Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 22. Februar 1979, GZ 10 a Vr 955/78-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Seitschek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen, die Berufung wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30. Juni 1932 geborene Jagdverwalter Friedrich A des Verbrechens der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs 1, 106
Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 19. April 1978 in Schönau an der Triesting den Werner B durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Äußerung 'Wenn Sie nicht sofort zu mir kommen, schieße ich Sie nieder', worauf er aus einer Entfernung von ca. 15 Metern einen Schuß aus einem Schrotgewehr abgab, dessen Schrotgarbe in unmittelbarer Nähe des Bedrohten in das Geäst eines Baumes ging, das hierauf teilweise zu Boden fiel, genötigt habe, ein Bachbett zu durchqueren und zu ihm zu kommen, indem er mit dem Tode drohte. Von der weiteren Anklage, am 19. April 1978 in Schönau an der Triesting als Jagdaufseher, sohin als Beamter, fahrlässig den Werner B durch eine gesetzwidrige Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit an seinen Rechten geschädigt und hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Verletzung der Freiheit der Person nach dem § 303 erstem Fall StGB begangen zu haben, wurde Friedrich A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Friedrich A mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten, der Sache nach aber in Richtung der Z 5, 9 lit. a und b dieser Gesetzesstelle abzielenden Nichtigkeitsbeschwerde. Der Teilfreispruch ist in Rechtskraft erwachsen.
Gegen den Strafausspruch wurde Berufung zwar angemeldet in der Folge aber keine Ausführung der Gründe überreicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Soweit der Angeklagte in Abrede stellen will, Werner B mit den Worten 'Wenn Sie nicht sofort zu mir kommen, schieße ich Sie nieder', bedroht zu haben, wird damit jedenfalls eine, wenn auch ziffernmäßig nicht determinierte Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Beschwerdeführer nicht den vom Erstgericht festgestellten, sondern einen willkürlich angenommenen urteilsfremden Sachverhalt mit dem darauf anzuwendenden Strafgesetz vergleicht.
Aber auch einen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, soferne er darzutun versucht, daß Werner B geflüchtet wäre, hätte er diese vom Erstgericht als erwiesen angenommene Drohung wirklich gebraucht. Insoweit bekämpft er in unzulässiger und damit unbeachtlicher Weise nur die dem Erstgericht freistehende Beweiswürdigung. Daß der Angeklagte den Zeugen eines versuchten Wilddiebstahls für verdächtig und sich zur Anhaltung bzw. Verhaftung des vermeintlichen Wilddiebs für berechtigt halten konnte, ist vom Erstgericht ohnehin festgestellt und dem Angeklagten insoweit ein entschuldbarer Rechtsirrtum im Sinne des § 9 StGB zugebilligt worden. Die weitere Frage, ob dem Angeklagten (auch) bezüglich der von ihm ausgesprochenen Drohung und des damit zusammenhängenden Waffengebrauchs ein schuldausschliessender Rechtsirrtum zustatten kommt, konnte jedoch vom Erstgericht zu Recht verneint werden. In den Gründen des angefochtenen Urteils wird zutreffend dargelegt, daß der Angeklagte zu einem Waffengebrauch (als Mittel zur Anhaltung des Werner B) nicht berechtigt gewesen ist. Der Einwand des Beschwerdeführers, von einem Waffengebrauch im Sinne des § 72 des niederösterreichischen Jagdgesetzes könne nur dann gesprochen werden, wenn auf einen Menschen geschossen werde, er habe aber nur in die Luft geschossen, schlägt im Zusammenhang mit der Gegenstand des Schuldspruches bildenden Drohung, den Zeugen, falls dieser nicht sofort zu ihm komme, niederzuschießen, schon darum nicht durch, weil der Angeklagte durch die Schußabgabe in Richtung des Werner B auf jeden Fall der vorangegangenen Morddrohung Nachdruck verliehen hat. Diese Drohung wird aber sogar vom Angeklagten selbst als 'unsinnig' bezeichnet (S 113 d. A) und damit implicite eingeräumt, daß er zu einer derartigen Drohung weder genötigt gewesen war noch sich mit Grund für berechtigt hatte halten können.
Daß der Angeklagte den Zeugen durch die gefährliche Drohung veranlaßt hat, das Bachbett zu überqueren und zu ihm zu kommen, erscheint für die rechtliche Beurteilung seines Verhaltens allerdings bedeutungslos. Doch auch wenn der Angeklagte den Zeugen durch eine solche Drohung genötigt haben würde, auf der anderen Seite des Bachbetts auf ihn zu warten, hätte die vom Angeklagten ausgesprochene und durch die Abgabe eines Gewehrschusses in Richtung des Zeugen noch unterstrichene Morddrohung als Mittel zur Anhaltung des Werner B jedenfalls - auch für den Angeklagten leicht erkennbar (§ 9 Abs 2 StGB) - den guten Sitten widerstritten (§ 105 Abs 2 StGB).
Damit erübrigt es sich aber, auf die Ausführungen des Beschwerdeführers, der unbekämpft gebliebene Freispruch nach § 303,
1. Fall stünde in unlösbarem Widerspruch zu der erfolgten Verurteilung, des näheren einzugehen, da ein Zusammenhang weder erkennbar noch angenommen werden konnte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Friedrich A war daher zu verwerfen.
Da der Angeklagte weder bei der Anmeldung, noch in einer Berufungsschrift die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, ausdrücklich bezeichnet hat, war diese gemäß § 294 Abs 2 StPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02136European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00066.79.0705.000Dokumentnummer
JJT_19790705_OGH0002_0120OS00066_7900000_000