TE OGH 1979/7/10 11Os61/79

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Veröffentlicht am 10.07.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Juli 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Faseth, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 7.März 1979, GZ 8 Vr 1784/78-28, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Raftl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der vom Angeklagten Franz A ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs 1

StPO von Amts wegen das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 3. des Urteilssatzes, soweit Franz A damit (auch) angelastet wurde, am 27.März 1978 vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt als Zeuge falsch ausgesagt zu haben und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung selbst erkannt:

Der Angeklagte Franz A wird von der Anklage, er habe (auch) am 7. März 1978 vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt als Zeuge in der Strafsache gegen Wilhelm B, AZ 8 Vr 491/78, bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er behauptete, Wilhelm B habe den LKW., pol. Kennzeichen K

305.694 in alkoholisiertem Zustand im Unfallszeitpunkt gelenkt, und er habe (auch) hiedurch das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 1

StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Franz A wird für das ihm weiterhin zur Last fallende Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach dem § 81 Z 1 StGB

(Punkt 1.), das Verbrechen der Verleumdung nach dem § 297 Abs 1 StGB (Punkt 2.) und für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches zu Punkt 3.

des Urteilssatzes weiter zur Last fallende Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 1

StGB unter Anwendung des § 28 StGB nach dem § 297 Abs 1, zweiter Strafsatz, StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7.März 1979, GZ 8 Vr 1784/78-28, mit dem er des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach dem § 81 Z 1 StGB, des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs 1 StGB und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt und nach dem 2. Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, wurde vom Obersten Gerichtshof schon bei einer nichtöffentlichen Beratung mit Beschluß vom 8.Mai 1979, GZ 11 Os 61/79-4, dem auch der maßgebliche Sachverhalt zu entnehmen ist, als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen, daß das vorliegende Urteil in Ansehung des Punktes 3. des Urteilsspruches mit einer nicht geltend gemachten, sich zum Nachteil des Angeklagten Franz A auswirkenden Nichtigkeit nach der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist. Dies insoweit, als es dem Angeklagten Franz A rechtsirrig zur Last legt, auch durch die am 7.März 1978 vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt als Zeuge in der Strafsache gegen Wilhelm B zu AZ 8 Vr 491/78 bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache abgegebene Erklärung, Wilhelm B habe den LKW. im Unfallszeitpunkt gelenkt, falsch ausgesagt und hiedurch das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs 1 StGB begangen zu haben.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, können zwar in der Hauptverhandlung vom Angeklagten (Beschuldigten) verschiedene Personen nur als Zeugen oder Sachverständige vernommen werden, weshalb selbst der Tat Verdächtige, die falsch aussagen und sich der Tatsache bewußt sind, daß sie eine Zeugenaussage unter Wahrheitspflicht abzulegen haben, dabei nach dem § 288 StGB haften (vgl. Foregger-Serini StGB2 S. 466). Bei Vernehmungen im Zuge von Vorerhebungen und Voruntersuchungen hingegen ist zu beachten, daß auch andere Personen als der Beschuldigte als Verdächtige vernommen werden können, wobei eine solche Vernehmung sogar geboten ist, wenn der zu Vernehmende verdächtig ist, in irgendeiner Form an der Straftat beteiligt zu sein. Diesfalls ist es daher nicht maßgebend, unter welcher Bezeichnung eine Person im Vorverfahren vernommen wird, sondern allein, welche Rolle dem Vernommenen im Verfahren tatsächlich zukommt. Wurde sohin jemand, der zur Zeit seiner Vernehmung im Verdacht stand, an der den Gegenstand des Verfahrens bildenden strafbaren Handlung teilgenommen zu haben, als Zeuge statt als Verdächtiger vernommen, dann war seine Vernehmung als Zeuge unzulässig, weshalb ihm aus einer allfälligen falschen Aussage kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann (vgl. Foregger-Serini a.a.O.; RZ 1955 S. 104).

Im vorliegenden Fall bestand nun im Zeitpunkt der Vernehmung des Franz A am 7.März 1978 vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Klagenfurt im Zuge der gegen Wilhelm B zu AZ 8 Vr 491/78 geführten Voruntersuchung nach der gegebenen Sachlage - wie dies insbesondere aus den im Vernehmungsprotokoll enthaltenen Vorhalten und der Gegenüberstellung mit Wilhelm B eindeutig zu entnehmen ist (ON. 3 d.A.) - bereits der konkrete Verdacht - daß A selbst den LKW. beim Verkehrsunfall am 23.Februar 1978, der den Gegenstand des Schuldspruchs laut Punkt 1. des vorliegenden Urteilssatzes bildet, gelenkt hat. Demnach kam ihm damals materiell nicht die Stellung eines Zeugen, sondern richtigerweise die eines Verdächtigen zu. Franz A hätte daher vom Untersuchungsrichter nur als Verdächtiger gemäß § 38 Abs 3 StPO vernommen werden dürfen. Seine falschen Angaben können ihm daher nicht als falsche Beweisaussage vor Gericht strafrechtlich angelastet werden. Das Erstgericht hat sohin auf Grund einer unrichtigen Rechtsansicht die vom Angeklagten am 7.März 1978 abgelegte Aussage als Zeugnis im Sinne des § 288 Abs 1 StGB

gewertet und ihn diesbezüglich zu Unrecht des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach der angeführten Gesetzesbestimmung schuldig erkannt. Der in diesem Umfang mit einer Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 9

lit. a StPO behaftete Schuldspruch war daher gemäß dem § 290 Abs 1 StPO aufzuheben und insoweit spruchgemäß zu entscheiden. Bei der hiedurch notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe hat der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen sowie die Wiederholung der Verleumdungen und der falschen Beweisaussage vor Gericht als erschwerend angesehen und demgegenüber die Verleitung des Angeklagten zur Fahrt mit dem LKW. durch Wilhelm B als mildernd berücksichtigt.

Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe entspricht eine zwanzigmonatige Freiheitsstrafe der Schuld des Angeklagten, dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Delikte sowie seiner Täterpersönlichkeit.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02105

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00061.79.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19790710_OGH0002_0110OS00061_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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