch für den von ihm vertretenen Angeklagten ein nicht voraussehbarer, demnach unabwendbarer Umstand, an dem sie kein Verschulden trifft und der es ihnen unmöglich machte, die Frist zur Ausführung der beiden Rechtsmittel einzuhalten (§ 364 Abs. 1 Z. 1 StPO.). Da der Verteidiger des weiteren innerhalb der Frist des § 364 Abs. 1 Z. 2 StPO. (Aufhören des Hindernisses mit der Vorlage des Aktes zum fälschlich vorgemerkten Termin am 21.Mai 1979) um die Wiedereinsetzung angesucht und zugleich die Beschwerde- und Berufungsschrift überreicht hat (analog § 364 Abs. 1 Z. 3 StPO.), schließlich die Wiedereinsetzung nach ständiger Rechtsprechung nicht nur wider die Versäumung der Frist zur Anmeldung, sondern auch wider die Versäumung der Frist zur Ausführung eines Rechtsmittels gegen ein Urteil bewilligt werden kann, sind die Voraussetzungen für die Stattgebung des Antrages erfüllt.

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden:

Nach den Urteilskonstatierungen zum Schuldspruchsfaktum A/I (III/S. 326) meldete der Angeklagte A am 9.Mai 1974 der K, - - - dem Haftpflichtversicherer seines LKWs., daß er am 22.April 1974 vor der Markthalle in Innsbruck den PKW.

des Johann B (seines Schwiegervaters) dadurch am Vorbau und am Heck beschädigt habe, daß er ihn beim Reversieren übersehen und gegen eine Mauer bei der Markthalle gedrückt habe. Der in der Meldung geschilderte Unfallshergang war aber, wie das Gericht annahm, erfunden und die Schäden am PKW., für deren Ersatz die Versicherung einen Betrag von 36.000 S auszahlte, waren nicht auf eine Weise entstanden, die eine Schadenersatzpflicht der Versicherung begründet hätte. Die Angeklagten A und B hätten danach diese unrichtige Meldung nur verfaßt, um ohne rechtliche Grundlage einen Schadenersatzbetrag kassieren und für sich verbrauchen zu können (III/S. 335, 336).

Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten A und B zunächst mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sie erachten sich in ihren

Verteidigungsrechten verkürzt, weil der Antrag des Staatsanwaltes

auf Durchführung eines Ortsaugenscheines ..... zwecks Feststellung

der Beschaffenheit der Unfallsörtlichkeiten zum Beweise für die

technische Unmöglichkeit, 'daß die von den Angeklagten behaupteten

Unfallshergänge ..... zu den eingetretenen und von den Angeklagten

behaupteten Schäden führen konnten' (III/S. 307), welchem sich ihre Verteidiger (zum Beweis des Gegenteiles) anschlossen (III/S. 307 und 308), vom Schöffensenat mit der Begründung abgewiesen wurde, daß der Sachverhalt durch das bisherige Beweisverfahren hinreichend aufgeklärt sei (III/S. 309 in Verbindung mit S. 308), zumal der Angeklagte A nach Vorhalt von bei der Rekonstruktion des Unfallsgeschehens durch die Polizei angefertigten Lichtbildern erklärte, er könne auch an Ort und Stelle nicht mehr zeigen, gegen welchen Rampenvorsprung das Fahrzeug geprallt sei; der Aufbau der Rampenvorsprünge auf Grund der von der Polizei und dem Angeklagten A angefertigten Lichtbilder einwandfrei festgestellt werden könne; sich insbesondere für die vom beigezogenen Sachverständigen postulierte lotrechte, feststehende, jedoch oberhalb der Stoßstange des PKWs. endende Kante weder in diesen Lichtbildern, noch in der Verantwortung der beiden Angeklagten ein Anhaltspunkt finde; das (auf dem Lichtbild) zufällig senkrecht stehende Kantholz vom Sachverständigen auf Grund des Schadensbildes ohnehin als schadensbildend auszuschließen sei und die Angeklagten (auch in ihrem Beweisantrag) nicht behauptet hätten, daß andere zum Schadensbild passende lotrechte Kanten vorhanden gewesen wären (III/S. 339).

Eine Beeinträchtigung seiner Verfahrensrechte erblickt der Angeklagte B überdies auch noch in der Abweisung der von seinem Verteidiger des weiteren gestellten Anträge auf Einvernahme der Zeugin Herta B zum Beweise dafür, daß der PKW. des Genannten am Vorabend des Unfallstages schadensfrei war, sowie auf Einvernahme des Zeugen Karl H dafür, daß die auf den Lichtbildern (auf Seite 175 und 177 des I. Bandes) dargestellten Schäden nicht mit jenen übereinstimmten, die vom Sachverständigen 'rekonstruiert' worden seien, sowie dafür, daß dieser Zeuge den Unfallswagen wenige Tage nach dem Unfall besichtigte, welche Schäden er dabei feststellte und daß der Schaden am Heck des PKWs. (allein) bereits 36.000 S betrug

(III/ S. 308). Auch diese Beweisaufnahmen hielt der Schöffensenat für entbehrlich, weil selbst bei einer Bestätigung des Beweisthemas durch die Zeugin Herta B nicht auszuschließen wäre, daß die Schäden in der Nacht zum 22.April 1974 oder auch später entstanden sein könnten, diese Zeugenvernehmung aber zu dem einzig entscheidungswichtigen Beweisthema, ob nämlich die Schäden so wie in der Schadensmeldung beschrieben entstanden sind, nicht angeboten wurde (III/S. 309 und 340) und es ferner unvorstellbar sei, daß der Zeuge Karl H, der den PKW. im Jahre 1974

besichtigt hatte, über die Schäden an der Vorderseite des Fahrzeuges Aussagen macht, die den unbedenklichen Lichtbildern, durch welche die Schäden hinreichend genau feststünden, widersprechen, die Entstehung des Schadens am Heck des PKWs. aber ohnedies der von den Angeklagten vor Gericht gegebenen Unfallsversion entsprechen könnte (III/S. 309 sowie 340 und 341). Da das Schöffengericht die Entstehung des Schadens auch am Heck des PKWs. auf Grund der Beweisergebnisse durch ein Ereignis, das eine Schadenersatzpflicht des Versicherers begründet hätte, ausschloß, 'wenn auch die näheren Umstände über die Herkunft dieses Schadens im Dunkeln geblieben' seien, sei es materiellrechtlich nicht entscheidend, ob der Schaden am Heck des Fahrzeuges allein bereits 36.000 S betrug, weil eben das Gericht auch diesbezüglich (eine widerrechtlich erreichte Schadensgutmachung und damit) eine Bereicherungsabsicht im Sinne des § 146

StGB. als erwiesen annehme, weshalb eine Vernehmung des Zeugen Karl H auch zu diesem Beweisthema nicht erforderlich sei (III/S. 341 bis 343).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Argumenten des Erstgerichtes ist im wesentlichen beizupflichten. Denn der beigezogene Sachverständige Dipl.Ing. Herbert I hat die von der Polizei aufgenommenen Bilder der (angeblichen) Unfallstelle zu einer Beurteilung der Sachlage für ausreichend angesehen und daher auch einen Lokalaugenschein - mag er ihm nun aufgetragen worden sein oder nicht - nicht vorgenommen (III/S. 302).

Zu dem vom Verteidiger des Angeklagten B privat eingeholten, erst nach Erstattung des Gutachtens durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.Ing. I vorgelegten (III/S. 307) und dargetanen (III/S. 309) Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing. Rudolf J (Beilage II zu ON. 145), auf welches sich die Angeklagten immer wieder berufen, ist vorweg zu sagen, daß die Strafprozeßordnung als Sachverständigenbeweis nur den Beweis durch solche Sachverständige kennt, die das Gericht bestellt und beeidigt hat. Ein Privatsachverständiger hingegen ist kein Sachverständiger im Sinne der Strafprozeßordnung, denn es fehlt ihm die Garantie der Unparteilichkeit; außerdem ist das Gericht nicht in der Lage zu prüfen, wie ein Privatgutachten zustandegekommen ist. Ein solches kann daher allenfalls nur dazu dienen, dem Angeklagten und seinem Verteidiger Klarheit über Umstände zu verschaffen, die sie mangels eigenen Fachwissens nicht gewinnen, und sie so in die Lage zu versetzen, zweckmäßige Anträge an das Gericht oder ebensolche Fragen an den gerichtlichen Sachverständigen zu stellen (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/1, § 118 StPO., Nr. 109 ff.).

Der Verteidiger des Angeklagten B hat nun im vorliegenden Fall gar nicht versucht, den gerichtlich bestellten Sachverständigen anläßlich der Erstattung seines Gutachtens in der Hauptverhandlung am 2.März 1979

mit dem Privatgutachten zu konfrontieren und zur Frage der Notwendigkeit eines Lokalaugenscheines Stellung nehmen zu lassen, obwohl er auf Grund des in seinen Händen befindlichen Privatgutachtens dazu die Möglichkeit gehabt hätte. Sachlich stichhältige Einwendungen werden in den - zum Teil gegen die Kompetenz des Sachverständigen unter Anführung nicht entscheidungswesentlicher Umstände (wie zur Frage der Art der Befestigung des Kofferraumdeckels) polemisierenden - Beschwerdeschriften weder gegen die Begründung des Erstgerichtes zur Ablehnung eines Lokalaugenscheines, noch zur Abweisung der Vernehmung der Zeugen Herta B und Karl H vorgebracht. Die Verfahrensrügen beider Angeklagten erweisen sich demnach als unbegründet.

Der Angeklagte B macht überdies zu diesem Schuldspruchfaktum auch

den Nichtigkeitsgrund der Z. 5

des § 281 Abs. 1 StPO. geltend.

Aber auch die damit behauptete Aktenwidrigkeit ist nicht gegeben; denn die Feststellung, daß die Meldung an die Versicherung und die Geltendmachung des Schadens durch die (beiden) Angeklagten nur erfolgte, um ohne rechtliche Grundlage einen Schadenersatzbetrag zu kassieren und für sich zu verbrauchen, findet insoweit in der Aktenlage ihre Deckung, als sich für das in der Beschwerde behauptete selbständige Vorgehen des Angeklagten A in den Beweisergebnissen kein Anhaltspunkt findet. Selbst der Angeklagte B hat sich - mit dem Anklagevorwurf konfrontiert -

nicht auf ein von ihm nicht gebilligtes Vorgehen des Mitangeklagten A berufen, sondern - ebenso wie A - des gemeinsamen Betruges nicht schuldig bekannt (III/S. 287), welcher Verantwortung aber das Gericht keinen Glauben schenkte. Auch wenn der Angeklagte B den Entschädigungsbetrag von 36.000 S bei der Versicherung nicht selbst kassiert hat, so ist ihm dieser doch durch die Schadensbehebung an seinem Fahrzeug (zumindest weitgehend) zugute gekommen (III/S. 288, 277). Nach den Urteilsannahmen wurde auch die in der Meldung angeführte Unfallsstelle, an der der Angeklagte B gewesen zu sein behauptet (III/ S. 287), frei erfunden (III/S. 342). Zudem ergibt sich aber auch noch - zwar nicht aus der Urteilsbegründung, aber doch - aus der Aktenlage (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Nr. 6 a und 6 aa zu § 288 StPO.), daß der Angeklagte B die unmittelbare Eingabe an die Versicherung vom 31.Mai 1974 selbst unterfertigt hat (siehe I/S. 555). Bei dieser Sachlage konnte das Erstgericht in den Beweisergebnissen gedeckt ein einverständliches Zusammenwirken beider genannten Angeklagten als Mittäter annehmen, ohne daß ihm die behauptete Aktenwidrigkeit unterlaufen wäre.

Mit der Behauptung, das Erstgericht habe sich nicht hinreichend mit dem in der Hauptverhandlung dargetanen Privatgutachten des Dipl.Ing. J auseinandergesetzt und dieses zu Unrecht als unschlüssig bezeichnet, wird lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft, aber keine Mangelhaftigkeit der bezüglichen Urteilsausführungen (II/S. 339, 340) im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. aufgezeigt. Gleiches gilt auch insofern, als der Angeklagte A, der zu diesem Schuldspruchfaktum formell gar keine Mängelrüge erhoben hat, die wechselhafte Darstellung des Angeklagten B, die das Gericht als Indiz seiner Unglaubwürdigkeit wertete, bloß darauf zurückführen möchte, daß er erst 'nach dem Anprall an die Unfallstelle kam und das beschädigte Fahrzeug erblickte'; hat dieser Angeklagte doch selbst angegeben, das Fahrzeug 'noch in der Unfallsendlage gesehen zu haben' (III/S. 287).

Inhaltlich des Schuldspruches zu Punkt A/II (III/S. 326, 327) fuhr der Angeklagte Josef E im Februar 1976

mit dem wegen seines Alters praktisch wertlosen Fahrzeug seines Arbeitgebers absichtlich gegen die Frontseite des PKWs. des Angeklagten A, wie dieser es verlangt hatte, worauf diesem von der

- - -

K, der gegenüber ein durch Schleudern infolge eines 'Reifenplatzers' ausgelöster Verkehrsunfall fingiert wurde, ein Schadenersatz von 24.210 S ausgezahlt wurde. Josef E legte hiezu vor der Polizei ein eingehendes Geständnis ab, auf das das Erstgericht im wesentlichen seine Feststellungen stützte (III/S. 344), widerrief dieses allerdings später vor Gericht und behauptete, seine überraschende Anhaltung nach durchzechter Nacht und die Androhung der Untersuchungshaft hätten ihn dazu bewogen, ein frei erfundenes Geständnis abzulegen (III/ S. 343 ff.).

Mit dem Vorwurf einer offenbar unzureichenden Urteilsbegründung wendet sich nur der Angeklagte A unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gegen die Argumente, die das Erstgericht gegen die Glaubwürdigkeit des Geständniswiderrufes seines Mittäters E ins Treffen führt (III/ S. 344, 345), bekämpft damit jedoch der Sache nach nur die dem angeführten Schuldspruch der beiden Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung des Schöffensenates, was ihm aber im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist. Auf dieses Beschwerdevorbringen ist daher nicht weiter einzugehen. Aber auch der Vorwurf, der Ausspruch des Gerichtes zu diesem Schuldspruchsfaktum sei undeutlich, weil den Feststellungen nicht zu entnehmen sei, in welcher Absicht der Angeklagte den Schadensbetrag von 24.210 S von der Versicherung forderte, ist unbegründet. Denn schon im Urteilstenor wird ausgesprochen, daß der Angeklagte mit dem Vorsatz handelte, sich durch das erstrebte Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern (III/S. 326) und in den Urteilsgründen zusätzlich dazu dargelegt, daß beim Angeklagten A wie auch den anderen Angeklagten im Anlaßfall ein solcher Bereicherungsvorsatz vorliege (III/S. 358).

Zum Schuldspruchsfaktum A/IV (III/S. 327) stellte der Schöffensenat fest, daß der vom Angeklagten Robert C im Rahmen seines Betriebes gehaltene 'Kombi' im Herbst 1975

in drei Verkehrsunfälle verwickelt war, welche zu Schäden am Fahrzeug geführt hatten, die im Jänner 1976 in der Autowerkstatt des Franz L behoben wurden. Um die Reparaturkosten nicht selbst tragen zu müssen, veranlaßte er den Angeklagten A, der Versicherungsanstalt der M einen fingierten Unfall zu melden, wonach er am 9.Jänner 1976 vor dem Gasthaus 'Großer Gott' (in Innsbruck) beim Reversieren mit seinem bei der genannten Versicherungsanstalt versicherten 'Jeep' das Fahrzeug des Robert C übersehen habe und auf dieses aufgefahren sei; durch den Aufprall sei dieses sodann gegen eine Mauer gedrückt worden. Die Versicherung zahlte hierauf an Robert C einen Schadenersatz von 10.936 S (III/S. 347 ff.).

Hiezu rügt zunächst der Angeklagte A als Unvollständigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO., daß das Erstgericht den bei Vernehmung des Mitangeklagten C vor dem Untersuchungsrichter hervorgekommenen Umstand, daß dieser am Unfallstag alkoholisiert gewesen sei und sich - entgegen seinen Angaben vor der Sicherheitsbehörde - nicht erinnern konnte, wo er sein Fahrzeug abgestellt hatte, mit Stillschweigen übergangen habe.

Dies zu Unrecht.

Denn das Schöffengericht hat seine Urteilsannahme, daß die Schilderung des Unfallsherganges in der Schadensmeldung mit Betrugsvorsatz frei erfunden war, neben anderen Beweisergebnissen (III/S. 348 und 349) bloß zusätzlich darauf gestützt, daß die Angeklagten A und C verschiedene Versionen über die Unfallstelle gegeben haben, und noch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Angeklagte C sein Wissen darüber, daß das Fahrzeug auf der Schneeburggasse abgestellt war, vor der Polizei als sicher hingestellt hat (III/S. 349). Damit gab der Schöffensenat zu erkennen, daß er die Verantwortung des Angeklagten, er hätte nicht gewußt, wo er das Fahrzeug abgestellt hatte, als unglaubwürdig ablehnte. Ob der Angeklagte damals alkoholisiert war, kann bei dieser Sachlage unerörtert bleiben, zumal ja eine jede Erinnerung auslöschende Alkoholisierung nie behauptet, sondern nur als Begründung für den Heimweg zu Fuß von Alkoholisierung gesprochen wurde (II/ S. 53 in Verbindung mit III/S. 288).

Der Angeklagte C seinerseits ficht diesen Schuldspruch gleichfalls der Sache nach nur aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. an, wenngleich er ziffernmäßig auch die Z. 9 lit. a dieser Gesetzesstelle anführt, ohne allerdings sachlich eine Rechtsrüge auszuführen.

Mit seiner Mängelrüge bekämpft er jedoch ausschließlich die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, wenn er aus den Beweisergebnissen, insbesondere aus den Widersprüchen in der Beschuldigtenverantwortung, keine negativen Schlüsse auf seine Glaubwürdigkeit gezogen wissen will, diese Widersprüche zum Teil auf sinnstörende Fehler bei der Protokollierung zurückführen möchte und einzelne Überlegungen - wie etwa die Entstehung und Behebung eines Schadens an einem Kotflügel - aus der Argumentation des Erstgerichtes herausgreift, um sie isoliert als nicht tragfähig hinzustellen.

Ob schließlich der von der Versicherung erlistete Geldbetrag dem Angeklagten C persönlich oder unmittelbar dem mit der Schadensbehebung betrauten Mechaniker L überwiesen wurde, ist nicht entscheidungswesentlich; es kann daher schon deshalb diesbezüglich keine relevante Aktenwidrigkeit vorliegen.

Zu dem Schuldspruchfaktum B/I (III/S. 330, 331) schließlich konstatierte der Schöffensenat, daß der Angeklagte D einwilligte, dem Angeklagten A bei einem gestellten Verkehrsunfall zu helfen. Er stellte seinen Lieferwagen auf der 'Schneeburggasse' (in Innsbruck) etwas schräg zur Fahrbahnmitte ab, worauf A mit seinem PKW., der Vorschäden aufwies, die er abgegolten haben wollte, absichtlich mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h am Lieferwagen vorbei auf eine in der Nähe befindliche Mauer auffuhr. Hierauf erstattete D an den Haftpflichtversicherer seines Lieferwagens, die M, eine Schadensmeldung, wonach er, rückwärts fahrend, den PKW. des Angeklagten A übersehen und gerammt habe, der hierauf eine Hausmauer gestreift habe und dann frontal gegen eine Begrenzungsmauer geprallt sei. Die Versicherung, die Verdacht schöpfte, lehnte die Forderung des Angeklagten A nach Leistung eines Schadenersatzes in der Höhe von 91.994 S ab (S. III/S. 353).

Dieser dem Schuldspruch zugrunde liegende Sachverhalt wurde vom Angeklagten D vor der Polizei eingestanden.

Das Erstgericht hegte keinen Zweifel, daß dieses Geständnis der Wahrheit entsprach und verweigerte dem späteren Widerruf desselben den Glauben, zumal noch andere objektive Beweismittel vorlägen, die die Angaben des Angeklagten Herbert D in seinem Geständnis vor der Polizei bestätigen (III/S. 354, 355).

Die Angeklagten A und D erachten beide diesen Schuldspruch als nichtig nach dem § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO., weil dem bereits genannten Antrag des Staatsanwaltes auf Durchführung eines Ortsaugenscheines, der auch zu diesem Faktum gestellt wurde (III/S. 307) und dem sich die Verteidiger zur bereits genannten Beweisführung angeschlossen hatten (III/S. 307 und 308), nicht entsprochen wurde. Auch dazu vertrat der Schöffensenat den Standpunkt, daß der Sachverhalt durch das bisherige Beweisverfahren hinreichend aufgeklärt sei (III/S. 309 in Verbindung mit S. 308), zumal eine Besichtigung der in Frage kommenden Mauer zwecklos sei, weil es in den möglichen Spuren keinen Unterschied mache, 'ob ein PKW., vom Lenker beabsichtigt oder unbeabsichtigt, gegen eine Mauer prallt' (III/S. 356).

Dieser Auffassung des Erstgerichtes ist vollauf beizupflichten, weshalb die Vornahme eines Lokalaugenscheines auch hiezu ohne Verkürzung von Verteidigungsrechten unterbleiben konnte. Die beiden Angeklagten A und D wenden sich überdies gegen diesen Schuldspruch auch aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. Der Angeklagte A macht aber der Sache nach mit seinem Vorbringen keinen Begründungsmangel geltend, sondern bekämpft wieder bloß in unzulässiger Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, wenn er die Argumentation, die das Erstgericht dazu geführt hat, dem Geständniswiderruf des Angeklagten D den Glauben zu versagen, in ihrer Beweiskraft anzweifelt.

Der Angeklagte D bemängelt seinerseits, daß ihm auch die Vorschäden an dem beim gestellten Unfall zusätzlich beschädigten Fahrzeug zugerechnet würden; seiner Auffassung nach hätten sie gesondert festgestellt und von der Gesamtschadenssumme in Abzug gebracht werden müssen. Mit diesem Vorbringen ignoriert die Beschwerde die Urteilsannahme, daß es ja gerade um die Erlangung einer widerrechtlichen Abgeltung auch der Vorschäden am Fahrzeug ging, bei der der Angeklagte D dem Angeklagten A behilflich sein sollte, sodaß er auch deren betrügerisch erreichte Abgeltung zu verantworten hat. Die in der Mängelrüge reklamierte Teilung des Gesamtschadens in vor und nach dem fingierten Unfall entstandene Schäden war daher bei dieser Sachlage für die mängelfreie Begründung des Schuldspruches entbehrlich.

Da keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe vorliegt, waren die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A, B, C und D als offenbar unbegründet bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. zurückzuweisen.

Über die Berufungen der genannten Angeklagten wird gemäß dem § 396 Abs. 3 StPO. bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02258

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00092.79.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19790628_OGH0002_0130OS00092_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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