TE OGH 1979/8/27 13Os75/79

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Veröffentlicht am 27.08.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Plischnack als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs 1

und 2 Z 1 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Helmut A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengerichtes vom 3.April 1979, GZ 18 Vr 1360/78-21, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der LKW-Lenker Helmut A des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 8.September 1978 in Haus im Ennstal in Gesellschaft seines abgesondert zu verfolgenden (noch jugendlichen) Bruders Rudolf A als Beteiligter (§ 12 StGB) eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Autobatterie im Wert von ca. 400 S, der Republik Österreich mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Hiebei ging das Erstgericht davon aus, daß die Batterie aus einem Auto ausgebaut wurde, welches dessen früherer Eigentümer, der in der Bundesrepublik Deutschland lebende jugoslawische Staatsangehörige Jozo B, nach einem Unfall (am 6.August 1978) in schwer beschädigtem Zustand am Parkplatz vor einem Konsumgeschäft in Haus im Ennstal 'zu Gunsten der Republik Österreich zurückgelassen' hatte, weil er das Fahrzeug nicht mehr nach Deutschland zurückbringen wollte, wobei er nur die hintere Kennzeichentafel nach Deutschland mitnahm, um dort die Abmeldung des Fahrzeuges durchzuführen. In Verbindung mit seiner weiteren Feststellung, am 7.August 1978 sei der Autoverwerter Erhard C davon in Kenntnis gesetzt worden, daß er den von Jozo B zugunsten der Republik Österreich zurückgelassenen PKW. zwecks Besichtigung durch Zollbeamte in sein Areal abschleppen solle, dieser habe das Fahrzeug aber an seinem bisherigen Standort belassen, da er auf seinem Autoverwertungsplatz damals gerade keine Abstellmöglichkeit gehabt habe, bringt das Erstgericht sohin der Sache nach seine Meinung zum Ausdruck, daß Jozo B bezüglich seines unfallbeschädigten PKW. eine Überlassungserklärung zugunsten der Republik Österreich im Sinne des Artikel 13 Z 1 lit. b des Zollabkommens über die vorübergehende Einfuhr privater Straßenfahrzeuge vom 4.Juni 1954, BGBl. Nr. 131/1956 und 36/1958 (vgl. Manhart-Fuchs, Das Österreichische Zollrecht2, II. Teil, 1. Halbband, S. 187 und Klecatsky-Kobzina, Zivilrecht S. 88 ff.) in Verbindung mit den §§ 93 Abs 7 und 177

ZollG. 1955, abgegeben habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl der Verfahrens- als auch der Mängelrüge kommt Berechtigung zu:

In Ausführung seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 4

des § 281 Abs 1 StPO relevierenden Verfahrensrüge erachtet sich der Angeklagte durch die Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S. 67) gestellten Beweisantrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Jozo B zum Beweis dafür, daß das Fahrzeug nicht der Republik Österreich preisgegeben war, sondern daß es sich um ein herrenloses, 'bzw.

aufgegebenes' Gut handelte, als in seinen Verteidigungsrechten verletzt; die abweisliche Entscheidung erfolgte mit der Begründung, daß 'auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse die Frage, ob es sich um herrenloses Gut handelt, eindeutig geklärt ist (Gendarmerieerhebungen, Zeugenaussage D und Verantwortung des Angeklagten)' (S. 68 d.A.).

Die Abweisung des gestellten Beweisantrages verwirklicht in der Tat den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO Denn die Frage, ob B das ihm gehörige, in Österreich zurückgelassene Fahrzeug - und folglich auch dessen Bestandteile - der Republik Österreich (oder sonst einem Dritten) übereignet, oder es aber derelinquiert, d. h. in der Absicht aufgegeben hat, auf sein Eigentumsrecht schlechthin und nicht bloß zugunsten einer bestimmten anderen physischen und juristischen Person zu verzichten - wodurch es (insgesamt zu einer 'herrenlosen Sache' geworden wäre, welche nicht Diebstahlsobjekt sein kann, da in diesem Falle die Sache nicht 'fremd' im Sinne des Tatbildes des § 127 StGB ist -, kommt hier entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Das Erstgericht war daher nicht berechtigt, einen zum Nachweis einer dem Angeklagten zum Vorteil gereichenden rechtserheblichen Tatsache gestellten, an sich durchführbaren Beweisantrag (die Wohnanschrift des Zeugen in der Bundesrepublik Deutschland ist aktenkundig) bloß deshalb abzuweisen, weil es auf Grund anderer Beweisergebnisse - die übrigens vorliegend, wie noch zur Mängelrüge auszuführen sein wird, hiefür gar nicht ausreichen -

schon zur Annahme eines gegenteilig gelagerten Sachverhaltes gelangt

war. Die Verfahrensrüge ist demnach begründet.

Mit seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO anrufenden Mängelrüge bekämpft der Beschwerdeführer die erstgerichtliche Feststellung, das Kraftfahrzeug sei von Jozo B der Republik Österreich übereignet worden, als unzureichend begründet, da sie im Beweisverfahren keine hinreichende Deckung finde. Auch dieser Vorwurf ist berechtigt. Das Erstgericht gründete die erwähnte Feststellung auf 'das Beweisverfahren' (S. 75), womit nach seinen weiteren Ausführungen in den Urteilsgründen (S. 76) wie auch der Begründung seines den vorerwähnten Beweisantrag abweisenden Beschlusses (S. 68) die Gendarmerieerhebungen (ON. 1, Verlesung S. 67) die Aussage des Zeugen Johann D (S. 67) und die Verantwortung des Angeklagten gemeint sind. Nun enthält aber die Gendarmerieanzeige bloß in Berichtsform die lapidare Feststellung, Jozo B habe anläßlich seines Verkehrsunfalles 'damals erkärt, daß er das Fahrzeug nicht mehr nach Deutschland zurückbringe, sondern es in Österreich belasse'. Dieser Vermerk sagt demnach seinem Inhalt nach überhaupt nichts darüber aus, ob der Genannte eine (auf zollrechtliche Vorschriften gestützte) Überlassungserklärung zugunsten der Republik Österreich in bezug auf sein Fahrzeug abgegeben hat, zumal dem Akt auch keine Urkundennachweise in dieser Richtung zu entnehmen sind; B konnte vielmehr in gleicher Weise damit gemeint haben, daß er den Entschluß gefaßt habe, den PKW. an Ort und Stelle zu derelinquieren.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß nach den weiteren Ausführungen des Berichtes der Autoverwerter C 'in Kenntnis gesetzt' wurde, daß er den PKW.

auf seinen Platz 'zwecks Besichtigung durch Zollbeamte' abschleppen solle, zumal auch diese Person nicht als Zeuge vernommen wurde und es solcherart im Dunkeln bleiben mußte, wer einen derartigen Auftrag erteilt hat, worauf er sich gründete, und unter welchen Umständen dies geschehen ist.

Der Gendarmeriebeamte Johann D hinwieder konnte bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung zu der in Rede stehenden Frage überhaupt keine weiteren Angaben machen und verwies bloß auf die bereits oben wiedergegebenen - wie erwähnt unzureichenden - Erhebungsergebnisse.

Vollends keine Deckung findet diese Feststellung des Erstgerichtes aber in der Verantwortung des Angeklagten, der naturgemäß zur objektiven Sachlage überhaupt nichts sagen konnte und in subjektiver Hinsicht schon bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie (ungeachtet des im Protokoll hierüber am Schluß aufscheinenden Terminus:

'gestohlen') erklärt hatte, er habe sich gedacht, daß er die Batterie nehmen könne, 'weil der PKW. schon längere Zeit steht', und der sich in der Hauptverhandlung sodann überhaupt auf seine subjektive Überzeugung berief, das Autowrack habe niemandem gehört und es habe sich dabei um herrenloses Gut gehandelt (S. 66 d.A.). Aus keinem dieser Beweisergebnisse konnte demnach schlüssig abgeleitet werden, daß sich der früher dem Jozo B gehörige PKW. zufolge eines auf den eingangs erwähnten zollrechtlichen Vorschriften beruhenden Übertragungsaktes zur Tatzeit im Eigentum der Republik Österreich befunden hat.

Auch die Mängelrüge des Angeklagten erscheint demnach begründet. Es war daher - ohne daß es eines weiteren Eingehens auf die Ausführungen des Angeklagten in seiner Rechtsrüge bedurfte - aus diesen Erwägungen mit Zustimmung der Generalprokuratur (§ 285 e StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut A Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen.

Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht unter Ausschöpfung der angebotenen und sonst zielführend erscheinenden Beweismittel zunächst - in objektiver Hinsicht -

hinreichend begründete Feststellungen darüber zu treffen haben, ob der von Jozo B in Österreich zurückgelassene PKW. zur Tatzeit von seinem früheren Eigentümer derelinquiert worden war und ihm sohin die rechtliche Stellung eines herrenlosen Gutes zukam, oder ob er jemandem, sei es der Republik Österreich oder sonst einer Person, gehörte.

Bei Zutreffen des letztgenannten Umstandes wird das Erstgericht - auch unter Berücksichtigung der Frage, ob der Angeklagte diesbezüglich in einem (den Vorsatz ausschließenden) Irrtum befangen war - nähere Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu treffen und danach die Rechtsfrage der gerichtlichen Strafbarkeit des vom Angeklagten gesetzten Verhaltens zu beantworten haben.

Anmerkung

E02164

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00075.79.0827.000

Dokumentnummer

JJT_19790827_OGH0002_0130OS00075_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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